Liste der kanadischen Militärstandorte in Deutschland

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Die Liste der kanadischen Militärstandorte in Deutschland listet alle ehemaligen militärischen Einrichtungen kanadischer Verbände in Deutschland auf. Am Standort Geilenkirchen gibt es, davon abweichend, weiterhin 133 kanadische NATO-Soldaten im AWACS-Headquarters, sie fliegen mit Flugzeugen unter luxemburgischer Flagge. Um die Originalität zu erhalten, folgen die Ortsnamen – so weit es vertretbar erschien – den bei den kanadischen Streitkräften seinerzeit gebräuchlichen Bezeichnungen (d. h. spätere Gemeindereformen werden nicht berücksichtigt).

Standorte und Flugplätze der kanadischen Streitkräfte in Deutschland
Lahr wurde zur Luftdrehscheibe zwischen Kanada und Europa, Zypern, Naher Osten.

Die Verbände unterstanden dem Oberkommando CFE/FCE = Canadian Forces Europe/Forces Canadiennes Europe (Kanadische Streitkräfte Europa)[1], Lahr.

Die kanadische Regierung beschloss angesichts der Lageverschärfung durch die Koreakrise 1950 Truppen nach Europa zu entsenden. Die Landstreitkräfte in Brigadestärke (Canadian Mechanized Brigade Group) sollten unter dem Kommando von NORTHAG in Norddeutschland, die Luftstreitkräfte unter dem Kommando von 4 ATAF in Frankreich und der französischen Zone in Deutschland stationiert werden. Im Gegensatz zu allen anderen westlichen Staaten mit Stationierungsstreitkräften in Deutschland, die zunächst die Besatzungstruppen[2] der Siegermächte verstärkten, begründete die kanadische Regierung von Anfang an ihre militärische Präsenz mit der NATO-Bündnisverpflichtung.

Das Ultimatum des französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle 1966 mit dem Ausscheiden aus der Integration der NATO, verbunden mit der Aufforderung, alle Truppen der Bündnispartner bis zum 31. März 1967 vom Territorium Frankreichs abzuziehen, veränderte auch für Kanada die Lage grundlegend. Die in Nordostfrankreich im Raum Metz dislozierten kanadischen Luftstreitkräfte wurden nach Söllingen und den bereits von RCAF genutzten Flugplatz Zweibrücken verlegt. Um die Kräfte zu konzentrieren, die verschiedene Unterstellung von Land- und Luftstreitkräften zu beenden und Kosten zu sparen, verlegte die CMBG 1970 aus dem Raum Soest ebenfalls in den Südwesten nach Lahr und wurde als CENTAG-Reserve geführt.

Die Ausrüstung der kanadischen Streitkräfte mit Nuklearwaffen machte die Anwesenheit von US Custodial Teams erforderlich, um die nukleare Verwahrung nach dem Zwei-Schlüssel-Prinzip zu gewährleisten. Nach dem Regierungswechsel 1984 beendete die kanadische Regierung die bilateralen Nuklearabkommen mit den USA.

Baden-Württemberg Bearbeiten

Standort Liegenschaft Vornutzer Truppenteile Jahr der Auflösung Nachnutzung Bemerkungen
Lahr RCAF Base Lahr FFA bis 1967 CFE/FCE 1993 Flughafen Lahr 1969–1971 nuklear bewaffnete Alarmrotte mit CF-104. Luftdrehscheibe zwischen Kanada und Europa, Zypern, Naher Osten.
Flughafen-Kaserne Quartier Ménard (FFA) HQ CMBG (CFE/FCE) 1993 Flughafen Lahr 1967 Übertragung der Serre-Kaserne von Frankreich an Kanada[3].
Ringsheim Canadian Facility Station (CFS) Ringsheim 1993
Söllingen RCAF Base Söllingen 1 Canadian Air Group (CFE/FCE) seit 1967 1993 Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden 1952 von der französischen Bauverwaltung erbaut. Nukleare Verwahrung durch US Custodial Team bis 1984.

Niedersachsen Bearbeiten

Standort Liegenschaft Vornutzer Truppenteile Jahr der Auflösung Nachnutzung Bemerkungen
Hameln Bindon Barracks BAOR CMBG (CFE/FCE) 1951 1953/1955 BAOR Deutscher Name: Scharnhorst-Kaserne
Gordon Barracks BAOR CMBG (CFE/FCE) 1951 1953/1955 BAOR Deutscher Name: Linsingen-Kaserne
Hannover Chatham Barracks BAOR HQ CMBG (CFE/FCE) 1951 1953/1955 BAOR Deutscher Name: Emmich-Cambrai-Kaserne oder Kriegsschule. 1953/1955 Verlegung der Brigade in den Raum Soest.
London Barracks BAOR CMBG (CFE/FCE) 1951 1953/1955 BAOR Deutscher Name: Prinz-Albrecht-Kaserne
Stonehenge Barracks BAOR CMBG (CFE/FCE) 1951 1953/1955 BAOR Deutscher Name: Fliegerhorst Langenhagen oder Boelcke-Kaserne

Nordrhein-Westfalen Bearbeiten

Standort Liegenschaft Vornutzer Truppenteile Jahr der Auflösung Nachnutzung Bemerkungen
Geilenkirchen Geilenkirchen Air Base RAFG AWACS HQ (NATO) noch bestehend Seit 1994 sind die 133 kanadischen Soldaten die einzigen noch in Deutschland verbliebenen Angehörigen der CFE/FCE.
Hemer Fort MacLeod[4] CMBG (CFE/FCE) seit 1953 1970 Barrosa Barracks (BAOR) Nukleare Verwahrung durch US Custodial Team
Fort Prince of Wales[5] Blücher-Kaserne (Wehrmacht) CMBG (CFE/FCE) seit 1953 1970 Peninsula Barracks (BAOR)
Iserlohn Fort Beauséjour[6] Corunna und Epsom Barracks (BAOR) CMBG (CFE/FCE) seit 1957 1970 Corunna und Epsom Barracks (BAOR) Deutscher Name Seydlitz-Kaserne
Fort Qu'Appelle[7] Mons Barracks (BAOR) CMBG (CFE/FCE) seit 1957 1970 Mons Barracks (BAOR) Deutscher Name Blücher-Kaserne, Winckelmann- oder Artillerie-Kaserne
British Military Hospital BAOR CMBG (CFE/FCE) seit 1957 1970 BAOR 1957–1970 Hospital der kanadischen NATO-Brigade
Lohne (Soest) Fort Chambly[8] Salamanca Barracks (BAOR) CMBG (CFE/FCE) seit 1957 1970 Salamanca Barracks (BAOR)
Stockum (Soest) Fort Henry[9] St. Sebastian Barracks (BAOR) HQ CMBG (CFE/FCE) seit 1957 1970 St. Sebastian Barracks (BAOR) Nukleare Verwahrung durch US Custodial Team.
Fort York[10] CFE/FCE 1965 CMBG (CFE/FCE) Britische Ortsbezeichnung: Körbecke oder Möhnesee.
Werl Fort Anne[11] CMBG (CFE/FCE) 1970 Albuhera Barracks (BAOR) 1953 im Werler Stadtwald erbaut
Fort St-Louis[12] CMBG (CFE/FCE) 1970 Albuhera Barracks (BAOR) 1953 im Werler Stadtwald erbaut
Fort Victoria[13] CMBG (CFE/FCE) 1970 Vittoria Barracks (BAOR) 1953 im Werler Stadtwald erbaut. Nukleare Verwahrung durch US Custodial Team.

Rheinland-Pfalz Bearbeiten

Standort Liegenschaft Vornutzer Truppenteile Jahr der Auflösung Nachnutzung Bemerkungen
Pferdsfeld RCAF Base Pferdsfeld Luftwaffe; Französische Luftstreitkräfte RCAF 1955 USAFE, 1960 Luftwaffe 1952 von der französischen Bauverwaltung ausgebaut.
Zweibrücken RCAF Base Zweibrücken Jagdflieger (RCAF) seit 1953 1969 USAFE 1952 von der französischen Bauverwaltung erbaut.

Abkürzungen Bearbeiten

Abkürzung Text
AFNORTH Allied Forces Northern Europe
ATAF Allied Tactical Air Force
AWACS Airborne Warning and Control System
BAOR British Army of the Rhine
CFE Canadian Forces Europe
CMBG Canadian Mechanized Brigade Group
FCE Forces Canadiennes en Europe
FFA Forces Françaises en Allemagne
HQ Headquarters
NATO North Atlantic Treaty Organisation
OTAN Organisation du Traité de l’Atlantique Nord
RAFG Royal Air Force Germany
RCAF Royal Canadian Air Force
USAFE United States Air Force in Europe
USAREUR United States Army in Europe

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Detlev Grieswelle, Wilfried Schlau (Hrsg.): Alliierte Truppen in der Bundesrepublik Deutschland. Vorträge und Beiträge der Politischen Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung. 13, Bonn 1990
    • darin: Harald Paul: Kanadische Streitkräfte in Lahr, S. 136–141
  • Sean M. Maloney: Au coeur d'une guerre sans combat. La Brigade canadienne de l'OTAN en Allemagne 1951–1993. Défense nationale, Ottawa 1994
    • (engl. Fass.) ders.: War Without Battles: Canada’s NATO Brigade in Germany, 1951 – 1993. McGraw-Hill Ryerson, Toronto 1997[14]
  • Roy Rempel: Canada's Troop Deployment in Germany. Twilight of a Forty-Year Presence? In: Homeward Bound? Boulder 1992
  • Edwige Munn: Les troupes d’occupation canadiennes en Allemagne (juillet 1945 - juin 1946), dans Serge Bernier, Robert Comeau, Béatrice Richard, Claude Beauregard, Marcel Bellavance Hgg. La participation des Canadiens français à la Deuxième Guerre mondiale. Mythes et réalités. Actes du colloque du 6 au 9 octobre 1994, Bulletin d’histoire politique, vol. 3, nos 3-4 (printemps/été 1995), AQHP/Septentrion, p. 47-55

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Hauptquartier 1951–1953 in Hannover, 1953–1970 in Soest, unterstellt NORTHAG. HQ 1970–1994 in Lahr, unterstellt CENTAG.
  2. Großbritannien stellte nach Kriegsende rasch fest, dass seine Truppen nicht ausreichten, um seine sehr große Besatzungszone in Nordwestdeutschland militärisch zu sichern. Daher warb es bei seinen Alliierten um Unterstützung. Kanada und Belgien sowie polnische Exilverbände beteiligten sich an der Eroberung des Deutschen Reiches und übernahmen bis 1946 auch Besatzungsaufgaben in fest umrissenen Räumen. Die 1st (CDN) Army/ 1re Armée Canadienne stand seit 1944 unter dem Kommando von General H.D.G. Crerar. Bei Kriegsende dehnte 2nd Corps/ 2e Corps d'Armée seine Operationen von Holland nach Nordwestdeutschland aus: die 4th Armoured Division/ 4e Division blindée überquerte die Ems bei Meppen und rückte über Sögel nach Friesoythe vor; die 2nd Infantry Division/ 2e Division dIinfanterie stieß aus dem Raum Groningen in den Raum Oldenburg vor; die 3rd Infantry Division/ 3e Division d'Infanterie löste polnische Verbände an der Emsmündung ab. Westlich von Oldenburg und nördlich des Küstenkanals kam es im April 1945 noch zu Kampfhandlungen. Am 4. Mai 1945 wurde Waffenstillstand angeordnet und die kanadischen Kräfte rückten auf Wilhelmshaven, Aurich und Emden vor. Am 5. Mai 1945 kapitulierten General der Wehrmacht Johannes Blaskowitz in Wageningen (NL) gegenüber dem kanadischen General Charles Foulkes (KG 1st Corps/ 1er Corps d'Armée) und General der Wehrmacht Erich Straube in Bad Zwischenahn gegenüber dem kanadischen General Simonds (KG 2nd Corps/ 2e Corps d'Armée). Zwischen Niederrhein und Bremen verfügten die Alliierten über 8 Divisionen, davon 5 kanadische. Der am weitesten vorgerückte Verband der Kanadier, 1st Para Bn, traf am 2. Mai 1945 in Wismar auf die Sowjets. Nach Kriegsende verblieben kanadische Kräfte in Divisionsstärke (zunächst 2nd ID, ab Juli 1945 3rd ID) bis April 1946 als Besatzungstruppen (CAOF Canadian Army Occupation Force) in Deutschland (RegBez Aurich, Land Oldenburg); sie wurden von der 52nd Division (52d ID) der Briten abgelöst.
  3. Quelle BA-MA BW 1/ 121 132, 133
  4. benannt nach Fort MacLeod in der Provinz Alberta, 1874 erbaut und nach Colonel James MacLeod, North West Mounted Police, benannt.
  5. benannt nach Fort Prince of Wales an der Hudson Bucht bei Churchill in der Provinz Manitoba, 1717 erbaut.
  6. benannt nach Fort Beauséjour, das den Isthmus von Chignecto bei Aulac in der Provinz Neubraunschweig schützt, ab 1748 von Neu-Frankreich erbaut, 1755 in Fort Cumberland umbenannt.
  7. benannt nach Fort Qu'Appelle in der Provinz Saskatchewan, 1864 erbaut und nach dem französischen Kommando „Wer ruft“ (Qui appelle) benannt, das aus der Bezeichnung des Flusses in der Sprache der Cree-Indianer herrührt (Kah-tep-was = der Fluss, der ruft).
  8. benannt nach Fort Chambly, eines von fünf Forts entlang des Flusses Richelieu in der Provinz Quebec, an der Mündung des Flusses in den St. Lorenz Strom gelegen, 1760 von England erobert.
  9. benannt nach Fort Henry, am Cataraqui-Fluss bei Kingston in der Provinz Ontario gelegen, ab 1812 erbaut.
  10. benannt nach Fort York bei Toronto in der Provinz Ontario, 1793 erbaut. York war der alte Name der Hauptstadt von Ober-Kanada, dem späteren Toronto.
  11. benannt nach Fort Anne, das den Zugang zum Hafen von Annapolis Royal in der Provinz Neuschottland schützt, ab 1629 erbaut und nach Königin Anne von England (1665–1714) benannt.
  12. benannt nach Fort St-Louis bei Port La Tour in der Provinz Neuschottland, 1623 von Frankreich in seiner Kolonie Acadie erbaut und auch während der schottischen Besetzung von Port Royal 1629–1632 behauptet.
  13. benannt nach Fort Victoria, von der Hudson’s Bay Company 1843 auf Vancouver Island erbaut, wurde unter dem Namen Victoria zur Hauptstadt der Provinz British Columbia.
  14. Er beziffert die Gesamtzahl der Angehörigen kanadischer Streitkräfte nach britischem oder NATO-Statut (also nicht im Rahmen der vorhergehenden Besatzungstruppen!) in D zwischen 1951 und 1993 auf mehr als 100000 Personen, S. 14