Liste der Stolpersteine in Leutkirch im Allgäu

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Die Stolpersteine in Leutkirch im Allgäu sind besondere Pflastersteine in Gehwegen, die an die Opfer der nationalsozialistischen Diktatur in der baden-württembergischen Stadt Leutkirch im Allgäu im Landkreis Ravensburg in Deutschland erinnern sollen.

Stolpersteine in Leutkirch im Allgäu

Stolpersteine Bearbeiten

Die Stolpersteine sind ein Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Mit diesen kleinen Gedenktafeln soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die in Leutkirch lebten und wirkten, aber während des Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden.

Die Stolpersteine sind kubische Betonsteine mit einer Kantenlänge von zehn Zentimetern, auf deren Oberseite sich eine individuell beschriftete Messingplatte befindet. Sie werden in der Regel vor den letzten frei gewählten Wohnhäusern der NS-Opfer niveaugleich in die Pflaster der Gehwege eingelassen. Mittlerweile gibt es über 100.000 Steine (Stand: Mai 2023) nicht nur in Deutschland, sondern auch in 30 weiteren europäischen Ländern. Die Stolpersteine sind das größte dezentrale Mahnmal der Welt.

Verlegte Stolpersteine Bearbeiten

In Leutkirch im Allgäu wurden bisher acht Stolpersteine an zwei Adressen verlegt. Sie wurden am 11. Juli 2011 vom Künstler Gunter Demnig persönlich verlegt.

Stolperstein Inschrift Verlegeort Name, Leben
  HIER WOHNTE
MARGOT FORBES
GEB. GOLLOWITSCH
JG. 1920
FLUCHT 1939
ENGLAND
ÜBERLEBT
Marktstraße 27
 
Margot Forbes, Tochter von Friedrich und Lilly Gollowitsch sowie Schwester der Irma.
Margot kam im Rahmen der Kindertransporte im Jahr 1938 nach England. Sie hat dort überlebt, geheiratet, ist Engländerin geworden und wohnte bis zu ihrem Tod am 11. April 2005 in Oxford. Ihr Sohn Peter (⚭ Beatrix) besuchte Leutkirch im Mai 2014 und hat sich mit der Stadt versöhnt.[1]
  HIER WOHNTE
ALICE
GOLLOWITSCH
GEB. MAYER
JG. 1897
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ
Karlstraße 12
 
Alice Isabella Gollowitsch, geboren am 10. September 1897 in Mainz; Frau des Heinrich sowie Mutter von Ilse und Liselotte.[2]
  HIER WOHNTE
FRIEDRICH
GOLLOWITSCH
JG. 1888
DEPORTIERT 1941
RIGA
? ? ?
Marktstraße 27
 
Friedrich „Fritz“  Gollowitsch, geboren am 5. November 1888 in Leutkirch; Bruder des Heinrich Gollowitsch, Mann der Lilly Weil sowie Vater von Irma und Margot.[3]
Seit Ende des 19. Jahrhunderts war die aus Polen stammende Familie Gollowitschin in Leutkirch ansässig. Sie betrieb ein gut gehendes Kaufhaus (das ehemalige „Kaufhaus Anker“) in der Leutkircher Marktstraße, das Ende der 1920er Jahre als das größte Haus der Textilbranche im württembergischen Allgäu galt. 1938 wurde die Familie zwangsenteignet und das Kaufhaus arisiert.[4]
Fritz Gollowitsch und seine 52-jährige Frau Lilly wurden am Morgen des 28. November 1941 mit dem Zug von Leutkirch über Memmingen und Ulm nach Stuttgart ins Sammellager Killesberg deportiert. Von dort aus wurden sie am 1. Dezember mit einem Deportationszug in die lettische Hauptstadt Riga gebracht. Über das weitere Schicksal von Fritz und Lilly Gollowitsch ist nichts bekannt, sie gelten als in Riga verschollen.[5]
  HIER WOHNTE
HEINRICH
GOLLOWITSCH
JG. 1890
DEPORTATION GEPLANT 1942
VERSUCHTE FLUCHT
IN DEN TOD
ÜBERSTELLT 1942
POLIZEIGEFÄNGNIS II
STUTTGART
'TOT AUFGEFUNDEN'
15.7.1942
Karlstraße 12
 
Heinrich „Heiner“  Gollowitsch, geboren am 12. Dezember 1890 in Leutkirch; Bruder des Friedrich Gollowitsch, Mann der Alice Mayr sowie Vater von Ilse und Liselotte.[6]
Angeblich beging Heinrich Gollowitsch in Stuttgart Selbstmord.
  HIER WOHNTE
JULIE
GOLLOWITSCH
GEB. STERN
JG. 1868
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
TOT 12.9.1942
Karlstraße 12
 
Julie Gollowitsch, geboren am 13. Juni 1868 in Buchau.[7]
  HIER WOHNTE
LISELOTTE
GOLLOWITSCH
JG. 1889
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ
Karlstraße 12
 
Liselotte „Lilo“  Gollowitsch, geboren am 21. November 1925 in Frankfurt am Main; Tochter von Alice und Heinrich.[8]
In Leutkirch erinnert seit 2013 eine drei Meter hohe, vom englischen Bildhauer Robert Koenig geschaffene Holzfigur an „Lilo“ Gollowitsch, für die jedes Jahr eine andere Leutkircher Schule die Patenschaft übernimmt.[9]
Lilo Gollowitsch zu Ehren wurde 2019 im neuen Leutkircher Wohngebiet „Isny II“ eine Straße benannt.
  HIER WOHNTE
LILLY
GOLLOWITSCH
GEB. WEIL
JG. 1889
DEPORTIERT 1941
RIGA
? ? ?
Marktstraße 27
 
Lilly Helena Gollowitsch, geboren am 24. März 1889 in Frankfurt am Main; Frau von Friedrich sowie Mutter von Irma und Margot.[10]
  HIER WOHNTE
ILSE NEUBURGER
GEB. GOLLOWITSCH
JG. 1920
FLUCHT 1937
USA
ÜBERLEBT
Karlstraße 12
 
Ilse Neuberger, Tochter von Friedrich und Lilly Gollowitsch, Schwester der Liselotte. Sie kam 1937 in die USA und lebete dort unter anderem in Philadelphia und New York City.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Stolpersteine in Leutkirch im Allgäu – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Margot Forbes, geb. Gollowitsch: Oxford wird zur neuen Heimat. SWR Kultur online, abgerufen am 29. September 2023.
  2. Gollowitsch, Alice Isabella. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Bundesarchiv, abgerufen am 27. November 2015.
  3. Gollowitsch, Fritz Friedrich. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Bundesarchiv, abgerufen am 27. November 2015.
  4. Stolpersteine für die Familie Gollowitsch. Stadtverwaltung Leutkirch, abgerufen am 28. September 2023.
  5. Stadtarchiv erinnert an die Deportation von Fritz und Lilly Gollowitsch. schwäbische online, abgerufen am 29. September 2023.
  6. Gollowitsch, Heinrich. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Bundesarchiv, abgerufen am 27. November 2015.
  7. Gollowitsch, Julie. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Bundesarchiv, abgerufen am 27. November 2015.
  8. Gollowitsch, Lieselotte. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Bundesarchiv, abgerufen am 27. November 2015.
  9. Patenschaftsprojekt: Lilo Gollowitsch. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, abgerufen am 28. September 2023.
  10. Gollowitsch, Lilly Helene. In: Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945. Bundesarchiv, abgerufen am 27. November 2015.