Landesregierung von Baden-Württemberg
Die Landesregierung von Baden-Württemberg, in der Landesverfassung „Regierung“, außerdem Kabinett oder Ministerrat genannt, ist die Exekutive des deutschen Landes Baden-Württemberg. Sie hat ihren Sitz in der Landeshauptstadt Stuttgart. Die Landesregierung vollzieht die vom Landesparlament beschlossenen Gesetze und führt die Landesverwaltung.
Zusammensetzung und KompetenzenBearbeiten
Grundlage für die Bildung und Amtsführung der Landesregierung sind die Artikel 45 bis 57 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg. Demnach besteht die Regierung aus dem Ministerpräsidenten und den Ministern. Zu weiteren Mitgliedern können Staatssekretäre und ehrenamtliche Staatsräte berufen werden; deren Stimmrecht in der Regierung muss vom Landtag von Baden-Württemberg durch Beschluss ausdrücklich verliehen werden, außerdem darf die Zahl der Staatssekretäre ein Drittel der Zahl der Minister nicht überschreiten. Mit der Ernennung ehrenamtlicher Staatsräte unterstreichen die Ministerpräsidenten von ihnen als bedeutsam erachtete ressortübergreifende Politikbereiche. So amtierten in jüngerer Zeit etwa Konrad Beyreuther von 2001 bis 2006 als Staatsrat für Lebens- und Gesundheitsschutz bzw. Lebenswissenschaften, Claudia Hübner von 2006 bis 2010 als Staatsrätin für demographischen Wandel und Senioren, Regina Ammicht Quinn von 2010 bis 2011 als Staatsrätin für interkulturellen und interreligiösen Dialog sowie gesellschaftliche Werteentwicklung und Gisela Erler seit 2011 als Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung.
Der Ministerpräsident hat als Regierungschef die stärkste Stellung in der Landesregierung. Er ernennt und entlässt die Regierungsmitglieder, ernennt die Richter und Landesbeamten, verfügt über die Richtlinienkompetenz, führt den Vorsitz im Ministerrat und vertritt das Land Baden-Württemberg nach außen. Der Landtag wählt den Ministerpräsidenten in geheimer Wahl; dieser beruft anschließend die Mitglieder der Landesregierung und bestimmt seinen Stellvertreter. Zur Amtsübernahme der Regierung ist ihre Bestätigung durch den Landtag erforderlich, also kann der Fall eintreten, dass ein Ministerpräsident bereits in einer früheren Sitzung des Landtages gewählt wird und seinen Amtseid ablegt, aber sein Amt erst nach der Bestätigung der von ihm gebildeten Landesregierung in einer späteren Sitzung antreten kann.
Die Minister leiten ihre Geschäftsbereiche im Rahmen der Geschäftsordnung und der vom Ministerpräsidenten vorgegebenen Richtlinien eigenverantwortlich. Weitere Kompetenzen der Regierung sind die Gesetzesinitiative und – über ihre Mitgliedschaft im Bundesrat – die Mitwirkung an der Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland.
Die Geschäftsordnung der Regierung sieht explizit die Möglichkeit vor, dass auch der Regierung nicht angehörige Mitglieder zu den Sitzungen des Ministerrats hinzugezogen werden können, etwa der beamtete Staatssekretär des Staatsministeriums, die politischen Staatssekretäre, die Abteilungsleiter des Staatsministeriums oder die Ministerialdirektoren der Ministerien als Vertreter der Minister.
Die Amtszeit der Regierung ist an die Dauer der Legislaturperiode des Landtags gebunden. Sie endet weiterhin bei Amtserledigung (durch Rücktritt oder Tod) des Ministerpräsidenten, zudem kann dieser durch ein konstruktives Misstrauensvotum aus dem Amt abberufen und durch einen Nachfolger ersetzt werden. Weitere Wege zur Abberufung von Regierungsmitgliedern sind ein Entlassungsbeschluss, der von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtags unterstützt wird, sowie ein Beschluss des Landtags zur Anklage vor dem Verfassungsgerichtshof.
Geschäftsverteilung der LandesregierungBearbeiten

Die Landesregierung als Kollegialorgan, der Ministerpräsident und die Ministerien gelten (neben dem Rechnungshof) als oberste Landesbehörden. Die Regierung legt ihre Geschäftsbereiche eigenverantwortlich fest, der Landtag muss diesem aber Beschluss zustimmen. Zur Ausübung der Amtsgeschäfte bestehen das Staatsministerium als Behörde des Ministerpräsidenten und zehn Fachministerien:
- Staatsministerium
- Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration
- Ministerium für Finanzen
- Ministerium für Kultus, Jugend und Sport
- Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst
- Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft
- Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau
- Ministerium für Soziales und Integration
- Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz
- Ministerium der Justiz und für Europa
- Ministerium für Verkehr
Landesregierungen seit 1952Bearbeiten
Seit der Bildung des Landes Baden-Württemberg im April 1952 amtierten bislang 23 Landesregierungen. Bei der Amtsdauer und parteilichen Zusammensetzung der Kabinette trat eine hohe Kontinuität auf, bedingt durch die geringe Fluktuation der Parteien im Landtag und die jahrzehntelange Dominanz der CDU als die bei Landtagswahlen stimmenstärkste Partei. Sie stellte zwanzig Mal den Ministerpräsidenten und war nur zweimal (1952/1953 und 2011–2016) von der Regierung ausgeschlossen.
In ersten acht Jahren des neu gegründeten Landes bestimmten Allparteienregierungen (unter Ausschluss der KPD und anfangs auch der CDU) das politische Geschehen. Ab dem Jahr 1960 regierte die CDU mit wechselnden Koalitionspartnern, die Landtagswahlen 1972 bis 1988 ermöglichten ihr Alleinregierungen mit der absoluten Mehrheit der Mandate im Landtag. Ab 1992 war die CDU erneut auf Koalitionspartner angewiesen, bis sie bei der Wahl 2011 zum ersten Mal seit 58 Jahren die Oppositionsrolle einnehmen musste. Seit der Wahl 2016 regiert die CDU als kleinerer Partner der stärksten Partei Bündnis 90/Die Grünen mit.
Der am längsten amtierende Regierungschef von Baden-Württemberg war Erwin Teufel (CDU), der während seiner 14-jährigen Amtszeit gleichwohl drei unterschiedliche Regierungskonstellationen anführte (CDU-Alleinregierung 1991/1992, Große Koalition mit der SPD 1992–1996 und Schwarz-gelbe Koalition mit der FDP/DVP 1996–2005) und als Spitzenkandidat bei drei Landtagswahlen nie die Ergebnisse seiner Vorgänger erreichte.
Kabinett | Amtszeit | Beteiligte Parteien | Ministerpräsident |
---|---|---|---|
Kabinett Maier1 | 1952–1953 | SPD, FDP/DVP, BHE | Reinhold Maier (FDP/DVP) |
Kabinett Müller I2 | 1953–1956 | CDU, SPD, FDP/DVP, BHE | Gebhard Müller (CDU) |
Kabinett Müller II | 1956–1958 | CDU, SPD, FDP/DVP, GB/BHE | |
Kabinett Kiesinger I | 1958–1960 | CDU, SPD, FDP/DVP, GB/BHE | Kurt Georg Kiesinger (CDU) |
Kabinett Kiesinger II | 1960–1964 | CDU, FDP/DVP, GB/BHE3 | |
Kabinett Kiesinger III | 1964–1966 | CDU, FDP/DVP | |
Kabinett Filbinger I | 1966–1968 | CDU, SPD | Hans Filbinger (CDU) |
Kabinett Filbinger II | 1968–1972 | CDU, SPD | |
Kabinett Filbinger III | 1972–1976 | CDU | |
Kabinett Filbinger IV | 1976–1978 | CDU | |
Kabinett Späth I | 1978–1980 | CDU | Lothar Späth (CDU) |
Kabinett Späth II | 1980–1984 | CDU | |
Kabinett Späth III | 1984–1988 | CDU | |
Kabinett Späth IV | 1988–1991 | CDU | |
Kabinett Teufel I | 1991–1992 | CDU | Erwin Teufel (CDU) |
Kabinett Teufel II | 1992–1996 | CDU, SPD | |
Kabinett Teufel III | 1996–2001 | CDU, FDP/DVP | |
Kabinett Teufel IV | 2001–2005 | CDU, FDP/DVP | |
Kabinett Oettinger I | 2005–2006 | CDU, FDP/DVP | Günther Oettinger (CDU) |
Kabinett Oettinger II | 2006–2010 | CDU, FDP/DVP | |
Kabinett Mappus | 2010–2011 | CDU, FDP/DVP | Stefan Mappus (CDU) |
Kabinett Kretschmann I | 2011–2016 | Bündnis 90/Die Grünen, SPD | Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) |
Kabinett Kretschmann II | seit 2016 | Bündnis 90/Die Grünen, CDU |
WeblinksBearbeiten
- Website der Landesregierung von Baden-Württemberg
- Mitglieder der Landesregierung von Baden-Württemberg beim Bundesrat
- Die Regierungen Baden-Württembergs seit 1952 im Internetangebot zur Landtagswahl 2016 (Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg)
- Verfassung des Landes Baden-Württemberg (LV) vom 11. November 1953, zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. Dezember 2015 (GBl. 2015, S. 1032)
- Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Regierung (Ministergesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. August 1991 (GBl. 1991, S. 533)
- Geschäftsordnung der Regierung des Landes Baden-Württemberg vom 6. März 2007 (GBl. 2007, S. 185)
- Bekanntmachung der Landesregierung über die Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Ministerien vom 24. Juli 2001, zuletzt geändert durch die Bekanntmachung der Landesregierung zur Änderung der Bekanntmachung über die Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Ministerien vom 26. Juli 2016 (GBl. 2016, S. 456)
- Landesverwaltungsgesetz vom 14. Oktober 2008, verkündet als Artikel 4 des Verwaltungsstrukturreform-Weiterentwicklungsgesetzes vom 14. Oktober 2008 (GBl. 2008, S. 313)