Unter der Lucas-Folge versteht man zwei unterschiedliche Dinge:

  • Einerseits die Folge der Lucas-Zahlen
2, 1, 3, 4, 7, 11, 18, 29, 47, 76, 123, 199, 322, 521, 843, 1364, 2207, 3571, 5778, 9349, 15127, … (Folge A000032 in OEIS)
bei der jedes Folgenglied (ab dem dritten) die Summe der beiden vorhergehenden ist.
  • Andererseits die beiden allgemeinen Lucas-Folgen und , die abhängig von den Parametern und als diejenigen Folgen definiert sind, die
bzw.
erfüllen und den Rekursionsformeln
bzw.
für genügen.

Die Lucas-Folgen sind nach dem französischen Mathematiker Édouard Lucas benannt, der sich als erster mit ihnen beschäftigt hat.

Beispiele Bearbeiten

  • Sei   und  . Dann ist   die folgende Folge:
 
 
 
 
 
Kurz geschrieben erhält man die Fibonacci-Folge:
0, 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34, 55, 89, 144, 233, 377, 610, 987, 1597, 2584, 4181, 6765, 10946, 17711, 28657, 46368, 75025, … (Folge A000045 in OEIS)
  • Sei   und  . Dann ist   die folgende Folge:
 
 
 
 
 
Kurz geschrieben erhält man eine Folge, die man ebenfalls kurz spezielle Lucas-Folge (oder noch einfacher nur Lucas-Folge) nennt, nämlich:
2, 1, 3, 4, 7, 11, 18, 29, 47, 76, 123, 199, 322, 521, 843, 1364, 2207, 3571, 5778, 9349, 15127, 24476, 39603, 64079, 103682, … (Folge A000032 in OEIS)
Die einzelnen Zahlen dieser Folge nennt man Lucas-Zahlen, auf die weiter unten näher eingegangen wird.
  • In einer Tabelle zusammengefasst erhält man für gewisse Startwerte für   und   die Tabelle im Abschnitt Spezialfälle.

Explizite Formeln Bearbeiten

Vorbereitung Bearbeiten

Zur Bestimmung der Folgenglieder der allgemeinen Lucas-Folge muss vorbereitend die zugeordnete quadratische Gleichung gelöst werden.

Für die expliziten Formeln werden die beiden Lösungen   und   der quadratischen Gleichung   benötigt. Es sind dies

 

und

 

Ist  , so ist eine der beiden komplexen Wurzeln zu wählen. Welche der beiden Zahlen   und welche   genannt wird, ist hierbei nicht von Belang.

Die Parameter   und   und die Werte   und   sind voneinander abhängig, es gilt umgekehrt

  (Satz von Vieta)

Die Formeln für   und   lassen sich in Bezug auf die Potenzen verallgemeinern. Und zwar gilt:

 
 

Die allgemeinen Lucas-Folgen Bearbeiten

Falls   gilt, oder äquivalent dazu: falls die Zahlen   und   verschieden sind, so berechnet sich das Glied der allgemeinen Lucas-Folge   nach folgender Formel:

 

für alle  . Im Spezialfall   gilt stattdessen

 

Das Glied der allgemeinen Lucas-Folge   berechnet sich nach folgender Formel:

 

für alle  

Beziehungen zwischen den Folgegliedern Bearbeiten

Eine Auswahl der Beziehungen zwischen den Folgengliedern ist:[1]

  •  
  •  
  •  
  •  , falls  
  •  ; für alle  

Spezialfälle Bearbeiten

Es folgen ein paar Spezialfälle, die zu Folgen führen, die in der Mathematik eine wichtige Rolle spielen und deswegen sogar eigene Namen haben:

           
         
(Folge A000045 in OEIS)
(Fibonacci-Folge)
 
(Folge A000032 in OEIS)
((spezielle) Lucas-Folge)
         
(Folge A001045 in OEIS)
(Jacobsthal-Folge)
 
(Folge A014551 in OEIS)
(Jacobsthal-Lucas-Folge)
         
(Folge A000129 in OEIS)
(Pell-Folge)
 
(Folge A002203 in OEIS)
(Companion Pell-Folge, Pell-Lucas-Folge)
         
(Folge A000225 in OEIS)
(Mersenne-Zahl-Folge)
 
(Folge A000051 in OEIS)
(Zahlen der Form   (enthalten die Fermat-Zahlen))
        Fibonacci-Polynome Lucas-Polynome
        Tschebyschow-Polynome zweiter Art Tschebyschow-Polynome erster Art, mit   multipliziert
          mit  
Repunits zur Basis A
  -Folge

Es gibt aber auch viele weitere Spezialfälle, die zu Folgen führen, die einen OEIS-Eintrag haben und somit in der Mathematik ebenfalls eine gewisse Rolle spielen. Es folgen ein paar Beispiele:

           
     
(Folge A128834 in OEIS)
 
(Folge A087204 in OEIS)
     
(Folge A107920 in OEIS)
 
(Folge A002249 in OEIS)
         
(Folge A001477 in OEIS)
 
(Folge A007395 in OEIS)
     
(Folge A009545 in OEIS)
 
(Folge A009545 in OEIS)
     
(Folge A088137 in OEIS)
 
     
(Folge A088138 in OEIS)
 
     
(Folge A045873 in OEIS)
 
         
(Folge A015528 in OEIS)
 
     
(Folge A015523 in OEIS)
 
(Folge A072263 in OEIS)
         
(Folge A015521 in OEIS)
 
(Folge A201455 in OEIS)
     
(Folge A030195 in OEIS)
 
(Folge A172012 in OEIS)
     
(Folge A007482 in OEIS)
 
(Folge A206776 in OEIS)
     
(Folge A006190 in OEIS)
 
(Folge A006497 in OEIS)
     
(Folge A001906 in OEIS)
 
(Folge A005248 in OEIS)
     
(Folge A0190959 in OEIS)
 
         
(Folge A015531 in OEIS)
 
(Folge A087404 in OEIS)
     
(Folge A015530 in OEIS)
 
(Folge A080042 in OEIS)
     
(Folge A090017 in OEIS)
 
     
(Folge A001076 in OEIS)
 
(Folge A014448 in OEIS)
     
(Folge A001353 in OEIS)
 
(Folge A003500 in OEIS)
     
(Folge A007070 in OEIS)
 
(Folge A056236 in OEIS)
         
(Folge A003462 in OEIS)
 
(Folge A034472 in OEIS)
         
(Folge A001787 in OEIS)
 
(Folge A000079 in OEIS)
         
(Folge A015540 in OEIS)
 
(Folge A0274074 in OEIS)
     
(Folge A015536 in OEIS)
 
     
(Folge A015535 in OEIS)
 
     
(Folge A052918 in OEIS)
 
(Folge A087130 in OEIS)
     
(Folge A004254 in OEIS)
 
(Folge A003501 in OEIS)
         
(Folge A002450 in OEIS)
 
(Folge A052539 in OEIS)
         
(Folge A015577 in OEIS)
 

Die allgemeinen Lucas-Folgen U(P,Q), V(P,Q) und die Primzahlen Bearbeiten

Die allgemeinen Lucas-Folgen   und   haben für ganzzahlige Parameter   und   eine spezielle Eigenschaft hinsichtlich der Teilbarkeit durch Primzahlen. Diese Eigenschaft wurde für Verfahren zur Bestimmung der Primalität einer Zahl angewandt (siehe auch Lucas-Lehmer-Test).[2]

Die Folgen U(P,Q) Bearbeiten

Für alle Lucas-Folgen   gilt:

Ist p eine Primzahl, so ist   durch p teilbar.

Dabei ist   das Legendre-Symbol.

Es existieren auch zusammengesetzte Zahlen, die diese Bedingung erfüllen. Diese Zahlen nennt man Lucas-Pseudoprimzahlen.

Die Folgen V(P,Q) Bearbeiten

Für alle Lucas-Folgen   gilt:

Ist p eine Primzahl, so ist   durch   teilbar.

Eine zusammengesetzte Zahl, die diese Bedingung (im Fall von   und  ) erfüllt, heißt Fibonacci-Pseudoprimzahl.

Besonders interessant ist die Teilbarkeitsbedingung für die Folge  . Für diese Folge gilt nämlich:

Wenn   eine Primzahl ist, dann gilt:   teilt  .

Dies ist eine spezielle Form des kleinen Fermatschen Satz.

Analog zu   gilt hier  .

Die spezielle Lucas-Folge Bearbeiten

Die allgemein als Lucas-Folge bekannte Folge   der Lucas-Zahlen 2, 1, 3, 4, 7, 11, 18, 29, … lässt sich außer durch die Rekursion   mit den Anfangswerten   und   auch wie folgt erzeugen:

  1. Wie im allgemeinen Fall für die Folgen   erwähnt, über die Formel von Binet (nach Jacques Philippe Marie Binet):
     , da   und   gilt. a ist übrigens die goldene Zahl  .
  2. Eine andere rekursive Formel (mit Gaußklammer):
     
  3. Als Summe zweier Glieder der Fibonacci-Folge:
      .

Nach 1) lässt sich alternativ auch   schreiben. Da für   der Betrag von   stets kleiner 0,5 ist, ergibt sich die Eigenschaft, dass die  -te ( ) Lucaszahl dem gerundeten Wert der Golden Zahl zur Potenz   entspricht:  .

Reziproke Reihe Bearbeiten

Der Grenzwert der absolut konvergierenden reziproken Reihe spezieller Lucas-Zahlen

  •  

ist irrational.[3]

Lucas-Primzahlen Bearbeiten

Eine Lucas-Primzahl ist eine Lucas-Zahl, die prim ist. Die kleinsten Lucas-Primzahlen lauten:

2, 3, 7, 11, 29, 47, 199, 521, 2207, 3571, 9349, 3010349, 54018521, 370248451, 6643838879, 119218851371, 5600748293801, 688846502588399, 32361122672259149, 412670427844921037470771, … (Folge A005479 in OEIS)

Für diese Lucas-Primzahlen ist der Index   von   der folgende:

0, 2, 4, 5, 7, 8, 11, 13, 16, 17, 19, 31, 37, 41, 47, 53, 61, 71, 79, 113, 313, 353, 503, 613, 617, 863, 1097, 1361, 4787, 4793, 5851, 7741, 8467, 10691, 12251, 13963, 14449, 19469, 35449, 36779, 44507, 51169, 56003, 81671, 89849, 94823, 140057, 148091, 159521, 183089, 193201, 202667, 344293, 387433, 443609, 532277, 574219, 616787, 631181, 637751, 651821, 692147, 901657, 1051849, … (Folge A001606 in OEIS)
Beispiel:
Es ist   und  . Somit ist   eine Primzahl. Tatsächlich taucht der Index   in obiger Liste an der 5. Stelle auf, weil er zur fünftkleinsten Lucas-Primzahl   führt.

Es gelten folgende zwei Eigenschaften für Lucas-Primzahlen:

  • Wenn   eine Primzahl ist, dann ist der Index   entweder gleich   oder eine selbst Primzahl oder eine Zweierpotenz.[4]
  •   ist eine Primzahl für  . Für keine anderen bekannten Werte von   erhält man weitere Primzahlen.

Es wird vermutet, dass es unendlich viele Lucas-Primzahlen gibt.[4]

Zusammenhang zur Artinschen Konstante Bearbeiten

Die Artinsche Konstante, benannt nach Emil Artin, ist definiert durch

 

Dabei bezeichnet   das Produktsymbol, wobei sich das Produkt über alle Primzahlen erstreckt. Die Konstante   taucht in einer tiefen Vermutung von Artin über die asymptotische Dichte von Primzahlen, die Primitivwurzeln zu einer gegebenen Zahl sind, auf.[5] Eine Primitivwurzel zu einer Primzahl   ist eine ganze Zahl, deren Potenzen, bis auf Vielfache von  , alle Zahlen zwischen   erzeugen können. Zum Beispiel ist   eine Primitivwurzel bezüglich  , denn die ersten echten Potenzen der   sind   und bis auf Vielfache von   entspricht dies den Zahlen  . Die Artinsche Vermutung besagt, grob gesprochen, dass zu festem   die Menge der Primzahlen, so dass   eine Primitivwurzel zu   ist, die asymptotische Dichte   innerhalb aller Primzahlen hat. Also haben ca. 37 % der Primzahlen diese Eigenschaft, unabhängig von  . Jedoch muss   dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Bezeichnet   die  -te Lucas-Zahl, so gilt die Formel

 

Dabei bedeutet   in der Summe, dass   die Zahl   teilt, und es ist   die Möbiusfunktion sowie   die Riemannsche Zeta-Funktion.[6]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Siehe Ribenboim: Die Welt der Primzahlen, S. 44–70.
  2. Siehe das schon angegebene Kapitel im Buch von Ribenboim.
  3. Paulo Ribenboim: Meine Zahlen, meine Freunde: Glanzlichter der Zahlentheorie. Springer-Lehrbuch, 2009, ISBN 978-3-540-87955-8, S. 323.
  4. a b Chris K. Caldwell: Lucas prime. Prime Pages, abgerufen am 1. März 2020 (englisch).
  5. S. R. Finch: Mathematical Constants, Encyclopedia of Mathematics and its Applications 94, Cambridge University Press, 2003, S. 104.
  6. S. R. Finch: Mathematical Constants, Encyclopedia of Mathematics and its Applications 94, Cambridge University Press, 2003, S. 105.