Landshuter Hochzeit

Historienfest im 4-jährigen Turnus, re-Inszenierung der Hochzeit des Wittelsbacher Herzogs Georg des Reichen von Bayern-Landshut mit der polnischen Königstochter Hedwig

Die Landshuter Hochzeit ist ein mehrwöchiges historisches Fest, das alle vier Jahre im Sommer in Landshut aufgeführt wird. Das Fest wird zur Erinnerung an die im Jahre 1475 in Landshut erfolgte Heirat von Georg dem Reichen, dem Sohn des bayerischen Herzogs Ludwigs des Reichen, mit Hedwig Jagiellonica, der Tochter des polnischen Königs Kasimir IV. Andreas, gefeiert. Das Fest wurde 2018 in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.[1]

Die Braut, rechts zu Pferd Herzog Georg
500 Jahre Landshuter Hochzeit: deutsche Briefmarke von 1975

Historische Hochzeit

Bearbeiten
 
Brautkrone Hedwigs (Oberhausmuseum Passau)

Die Hochzeit zwischen Georg und Hedwig war politisch von großer Bedeutung, denn in der Verbindung der beiden Geschlechter sah man ein starkes Bündnis gegen die Macht der Osmanen. Der Heirat gingen im Jahr 1474 intensive Gespräche der beiden Fürstenhäuser voraus, die Ehe wurde in Krakau durch Gesandtschaften ausgehandelt.

Die Brautfahrt der 18-jährigen Hedwig begann im Herbst des darauffolgenden Jahres. Sie dauerte zwei Monate und führte auf den damals schlecht ausgebauten Handelsstraßen unter anderem über Berlin, Wittenberg, Leipzig, Altenburg, Zwickau, Oelsnitz/Vogtl. und, unter Änderung der geplanten Reiseroute, über Eger und Regensburg, einen Umweg nehmend nach Nürnberg, bevor Hedwig mit ihrem Brautführer, Otto II. von Neumarkt, in Landshut eintraf. Hier wurde die Eheaspirantin durch angereiste Fürsten und Bischöfe herzlich empfangen. Der Kurfürst von Brandenburg, Albrecht Achilles, verglich die Hochzeit mit einer göttlichen Fügung zum Nutzen von Christenheit und Reich.

Die Hochzeit fand am 14. und 15. November 1475 in Landshut statt.[2] Das Brautpaar wurde vom Salzburger Erzbischof Bernhard von Rohr in der die Stadt dominierenden Pfarrkirche St. Martin getraut. Anschließend führte der Brautzug durch die Altstadt zum Rathaus. Dort geleitete der Kaiser Friedrich III. die Braut zum Hochzeitsreigen. Es wird berichtet, dass zehntausend Gäste bei diesem Ereignis anwesend waren, tranken, tanzten und sich beim Ritterturnier vergnügten.

Die mehrtägigen, aufwändigen Feierlichkeiten sind sehr detailliert von Chronisten festgehalten worden. In einer Zeit erwachenden Nationalstolzes im Deutschen Reich wurde der Prunksaal des Landshuter Rathauses um 1880 renoviert; Münchner Künstler bemalten dabei die Wände mit Szenen der Landshuter Hochzeit 1475. Diese Motive gefielen und brachten Bürger auf den Gedanken, das historische Geschehen nachzuspielen. Zu diesem Zweck wurde 1902 der Verein Die Förderer e. V. gegründet, der schon ein Jahr später den Brautzug zum ersten Mal öffentlich vorführte.

Landshuter Rathaus. An den Wänden des Prunksaales befinden sich Szenen aus der Landshuter Hochzeit. Das Bild entstand Ende des 19. Jahrhunderts und wurde von August Spieß, Rudolf Seitz, Ludwig Löfftz und Konrad Weigand gemalt.

Das heutige historische Fest

Bearbeiten

Nachdem 1903 die Hochzeit zum ersten Mal von 145 Mitwirkenden nachgespielt wurde und 1905 ein „Festspiel als Einführung in das historische Hochzeitsgeschehen“ von Georg Schaumberg[3] inszeniert wurde, ist der Umzug bis heute mehr zum historischen Dokumentarspiel gereift. Mittlerweile nehmen rund 2300 Mitwirkende in historischen Gewändern der verschiedensten Stände teil.[4] Die Veranstalter legen großen Wert auf die historische Authentizität.

Von 1903 bis 1914 sowie von 1922 bis 1938 fanden die Umzüge jährlich statt, von 1950 bis 1968 und wieder von 1975 bis 1981 im Dreijahres-Rhythmus. Seit 1985 wird die Landshuter Hochzeit alle vier Jahre gefeiert. Während der beiden Weltkriege waren die Feierlichkeiten entfallen, ebenso 1971 und 1974, nachdem 1970 ein Brand zahlreiche Requisiten zerstört und im Jahr darauf ein Wasserrohrbruch das Gros der Kostüme in Mitleidenschaft gezogen hatte. 2021 entfiel sie wegen der Corona-Pandemie und wurde auf 2023 verschoben.[5]

Höhepunkte sind die vier Sonntage, an denen der Hochzeitszug und die Hochzeitsgesellschaft durch die historische Altstadt von Landshut ziehen. Weitere Veranstaltungen sind Fest- und Tanzspiele im historischen Rathaussaal, andere zeigen das Lagerleben, „Festliche Spiele im nächtlichen Lager“, Reiter- und Ritterspiele oder den „Mummenschanz“, welche auf dem sogenannten Zehrplatz stattfinden. Organisiert werden die Feierlichkeiten vom Verein Die Förderer e. V., dessen Mitgliederzahl mittlerweile auf über 7000[6] gestiegen ist. Für seine Arbeit erhielt der Verein 2017 den Heimatpreis Bayern.[7] Die rund 2300 Darsteller sind Landshuter Bürger, die sich zuvor beim Verein Die Förderer e. V. über ein Auswahlverfahren für die verschiedenen Gruppen und Rollen bewerben. Die Bewerbungen überschreiten dabei mittlerweile die Zahl der zu vergebenden Rollen fast um das Doppelte. Grundvoraussetzungen für die Teilnahme sind in der Regel der Wohnsitz in Landshut, die Mitgliedschaft im Verein sowie lange Haare nach mittelalterlichem Vorbild, das heißt z. B. bei Männern mindestens ohrenbedeckend und bei Mädchen mindestens schulterblattbedeckend. Entsprechend lassen sich die an einer Rolle interessierten Bürger bereits lange vor den Aufführungen die Haare wachsen, ohne – aufgrund des Auswahlverfahrens – eine Gewähr für eine Teilnahme zu haben. Als Mitwirkende gefragt sind auch Personen, die z. B. typische mittelalterliche Musikinstrumente der Zeit spielen können oder erfahren im Umgang mit Pferden sind.

Visuelle Eindrücke

Bearbeiten
  • Die Landshuter und ihre Hochzeit. Dokumentation über eines der größten historischen Feste Europas. Dokumentarfilm, Deutschland, 2001, 135 Min., Buch und Regie: Matthias Kiefersauer, Produktion: megaherz, Bayerischer Rundfunk, Inhaltsangabe von megaherz.
  • Minne und Moneten. Die Landshuter Hochzeit. Dokumentarfilm, Deutschland, 2009, 30 Min., Buch und Regie: Barbara Schepanek und Steffi Illinger, Produktion: hr, Erstsendung: 23. Juni 2010 bei hr-fernsehen, Inhaltsangabe von prisma.
  • Unter unserem Himmel. Die Landshuter Hochzeit. Dokumentarfilm, Deutschland, 2013, 43:30 Min., Buch und Regie: Sebastian Bolenius, Alexander Brutscher, Anna Buck, Stefanie Freimuth, Produktion: Bayerisches Fernsehen, Reihe: Unter unserem Himmel, Erstsendung: 14. Juli 2013 beim BR, Inhaltsangabe vom BR.

Literatur

Bearbeiten
  • Thomas Alexander Bauer: Feiern unter den Augen der Chronisten – Die Quellentexte zur Landshuter Fürstenhochzeit von 1475, Herbert Utz Verlag, München 2008, ISBN 978-3-8316-0800-3.
  • Roman Deutinger/Christof Paulus: Das Reich zu Gast in Landshut. Die erzählenden Texte zur Fürstenhochzeit des Jahres 1475. Ostfildern: Thorbecke 2017, S. 209–215, ISBN 978-3-7995-1155-1
  • Sigfrid Färber: Eine Stadt spielt Mittelalter. Geschichte der „Landshuter Hochzeit 1475“ und ihrer Aufführungen von 1903 bis 1975. Landshut 1975.
  • Klaus Förg und Erich Stahleder: Landshuter Hochzeit. Rosenheimer Verlag, Rosenheim 1998, ISBN 3-475-52900-9.
  • Hubert Glaser: Der Bilderzyklus im Rathaus zu Landshut und die Vorgeschichte der Landshuter Hochzeit. Verein Die Förderer, Landshut 1984.
  • Gabriele Goderbauer-Marchner und Helmut Stix (Hrsg.): Landshuter Hochzeit 1475, Treffpunkt Europas – einst und jetzt. Landshut 2009, ISBN 3-935339-36-4.
  • Gabriele Goderbauer-Marchner und Helmut Stix (Hrsg.): Landshuter Hochzeit 1475, Farbenprächtiges Mittelalter. Landshut 2013, ISBN 978-3-00-043964-3.
  • Sebastian Hiereth: Landshuter Fürstenhochzeit 1475. Zeitgenössische Quellen. Hrsg. vom Historischen Verein für Niederbayern. Landshut 1959.
  • Sebastian Hiereth: Herzog Georgs Hochzeit zu Landshut im Jahre 1475. Eine Darstellung aus zeitgenössischen Quellen. Hrsg. vom Verkehrsverein Landshut e. V. Landshut o. J.
  • Gerald Huber: Die reichen Herzöge. Bayerns goldenes Jahrhundert. Friedrich Pustet Verlag, Regensburg 2013, ISBN 978-3-7917-2483-6.
  • Franz Niehoff (Hrsg.): „In eren liebt sie“, Die Landshuter Hochzeit 1903–2005, Annäherungen an das Jahr 1475. Begleitpublikation zur Ausstellung der Museen der Stadt Landshut im Museum im Kreuzgang vom 14. April bis zum 15. August 2005 (Schriften aus den Museen der Stadt Landshut 20). Landshut 2005, ISBN 3-924943-46-X.
  • Franz Niehoff (Hrsg.): Landshuter Hochzeit seit 1475, Begleitpublikation zur Ausstellung der Museen der Stadt Landshut in der Spitalkirche Heiliggeist vom 27. Juni bis zum 6. Oktober 2013 (Schriften aus den Museen der Stadt Landshut, 32). Landshut 2013, ISBN 978-3-942626-28-6.
  • Georg Soller (Hrsg.): Das große Hallooo, Wie die Landshuter Hochzeit gemacht wird. Straubing 2005, ISBN 3-936511-29-2.
  • Erika Stadler: Landshuter Hochzeit 1475. Vom Werden eines Festes. Hornung, Riemerling 1991, ISBN 3-88804-038-8.
Bearbeiten
Commons: Landshuter Hochzeit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Bundesweites Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe | Deutsche UNESCO-Kommission. Abgerufen am 20. Mai 2023.
  2. Christof Paulus: Landshuter Hochzeit, 1475, in: Historisches Lexikon Bayerns, publiziert am 9. Oktober 2017.
  3. Broschüre Schlag nach. Wissenswertes über die „Landshuter Hochzeit 1475“ und den Verein „Die Förderer“ e.V. (PDF, 4,6 MB) auf landshuter-hochzeit.de, S. 24.
  4. Eine Stadt im Hochzeitsfieber - WELT. 17. November 2011, abgerufen am 31. Juli 2023.
  5. Aktuelle Termine - Landshuter-Hochzeit. Abgerufen am 14. November 2022.
  6. Mitgliederentwicklung - Landshuter-Hochzeit. In: landshuter-hochzeit.de. Abgerufen am 25. Juli 2016.
  7. Preisträger 2017. Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat, 2017, abgerufen am 8. Dezember 2024.

Koordinaten: 48° 32′ 7″ N, 12° 9′ 4″ O