Larry Eigner

US-amerikanischer Dichter

Larry Eigner (* 7. August 1927; † 3. Februar 1996), auch bekannt als Laurence Joel Eigner,[1] war ein US-amerikanischer Dichter der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und einer der Protagonisten jener Dichtergruppe, die mit dem Black Mountain College in Verbindung gebracht wurden und später als eine neue literarische Richtung oder ‚Schule‘, als die Black Mountain School, bekannt wurden.[2]

Das bis 1956 bestehende Black Mountain College in North Carolina war kein College wie jedes andere. Es war das College, an dem seit 1933 bis 1950 Josef Albers lehrte.

Leben und Werk Bearbeiten

Larry Eigner wurde in Swampscott, Massachusetts geboren.[3] Eigner wuchs hier auf. Er war behindert. Es heißt, dass er schon mit acht Jahren erste Gedichte schrieb.[4] Die Mittelschule, die er besuchte, war die Massachusetts Hospital School. Danach absolvierte er erfolgreich die Oberschule und belegte anschließend Fernstudium-Kurse anschließend an der University of Chicago.[5] 1949 stieß er auf den Dichter Cid Corman, als der in seinem der Dichtung gewidmeten Radioprogramm Yeats las und an dessen „nicht deklamierender“ Vortragsweise Anstoß nahm. Er schrieb Corman, es entwickelte sich eine Korrespondenz und „das Eis brach“.[6] Es muss der Kontakt zu Corman gewesen sein, der Larry Eigner eine Verbindung zu Charles Olson und Robert Creeley finden ließ. Dies – und nicht seine direkte Verbindung zum Black Mountain College als Student – begründet seine Zugehörigkeit zu den Dichtern, die als Black Mountain School bekannt wurden.

Black Mountain College Bearbeiten

Nicht nur Albers, der Malerei unterrichtete, war als ins Exil getriebener Antifaschist hier während der Jahre des Rooseveltschen New Deals ein Garant für die hier blühende, sonst eher an amerikanischen Universitäten in diesem Maß seltene demokratische Freiheit und Offenheit.[7] Dasselbe kann man von dem Romanautor und Essayisten Edward Dahlberg sagen, der sich als Kollege von Albers der Förderung der literarischer Entwicklung der Studierenden widmete. Dahlberg war auf seine Weise ein links stehender Autor.[8] Von ihm ist die Forderung überliefert, dass es für Aktivisten und auch für Autoren aus der Arbeiterklasse darauf ankomme, „to rise with the ranks,not from the ranks“ – sich also bewußtseinsmäßig und damit soziokulturell zu einem höheren Niveau zu entwickeln, ohne aber dadurch aus der eigene Klasse herauszufallen und den Kontakt mit der „Basis“ (the rank and file) zu verlieren.[9]

1949 wurde der Dichter Charles Olson, ein enger Freund Dahlbergs, hier ein weiterer wichtiger und wegweisender Lehrer. Er trat für den Zeitraum eines akademischen Jahres an die Stelle seines alten Freundes Dahlberg.[10] Olsons Einfluss auf die poetische Entwicklung mancher Studenten des College, die bald schon begannen, dichterisch aktiv zu sein, war immens. Im Dezember 1953 erhielt der damals auf Majorca lebende, mit Olson befreundete Dichter Robert Creeley den Ruf ans Black Mountain College.[11] Die Berufung ans Black Mountain College war mit der gleichzeitigen Aufforderung verknüpft, dort eine literarische Zeitschrift zu gründen und zu editieren, die Black Mountain Review.[12] Die freie, das Schöpferische in den Studierende fördernde Atmosphäre des College, in der Disziplinen wie Malerei und Dichtung, aber auch Musik und Tanz, eng verzahnt waren, war womöglich ausschlaggebend für die Entwicklung von Studenten, die später eine Entwicklung als Dichter, oder auch in anderen künstlerischen Disziplinen nahmen.[13]

Schaffen Bearbeiten

Bei Eigner war es nicht das Studium am Black Mountain College, sondern das auch von ihm selbst bekundete lebhafte Interesse, dass er als junger Mann in Boston an Cid Cormans der Dichtung gewidmetem Radioprogramm und an dessen Zeitschrift Origin gezeigt hatte, das dann zur Verbindung mit dem College, den dortigen Lehrern Olson und Creeley, und den dort sich entwickelnden Dichtern führte.[14] Eigner veröffentlichte erste Texte im Frühjahr des Jahres 1953 und dann auch im folgenden Jahr in Cid Cormans Zeitschrift Origin Eigners Prosatexte “Act”, “Quiet” und “Around”.[15] Er veröffentlichte dann auch bald Gedichte in der von Creeley herausgegebenen Black Mountain Review. Und ebenfalls, und zwar schon 1953, in Creeleys Verlag Divers Press. Hier erschien 1953 Larry Eigners erster Gedichtband From the Sustaining Air.[16] 1954 erhielt der Dichter und Herausgeber von Jargon Books Jonathan Williams – laut Hugh Kenner der „Trüffelhund“ der amerikanischen Dichtung, also die Spürnase, die einen „Riecher“ für innovative Dichtung hatte – von Eigner dessen Essay „Religion in the Big World“ über Olson.[17] Eigners Einfluss auf die als „Language School“ bezeichnete Richtung in der nordamerikanischen Dichtung wird von Autoren wie Ron Silliman betont. Tatsächlich erschienen Arbeiten von Larry Eigner seit Anfang 1978 oft in der Zeitschrift L=A=N=G=U=A=G=E und wurde auf der Titelseite ihrer ersten Ausgabe im Februar des genannten Jahres vorgestellt. Ron Silliman widmete Larry Eigner die 1986 erschienene Anthologie In the American Tree.[18] In der Einleitung zu In the American Tree bezeichnet Silliman Larry Eigner als einen Dichter, der „die problematischen Beschränkungen“ von Olsons sprachbasierter projektivistischer Poetik überschritten habe.[19] Eigner hat selbst darauf hingewiesen, dass seine Poesie eher dem „Denken“ als dem Sprechen entspringt.[20] Donald Allen präsentierte Larry Eigner mit neun Gedichten Eigners in seiner wegweisenden Anthologie The New American Poetry.[21] Zu seinen Lebzeiten schrieb Eigner Dutzende von Büchern und veröffentlichte Gedichte in mehr als 100 Zeitschriften und Sammlungen. Charles Bukowski nannte ihn einmal den „größten lebenden Dichter“.[22] Der Dichter Jack Foley interviewte Larry Eigner für seine Lyrik-Sendung im Sender KPFA.[23]

Werke Bearbeiten

  • From the Sustaining Air. Majorca: Divers Press, 1953.
  • On My Eyes. Highlands, NC: Jargon Books, 1960.
  • Another Time in Fragments. London: Fulcrum Press, 1967.
  • The/Towards Autumns. Los Angeles: Black Sparrow Press, 1967.
  • Air the Trees. Illustrated by Bobbie Creeley. Los Angeles: Black Sparrow Press, 1968.
  • The Breath of Once Live Things: in the Field With Poe. Los Angeles: Black Sparrow Press, 1968.
  • Shape, Shadow, Elements Move. Los Angeles: Black Sparrow, 1973.
  • Things Stirring Together or Far Away. Los Angeles: Black Sparrow Press, 1974.
  • The World and Its Street, Places. Santa Barbara, CA: Black Sparrow Press, 1977.
  • Country/Harbor/Quiet/Act/Around. Selected Prose, 1978.
  • Waters, Places, A Time. Santa Barbara: Black Sparrow Press, 1983.
  • Windows/Walls/Yards/Ways. Alexandria, VA: Chadwyck-Healey, 1999. E-Book.
  • readiness / enough / depends / on. Köbenhavn and Los Angeles, Green Integer Books/Douglas Messeli, 2000.
  • The Collected Poems of Larry Eigner, edited by Curtis Faville & Robert Grenier, vol. I (1937–1958). Stanford: Stanford University Press, 2010. ISBN 978-0-8047-5090-5 (set)
  • The Collected Poems of Larry Eigner, edited by Curtis Faville & Robert Grenier, vol. II (1958–1966). Stanford: Stanford University Press, 2010. ISBN 978-0-8047-5090-5 (set)
  • The Collected Poems of Larry Eigner, edited by Curtis Faville & Robert Grenier, vol. III (1966–1978). Stanford: Stanford University Press, 2010. ISBN 978-0-8047-5090-5 (set)
  • The Collected Poems of Larry Eigner, edited by Curtis Faville & Robert Grenier, Vol. IV (1978–1995). Stanford: Stanford University Press, 2010. ISBN 978-0-8047-5090-5 (set)

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Laut LCNAF on-line (Library of Congress Authority Files) lautet Eigners vollständiger Name Laurence Joel Eigner
  2. Zu dieser Richtung zählten nicht nur Autoren, die hier studiert hatten, sondern auch Dichter wie Larry Eigner oder z. B. Robert Duncan – und, wenn man will, auch Creeley und Charles Olson, die am College lehrten. Jedenfalls argumentiert Blake Allmendinger im Fall Duncans, dass Robert Duncan, der nicht an diesem College studiert hatte, laut Donald Allen mit Charles Olson, Robert Creeley, Denise Levertov und Larry Eigner befreundt war und dass er daher von Allen zur Black Mountain Gruppe gezählt wurde. Siehe Blake Allmendinger, A History of California Literature , New York: Cambridge University Press, 2015, S. 254
  3. Siehe Eigners Kurzbiographie, von ihm selbst verfasst, in: Donald M. Allen, The New American Poetry. New York: Grove Press, 1960, S. 436
  4. Siehe Larry Eigner Biography - (1927–1996), In the American Tree, Selected Poems, Things Stirring Together or Far Away". Jrank.org. Abgerufen am 24. Juni 2011.
  5. Siehe Eigners Kurzbiographie, von ihm selbst verfasst, in: Donald M. Allen, The New American Poetry. New York: Grove Press, 1960, S. 436
  6. Siehe Eigners Kurzbiographie, von ihm selbst verfasst, in: Donald M. Allen, The New American Poetry. New York: Grove Press, 1960, S. 436
  7. Albers war am Black Mountain College auch 1948/49 Rektor. Siehe u. a. Josef Albers, Eva Hesse, and the Imperative of Teaching | Tate. Tate Etc. Abgerufen am 11. August 2017; siehe auch: Josef Albers, Artist and Teacher, Dies. The New York Times. March 26, 1976; S. 33. Abgerufen am 21. März 2008.
  8. Dahlberg gehörte in den späten 1920er Jahren zu den im französischen Exil in Paris lebenden Amerikanern. Sein erster Roman Bottom Dogs (Die Hunde ganz unten) erschien in London mit einer Einleitung von D.H. Lawrence. 1933 trat Dahlberg, vielleicht als Reaktion auf die Machtübernahme durch die Nazis in Deutschland, der KP bei, aber verließ die Partei wieder im Jahr 1936. Siehe hierzu und zur Tätigkeit des in Boston geborenen Dahlbergs am „experimentellen“ Black Mountain College u. a. den Eintrag „Edward Dahlberg“, in: Encyclopedia Judaica.
  9. Ein anderer bekannter Ausspruch Dahlbergs lautet: „Diejenigen, die um des (monetären) Gewinns oder des Ruhms willen schreiben, sind schlimmer als die Kartell-Räuber (d.h. die Besitzer der Trusts und Herausbilder von Kartellen), denn sie stehlen dem Volk das Genie, das sein Wille zum Widerstand gegen das Böse ist.“ Im Original: „Those who write for lucre or fame are grosser than the cartel robbers, for they steal the genius of the people, which is its will to resist evil.“ Von seinen US-amerikanischen Zeitgenossen sagte er: „Es gibt eine seltsame und mächtige Rasse von Menschen, die Amerikaner genannt werden, die wegen dieses grausamen, menschenfressenden Idols, Zaster, schnell zu den kältesten der Welt werden.“ Im Original: „There is a strange and mighty race of people called the Americans who are rapidly becoming the coldest in the world because of this cruel, man-eating idol, lucre.“
  10. Zur Freundschaft von Olson und Dahlberg siehe den Eintrag „Edward Dahlberg“, in: Encyclopedia Judaica; siehe auch den Eintrag „Dahlberg, Edward (1900-1970)“, in: A Dictionary of Writers and Their Works, 2 Bde.
  11. Zur Freundschaft der beiden Dichter, des 1910 geborenen Charles Olson und des 1926 geborenen Robert Creeley, siehe N.N., Charles Olson and Robert Creeley: Implications of a Friendship, n. p. 2016; vorhanden in der Hugh M. Morris Library der University of Delaware, Newark, New Jersey.
  12. Ekbert Faas with Maria Trombaco. Robert Creeley: A Biography. Montréal: McGill-Queen’s University Press, 2001; S. 146. - ISBN 0-7735-2173-9. – Es war dann auch Creeley, zu dem im Laufe der Zeit eine enge Freundschaft Eigners entstand.
  13. Zu nennen sind, wenn vom Black Mountain School die Rede ist, der Komponist John Cage, sind die Maler Cy Twombly und Robert Rauschenberg, ist der Tänzer und Choreograph Mercw Cunningham. Trotz finanzieller Schwierigkeiten und Olsons exzentrischem Leitungsstil unterstützte das Black Mountain College die Arbeit von Cage, Creeley, Allen Ginsberg, Robert Duncan, Fielding Dawson, Cy Twombly, Jonathan Williams, Ed Dorn, Stan Brakhage und vielen anderen Mitgliedern der amerikanischen Avantgarde der 1950er Jahre während der Zeit von Olsons Rektorat. Olsons Einfluss wird auch von Künstlern erwähnt, die in anderen Medien als er arbeiteten, so von Carolee Schneemann und James Tenney. Siehe "Carolee Schneeman speaks". Gregcookland.com. Abgerufen am 20. Juni 2013. Siehe auch Maria Becker: Wo soll Kunst entstehen, wenn nicht in der Natur? Das Black Mountain College war eine der folgenreichsten Schulen für die Kunst des 20. Jahrhunderts. Die Studierenden sollten mehr lernen als nur Kunst. In: Neue Zürcher Zeitung, 9. Mai 2018, abgerufen am 15. Juni 2018.
  14. Cormans „Radioprogramm [...] umfasste Lesungen von den vielen Dichtern im Raum Boston, darunter Richard Wilbur, Theodor Roetke und Stephen Spender, sowie Aufnahmen von T.S. Eliot, Charles Olson und James Joyce sowie die Veröffentlichung neuer, jüngerer Dichter wie Robert Creeley.(3) Als Ergebnis dieses Programms baute Corman enge Verbindungen zu einer Vielzahl von Dichtern auf; und er knüpfte Kontakte zu anderen begeisterten Zuhörern wie Larry Eigner und Evelyn Shoolman, einer intelligenten und wohlhabenden Frau, die schließlich die Gründung eines Magazins vorschlug.“ Im Original heißt es, das „radio programme (…) included readings from the many poets in the Boston area, including Richard Wilbur, Theodor Roetke, and Stephen Spender, as well as recordings of T.S. Eliot, Charles Olson, and James Joyce, and the promulgation of new, younger poets like Robert Creeley.(3) As a result of this programme, Corman built up strong links with a wide range of poet; and he also developed contact with other avid listeners like Larry Eigner and Evelyn Shoolman, an intelligent and wealthy woman who eventually suggested the establishment of a magazine.“ (Eintrag: „Origin“, in: The Oxford Critical and Cultural History of Modernist Magazines , ed. by Peter Brooker and Andrew Thacker. Oxford: Oxford University Press, 2012, S. 967)
  15. Im von Andrew Rippeon herausgegebenen Buch Letters to Jargon. The Correspondence between Larry Eigner and Jonathan Williams heißt es dazu: “See Origin, 1st ser., 9 (Spring 1953), and 12 (Spring 1954) for the pieces “Act”, “Quiet” and “Around”.” [...]Siehe Letters to Jargon. The Correspondence between Larry Eigner and Jonathan Williams . Edited and introduced by Andrew Rippeon. Tuscaloosa: Univ. of Alabama Press, 2019. S. 212
  16. Erwähnt in: Letters to Jargon. The Correspondence between Larry Eigner and Jonathan Williams . Edited and introduced by Andrew Rippeon. Tuscaloosa: Univ. of Alabama Press, 2019. S. 212
  17. Siehe Letters to Jargon. The Correspondence between Larry Eigner and Jonathan Williams . Edited and introduced by Andrew Rippeon. Tuscaloosa: Univ. of Alabama Press, 2019. S. 212
  18. Silliman, Ronald (hrsg.). In the American Tree. Orono: National Poetry Foundation, 1986.
  19. Silliman, Ronald (hrsg.). In the American Tree. Orono: National Poetry Foundation, 1986, S. xvii.
  20. Siehe Larry Eigner Biography - (1927–1996), In the American Tree, Selected Poems, Things Stirring Together or Far Away. Jrank.org. Abgerufen am 24. Juni 2011.
  21. Donald M. Allen, The New American Poetry. New York: Grove Press, 1960, S. 90–96
  22. Siehe Bukowski's first published interview, by Arnold L. Kaye, Los Angeles Correspondent to the Chicago Literary Times, March, 1963. Bukowski.net. Abgerufen am 17. Februar 2018.
  23. Siehe die Abschrift des Interviews: „Omnipresent to Some Extent“. Jack Foley’s Radio Interview with Larry Eigner. Recorded for KPFA FM’s Poetry Program, March 9, 1994. Im Eintrag: „Larry Eigner“, in: Contemporary Authors Autobiography Series. Vol. 23, S. 13 ff. – Die PDF-Version ist auch im Internet einsehbar auf der Larry Eigner gewidmeten Webseite der University of Pennsylvania: http://writing.upenn.edu/epc/authors/eigner/Eigner-Larry_1996_Contemporary-Authors-vol-23_Gale.pdf.