Marianne Rath

österreichische Glaskünstlerin

Marianne Rath, verheiratete Marianne Gretl Backhausen (* 2. März 1904 in Wien; † 27. Mai 1985 ebenda), war eine österreichische Glaskünstlerin.

In den 1920er und 1930er Jahr entwarf sie Glasobjekte für die Firma J. & L. Lobmeyr, die auf zahlreichen Werkschauen u. a. auf der Exposition internationale des arts décoratifs et industriels modernes in Paris 1925 gezeigt wurden.

Leben und Werk Bearbeiten

Marianne und Hans Harald Rath wurden am 2. März 1904 als einzige Kinder des Hofglaswarenhändlers Stefan Rath und seiner Marianne Josefa Emma Rath (geb. Salcher) in Wien geboren.[1] Nach dem frühen Tod der Mutter im September 1911 wuchsen die Kinder bei ihrer Tante Adele Rath in Purkersdorf und Wien auf.[2]

Nach Abschluss der Schule begann Marianne Rath eine Ausbildung an der Kunstgewerbeschule in Wien. Zu ihren Lehrern zählten Michael Powolny, Rudolf von Larisch und Franz Čižek. 1924 trat sie in die Firma J. &. L. Lobmeyr ein, deren Leitung ihr Vater nach dem Tod von Ludwig Lobmeyr 1917 übernommen hat.

Marianne Rath entwarf für Lobmeyr einige Serien von Kristallgefäßen, unter anderem die Bergkristall- und die Rare Earth-Serie. Insbesondere die bei J. & L. Lobmeyrs Neffe Stefan Rath in Steinschönau 1924 anfertigte Prunkjardinière wurde sehr aufwendig geschliffen und poliert und erinnert an die geschliffenen Bergkristallgefäße der Renaissance. Um die Illusion von geschliffenen Bergkristallen zu erzeugen, mussten auch die Innenseiten der Glasgefäße aufwendig überschliffen und poliert werden.[3] Für offizielle Anlässe konnte die Jardinière auf Wunsch mit Gravuren und Monogrammen verziert und personalisiert werden. In den 1920er Jahren arbeitete Marianne Rath mit den Designern Oskar Strnad (1925) und Ena Rottenberg (1927) zusammen, die die von ihr entworfenen Kristallgefäße mit einem aufwendigen Schliffdekoren versehen haben.[4][5]

Neben Glasgefäßen ist Lobmeyr für die Anfertigung von hochwertigen Wand- und Kronleuchter bekannt. 1925/6 entwarf sie den zierlichen Kandelaber Marianne aus Messing und farblosen Kristallkugeln. Dieser zeitlose Kronleuchter wird auch noch in der Gegenwart für anspruchsvolle Innenarchitekturprojekte, u. a. 2022 für das The Bryanstone-Building am Londoner Hyde-Park angefertigt.[6][7]

Mitte der 1920er Jahre begann Marianne Rath in Kooperation mit dem Karlsbader Glashersteller Moser mit verschiedenen Seltenen-Erden-Glasfarben zu arbeiten. Die Färbung von Glas mittels Seltenen Erden, insbesondere Neodym und Praseodym wurden bereits ab 1905 von Richard Böhm beschrieben. 1913 wurden bei Schott in Jena schon Gläser mit Seltenen Erden hergestellt. Die Verwendung von Seltenen Erden in der Kunstglasproduktion war aufgrund der hohen Beschaffungskosten nicht verbreitet. Marianne Roth arbeitete gemeinsam mit Moser und entwarf Flakons, Schalen, Vasen und Tafelaufsätze aus Alexandrit-, Heliolit- und Royalitglas.[8][9] Auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1929 wurden die Seltene Erden-Farbgläser von Moser mit großem Erfolg präsentiert.[10] Die Bergkristall- und Seltene Erde-Serie wurden auf Werkschauen, u. a. auf der Exposition internationale des arts décoratifs et industriels modernes in Paris 1925 gezeigt.[11][12] Die Produkte der Firma J. & L. Lobmeyr erhielten auf dieser Ausstellung eine Goldmedaille.[13]

1937 heiratete Marianne Rath den Juniorchef der Firma Joh. Backhausen & Söhne Johann (John) Backhausen (1907–1987). Nach der Hochzeit und der Geburt ihrer Söhne Hans (1938–2005) und Georg (1941–2002) beendete sie ihre Tätigkeit bei Lobmeyr und befasste sich nur noch gelegentlich mit Designentwürfen.[14]

Marianne Backhausen starb am 27. Mai 1985 in Wien. Das Grab von Marianne Backhausen befindet sich auf dem Friedhof in Hietzing. Hier wurden später auch ihr Ehemann und die beiden Söhne begraben.

Rezeption Bearbeiten

Kandelaber 'Marianne' (1926)
Marianne Rath
vernickeltes Messing mit Kristall
102 × 82 cm
Lobmeyr Wien

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Marianne Rath galt in den späten 1920er und 1930er Jahren gemeinsam mit Ena Rottenberg, Vally Wieselthier und Lotte Fink als einflussreichste und erfolgreichste Designerin für Glas in Wien.[15] Viele ihrer Werke sind heute in der Sammlung des Museums für Angewandte Kunst in Wien, aber auch in internationalen Glas- und Designmuseen, wie dem Metropolitan Museum of Art[16], dem Cooper Hewitt Museum[17], dem Passauer Glasmuseum[18] oder im Glasmuseum Hentrich in Düsseldorf zu finden.

Auf internationalen Auktionen werden ihre selten angebotenen Objekte zu Preisen von einigen Hundert bis einigen Tausend Euro gehandelt.

Werke (Auswahl) Bearbeiten

Eine der größte Kollektion von Arbeiten von Marianne Rath besitzt das Museum für Angewandte Kunst in Wien.

Alexandrit – Flakon (1926/30)
Marianne Rath
9,9 × 7,3 cm
Museum für Angewandte Kunst, Wien

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  • Kandelaber Marianne, 1926
  • Jardiniére, geschliffenes Kristallglas, 1924
  • Serie farbiger Glasvasen (1924/29)
  • Schale, geschliffen und graviert, 1925 (mit Oskar Strnad)
  • Schale, geschliffen und graviert, 1927 (mit Ena Rottenberg)
  • Citrit-Schale aus der Rare Earth-Serie, 1930
  • Alexandrit-Flakon aus der Rare Earth-Serie, 1930

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Harald C. Rath, Peter Rath, Robert Schmidt: Lobmeyr 1823 : helles Glas und klares Licht. Böhlau, Wien 1998, ISBN 3-205-98812-4, S. 64.
  2. Harald C. Rath, Peter Rath, Robert Schmidt: Lobmeyr 1823 : helles Glas und klares Licht. Böhlau, Wien 1998, ISBN 3-205-98812-4, S. 92.
  3. J. & L. Lobmeyr: J. & L. Lobmeyr: Bergkristall-Serie. Abgerufen am 22. Januar 2023 (deutsch).
  4. Objekt GL 2987 der MAK Sammlung: Schale entworfen von Marianne Rath und Ena Rottenberg. Abgerufen am 22. Januar 2023.
  5. Objekt GL 2427 der MAK Sammlung Online: Vase mit Schliffdekor (Marianne Rath / Oskar Strnad), 1925. Abgerufen am 21. Januar 2023.
  6. Clare Sartin: Go behind the scenes of the creation of London’s newest luxury apartment. 13. Juli 2022, abgerufen am 22. Januar 2023 (britisches Englisch).
  7. J. & L. Lobmeyr Lighting: The Bryanston (2022). In: J. & L. Lobmeyr Lighting. Abgerufen am 22. Januar 2023.
  8. Objekt GL 3335 der MAK Sammlung: Citritglas (1926/30). Abgerufen am 22. Januar 2023.
  9. Antonín Langhamer: The legend of Bohemian glass : a thousand years of glassmaking in the heart of Europe. Tigris, Zlín 2003, ISBN 80-86062-11-2, S. 134.
  10. Stefan Örtel: Neodym-Glas! Ende 1920er, Anfang 1930er Jahre Neodym- und Cer-Titan-Gläser der Sammlung Örtel. Pressglas-Korrespondenz, PK 2008-2-07, S. 299–301
  11. Claudia Kanowski, Margrit Bröhan: Glaskunst 1889 - 1939. Berlin 2010, ISBN 978-3-941588-03-5, S. 100.
  12. Janet Whitmore: Inventing the Modern World: Decorative Arts at the World’s Fairs, 1851–1939. In: Nineteenth-Century Art Worldwide. Band 12, Nr. 1, 2013 (19thc-artworldwide.org [abgerufen am 22. Januar 2023]).
  13. Rock crystal style Flower Bowl. Abgerufen am 22. Januar 2023 (amerikanisches Englisch).
  14. Harald C. Rath, Peter Rath, Robert Schmidt: Lobmeyr 1823 : helles Glas und klares Licht. Böhlau, Wien 1998, ISBN 3-205-98812-4, S. 83.
  15. MoMoWo - 100 Works in 100 Years - European Women in architecture and design · 1918-2018, Ljubljana / Turin 2016, S. 252
  16. Fruchtschüssel, Kristall, 1929. Metropolitan Museum of Art, abgerufen am 21. Januar 2023.
  17. Rock crystal style Flower Bowl. Abgerufen am 21. Januar 2023 (amerikanisches Englisch).
  18. Glasmuseum Passau: Jardiniere von Marianne Rath (1924). Abgerufen am 21. Januar 2023.