Landgericht Schwerin

Landgericht in Mecklenburg-Vorpommern

Das Landgericht Schwerin ist ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit des Landes Mecklenburg-Vorpommern und eines von vier Landgerichten im Bezirk des Oberlandesgerichts Rostock.

Gemeinsames Gebäude des Landgerichts und Amtsgerichts Schwerin

Gerichtssitz und -bezirk Bearbeiten

 
Landgericht Schwerin (Mecklenburg-Vorpommern)
Lage der Landgerichte in den jeweiligen Gerichtsbezirken in Mecklenburg-Vorpommern
  • LG Schwerin
  • LG Rostock
  • LG Stralsund
  • LG Neubrandenburg
  • Sitz des Gerichts ist die Landeshauptstadt Schwerin.[1]

    Der Gerichtsbezirk umfasst die Bezirke der Amtsgerichte Ludwigslust, Schwerin und Wismar,[2] was der Region Westmecklenburg bzw. den Gebieten der kreisfreien Stadt Schwerin und der Landkreise Ludwigslust-Parchim und Nordwestmecklenburg entspricht.

    Gerichtsbezirk Fläche Einwohnerzahl[3]
    Amtsgericht Ludwigslust 4.334,74 km2 182.786
    Amtsgericht Schwerin 823,12 km2 134.850
    Amtsgericht Wismar 1.842,49 km2 141.910
    Landgericht Schwerin 7.000,35 km2 459.546

    In Wirtschaftsstraf-[4] und Baulandsachen[5] ist das Gericht auch für den Bezirk des Landgerichts Neubrandenburg zuständig.

    Geschichte Bearbeiten

    Im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin bestanden drei Justizkanzleien, darunter die Justizkanzlei Schwerin sowie das Criminal-Collegium Bützow als Gerichte zweiter Instanz. Im Rahmen der Reichsjustizgesetze wurden alle bestehenden Gerichte in Mecklenburg-Schwerin aufgehoben und durch die neuen Amts-, Land- und Oberlandesgerichte ersetzt. Mit der Verordnung zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. Januar 1877 vom 31. Mai 1879[6] entstand damit das Landgericht Schwerin als eines von drei Landgerichten im Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin. Es war dem Oberlandesgericht Rostock nachgeordnet.

    Ihm waren folgende Amtsgerichte zugeordnet:

    Amtsgericht Sitz
    Amtsgericht Boizenburg Boizenburg
    Amtsgericht Crivitz Crivitz
    Amtsgericht Dömitz Dömitz
    Amtsgericht Gadebusch Gadebusch
    Amtsgericht Grabow Grabow
    Amtsgericht Grevesmühlen Grevesmühlen
    Amtsgericht Hagenow Hagenow
    Amtsgericht Lübtheen Lübtheen
    Amtsgericht Ludwigslust Ludwigslust
    Amtsgericht Neustadt Neustadt
    Amtsgericht Parchim Parchim
    Amtsgericht Rehna Rehna
    Amtsgericht Schwerin Schwerin
    Amtsgericht Wismar Wismar
    Amtsgericht Wittenburg Wittenburg

    Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Land Mecklenburg geschaffen. In diesem Zusammenhang wurden die Gerichtsbezirke neu zugeordnet. Nun gehörten folgende Amtsgerichte zum Sprengel des Landgerichts Schwerin:

    Amtsgericht Sitz
    Amtsgericht Boizenburg (Z) Boizenburg
    Amtsgericht Dömitz (Z) Dömitz
    Amtsgericht Grabow (Z) Grabow
    Amtsgericht Grevesmühlen (Z) Grevesmühlen
    Amtsgericht Hagenow Hagenow
    Amtsgericht Ludwigslust Ludwigslust
    Amtsgericht Lübz (Z) Lübz
    Amtsgericht Neubukow (Z) Neubukow
    Amtsgericht Neuhaus (Z) Neuhaus
    Amtsgericht Parchim Parchim
    Amtsgericht Plau am See (Z) Plau am See
    Amtsgericht Schönberg Schönberg
    Amtsgericht Schwerin Schwerin
    Amtsgericht Sternberg (Z) Sternberg
    Amtsgericht Warin (Z) Warin
    Amtsgericht Wismar Wismar
    Amtsgericht Wittenburg (Z) Wittenburg

    Die mit Z gekennzeichneten Gerichte waren zum 1. Juli 1947 Zweigstellen anderer Gerichte.[7]

    1952 wurden in der DDR die bestehenden Gerichte abgeschafft und einheitlich Kreis- und Bezirksgericht geschaffen. Damit wurde auch das Landgericht Schwerin aufgehoben.

    Mit dem Gerichtsstrukturgesetz wurde 1991 die bisherige Gerichtsstruktur wiederhergestellt. Das Landgericht Schwerin umfasste nun:

    Amtsgericht Sitz Anmerkung
    Amtsgericht Ludwigslust Ludwigslust
    Amtsgericht Schwerin Schwerin
    Amtsgericht Wismar Wismar
    Amtsgericht Gadebusch Gadebusch aufgehoben am 31. Dezember 1997[8]
    Amtsgericht Grevesmühlen Grevesmühlen aufgehoben am 13. Juli 2015[9]
    Amtsgericht Hagenow Hagenow aufgehoben am 16. März 2015[9]
    Amtsgericht Parchim Parchim aufgehoben am 11. Mai 2015[9]
    Amtsgericht Plau am See Plau am See aufgehoben am 31. Dezember 1997[8]
    Amtsgericht Sternberg Sternberg aufgehoben am 31. Dezember 1997[8]

    Gebäude Bearbeiten

     
    Gebäude am Demmlerplatz

    Dem Gericht, gemeinsam mit den Sitzungssälen des Amtsgerichts Schwerin, ist das 1916 eingeweihte, denkmalgeschützte[10] Gebäude Demmlerplatz 1–2 (bis 1933 Königsbreite, bis 1939 Adolf-Hitler-Platz, bis 1945 Blücherplatz) gewidmet.

    Es wurde ab 1914 als einheitliches Schweriner Justizgebäude nach Plänen und unter Leitung des seinerzeitigen Ministerialbaurats Paul Ehmig errichtet, der zuvor den Neubau für das Landeshauptarchiv verwirklicht hatte. Es gliedert sich in einen Mittelbau und zwei rechtwinklig anschließende Flügel, alle über dem Kalksteinsockel hell verputzt, und verfügt über ein Kellergeschoss in der Höhe des Sockels, drei Vollgeschosse und ein Dachgeschoss, verbunden durch drei Treppenhäuser; der Dachboden soll Archivzwecken dienen. Das Zentrum des Mittelbaus betonen eine Freitreppe sowie, in Sandstein ausgeführt, das doppeltürige Portal mit flankierenden Säulen und ein Halbkreisgiebel mit dem mecklenburgischen Wappen. Das zweimal gebrochene, mit roten Ziegeln gedeckte und von rundbogig abgeschlossenen Mansardenfenstern gegliederte Dach bekrönt ein Türmchen mit ursprünglich offener Laterne (Deren mittlerweile verglaster „Ausguck“ bietet einen der besten Ausblicke über Schwerin). Die Seitenflügel wiederholen in „bescheidenerer“ Weise ähnliche Motive wie die Eingangsfront des Mittelbaus. An diesen schließt auf der Hofseite ein Gefängnisbau an, der sich wegen seiner „unverfälscht“ überlieferten Interieurs in jüngerer Zeit großer Beliebtheit bei Filmproduzenten erfreute. Über eine Art „Seufzerbrücke“ und eine verzierte Holztür ist er mit dem zentralen, in Marmor und Sandstein gehaltenen Treppenhaus verbunden, das auch die direkte Verbindung zwischen der Eingangshalle im Hochparterre und dem aus dem ersten ins zweite Obergeschoss ragenden, ursprünglich reich geschmückten Schwurgerichtssaal darstellt. Dessen Eingangstüren flankieren Atlantenfiguren. Das vielfach holzgetäfelte Innere des Gerichtsgebäudes erhellen zahlreiche großzügige, teilweise in farbigem Glas ausgeführte Fenster.[11]

     
    Mahntafel am Gebäude

    Bis Mitte 1992 war das Gebäude Sitz des Bezirksgerichts und der Kreisgerichte Schwerin-Stadt und Schwerin-Land. Zu DDR-Zeiten waren diese bis 1990 im Arsenal untergebracht, denn der Komplex am Demmlerplatz wurde ab 1954 für Strafermittlungstätigkeit und den Gewahrsam von Untersuchungsgefangenen der dort ansässigen entsprechenden Abteilungen der Schweriner Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit genutzt. Zuvor war hier, auch wegen der schon vorhandenen Untersuchungshaftanstalt, ein sowjetisches Militärtribunal tätig. Vor allem an diese Geschichte erinnert das im Gebäudekomplex untergebrachte und vom Obotritenring aus zugängliche Dokumentationszentrum für die Opfer deutscher Diktaturen. Ebenfalls politische Justiz übte in dem Gebäude zur Zeit des Nationalsozialismus ein Sondergericht aus.

    Ende 1990 bis Anfang 1993 befand sich auch der Sitz des Ministers für Justiz, Bundes- und Europaangelegenheiten des Landes Mecklenburg-Vorpommern im Gebäudekomplex, bevor ein benachbarter Behelfsbau bezogen wurde; in diesen mussten jetzt die Beschäftigten des Amtsgerichts einziehen. Der Ehmig-Bau wurde zunächst von außen und – bei Ausquartierung des Landgerichts – von 2007 bis 2009 im Inneren restauriert. Kritisiert werden nach Rückkehr des Gerichts die mangelhafte Akustik und unzweckmäßige Möblierung der Sitzungssäle.[12]

    Über- und nachgeordnete Gerichte Bearbeiten

    Dem Landgericht Schwerin sind das Oberlandesgericht Rostock und der Bundesgerichtshof übergeordnet. Nachgeordnet sind die Amtsgerichte Ludwigslust, Schwerin und Wismar.

    Staatsanwaltschaft Bearbeiten

     
    Gebäude der Staatsanwaltschaft Schwerin

    Die beim Landgericht Schwerin eingerichtete Staatsanwaltschaft Schwerin ist für den gesamten Landgerichtsbezirk zuständig.[13] In Wirtschaftsstrafsachen erstreckt sich ihre Zuständigkeit als Schwerpunktstaatsanwaltschaft auch auf den Landgerichtsbezirk Neubrandenburg.[14] Nach der deutschen Wiedervereinigung richteten alle neuen Bundesländer Schwerpunktstaatsanwaltschaften für die Ermittlung wegen DDR-Unrechts ein. Hierzu war die Staatsanwaltschaft Schwerin vom 1. August 1992 bis zum 30. Juni 2001 für ganz Mecklenburg-Vorpommern zuständig.[15]

    Untergebracht ist die Staatsanwaltschaft im Gebäude Bleicherufer 15.

    Siehe auch Bearbeiten

    Literatur Bearbeiten

    Weblinks Bearbeiten

    Commons: Landgericht Schwerin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

    Einzelnachweise Bearbeiten

    1. § 3 Abs. 1 des Gerichtsstrukturgesetzes in der Fassung vom 11. November 2013, GVOBl. M-V 1998, S. 444, 549.
    2. § 3 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 des Gerichtsstrukturgesetzes in der Fassung vom 11. November 2013.
    3. Stand: 30. Juni 2014, Statistischer Bericht des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern, abgerufen am 11. Mai 2015.
    4. § 8 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung über die Konzentration von Zuständigkeiten der Gerichte (Konzentrationsverordnung - KonzVO M-V) vom 28. März 1994, GVOBl. M-V 1994, S. 514.
    5. § 5 Nr. 2 KonzVO M-V.
    6. Regierungsblatt für das Großherzogtum Mecklenburg Schwerin 1879 Nr. 20, S. 131 ff., Digitalisat
    7. A. Vössing, NJ 1947, 141143
    8. a b c Art. 1 Abs. 23 Gesetz über kostensenkende Strukturmaßnahmen in Mecklenburg-Vorpommern vom 25. September 1997, GVOBl. M-V 1997, S. 502.
    9. a b c Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung des Gerichtsstrukturgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften (Gerichtsstrukturneuordnungsgesetz) vom 11. November 2013, GVOBl. M-V 2013, S. 609.
    10. Denkmalliste der Landeshauptstadt Schwerin (PDF; 72,4 kB), S. 8.
    11. Beschreibung auch nach Jesse (s. Literatur zum Artikel Schwerin) Bd. 2, S. 515.
    12. In Schwerin ist Justitia taub, Schweriner Volkszeitung vom 22. September 2009.
    13. § 12 Abs. 3, 4 des Gerichtsstrukturgesetzes in der Fassung vom 11. November 2013.
    14. I. Nr. 2 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Bearbeitung von Wirtschaftsstrafsachen vom 13. April 1993 – III A 321/3262-17 –, AmtsBl. M-V 1993, S. 937.
    15. Klaus Marxen, Gerhard Werle, Petra Schäfter: Die Strafverfolgung von DDR-Unrecht: Fakten und Zahlen. Hrsg.: Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Berlin 2007, ISBN 978-3-00-021699-2, S. 17–19 (archive.org [PDF; 945 kB; abgerufen am 9. März 2021]).

    Koordinaten: 53° 37′ 52,7″ N, 11° 23′ 57,8″ O