Liste der Stolpersteine in Herdorf

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In der Liste der Stolpersteine in Herdorf sind alle zwölf Stolpersteine (sowie ein Kopfstein) aufgeführt, die im Rahmen des Projekts des Künstlers Gunter Demnig am 28. Oktober 2020 in Herdorf verlegt wurden. Mit Stolpersteinen wird an das Schicksal von Menschen erinnert, die von den Nationalsozialisten ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. In aller Regel werden sie vor dem letzten freigewählten Wohnort des Opfers verlegt.

Liste der Stolpersteine Bearbeiten

Die Tabelle ist teilweise sortierbar; die Grundsortierung erfolgt alphabetisch nach dem Verlegeort. Die Spalte Person, Inschrift wird nach dem Namen der Person alphabetisch sortiert. Zusammengefasste Adressen von Verlegeorten zeigen an, dass mehrere Stolpersteine an einem Ort verlegt wurden.

f1  Karte mit allen Koordinaten: OSM | WikiMap

Bild Person, Inschrift Verlegeort Verlege-
datum
Information

HIER WOHNTE
AUGUST KLEMENS
HEUN
JG. 1880
EINGEWIESEN
HEILANSTALT DÜREN
‚VERLEGT‘ 18.6.1941
HADAMAR
ERMORDET 18.6.1941
‚AKTION T4‘

Buchenhang 11
(Lage)

28. Okt. 2020 August Klemens Heun wurde an einem nicht bekannten Datum in die Heilanstalt Düren eingeliefert. Am 15. Mai 1941 erfolgte die Verlegung in die „Zwischenanstalt“ Andernach. Am 18. Juni 1941 wurde Heun zusammen mit weiteren 113 Patienten nach Hadamar gebracht und nach der Ankunft in der Gaskammer ermordet.

SIE WURDEN
KLASSIFIZERT ALS
“ERBKRANK”
NACH DEN GESETZEN ZUR
„RASSENHYGIENE“
1933–1945

Hellerstraße 17
(Lage)

28. Okt. 2020 Der Kopfstein bezieht sich auf die Geschwister Dendel[1] und die Cousine Martha, geb. Klimek. Alle bekamen die Diagnose „angeborener Schwachsinn“. In der Psychiatrie des „Dritten Reich“ wurde dieser Begriff sehr dehnbar angewandt, oft auch auf Menschen, die nur aus prekären Familienverhältnissen kamen.

HIER WOHNTE
MARTHA DENDEL
JG. 1908
EINGEWIESEN
HERZ-JESU-HAUS KÜHR
‚VERLEGT‘ 6.5.1943
SIECHENANSTALT KLAGENFURT
ERMORDET 24.9.1943

28. Okt. 2020 Laut Akten des sog. Klagenfurter Euthanasie-Prozesses von 1946 wurde Martha Dendel am 24. September 1943 von der Oberpflegerin Ottilie Schellander mit einer Giftspritze ermordet.

HIER WOHNTE
PAULA DENDEL
JG. 1909
EINGEWIESEN 1937
‚HEILANSTALT‘ HADAMAR
ZWANGSSTERILISIERT 1937
‚VERLEGT‘ 11.6.1940
‚HEILANSTALT‘ EICHBERG
ERMORDET 23.6.1940

28. Okt. 2020 Am 11. Juni 1940 erfolgte, bei attestierter körperlicher Gesundheit, die Verlegung in die Heilanstalt Eichberg. Am 23. Juni 1940 wurde Paula Dendel dort ermordet, angebliche Todesursache „allgemeine Herzschwäche“. Der Anstaltsleiter, SS-Hauptsturmführer Friedrich Mennecke, führte in dieser Zeit pseudomedizinische Experimente an Heiminsassen durch.

HIER WOHNTE
ERNST DENDEL
JG. 1912
EINGEWIESEN 1937
KRANKENHAUS WETZLAR
ZWANGSSTERILISIERT
ALS GEHEILT ENTLASSEN

28. Okt. 2020 Ernst Dendel heiratete 1937 seine Cousine Martha, geb. Klimek. Beide waren zuvor zwangssterilisiert worden. Im Jahr 1950 stellten beide Anträge auf Entschädigung, die jedoch, wie damals üblich, abgelehnt wurden.

MARTHA DENDEL
GEB. KLIMEK
JG. 1911
EINGEWIESEN 1934
KRANKENHAUS WETZLAR
ZWANGSSTERILISIERT
ALS GEHEILT ENTLASSEN

28. Okt. 2020 Martha, geboren 1911 in Wetzlar, war die Tochter von Franz Klimek und Magdalena, geb. Dendel. Sie wohnte nie in Herdorf, man hat ihr aber, im Sinne einer Familienzusammenführung im Gedenken, hier einen Stolperstein gesetzt, an der Seite des Stolpersteins ihres Mannes und Cousins Ernst.

HIER WOHNTE
FERDINAND DENDEL
JG. 1914
MIT HILFE
ÜBERLEBT

28. Okt. 2020 Ferdinand Dendel überlebte die NS-Zeit und starb im Jahr 1956.

Wie seine Geschwister ist auch er nach den NS-Gesetzen als „erbkrank“ klassifiziert worden. Wahrscheinlich hat er nur deshalb überlebt, weil er arbeitsfähig war.

HIER WOHNTE
JOHANNA DENDEL
JG. 1921
EINGEWIESEN 1937
ANSTALT KALMENHOF
ZWANGSSTERILISIERT 1938
‚VERLEGT‘ 2.9.1944
HADAMAR
ERMORDET 18.9.1944

28. Okt. 2020 Am 2. September 1944 erfolgte, bei attestierter körperlicher Gesundheit, die Verlegung in die Tötungsanstalt Hadamar. Am 18. September 1944 wird Johanna Dendel dort ermordet, angebliche Todesursache „Blutvergiftung“.

HIER WOHNTE
MATHILDE DENDEL
JG. 1922
EINGEWIESEN 1938
ANSTALT KALMENHOF
MIT HILFE
ÜBERLEBT

28. Okt. 2020 Mathilde Dendel musste während der Zeit im Kalmenhof im Haushalt eines Anstaltsangestellten arbeiten. Wahrscheinlich überlebte sie aus diesem Grund. Im Februar 1946 wird sie mit fortgeschrittener Schwangerschaft in das Krankenhaus der Anstalt Köppern eingeliefert, wo sie ein Kind entband, das vier Wochen nach der Geburt dort verstarb. Mathilde Dendel wurde daraufhin entlassen.

HIER WOHNTE
MARIA DENDEL
JG. 1923
EINGEWIESEN 1938
ANSTALT KALMENHOF
‚VERLEGT‘ 14.3.1941
HADAMAR
ERMORDET 14.3.1941
‚AKTION T4‘

28. Okt. 2020 Am 14. März 1941 wurde Maria Dendel zusammen mit 43 Personen nach Hadamar transportiert und nach ihrer Ankunft in der Gaskammer ermordet.

HIER WOHNTE
ALOIS DENDEL
JG. 1931
MIT HILFE
ÜBERLEBT

28. Okt. 2020 Alois Dendel überlebte die NS-Zeit und starb im Jahr 2010.

Wie seine Geschwister ist auch er nach den NS-Gesetzen als „erbkrank“ klassifiziert worden.

HIER WOHNTE
JOHANNA EICKHOFF
GEB. WERTS
JG. 1899
SEIT 1932 EINGEWISEN
MEHRERE HEILANSTALTEN
‚VERLEGT‘ 7.7.1941
HADAMAR
ERMORDET 7.7.1941
‚AKTION T4‘

Spielplatz „Alte Hütte“
(Lage)

28. Okt. 2020 Am Standort „Spielplatz Alte Hütte“ befand sich ein Wohnhaus mit der Adresse Hüttengasse 1.

Johanna Eickhoff war eine Tante der Geschwister Dendel. Am 7. Juli 1941 wurde sie, zusammen mit 85 Patienten, von der „Zwischenanstalt“ Andernach nach Hadamar transportiert und nach der Ankunft in der Gaskammer ermordet. Der letzte Eintrag in der Patientenakte lautet: „Zu keiner Arbeit zu gebrauchen.“ Daraufhin erfolgte der Transport nach Hadamar.

HIER WOHNTE
MARIE DAUB
JG. 1896
SEIT 1929 EINGEWISEN
MEHRERE HEILANSTALTEN
ZWANGSSTERILISIERT 1934
‚VERLEGT‘ 17.12.1943
HEILANSTALT KAUFBEUREN
ERMORDET 30.10.1944

Schneiderstraße 8
(Lage)

28. Okt. 2020 Marie Daub litt an Epilepsie. Ende 1943 wurde sie in die Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren verlegt. Hier wurde Marie Daub durch gezielte Mangelernährung zu Tode gebracht, sie verstarb am 30. Oktober 1944. Aus der Patientenakte geht hervor, dass sie in den letzten Wochen 20 kg Körpergewicht verlor. Der Leiter der Anstalt, der Psychiater Valentin Faltlhauser, erfand eine spezielle nährstoffarme Kost, um Patienten systematisch innerhalb von drei Monaten verhungern zu lassen.[2]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Die Geschwister Dendel. In: Vernunft-und-Schwaeche.copyriot.com. Christoph Schneider, Arbeitskreis Zwangssterilisation und „Euthanasie“ Frankfurt am Main, 6. November 2020, abgerufen am 22. Februar 2021.
  2. Weiteres Euthanasie-Schicksal in Herdorf: Stolperstein für Marie Daub. In: Siegener-Zeitung.de. 2. Oktober 2020, abgerufen am 22. Februar 2021 (kostenpflichtig).