Littoral Combat Ship

Kriegsschiffstyp der United States Navy

Littoral Combat Ships (LCS; deutsch Schiffe für küstennahe Gefechtsführung) sind ein als neuartig oder experimentell[1]:13 bezeichneter Kriegsschiffstyp der United States Navy. Er wurde in den 2000er Jahren für die asymmetrische Kriegführung im feindlichen Küstenvorfeld konzipiert.

Littoral Combat Ship der Freedom-Klasse
Littoral Combat Ship der Independence-Klasse

Nach einem 2003 bestellten Erprobungsträger, dem Swath-Schiff Sea Fighter, wurden von 2004 bis zum Jahr 2019 insgesamt 35 Littoral Combat Ships in zwei verschiedenen, aber parallel beschafften Schiffsklassen in Auftrag gegeben: Die Freedom-Klasse mit Halbgleiter-Rumpf sowie die Independence-Klasse mit Trimaran-Rumpf.

In der Schiffshierarchie der US-Marine ersetzten die Littoral Combat Ships die aus der Zeit des Kalten Kriegs stammenden Fregatten der Oliver-Hazard-Perry-Klasse sowie Minenabwehrboote der Avenger-Klasse und der Osprey-Klasse. In anderen Marinen werden Einheiten, die vergleichbare Aufgabenprofile erfüllen, zumeist entweder als Korvetten oder Patrouillenboote geführt.

Seit den 2010er Jahren und verstärkt Anfang der 2020er Jahre wurden eine veränderte Bedrohungslage sowie ein zunehmender Personalmangel bei der US-Marine festgestellt. Die Marineführung bezeichnete die Littoral Combat Ships als konzeptionell überholt und mit nicht genügend Kampfkraft ausgestattet.[1]:13 Nach Außerdienststellung von 3 der ältesten Schiffe in den Jahren 2021 und 2022 sollen in den Jahren 2023 bis 2024 weitere insgesamt 11 Littoral Combat Ships nach nur drei bis zwölf Jahren Dienstzeit an die Reserveflotte überstellt werden.[2]:21 Teile des Aufgabenspektrums sollen ab Mitte des Jahrzehnts an neue, als kampfstärker und vielseitiger einsetzbar bezeichnete Fregatten der Constellation-Klasse übergehen.[2]:5

Aufgabenprofil Bearbeiten

Die United States Navy sah sich in den 2000er Jahren im Rahmen des Kriegs gegen den Terrorismus mit einem neuen Aufgaben- und Einsatzgebiet konfrontiert. Sie erhielt den politischen Auftrag und die finanziellen Mittel, sich für den küstennahen Kampf zu rüsten. Flugzeugträgerkampfgruppen mit hochseefähigen Begleitschiffen, auf die sich die Navy seit dem Zweiten Weltkrieg stützte, wurden dafür als weniger nützlich bewertet. In Gestalt der Littoral Combat Ships wurden während der Amtszeit Admiral Vernon E. Clarks als Chief of Naval Operations kleinere, schnellere Kriegsschiffe ohne das Aegis-Kampfsystem für solche litoralen Regionen konzipiert.

Das Aufgabenspektrum sollte nachrichtendienstliche Aufklärung, Absetzen und Aufnehmen von Spezialeinheiten und Begleitschutz von Landungsschiffen oder Hubschrauberträgern umfassen. Die Schiffe sollten ein verkleinertes Radarprofil aufweisen und optische (z. B. frühere Tarnschemata der United States Navy) und thermische Verschleierungsmittel (z. B. mit Meerwasser gekühlte Abgase) besitzen. Außerdem sollten sie über angemessene Feuerkraft und einen geringen Tiefgang verfügen, um in Küstennähe fahren zu können. Gemäß der Militärdoktrin der netzwerkzentrierten Kriegsführung sollten sie mit zeitgemäßen Systemen zur Informationsübertragung und -verarbeitung ein Abbild der militärischen Lage erhalten und mit ihren eigenen Sensoren etwa zur Frühwarnung vor erkannten Gefahren beitragen.

Programm in der Krise Bearbeiten

Ursprünglich war ein Stückpreis von 220 Millionen Dollar für das LCS vorgesehen. 2008 erhöhte die Marine ihre Kostenschätzung auf 600 Millionen. Aufgrund dieser Kostenexplosion wurden zunächst zwei der vier ursprünglich geplanten Schiffe gestrichen. Zudem sollte sich die Indienststellung der beiden ersten Schiffe um 18 Monate verzögern. Eine Einheit der Freedom-Klasse sollte von Lockheed Martin und eine der Independence-Klasse von General Dynamics gebaut werden. Ende 2008 verhängte der Kongress der Vereinigten Staaten einen Kostendeckel von 460 Millionen Dollar pro Einheit und begann eine Neuausschreibung. General Dynamics bot den Bau der Einheit LCS-4 unter diesen Bedingungen an und bekam im Mai 2009 den Auftrag.

Am 16. September 2009 gab die US Navy bekannt, bis Ende 2010 die Prototypen zu testen und noch im Fiskaljahr 2010 zu entscheiden, von welchem der Entwürfe zwei weitere Schiffe beschafft werden.

Im November 2010 entschied die Navy, bis 2015 sowohl von der Freedom-Klasse als auch von der Independence-Klasse jeweils zehn Stück zu bestellen. Eine entsprechende Anfrage wurde im November 2010 dem US-Kongress übermittelt.[3][4][5] Der Preis sollte gemäß damaliger Planung nach Abarbeitung des Auftrags im Schnitt bei 440 Millionen Dollar pro Schiff gelegen haben.[6]

Das Programm sieht, nachdem zwischenzeitlich 52 Einheiten geplant waren, inzwischen nur noch 32 Schiffe der beiden bisherigen Klassen vor. Welcher Schiffstyp danach weiterbeschafft wird, ist noch nicht entschieden.[7]

Ein 2016 durchgeführtes Programm-Review führte zu folgenden Entscheidungen: Anstelle von drei Crews für zwei Boote Einführung des Zwei-Crew-Konzepts analog der U-Boote bereits Ende 2016, wobei jede Crew pro Einschiffung nur eine Rolle wahrnimmt und die Missionsmodule auch nicht mehr getauscht werden. Die Freedom-Klasse wird in Mayport und die Independence-Klasse in San Diego stationiert. Die vier ursprünglichen Exemplare werden zu gegebener Zeit zu Trainingsschiffen und die Schiffe 5 bis 28 in je drei Vierer-Divisionen zusammengefasst, wobei die je vier Einheiten einer Division jeweils das gleiche Missionsmodul erhalten.[8]

Außerdienststellung Bearbeiten

Im Juli 2020 verkündete der Chief of Naval Operations, Admiral Michael M. Gilday, dass die ersten vier Schiffe im März 2021 außer Dienst gestellt würden. Als Grund wurden die hohen Kosten für deren notwendige Modernisierung genannt. Die Marine habe beschlossen, diese Gelder an anderer Stelle, z. B. für die Entwicklung der neuen Fregatten der Constellation-Klasse, zu investieren.[9]

Gilday legte im Januar 2021 ein Strategiepapier vor, in dem die angestrebte Flottenzusammensetzung dargelegt wurde:[1]:13

“To remain ahead of our competitors, we will divest ourselves of legacy capabilities that no longer bring sufficient lethality to the fight. This includes divestment of experimental Littoral Combat Ship hulls, legacy Cruisers, and older Dock Landing Ships.”

„Um unseren Konkurrenten voraus zu bleiben, werden wir uns von alten Fähigkeiten trennen, die im Kampf nicht mehr die erforderliche Durchschlagskraft bieten. Dazu gehört die Veräußerung von experimentellen Littoral Combat Ships, veralteten Kreuzern und älteren Docklandungsschiffen.“

Michael Gilday: CNO NavPlan, Januar 2021, S. 10

Konkretisiert wurde dies in einem im April 2022 vorgelegten Planungsdokument,[2]:7 demzufolge im Jahr 2023 acht Littoral Combat Ships der Freedom-Klasse außer Dienst gestellt werden sollen (die ungerade nummerierten von LCS-5 bis LCS-19) plus als neuntes das Versuchsschiff LCS-3, und die zwei Schiffe LCS-6 und LCS-8 der Independence-Klasse Jahr 2024 folgen sollen.[2]:21 Auf diese Weise entfällt als erstes die Fähigkeit zur U-Boot-Jagd, die auf die zulaufende Constellation-Klasse übergeht. Die ohnehin nicht wie konzeptioniert umgesetzte Modularität der Missionsausrüstung ist bereits entfallen. Den verbleibenden Schiffe sollen feste Aufgaben zugewiesen werden. Erhalten bleiben nach dem Jahr 2024 bis auf Weiteres:

  • 15 Schiffe der Independence-Klasse mit Ausstattung zur Minenjagd
  • 5 Schiffe der Freedom-Klasse mit Ausstattung zur Bekämpfung von Überwasserzielen

Weblinks Bearbeiten

Commons: Littoral Combat Ship – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c Navy Aegis Ballistic Missile Defense (BMD) Program: Background and Issues for Congress. (PDF; 1,7 MB) In: Federation of American Scientists. Congressional Research Service, 21. Dezember 2022, archiviert vom Original am 9. Februar 2023; abgerufen am 4. März 2023 (englisch).
  2. a b c d Report to Congress on the Annual Long-Range Plan for Construction of Naval Vessels for Fiscal Year 2023. (PDF; 1,9 MB) Office of the Chief of Naval Operations, April 2022, archiviert vom Original am 22. Januar 2023; abgerufen am 24. Februar 2023 (englisch).
  3. Sessions comments today regarding the Navy’s proposal to purchase additional Littoral Combat Ship. Office of Jeff Sessions, 3. November 2010
  4. US Navy said to buy LCS warships from both bidders. (Memento vom 23. Oktober 2012 im Internet Archive) Reuters, 3. November 2010
  5. Christopher P. Cavas: Navy asks Congress to buy both LCS designs. NavyTimes, 4. November 2010
  6. United States Navy: Littoral Combat Ship Contract Award Announced. (Memento vom 1. Januar 2011 im Internet Archive) (engl.)
  7. CNO: Group Will Study New LCS Designs. (Memento des Originals vom 11. März 2014)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.defensenews.com (engl.)
  8. LCS Crewing, Operating, Basing Schemes Are Changing. Defense News, 11. September 2016
  9. Esut.de Europäische Sicherheit & Technik: Küstenkampfschiffe der U.S. Navy sollen außer Dienst gestellt werden