Martin Perscheid

deutscher Cartoonist

Martin Perscheid (* 16. Februar 1966 in Wesseling;[1]31. Juli 2021 ebenda[2]) war ein deutscher Cartoonist.

Martin Perscheid (2019)

Leben und Werk Bearbeiten

Perscheids Eltern besaßen einen Zweiradhandel für Motorroller von Piaggio in seiner Heimatstadt Wesseling bei Köln, den sein jüngerer Bruder seit 1999 weiterführt. Perscheid zeichnete bereits in seiner Schulzeit Karikaturen von Lehrern und Mitschülern.[1] Nach dem Fachabitur absolvierte er eine Ausbildung zum Druckvorlagenhersteller und leistete danach seinen Zivildienst.[3] Im Anschluss arbeitete Perscheid zunächst in einer Werbeagentur in Köln und war schließlich bis 1993 als Werbegrafiker für Mode in Düsseldorf tätig.[1] Er schickte nach Hinweis eines Redakteurs der Zeitung Express Zeichnungen an den Pressedienst Bulls Press und wurde als Cartoonist angenommen.[4]

Perscheids Cartoons wurden ab 1994 in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht, ab 1996 unter dem Titel „Perscheids Abgründe“. Er zeichnete alternierend zwei Wochen lang sechs Cartoons pro Woche und übernahm dann eine Woche Nebenjobs, weil die Einnahmen als Cartoonzeichner nicht für die Bestreitung der Lebenshaltungskosten reichten.[4] Unter dem Titel „Perscheids Abgründe“ schuf er über 4300 Cartoons.[5]

Neben anderen Auszeichnungen war er 2002 Träger des renommierten Max-und-Moritz-Preises für die beste deutschsprachige Cartoonserie sowie der Kulturplakette seiner Heimatstadt Wesseling. 2014 erhielt er den Sonderpreis für kulturelle Originalität des Kulturpreises des Rhein-Erft-Kreises.[6] 2016 widmete ihm die Caricatura in Kassel das Denkmal für den unbekannten Idioten.[7] Beim Deutschen Cartoonpreis 2018 bekam er eine Bronzemedaille.[8]

Perscheid lebte und arbeitete in Wesseling,[9] wo er im Alter von 55 Jahren einem Krebsleiden erlag.[10] Er war verheiratet; aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor.[3] Die letzten Jahre verbrachte er mit seiner Lebenspartnerin, der Cartoonistin Nadia Menze, mit der er zahlreiche gemeinsame Cartoons erstellte und ein gemeinsames Buch plante.[11]

Rezeption und Nachrufe Bearbeiten

Perscheids Humor und Zeichenstil wurden oft mit demjenigen des US-Amerikaners Gary Larson und seiner Reihe The Far Side verglichen, teils auch mit demjenigen Loriots.[12][13][14][15][16][17] Ab etwa 2008 äußerte sich Perscheid zu dem vermuteten Einfluss durch Larson eher kritisch.[18][19] Später ging er damit gelassener um, obwohl er eine grundsätzliche Ähnlichkeit weiterhin bestritt.[20][21] Abschließend schrieb er dazu ironisch auf seiner Webseite: „Nachdem immer wieder behauptet wird, ich würde von Gary Larson klauen (was in der Tat richtig ist, alle meine Cartoons sind entstanden, indem ich die Far-Side-Cartoons durchgepaust und die Signatur durch meine eigene ersetzt habe), hier nun zur Abwechslung mal die Arbeiten derjenigen Künstler, die sich durch meine Werke inspiriert fühlten...“[22]

„Alle Cartoonisten kennen Perscheids Cartoons, weil Perscheid alle guten Ideen, die alle anderen deutschen Cartoonisten je gezeichnet haben, schon vor ihnen gezeichnet hatte.“

Til Mette: Vorwort zu Perscheids Abgründe, 2021

„Seine Furchtlosigkeit vor Blicken in menschliche Abgründe des Sexismus, Rassismus, der Ignoranz, Korruption und Dummheit und wie er all das mit beißendem Spott und rabenschwarzem Humor in Cartoons einfing, war einzigartig.“

Nachruf des Carlsen-Verlages[5]

„Er wollte mit seinen Cartoons nicht nur spielen, sondern zubeißen. Dort, wo es wehtut und wo andere sich lieber wegducken, weil es kaum auszuhalten ist.“

Antje Haubner, Programmleiterin des Lappan-Verlages[10]

„Perscheid führte vor, wie dreist Menschen sein können, wie rücksichtslos, dumm oder auch nur unbeholfen. Doch stellte er sie nicht bloß und wurde nie moralisch.“

Alexander Kühn, Der Spiegel[23]

Ausstellungen Bearbeiten

Bücher Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Martin Perscheid – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Martin Perscheid: Der bikende Zeichner Martin Perscheid, Motorrad Classic auf motorradonline.de, 15. Februar 2011
  2. Der Cartoonist Martin Perscheid ist tot. In: NDR Kultur Journal auf ndr.de. 5. August 2021, archiviert vom Original am 5. August 2021; abgerufen am 5. August 2021.
  3. a b Martin Perscheid, der Cartoonist aus Wesseling. Interview. In: Kölnische Rundschau. 16. April 2016, abgerufen am 6. August 2021.
  4. a b Jasmin Klein: Achtung, jetzt kommt ein Karton!, meinesuedstadt.de, 11. Juni 2018
  5. a b Nachruf Lappan Verlag. Facebook-Seite des Lappan Verlages, 5. August 2021, abgerufen am 5. August 2021.
  6. Hanna Styre: Auszeichnung Chorleiter, Cartoonist und Carsten Henn. In: ksta.de. 2. September 2014, abgerufen am 6. August 2021: „Der „Sonderpreis für besondere Originalität“ in Höhe von 500 Euro ging an Martin Perscheid, der zu den großen Cartoonisten in Deutschland zählt.“
  7. Sein "unbekannter Idiot" blickt über Kassel Trauer um Karikaturisten Martin Perscheid. In: hessenschau.de. 5. August 2021, abgerufen am 5. August 2021.
  8. Deutscher Cartoonpreis 2018: Von Kinderarmut bis zur Schweinshaxe, stern.de vom 30. Oktober 2018, abgerufen am 17. November 2020.
  9. Bernd Schöneck: Avg: Der Idiot in uns. Ausstellung mit Cartoons von Martin Perscheid, dem Meister des hintersinnigen Humors. In: ksta.de. 18. September 2018, abgerufen am 13. Juni 2021.
  10. a b Der Cartoonist Martin Perscheid ist tot. 5. August 2021, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 5. August 2021; abgerufen am 17. Januar 2022.
  11. Trauer um Martin Perscheid: Lebensgefährtin findet emotionale Abschiedsworte. 6. August 2021, abgerufen am 24. August 2021.
  12. Christian Schröter: Martin Perscheid ist tot, Gütsel Online, OWL live. 5. August 2021, abgerufen am 16. März 2023.
  13. Homepage von MAELMILL Comics. Abgerufen am 16. März 2023.
  14. MARTIN PERSCHEID: Perscheid für Schrauber! Abgerufen am 16. März 2023.
  15. "Neben Gary Larson hat mich kein Cartoonist über so viele Jahre begleitet und begeistert [wie Perscheid].", Roger von Wartburg (2021): Der letzte Schrei - Damit ihr Perscheid wisst, lvb.inform Nr. 1, September 2021 (offizielles Magazin des Dachverbands Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH), s. auch das Inhaltsverzeichnis der Ausgabe)
  16. tboley: Perscheid verstorben. In: Jenseits des täglichen Wahnsinns. 6. August 2021, abgerufen am 16. März 2023 (deutsch).
  17. "Der Kleine Bruder von Gary Larson, wie er gerne genannt wird, bringt mit seinem manchmal sehr schwarzen Humor den deutschen Fans das Leben näher.", Artikeldienst Online, 16. Juni 2009
  18. 30.06.2008: Ausstellung Martin Perscheid im Rathaus der Stadt Wesseling. Abgerufen am 16. März 2023.
  19. Perscheid für jeden Tag. Abgerufen am 16. März 2023.
  20. Kulleraugen auf Langnasen. Abgerufen am 16. März 2023.
  21. "Vergleich mit Gary Larson [...] Seine Zeichnungen erscheinen seit 1994 flächendeckend in deutschen Tageszeitungen, seit 1996 unter dem Titel 'Perscheids Abgründe'. Und sie haben allesamt eines gemeinsam: Sie haben alle das gleiche Format – ein Hochformat mit schwarzem Rahmen. Perscheids Stil, der sich durch einen grafischen Minimalismus gepaart mit kräftig-konturierenden Outlines auszeichnet, erinnert entfernt an den amerikanischen Cartoonisten Gary Larson ('The Far Side'). Diesen Vergleich empfindet Perscheid als großes Kompliment: 'So wie sich Gary Larson auch geschmeichelt gefühlt haben dürfte, wenn man ihn immer wieder mit Gahan Wilson oder Charles Addams verglich.'", Perscheids Abgründe, Jerome (s. A. Bernecker Verlag), 12. Dezember 2016
  22. Plagiate. Abgerufen am 16. März 2023.
  23. Alexander Kühn: Nachruf, in: Der Spiegel, 6. August 2021, online, abgerufen am 8. August 2021
  24. Grevenbroich: Neue Ausstellung zeigt "Abgründe" des Cartoonisten Martin Perscheid. In: rp-online.de. 21. Januar 2017, abgerufen am 6. August 2021.