Lanzingen

Ortsteil von Biebergemünd

Lanzingen ist ein Ortsteil der Spessart-Gemeinde Biebergemünd im hessischen Main-Kinzig-Kreis. Die anderen Ortsteile sind, nach ihrer Größe geordnet: Kassel, Bieber, Wirtheim/Neuwirtheim und Roßbach, gefolgt vom kleinsten Ortsteil Breitenborn/Lützel.

Lanzingen
Gemeinde Biebergemünd
Koordinaten: 50° 11′ N, 9° 17′ OKoordinaten: 50° 10′ 47″ N, 9° 16′ 48″ O
Höhe: 173 (172–184) m
Fläche: 2,29 km²[1]
Einwohner: 626[2]
Bevölkerungsdichte: 273 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Oktober 1971
Eingemeindet nach: Bieber
Postleitzahl: 63599
Vorwahl: 06050
Luftbild von Lützel, Breitenborn, Lanzingen, Roßbach, Bieber
Luftbild von Lützel, Breitenborn, Lanzingen, Roßbach, Bieber

Geografie Bearbeiten

Geografische Lage Bearbeiten

Lanzingen liegt im Biebertal, beiderseits der Bieber, auf einer Höhe von 178 m über NHN, unmittelbar südlich der Einmündung des Lützelbaches. Die nächste größere Erhebung ist der Steinige Berg mit 443 m über NHN im Naturpark Spessart. Die Kreisstadt Gelnhausen liegt sieben Kilometer nordwestlich.

Nachbargemeinden Bearbeiten

Lanzingen grenzt im Norden an den Ortsteil Kassel, im Süd-Osten an den Ortsteil Roßbach, im Süd-Westen an den Ortsteil Breitenborn/Lützel und im Westen an Eidengesäß, einen Ortsteil der Gemeinde Linsengericht.

Haitz Kassel Bad Orb
Eidengesäß   Lettgenbrunn
Breitenborn/Lützel Kleinkahl Roßbach

Verkehrsanbindung Bearbeiten

Westlich am Ort vorbei führt die Bundesstraße B 276, die Deutsche Ferienroute Alpen–Ostsee.

Geschichte Bearbeiten

Historische Namensformen Bearbeiten

In historischen Dokumenten ist der Ort unter folgenden Ortsnamen belegt (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1]

  • Lanczengeseze (1339)
  • Landtzingensesse (um 1450)
  • Lantzingen (1753)

Mittelalter Bearbeiten

Die älteste erhaltene Erwähnung des Ortes stammt aus dem Jahr 1339. Er gehörte zum Amt Bieber. 1333 gelang es Ulrich II. von Hanau die Hälfte des Amtes von Kurmainz als Lehen verliehen zu erhalten[3]. Das Amt Bieber – und damit auch Lanzingen – wurde dadurch ein Kondominat, zunächst zwischen den Grafen von Rieneck und den Herren von Hanau, dann, als Graf Philipp III. von Rieneck, letztes männliches Mitglied seiner Familie, am 3. September 1559 starb, zwischen Kurmainz und der Grafschaft Hanau-Münzenberg, wobei die Hanauer Hälfte daran weiter ein Lehen von Kurmainz war.

Neuzeit Bearbeiten

Das Dorf gehörte zur Pfarrei Bieber und wurde in der Zeit der Reformation nach Bieber eingepfarrt. Die Einwohner wurden lutherisch. 1684 fiel die Mainzer Hälfte – auch als Lehen von Mainz – im Tausch gegen die hanauische Hälfte des ebenfalls mit Mainz gemeinschaftlichen Amtes Partenstein komplett an die Grafschaft Hanau.

1736 starb mit Graf Johann Reinhard III. der letzte Graf von Hanau und die Grafschaft Hanau-Münzenberg fiel an die Landgrafschaft Hessen-Kassel. 1821 kam es in der ehemaligen, nun „Kurfürstentum Hessen“ genannten Landgrafschaft, zu einer grundlegenden Verwaltungsreform. Das Amt Bieber wurde dem neu gebildeten Landkreis Gelnhausen zugeschlagen. Am 1. Oktober 1971 wurde Lanzingen im Rahmen der Gebietsreform in Hessen ein Ortsteil der Gemeinde Bieber, die wiederum am 1. Juli 1974 mit Biebergemünd fusionierte.[4] Am selben Tag ging der Landkreis Gelnhausen im Main-Kinzig-Kreis auf.

Die Fläche der ehemaligen Gemeinde Lanzingen betrug 2,29 km².[5]

Wüstung Rodenhof Bearbeiten

Historisch gehörte zur Gemeinde Lanzingen auch die heutige Wüstung Rodenhof. Der ehemalige Weiler lag einen km südlich des Dorfes. Der Name, der wahrscheinlich auf eine Rodungsinsel zurückführt, wurde in verschiedenen Zeiten unterschiedlich geschrieben: Rödenhoff (1439), Rodenhove (um 1450), Rothe Hof (1858) und Rodenhof. Die Kleinsiedlung, die kurz zuvor noch neun Haushaltungen zählte, ist vermutlich im Dreißigjährigen Krieg wüst gefallen. Ein Zusammenhang mit der Zunahme der Haushaltungen (siehe Einwohnerentwicklung) in Lanzingen legt diese Annahme nahe.

Bevölkerung Bearbeiten

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

Lanzingen: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2011
Jahr  Einwohner
1834
  
229
1840
  
231
1846
  
228
1852
  
224
1858
  
223
1864
  
218
1871
  
200
1875
  
203
1885
  
200
1895
  
210
1905
  
197
1910
  
221
1925
  
240
1939
  
232
1946
  
440
1950
  
413
1956
  
329
1961
  
325
1967
  
343
1970
  
337
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
636
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]; Zensus 2011[6]

Religionszugehörigkeit Bearbeiten

 Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

• 1885: 162 evangelische (= 81,00 %), 38 katholische (= 19,00 %) Einwohner
• 1961: 223 evangelische (= 68,26 %), 101 katholische (= 31,08 %) Einwohner

Bildung Bearbeiten

Kindertagesstätte Bearbeiten

In Lanzingen gibt es den evangelischen Kindergarten „Schatzkästlein“. Er bietet Platz für 50 Kindergartenkinder, die in zwei Gruppen betreut werden[7]. Weitere Kitas innerhalb der Gemeinde gibt es in Bieber, Kassel und Wirtheim.

Schulen Bearbeiten

Im nahen Bieber gibt es die Grundschule Biebertal. Die Alteburg-Schule im Ortsteil Kassel hat auch einen Haupt- und Realschulzweig. Darüber hinaus ist die gesamte Gemeinde Biebergemünd an die Friedrich-August-Genth-Schule (Kooperative Gesamtschule) in Wächtersbach, das Grimmelshausen-Gymnasium in Gelnhausen und die Henry-Harnischfeger-Schule (integrierte Gesamtschule) in Bad Soden-Salmünster angebunden.

Infrastruktur und Wirtschaft Bearbeiten

Dorfgemeinschaftshaus Bearbeiten

Das große Dorfgemeinschaftshaus Lanzingen verfügt über mehrere Gesellschaftsräume. Die Bestuhlung des großen Saales kann den aktuellen Bedürfnissen jeweils angepasst werden (zwischen 80 und 320 Sitzplätzen). Eine große, mobile Bühne (40 m²), mit Lautsprecheranlage, einer Küche, zwei Duschen mit Umkleidegarderoben, eine Großtheke, ein Clubraum mit Theke und zwei Kühlräume ergänzen die technische Ausstattung des Dorfgemeinschaftshauses und ermöglichen eine sehr vielfältige Nutzung der Einrichtung[8].

Verkehr Bearbeiten

Straßen Bearbeiten

Lanzingen liegt an der Bundesstraße B 276, die von Birstein nach Lohr am Main führt. An der Eisernen Hand bei Bad Orb bindet sie an die Bundesautobahn A 66 an.

Bahn Bearbeiten

Am Bahnhof im Ortsteil Wirtheim gibt es Anschluss an die Kinzigtalbahn Fulda–Frankfurt. Hier verkehrt die Regionalbahn WächtersbachFrankfurt im Stundentakt.

Nahverkehr Bearbeiten

Ganzjährig verkehren in Lanzingen mehrere Buslinien der KVG. Sie schaffen mit den Linien MKK 64 und MKK 65 öffentliche Verkehrsanschlüsse zu allen Ortsteilen der Gemeinde Biebergemünd, nach Wächtersbach mit der Kinzigtalbahn (Bahnhof Wächtersbach) sowie nach Bad Soden-Salmünster, weiterhin zum Bahnhof Gelnhausen und Wirtheim, aber auch zu den Nachbargemeinden Flörsbachtal und Jossgrund[9]. Es gilt der Tarif des Rhein-Main-Verkehrsverbundes.

Freiwillige Feuerwehr Bearbeiten

Die Freiwillige Feuerwehr Lanzingen ist 1901 gegründet worden, 1992 folgte die Jugendfeuerwehr Lanzingen. 1969 wurde das Feuerwehrhaus Biebergemünd-Lanzingen eingeweiht.

Heute verfügt die Einsatzabteilung der Freiwilligen Feuerwehr Lanzingen über 20 Kameraden und Kameradinnen, hinzu kommt die Jugendfeuerwehr mit 8 Personen[10].

Die Einsatz- und Gefahrenschwerpunkte der Feuerwehr Lanzingen sind:

  • Landwirtschaftliche Anwesen
  • Gewerbe- und Industriegebiet
  • Bundesstraße B 276 Richtung Würzburg

Wirtschaftshistorie Bearbeiten

Wassermühle Bearbeiten

Das Dorf besaß eine Gemeindemühle am Südrand des Ortes. Sie erhielt ihr Wasser aus einem Betriebsgraben, der vom Bachlauf der Bieber gespeist wurde. Die Mühle wurde erst nach dem Zweiten Weltkrieg stillgelegt.

Biebertalbahn Bearbeiten

Zur Förderung des Erzbergbaus im Biebertal wurde 1885 die schmalspurige Spessartbahn in Betrieb genommen. Sie führte vom Bahnhof Gelnhausen über Wirtheim nach Lochborn. Der Betrieb dieser Bahn wurde auch nach Stilllegung des Bergbaus im Mai 1925, zunächst für die Personenbeförderung noch fortgesetzt. 1951 stellte diese Bahn ihren Betrieb ein. Ein Teil der Bahntrasse ist als Wander- und Radweg erhalten.

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Kulturdenkmäler Bearbeiten

Siehe auch: Liste der Kulturdenkmäler in Lanzingen

Bräuche und regelmäßige Veranstaltungen Bearbeiten

  • In Lanzingen treffen sich Kinder mit ihren Eltern oder Begleitern regelmäßig am Kindergarten „Schatzkästlein“ zum Martinsumzug. Die Veranstaltung ist verbunden mit einem Familiengottesdienst[11].
  • Eine Pflanzen-Tausch- und -Verschenkbörse findet zweimal im Jahr statt und wird vom Obst- und Gartenbauvereine Lanzingen 1946 e.V. durchgeführt.
  • Einmal jährlich findet das Äbbelwoi und Handkäsfest statt, ebenfalls vom Obst- und Gartenbauvereine Lanzingen 1946 e.V. organisiert[12].

Vereine Bearbeiten

  • Obst und Gartenbauverein (OGV) e.V. 1946[13]
  • Freiwillige Feuerwehr Lanzingen
  • Sängerlust Lanzingen
  • TTC Lanzingen 1958 e.V.
  • VdK Lanzingen.

Freizeit und Sport Bearbeiten

Fernwanderweg Spessartbogen Bearbeiten

Lanzingen liegt, ebenso wie die beiden benachbarten Ortsteile Biebergemünds, Breitenborn/Lützel und Kassel am etwa 90 km langen Fernwanderweg Spessartbogen. Von Langenselbold über Waldrode und Horbach kommend, zieht er über Kassel weiter nach Bad Orb mit dem Endziel Schlüchtern. Lanzingen stellt einen der Zwischenzielpunkte des Wanderweges dar.

Persönlichkeiten Bearbeiten

Mit dem Ort verbundene Personen Bearbeiten

  • Gerda Geiger (23. Oktober 1899 – 29. März 1975, Lanzingen) Lehrerin in Lanzingen von 1946–1964. Eine Gedenktafel auf dem Friedhof erinnert an diese „Lehrerin mit Leib und Seele“, wie sie noch Jahrzehnte nach ihrem Tode, von ehemaligen Schülerinnen und Schülern beschrieben wird[14].

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e Lanzingen, Main-Kinzig-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2019). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Zahlen, Daten & Fakten. In: Webauftritt. Gemeinde Biebergemünd, abgerufen im November 2020.
  3. Theodor Ruf: Hanau und Rieneck. Über das wechselhafte Verhältnis zweier benachbarter Adelsgeschlechter im Mittelalter. In: Neues Magazin für Hanauische Geschichte, 8. Bd., Nr. 6, S. 300–311 (305ff)
  4. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 362 f.
  5. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Amtliches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Endgültige Ergebnisse nach der Volkszählung vom 13. September 1950 (= Statistik der Bundesrepublik Deutschland. Band 33). W. Kohlhammer, Stuttgart/Köln 1952, S. 105 (Digitalisat [PDF; 27,1 MB]).
  6. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,9 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021;.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/statistik.hessen.de
  7. Kindergarten Lanzingen aufgerufen Januar 2021
  8. Dorfgemeinschaftshaus Lanzingen aufgerufen Januar 2021
  9. MKK Verkehrslinienplan aufgerufen Januar 2021
  10. MKK – Freiwillige Feuerwehr Lanzingen, abgerufen am 16. Januar 2022
  11. „Martinsumzüge in Biebergemünd“, Gelnhäuser Tageblatt 7. November 2012
  12. Äbbelwoifest, aufgerufen am 19. August 2022
  13. "Vom Vizechef zum Ehrenvorsitzenden aufgestiegen - Gartenfest in Lanzingen: Überraschung für den Gartenbesitzer Herbert Lenz", Gelnhäuser Neue Zeitung, 18. August 2022
  14. „Erinnerung an eine Frau und Lehrerin – Ehemalige Schüler enthüllen auf dem Friedhof eine Gedenktafel für Gerda Geiger“, Gelnhäuser Neue Zeitung, 2. Dezember 2021
  15. „Die Historie des Biebergrundes“, Gelnhäuser Neue Zeitung, 1. Dezember 2021, S. 25