Max Lorenz (Sänger)

deutscher Tenor

Max Lorenz, eigentlich Max Sülzenfuß, (* 10. Mai 1901 in Düsseldorf; † 11. Januar 1975 in Salzburg) war ein deutscher Opernsänger (Tenor).

Max Lorenz, Bayreuth, August 1941
Signatur (1938)

Leben Bearbeiten

Max Lorenz wurde als Sohn des Metzgers Albert Sülzenfuß und seiner Frau Marie, geb. Lorenz in Düsseldorf geboren.[1] Anstatt die väterliche Metzgerei zu übernehmen, entschied er sich für eine künstlerische Karriere und änderte während seiner Gesangsausbildung Anfang der 20er Jahre auch seinen Namen von Max Sülzenfuß in den Künstlernamen Max Lorenz. Seine Lehrer waren von 1918 bis 1923 Max Pauli in Köln ab 1923 und Ernst Grenzebach in Berlin, später förderte ihn Heinz Tietjen.

Im Dezember 1926 gewann Max Lorenz einen Gesangswettbewerb in der Berliner Philharmonie, an dem über dreihundert Sänger teilnahmen[2] und erhielt daraufhin einen Vertrag mit der Dresdner Staatsoper, wo er am 5. September 1927 als Walther von der Vogelweide in Tannhäuser debütierte.[3] 1933 verpflichtete man ihn an die Berliner Staatsoper. Es folgten zahlreiche Gastspiele an vielen Opernhäusern in aller Welt. Gleichzeitig dazu sang er von 1933 bis 1954 bei den Richard-Wagner-Festspielen in Bayreuth, so 1938 und 1939 den Tristan in der Tietjen-Inszenierung, er war von 1931 bis 1934 und nochmals von 1947 bis 1950 Mitglied der New Yorker Metropolitan Opera[4] und von 1948 bis 1962 Mitglied der Wiener Staatsoper. 1942 spielte er die kleine Rolle eines Opernsängers in dem Film Altes Herz wird wieder jung.

Lorenz war homosexuell, aber seit 1932 mit der Sängerin Charlotte (Lotte) Appel (* 1897 Hamburg; † 1964 München)[5] verheiratet, einer Jüdin, die später auch als seine Managerin tätig war. Seine Homosexualität war von den Nationalsozialisten zunächst stillschweigend geduldet worden. Als Lorenz jedoch wegen einer Affäre mit einem jungen Mann vor Gericht gestellt wurde, teilte Adolf Hitler der damaligen Leiterin der Bayreuther Festspiele Winifred Wagner mit, Lorenz sei für die Festspiele untragbar geworden. Wagner soll ihm laut eigener Schilderung entgegnet haben, in diesem Fall könne sie „Bayreuth schließen“, denn ohne Lorenz sei „Bayreuth nicht zu machen“. Nach dem Ende des Gerichtsverfahrens versicherte ihr Hitler, Lorenz dürfe auch künftig in Bayreuth auftreten.[6]

Was seine jüdische Ehefrau betraf, bestand Lorenz darauf, sich mit ihr in der Öffentlichkeit zu zeigen, ein Verhalten, das von den Nationalsozialisten als Provokation empfunden wurde. Als SS-Leute während Lorenz’ Abwesenheit seine Frau und seine Schwiegermutter aus der Wohnung abholen sollten, konnte dies im letzten Moment verhindert werden: Lotte Lorenz konnte über eine Telefonnummer, die sie von Hermann Görings Schwester erhalten hatte, mit einer vorgesetzten Stelle telefonisch Kontakt aufnehmen; von dort erging an die SS-Leute die Weisung, die Wohnung zu verlassen und die Frauen unbehelligt zu lassen. Als Reaktion auf diesen Vorfall dekretierte Göring mit Schreiben vom 21. März 1943, Lorenz stehe unter seinem persönlichen Schutz; jedes Vorgehen gegen Lorenz, dessen Frau und deren Mutter habe zu unterbleiben. Waldemar Kmentt zufolge soll Max Lorenz seine privilegierte Stellung im Dritten Reich dazu verwendet haben, neben seiner Frau auch etliche jüdische Freunde und Kollegen vor Verfolgung zu schützen.[6] Lorenz stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.[7]

 
Grab von Max Lorenz auf dem Wiener Zentralfriedhof

Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ sich Lorenz in Wien nieder und erwarb die österreichische Staatsbürgerschaft. Er war in dieser Zeit der führende Heldentenor an der Wiener Staatsoper und absolvierte auch zahlreiche Gastspiele an ausländischen Opernbühnen. In Bayreuth sang Lorenz zum letzten Mal 1954; dann folgten regelmäßige Auftritte bei den Salzburger Festspielen. Von 1962 bis 1974 unterrichtete Lorenz am Mozarteum in Salzburg und privat in München und Salzburg.

Seine größten Erfolge feierte Max Lorenz als Heldentenor in den Opern Richard Wagners. 1960 sang er zum letzten Mal in Dresden den Titelhelden in Tristan und Isolde. Seinen letzten Auftritt auf einer Opernbühne hatte Lorenz 1962 an der Wiener Staatsoper. Zwei Jahre später starb seine Ehefrau Lotte. Ihr in Israel lebender Bruder James schrieb Lorenz danach einen Brief, in dem es unter anderem heißt:

„[…] was Du in menschlicher Beziehung getan hast, wird für mich immer ein Vorbild sein: Du hast in der ganzen Hitlerzeit treu zu Deiner jüdischen Frau gehalten, und darüber hinaus hast Du meine selige Mutter unter eigener Gefahr bei Dir zuhaus versteckt gehalten. Daran werde ich mich immer mit tiefer Dankbarkeit erinnern. In inniger Freundschaft, James.“[6]

Das Grab von Max und Lotte Lorenz befindet sich im Ehrenhain auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 40, Nummer 37).

Werk Bearbeiten

Uraufführungen Bearbeiten

Repertoire (Auswahl) Bearbeiten

Beethoven:

Berg:

Bizet:

d'Albert:

Mussorgski:

Offenbach:

Pfitzner:

Puccini:

Richard Strauss:

 

Tschaikowski:

Verdi:

Wagner:

Weber:

Weinberger:

Auszeichnungen Bearbeiten

In der Online-Ausgabe des Oesterreichischen Musiklexikons finden sich folgende Auszeichnungen:

Literatur und weitere Quellen Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Christian Fastl: Lorenz, Max. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2004, ISBN 3-7001-3045-7.
  • Jürgen K. Grundheber: Max Lorenz. Biographie und Diskographie. In: Stimmen die um die Welt gingen. Heft Nr. 10, September 1985, S. 1–25 (mit Ergänzungen in Heft 15, 1987)
  • Walter Herrmann: Max Lorenz. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1976. ISBN 3-215-02252-4
  • Wolfgang Hultsch: Max Lorenz in Der Himmel über Sachsen : Weltkriege, Widerstand, Wiederaufbau. 2022. ISBN 978-3-7562-0655-1
  • Max Lorenz: Berlin, Bayreuth, Wien. In: Josef Müller-Marein und Hannes Reinhardt: Das musikalische Selbstportrait. Nannen, Hamburg 1963, S. 91–97
  • Einhard Luther: Keiner wie er – Max Lorenz. Pro Business, Berlin 2009, ISBN 978-3-86805-409-5
  • Fred K. Prieberg: Handbuch Deutsche Musiker 1933–1945. CD-ROM-Lexikon, Kiel 2009, 2. Auflage, S. 4625–4627. online

Dokumentarfilme Bearbeiten

  • 2008: Wagners Meistersänger – Hitlers Siegfried. Auf den Spuren von Max Lorenz, EuroArts, 54 Min. Eine Dokumentation über den Wagner-Tenor Max Lorenz von Eric Schulz in Zusammenarbeit mit Claus Wischmann[9]

Hörbeispiele Bearbeiten

Tondokumente Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Max Lorenz (tenor) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Heiratsurkunde Max Sulzenfuss–Charlotte Appel, New York, 26. Januar 1932, abrufbar unter www.familysearch.org
  2. Ein Heldentenor, Sohn eines Düsseldorfer Fleischers. In: Rheinisches Volksblatt vom 31. Dezember 1926, S. 9 [1]
  3. Josef Müller-Marein und Hannes Reinhardt: Das musikalische Selbstportrait. Nannen, Hamburg 1963, S. 93
  4. The Metropolitan Opera Archives [2]
  5. Standesamt Hamburg 01, Geburtsurkunde Nr. 2703 vom 24. November 1897. Die Eltern waren der Kaufmann Bernhard Appel und seine Frau Rosa, geb. Franck, beide „jüdischer Religion“.
  6. a b c TV-Dokumentation Wagners Meistersänger – Hitlers Siegfried. Auf den Spuren von Max Lorenz.
  7. Lorenz, Max. In: Theodor Kellenter: Die Gottbegnadeten : Hitlers Liste unersetzbarer Künstler. Kiel: Arndt, 2020, ISBN 978-3-88741-290-6, S. 253
  8. Artikel „Max Lorenz“ im Oesterreichischen Musiklexikon (musiklexikon.ac.at).
  9. Max Lorenz – Wagner's Mastersinger/Hitler's Siegfried auf Medici.tv.