Leichtathletik-Europameisterschaften 1966/200 m der Frauen

Europaweiter Leichtathletikwettbewerb

Der 200-Meter-Lauf der Frauen bei den Leichtathletik-Europameisterschaften 1966 wurde vom 31. August bis 2. September 1966 im Budapester Népstadion ausgetragen.

8. Leichtathletik-Europameisterschaften
Disziplin 200-Meter-Lauf der Frauen
Stadt Ungarn 1957 Budapest
Stadion Népstadion
Teilnehmerinnen 19 Athletinnen aus 14 Ländern
Wettkampfphase 31. August: Vorläufe
01. September: Halbfinale
02. September: Finale
Medaillengewinnerinnen
Gold Gold Irena Kirszenstein (Polen 1944 POL)
Silbermedaillen Silber Ewa Kłobukowska (Polen 1944 POL)
Bronzemedaillen Bronze Wera Popkowa (Sowjetunion 1955 URS)
Das Népstadion bei einer Veranstaltung im Jahr 1953

In diesem Wettbewerb tauschten die beiden bereits über 100 Meter erfolgreichen Polinnen die Reihenfolge: Europameisterin wurde die Weltrekordinhaberin Irena Kirszenstein, spätere Irena Szewińska. Silber gewann Ewa Kłobukowska. Gemeinsam waren beide später auch siegreich mit der 4-mal-100-Meter-Staffel. Auf den dritten Platz kam Wera Popkowa aus der Sowjetunion.

Rekorde Bearbeiten

Bestehende Rekorde Bearbeiten

Weltrekord 22,7 s Polen 1944  Irena Kirszenstein Warschau, Polen 8. August 1965[1]
Europarekord
Meisterschaftsrekord 23,5 s Deutschland  Jutta Heine EM Belgrad, Jugoslawien 15. September 1962

Rekordverbesserung Bearbeiten

Im Finale am 2. September verbesserte die polnische Europameisterin Irena Kirszenstein bei Windstille den bestehenden EM-Rekord um vier Zehntelsekunden auf 23,1 s. Zu ihrem eigenen Welt und Europarekord fehlten ihr vier Zehntelsekunden.

Problemfeld Geschlechtsstatus Bearbeiten

Diskussionen gab es um die Frage des Geschlechtsstatus: Sind alle Sportlerinnen, die bei den Frauenwettkämpfen antreten, tatsächlich, Frauen? Es hatte in der Vergangenheit vor allem bei den beiden überaus erfolgreichen sowjetischen Geschwistern Tamara und Irina Press, Zweifel gegeben. Die beiden stellten sich den neu eingeführten sogenannten Sextests nicht, nahmen somit an diesen Europameisterschaften nicht teil und tauchten von da an nie mehr bei Wettkämpfen auf.[2]

Mit der hier ebenfalls stark auftretenden Polin Ewa Kłobukowska war eine weitere Athletin von diesen Geschlechtstests betroffen. Sie passierte den Test bei diesen Europameisterschaften ohne Beanstandung, wurde allerdings im Jahr 1967 im Rahmen des Europacups aufgrund ihrer Geschlechtschromosome als Hermaphrodit eingestuft. Dies hatte zur Folge, dass sie von da nicht mehr an Wettbewerben teilnehmen konnte. 1969 strich der Weltleichtathletikverband (damals IAAF) nachträglich alle Weltrekorde, an denen Ewa Kłobukowska beteiligt war. Ihre errungenen Titel und Medaillen durfte sie dagegen behalten. Zur Einordnung dieser Fakten gehört allerdings auch die Tatsache, dass die betroffene Sportlerin später heiratete und einen Sohn gebar.[3][4]

Vorrunde Bearbeiten

31. August 1966

Die Vorrunde wurde in vier Läufen durchgeführt. Die ersten vier Athletinnen pro Lauf – hellblau unterlegt – qualifizierten sich für das Halbfinale.

Auch in diesem Wettbewerb war die Einteilung der Vorläufe sehr unausgewogen. Im zweiten Rennen schieden zwei Läuferinnen aus, im dritten war es eine Sprinterin, die nicht die nächste Runde erreichte. In den Vorläufen eins und vier dagegen mussten die Teilnehmerinnen unabhängig von ihrer gelaufenen Zeit lediglich die Ziellinie überqueren, um im Halbfinale dabei zu sein. So trabte zum Beispiel die spätere Europameisterin Irena Kirszenstein im vierten Vorlauf als Vierte und Letzte ins Ziel und war dabei mehr als zwei Sekunden langsamer als im Finale.

Vorlauf 1 Bearbeiten

Wind: +3,3 m/s

Platz Name Nation Zeit (s)
1 Truus Hennipman Niederlande  Niederlande 24,0
2 Ioana Petrescu Rumänien 1952  Rumänien 24,5
3 Maureen Tranter Vereinigtes Konigreich  Großbritannien 24,7
4 Gabrielle Meyer Frankreich  Frankreich 25,6

Vorlauf 2 Bearbeiten

Wind: +0,3 m/s

Platz Name Nation Zeit (s)
1 Ewa Kłobukowska Polen 1944  Polen 23,6
2 Christina Heinich Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR 23,8
3 Karin Wallgren Schweden  Schweden 24,4
4 Walentyna Bolschowa Sowjetunion 1955  Sowjetunion 24,4
5 Olimbi Moçka Albanien 1946  Albanien 27,2

Vorlauf 3 Bearbeiten

Wind: +2,9 m/s

Platz Name Nation Zeit (s)
1 Wera Popkowa Sowjetunion 1955  Sowjetunion 23,7
2 Kirsten Roggenkamp Deutschland BR  BR Deutschland 23,7
3 Ingrid Tiedtke Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR 23,9
4 Eva Lehocká Tschechoslowakei  Tschechoslowakei 24,3
5 Janet Simpson Vereinigtes Konigreich  Großbritannien 24,6
6 Erzsébet Bartos Ungarn 1957  Ungarn 24,8

Vorlauf 4 Bearbeiten

Wind: +5,2 m/s

Platz Name Nation Zeit (s)
1 Hannelore Trabert Deutschland BR  BR Deutschland 24,6
2 Donata Govoni Italien  Italien 24,7
3 Ljiljana Petnjarić Jugoslawien  Jugoslawien 25,2
4 Irena Kirszenstein Polen 1944  Polen 25,2

Halbfinale Bearbeiten

1. September 1966

In den beiden Halbfinalläufen qualifizierten sich die jeweils ersten vier Athletinnen – hellblau unterlegt – für das Finale.

Lauf 1 Bearbeiten

Wind: ±0,0 m/s

Platz Name Nation Zeit (s)
1 Ewa Kłobukowska Polen 1944  Polen 23,8
2 Wera Popkowa Sowjetunion 1955  Sowjetunion 23,9
3 Ingrid Tiedtke Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR 24,1
4 Hannelore Trabert Deutschland BR  BR Deutschland 24,1
5 Karin Wallgren Schweden  Schweden 24,4
6 Ljiljana Petnjarić Jugoslawien  Jugoslawien 25,0
7 Gabrielle Meyer Frankreich  Frankreich 25,2
DNF Ioana Petrescu Rumänien 1952  Rumänien

Lauf 2 Bearbeiten

Wind: +1,3 m/s

Platz Name Nation Zeit (s)
1 Irena Kirszenstein Polen 1944  Polen 23,6
2 Kirsten Roggenkamp Deutschland BR  BR Deutschland 23,8
3 Truus Hennipman Niederlande  Niederlande 24,0
4 Eva Lehocká Tschechoslowakei  Tschechoslowakei 24,1
5 Walentyna Bolschowa Sowjetunion 1955  Sowjetunion 24,3
6 Maureen Tranter Vereinigtes Konigreich  Großbritannien 24,3
7 Christina Heinich Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR 24,5
8 Donata Govoni Italien  Italien 24,9

Finale Bearbeiten

2. September 1966

Wind: ±0,0 m/s

Platz Name Nation Zeit (s)
1 Irena Kirszenstein Polen 1944  Polen 23,1 CR
2 Ewa Kłobukowska Polen 1944  Polen 23,4
3 Wera Popkowa Sowjetunion 1955  Sowjetunion 23,7
4 Kirsten Roggenkamp Deutschland BR  BR Deutschland 23,8
5 Ingrid Tiedtke Deutschland Demokratische Republik 1949  DDR 23,9
6 Eva Lehocká Tschechoslowakei  Tschechoslowakei 24,0
7 Hannelore Trabert Deutschland BR  BR Deutschland 24,2
8 Truus Hennipman Niederlande  Niederlande 24,3

Weblinks Bearbeiten

Video Bearbeiten

Einzelnachweise und Anmerkungen Bearbeiten

  1. Athletics - Progression of outdoor world records. 200 m - Women, abgerufen am 18. Juli 2022
  2. Zwischen Mann und Frau: Die legendäre Diskuswerferin Tamara Press wird 70. Nie ohne ihren Rasierapparat. In: Die Welt 6. September 1966, welt.de, abgerufen am 18. Juli 2022
  3. Ewa Kłobukowska, worldqueerstory.org (englisch), abgerufen am 18. Juli 2022
  4. We Shall Never Know the Exact Number of Men who Have Competed in the Olympics Posing as Women’: Sport, Gender Verification and the Cold War, tandfonline.com (englisch), abgerufen am 18. Juli 2022