Münster (Selters)

Ortsteil der Gemeinde Selters (Taunus)

Münster ist ein Ortsteil der Gemeinde Selters im mittelhessischen Landkreis Limburg-Weilburg.

Münster
Wappen von Münster
Koordinaten: 50° 22′ N, 8° 16′ OKoordinaten: 50° 22′ 14″ N, 8° 15′ 55″ O
Höhe: 228 m ü. NHN
Fläche: 8,15 km²[1]
Einwohner: 1046 (31. Dez. 2021) HW[1]
Bevölkerungsdichte: 128 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Juli 1974
Postleitzahl: 65618
Vorwahl: 06483

Geographische Lage Bearbeiten

Münster liegt im Tal des Laubusbachs im östlichen Hintertaunus. Am Rand des Orts befindet sich ein Naherholungsgebiet mit einem kleinen See, der nach dem ehemaligen Bürgermeister Alfred Schösser, der ihn anlegen ließ, Lago Alfredo genannt wird.

Münster grenzt im Westen und Norden an den Marktflecken Villmar sowie an die beiden Villmarer Ortsteile Weyer und Langhecke. Weiter im Uhrzeigersinn schließen sich Wolfenhausen, Haintchen, Eisenbach und Oberbrechen an. Waldgebiete, die Teile sich anschließender, größerer Forste sind, finden sich vor allem am Rand der Gemarkung, so dass nur rund ein Drittel der Münsterer Gemarkung bewaldet ist. Der Ort selbst liegt auf 220 bis 235 Metern Höhe, während das Gelände im Nordosten der Gemarkung auf bis zu 330 Meter ansteigt.

Geschichte Bearbeiten

Für die Entwicklung von Münster war die strategische Lage an zwei historischen Fernstraßen, der „Heerstraße“ von Limburg zur Wetterau und der „Hessenstraße“ vom Rheingau nach Marburg und Kassel, entscheidend. Bereits um 910 errichteten dort die fränkischen Herzöge (Konradiner) auf der „Burg“ eine befestigte Raststätte auf halbem Weg zwischen ihren Burganlagen in Limburg und Weilburg. Die Lahngau-Grafen erhoben Münster („Monasterium“) zum Verwaltungs- und Kirchen-Zentrum im Laubustal, dem weitere fünf Dörfer angehörten. Mit dem Niedergang des Konradiner-Geschlechts gelangten deren Güter 993 als Schenkung des Kaisers Otto III. an das Bistum Worms. Dessen Stiftsherren übertrugen im Jahr 1194 die Herrschaft von Münster an das Prämonstratenser-Kloster Arnstein an der Lahn. Für das 15. Jahrhundert sind eine Waldschmiede und ein Bergwerk in der Münsterer Gemarkung verbürgt. 1596 erwarb die Wied-Runkel die Herrschaft über die Gemeinde, bis 1806 die Grafschaft Wied-Runkel schließlich im Herzogtum Nassau aufging.

Wüstung Felden Bearbeiten

Wenig westliche des Ortsrands, zwischen Stollen- und Petrimühle, südlich der heutigen Verbindungsstraße nach Weyer, befand sich die inzwischen wüst gefallene Siedlung Felden. Vermutlich im Jahr 821 wird erstmals der Ort als Feldum urkundlich erstmals erwähnt, mit Sicherheit aber 1154 als Velde. 1412 ist letztmals eine eigenständige Gemarkung Velden nachgewiesen.[2]

Hexenverfolgung Bearbeiten

Aktenkundig wurde Münster im 17. Jahrhundert während der Hexenverfolgung. 1652 wurde zusammen mit vier anderen Frauen Agnes Lang aus Münster der Hexerei beschuldigt und angeklagt. Ihr Ehemann, der Schneidermeister Johannes Lang, zog bis vor das Reichskammergericht in Speyer, bekam seine Frau frei und trug dazu bei, dass die Hexenprozesse in der Herrschaft Runkel beendet wurden. Heute ist eine Ortsstraße nach ihm benannt.[3]

19. und 20. Jahrhundert Bearbeiten

 
Alte Schule und ehemaliges Rathaus. Links im Bild: Erzlore aus der Grube „Lindenberg“.

Im 19. Jahrhundert kam es im Ort zu mehreren Bränden, nach denen die Neustraße als neue Mittelachse in Nord-Süd-Richtung angelegt wurde. Im 19. und frühen 20. Jahrhundert wurde in der Münsterer Gemarkung intensiv Bergbau betrieben und vor allem Eisenstein sowie Schiefer abgebaut. Bis zu 28 Gruben waren gleichzeitig in Betrieb. Nach und nach übernahmen größere Bergbaukonzerne die einzelnen Abbaubetriebe und errichteten eine Seilbahn zum Materialtransport nach Aumenau. Von 1906 bis 1911 entstand ein rund zwei Kilometer langer Stollen bis an den Nachbarort Langhecke. Als wichtigste bildete sich bald die Grube „Lindenberg“ heraus. Ihr Schacht reichte 250 Meter tief. Zusammengerechnet waren ihre Stollen 14 Kilometer lang. Schätzungsweise lieferte sie während ihres Bestehens rund zwei Millionen Tonnen Eisenerz. Die Grube „Lindenberg“ wurde auch als letzte der Münsterer Abbaustellen 1970 geschlossen. Der Aufschwung des Bergbaus zog ein massives Bevölkerungswachstum nach sich. Von rund 700 auf gut 1300 wuchs die Bewohnerschaft im Verlauf des Jahrhunderts an.

Im Jahr 1867 wurde Münster Teil des Oberlahnkreises in der preußischen Provinz Hessen-Nassau. 1910 betrug die Einwohnerzahl 977. Im Zweiten Weltkrieg brannten zwölf Scheunen und Schuppen bei einem Fliegerangriff ab. Beim Einmarsch der Amerikaner am 27. März 1945 wurden einige Schüsse abgegeben, weil bis in der vorherigen Nacht SS-Einheiten im benachbarten Wald gelegen hatten, dann aber abgezogen waren. Die Amerikaner waren darüber nicht informiert und eröffneten aus Panzerspähwagen das Feuer.

Im Jahr 1956 wurde ein neues Schulgebäude erbaut. Nachdem 1971 der Schulunterricht in Münster eingestellt wurde, bezog 1974 der Kindergarten das Gebäude.

Hessische Gebietsreform Bearbeiten

Zum 1. Juli 1974 wurde im Zuge der Gebietsreform in Hessen die Gemeinde Münster im ehemaligen Oberlahnkreis mit Niederselters, Eisenbach und Haintchen (alle früher Kreis Limburg) zu einer neuen Gemeinde mit dem Namen „Selters (Taunus)“ im neuen Landkreis Limburg-Weilburg kraft Landesgesetz zusammengeschlossen.[4][5] Für alle nach Selters eingegliederten Gemeinden wurde ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung gebildet.[6]

Verwaltungsgeschichte im Überblick Bearbeiten

Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Münster angehört(e):[7][8]

Bevölkerung Bearbeiten

Einwohnerstruktur 2011 Bearbeiten

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Münster 1080 Einwohner. Darunter waren 60 (5,6 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 168 Einwohner unter 18 Jahren, 408 zwischen 18 und 49, 258 zwischen 50 und 64 und 243 Einwohner waren älter.[9] Die Einwohner lebten in 471 Haushalten. Davon waren 129 Singlehaushalte, 159 Paare ohne Kinder und 141 Paare mit Kindern, sowie 36 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 117 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 303 Haushaltungen lebten keine Senioren.[9]

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

Münster: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2020
Jahr  Einwohner
1834
  
931
1840
  
1.069
1846
  
1.124
1852
  
1.176
1858
  
1.131
1864
  
1.252
1871
  
1.263
1875
  
1.265
1885
  
1.280
1895
  
1.121
1905
  
980
1910
  
977
1925
  
961
1939
  
818
1946
  
1.144
1950
  
1.158
1956
  
1.024
1961
  
1.048
1967
  
1.046
1970
  
1.021
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
1.080
2015
  
1.059
2020
  
1.050
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[7]; nach 1970: Gemeinde Selters (Internetarchiv); Zensus 2011[9]

Historische Religionszugehörigkeit Bearbeiten

• 1885: 1258 evangelische (= 89,29 %), 12 katholische (= 0,94 %), 10 jüdische (= 0,78 %) Einwohner[7]
• 1961: 827 evangelische (= 78,91 %), 218 katholische (= 20,80 %) Einwohner[7]

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Vereine Bearbeiten

Auf Ortsebene bestehen die Vereine Freiwillige Feuerwehr Münster e.V., gegründet 1933 (seit 30. November 1989 mit Jugendfeuerwehr), die BvD-Ortsgruppe Münster, der Förderverein „KiTa Münster“, der Geschichtsverein, der Kirchenchor 1928, die Landfrauen Münster, die Sängervereinigung „Harmonie 1842“, der Sportverein 1945, der Tennisclub 1991, der Turnverein Münster 1902 e. V.[10], die VdK-Ortsgruppe, der Förderverein Mehrzweckhalle Selters-Münster e.V.[11] und der Kulturverein Lago Alfredo – Club kultureller Notwendigkeit e.V.[12]

Bauwerke Bearbeiten

Evangelische Kirche Bearbeiten

 
Evangelische Kirche mit Kriegsopfer-Gedenkstätte im Vordergrund

Die Kirche von Münster geht auf eine Gründung der Konradiner im 10. Jahrhundert zurück. Dendrochronologische Messungen des Gebälks im Dachstuhl ergaben, dass man dafür Bäume verwendete, die um 1180 gefällt wurden. Die historische Wehrkirche von Münster entstand auf den Grundmauern einer fränkischen Taufkirche im Laubustal. Während der Reformation erlebte die Kirche eine radikale Entfernung des katholischen Inventars und wurde zum Zentrum der Reformierten evangelischen Kirche im Laubustal. Seither erlebte die Kirche vier große Renovierungen und Umbauten.

Alte Schule Bearbeiten

Ein markantes Gebäude in der Ortsmitte ist die alte Schule, die 1826/27 als nassauische Elementarschule erbaut wurde. Von 1828 bis 1956 wurde sie als Dorfschule genutzt. Sie enthielt drei Klassenräume und zwei Lehrerwohnungen. Von 1955 bis 1974 befand sich in dem Gebäude das Bürgermeisteramt der Gemeinde Münster, ab 1974 die Außenstelle der Verwaltung der Gemeinde Selters. 1980 wurde dort eine Seniorenstube und schließlich 1991 das Heimatmuseum des Ortsteils Münster eingerichtet.

Infrastruktur Bearbeiten

 
Naherholungsgebiet Lago Alfredo

Einrichtungen Bearbeiten

Die Freiwillige Feuerwehr Münster, gegründet 1933 (seit 30. November 1989 mit Jugendfeuerwehr), sorgt für den abwehrenden Brandschutz und die allgemeine Hilfe. Für die Kleinkinder besteht die Evangelische Kindertagesstätte Münster.

Freizeitmöglichkeiten Bearbeiten

Es bestehen die Mehrzweckhalle Münster, der Sportplatz, ein Kinderspielplatz, eine Grillhütte und Wanderwege.

Söhne und Töchter von Münster Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Münster – Sammlung von Bildern

Anmerkungen und Einzelnachweise Bearbeiten

Anmerkungen

  1. Bis zur Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung waren die Ämter und frühen Gerichte sowohl Gericht als auch Verwaltungsorgan.
  2. Mediatisierung infolge der Rheinbundakte.

Einzelnachweise

  1. a b Einwohnerzahlen der Gemeinde Selters (Taunus). In: Webauftritt. Gemeinde Selters (Taunus), archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Dezember 2021; abgerufen am 4. Dezember 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.selters-taunus.de
  2. Velden, Landkreis Limburg-Weilburg, im Historischen Ortslexikon Hessen (LAGIS)
  3. „Hexenverfolgung war Thema“ im Weilburger Tagblatt vom 8. April 2015 (Memento vom 16. November 2015 im Webarchiv archive.today)
  4. Gesetz zur Neugliederung des Landkreises Limburg und des Oberlahnkreises. (GVBl. II 330-25) vom 12. März 1974. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 5, S. 101, § 8 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 809 kB]).
  5. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 370.
  6. Hauptsatzung. (PDF; 20 kB) § 5. In: Webauftritt. Gemeinde Selters, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Dezember 2021; abgerufen im Dezember 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.selters-taunus.de
  7. a b c d Münster, Landkreis Limburg-Weilburg. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  8. Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  9. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,0 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 22 und 62, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020;.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/statistik.hessen.de
  10. TV Münster 1902 e.V.
  11. Förderverein Mehrzweckhalle Selters-Münster e.V.
  12. Kulturverein Lago Alfredo – Club kultureller Notwendigkeit e.V.