Linksnationalismus

Ideologie, die nationalistische Ansichten mit linken und progressiven Positionen verbindet

Der Begriff Linksnationalismus beschreibt eine Form des inklusiven Nationalismus, der auf Gleichheit, Volkssouveränität und nationaler Selbstbestimmung basiert.[1] Ideologisch verwandte Strömungen sind der Nationalkommunismus, Nationalbolschewismus und Nationaler Sozialismus, während der Arabische Sozialismus eine Variante des linken Nationalismus ist, die auch islamische Elemente integriert.

Ein republikanisches Wandgemälde in Belfast, das Solidarität mit dem baskischen Nationalismus zeigt

Überblick Bearbeiten

Begriffe wie nationalistischer Sozialismus, sozialer Nationalismus und sozialistischer Nationalismus dürfen nicht mit dem deutschen Faschismus verwechselt werden, wie ihn die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) propagierte. Diese Ideologie (der Nationalsozialismus) befürwortete die Vorherrschaft und territoriale Expansion der deutschen Nation, lehnte jedoch auf zerstörerischer Weise die Volkssouveränität, soziale Gleichheit und nationale Selbstbestimmung für Nicht-Deutsche ab. Linksnationalismus vertritt nicht die Ansicht, dass eine Nation anderen überlegen ist. Damit steht der Linksnationalismus im Gegensatz zur politischen Rechten und zum rechten Nationalismus.[2]

Historisch haben einige linksnationalistische Gruppen den Begriff „nationaler Sozialismus“ für sich verwendet, jedoch nur vor dem Aufstieg der Nazis oder außerhalb Europas. Seit dem Aufstieg der Nazis wird der Begriff nationaler Sozialismus fast ausschließlich mit ihren Ideen in Verbindung gebracht und wird nur selten im Zusammenhang mit dem linken Nationalismus in Europa verwendet. Stattdessen bevorzugt man den Ausdruck nationalistischer Sozialismus oder sozialer Nationalismus.

Historischer Linksnationalismus Bearbeiten

Der Linksnationalismus, der im Jakobinismus der Französischen Revolution von 1789 seine Ursprünge hat[1], umfasst Prinzipien wie Antiimperialismus[3][4] und strebt nach nationaler Selbstbestimmung. Im Gegensatz zum exklusiven rechten Nationalismus hat der Linksnationalismus historisch gesehen verschiedene Bewegungen beeinflusst, auch wenn es in der Vergangenheit vereinzelt Auswüchse von Intoleranz und rassistischen Vorurteilen gab.[3]

Historische Bewegungen des Linksnationalismus:
Name der Bewegung/Partei Land Beschreibung
Indischer Nationalkongress (INC) Indien Unter der Führung von Mahatma Gandhi kämpfte der INC für die Unabhängigkeit Indiens.
All India Forward Bloc Indien Diese Bewegung wurde von Subhas Chandra Bose gegründet, einem indischen Freiheitskämpfer, der während der indischen Unabhängigkeitsbewegung eine entscheidende Rolle spielte.
Republikanische Volkspartei (CHP) Türkei Gegründet von Mustafa Kemal Atatürk, vereinte die Partei im Laufe ihrer Geschichte, insbesondere unter den Parteivorsitzenden Bülent Ecevit und Kemal Kılıçdaroğlu, den Kemalismus mit linksnationalen und progressiven Ideen.
Ulusalcılık- oder Aydınlık-Bewegung Türkei Unter der Führung von Doğu Perinçeks Vaterlandspartei verfolgte diese Bewegung kemalistisch-nationalkommunistische Ideale in der Türkei.
Sinn Féin Irland Während des Irischen Unabhängigkeitskrieges und des Nordirlandkonflikts kämpfte Sinn Féin für die Unabhängigkeit Irlands.
Afrikanischer Nationalkongress (ANC) Südafrika Unter Nelson Mandela kämpfte der ANC gegen die Apartheid in Südafrika.
Economic Freedom Fighters Südafrika Unter dem Vorsitz von Julius Malema vertritt diese panafrikanische Partei politisch linke Ansichten, obwohl sie auch von offen rassistischen Positionen geprägt ist.[5]
Euskadia Ta Askatasuna (ETA) Spanien/Baskenland Die ETA war bis 2018 eine marxistisch-leninistische, baskisch-nationalistische Untergrundorganisation.

Es ist wichtig zu betonen, dass der Linksnationalismus auch in autoritären Formen existierte. Arabisch-Sozialistische Baath-Parteien in Syrien und dem Irak unterstützten den Panarabismus und den Staatssozialismus. Ebenso stellte der Nasserismus eine panarabische Variante des linken Nationalismus dar.

Gegenwart Bearbeiten

Europa Bearbeiten

In Europa werden folgende Parteien als linksnationalistisch angesehen:

Vereinigtes Königreich Bearbeiten

Frankreich Bearbeiten

Spanien Bearbeiten

Griechenland Bearbeiten

Kosovo Bearbeiten

Slowakei Bearbeiten

Rumänien Bearbeiten

Bosnien Bearbeiten

Irland Bearbeiten

Außerdem attestierte der Kultursoziologe Thomas Wagner der Neuen Rechten in Deutschland eine Tendenz zum Linksnationalismus. Diese Einschätzung basiert auf Wagners Studium der Literatur der Neuen Rechten, das die Grundlage für sein 2017 veröffentlichtes Werk „Die Angstmacher: 1968 und die Neuen Rechten“ bildete[10]. Die Zeitung Die Welt bezeichnete Venezuelas Präsidenten Nicolás Maduro von der Vereinigten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) als linksnationalistisch.[11]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Anne Sa’adah: Contemporary France: a Democratic Education. Rowman Littlefield & Publishers, Lanham 2003, S. 17–20.
  2. Jacopo Custodi: Nationalism and populism on the left: The case of Podemos. In: Nations and Nationalism. Band 27, Nr. 3, Juli 2021, ISSN 1354-5078, S. 705–720, doi:10.1111/nana.12663 (wiley.com [abgerufen am 15. Oktober 2023]).
  3. a b Angel Smith, Stefan Berger: Nationalism, Labour and Ethnicity 1870–1939. Manchester University Press, Manchester / New York 1999. S. 30.
  4. Gerard Delanty, Krishan Kumar: The SAGE Handbook of Nations and Nationalism. Sage Publications, London / Thousand Oaks CA / Neu-Delhi 2006, S. 542.
  5. Christoph Titz: Südafrika Regionalwahlen: Julius Malema – Rivale, Rebell, Rassist. Spiegel Online, 3. August 2016.
  6. Schottischer Separatismus: Links, national und charismatisch. 22. März 2017, abgerufen am 15. Oktober 2023.
  7. David Adler: Meet Europe’s Left Nationalists. 10. Januar 2019, ISSN 0027-8378 (thenation.com [abgerufen am 5. Januar 2024]).
  8. Georg Brunner: Zwei Seiten der Integrationsmedaille: Beitrittsfähigkeit und Aufnahmebereitschaft. In: Klaus Stern (Hrsg.): Zukunftsprobleme der Europäischen Union. Walter de Gruyter, Berlin / New York 1997, ISBN 3-11-015887-6, S. 35.
  9. Olaf Leiße, Utta-Kristin Leiße, Alexander Richter: Beitrittsbarometer Rumänien. Grundprobleme des Landes und Einstellungen rumänischer Jugendlicher auf dem Weg in die Europäische Union. DUV, Wiesbaden 2004, S. 51.
  10. Hilfe, Nazis! Wie die deutsche Öffentlichkeit die neuen Rechten gross macht. In: NZZ.ch. 16. Oktober 2017, abgerufen am 16. Oktober 2017.
  11. Guaidó will sich heimlich mit Militärs in Venezuela getroffen haben. Welt Online, 31. Januar 2019, „New York Times“-Gastbeitrag; abgerufen am 31. Januar 2019.