Als Kupferverluste[1], auch Wicklungsverluste und bei Gleichstrommaschinen auch Grundverluste[2], bezeichnet man die bei allen Spulen in Transformatoren, Elektromotoren, Generatoren und Elektromagneten auftretenden Stromwärmeverluste.[1] Die Verluste entstehen überwiegend durch den ohmschen Widerstand der Kupferwicklung.[3] Die Kupferverluste stellen in der Regel den größten Anteil des Verlusthaushaltes dar,[4] sie sind somit der dominanteste Verlustanteil bei einer elektrischen Maschine.[5] Der Begriff Kupferverluste ist historisch begründet und wird auch dann verwendet, wenn andere Leitermaterialien verwendet werden.[6]

Grundlagen Bearbeiten

Jeder elektrische Leiter (z. B. ein Draht) hat einen bestimmten ohmschen Widerstand, der abhängig ist von der Drahtlänge, dem Drahtquerschnitt und dem verwendeten Material.[7] Dies trifft auch auf die in elektrischen Maschinen verwendeten Spulen und Leiterstäbe zu.[8] Wird ein elektrischer Leiter, z. B. eine Spule, von einem elektrischen Strom durchflossen, entstehen aufgrund des ohmschen Widerstandes Verluste, die man bei elektrischen Maschinen als Kupferverluste bezeichnet.[9] Diese Kupferverluste treten sowohl bei Gleichstrom als auch bei Wechselstrom auf.[1] Sie werden durch den verwendeten Draht, die angewandte Wickeltechnik, die Temperatur sowie durch die Stromstärke bzw. die Spannung bestimmt.[10] Die Verluste sind lastabhängig,[11] sie steigen quadratisch mit der Stromstärke an[12] und können gemäß der Formel:

 

berechnet werden, wobei   für die Stärke des Spulenstroms und   für den Wicklungswiderstand steht.[13]

Im Leerlauf sind die Kupferverluste gegenüber den weitgehend belastungsunabhängigen Eisenverlusten so gering, das sie oftmals vernachlässigt werden können.[6] Bei Belastung steigen die Kupferverluste an und nehmen je nach Stromfluss sehr hohe Werte an.[14] Bei hohen Frequenzen muss bei Berechnung der Kupferverluste auch die dort auftretende Stromverdrängung berücksichtigt werden.[15] Neben den durch Wechselfelder im Eisenkern hervorgerufenen Verlusten, den Eisenverlusten, bilden die Kupferverluste den wesentlichen Anteil der Verlustleistung elektromagnetischer Energiewandler.[3]

Transformatoren Bearbeiten

Bei Transformatoren zählen zu den Kupferverlusten sämtliche Verluste, die durch den Laststrom in den jeweiligen Spulen hervorgerufen werden.[1] Obwohl bei Transformatoren die Wicklungen auch aus Aluminium sein können, hat sich trotzdem der Begriff Kupferverluste etabliert und wird auch überwiegend gebraucht.[16] Wie aus der Formel der Stromwärmeverluste (Kupferverlustleistung) ersichtlich ist, sind die Kupferverluste stark belastungsabhängig.[6] Bei Transformatoren mit mehreren Wicklungen entsprechen die gesamten Kupferverluste der Summe der jeweiligen einzelnen Wicklungsverluste.[17] Durch die Kupferverluste erwärmt sich der Transformator, dies führt dazu, dass der spezifische Widerstand der Wicklungen steigt. Dadurch bedingt sind die Kupferverluste höher und sinkt die Spannung auf Sekundärseite bei Belastung stärker als im kalten Zustand des Transformators.[18]

Die Kupferverluste, oder Lastverluste, betragen bei Netztransformatoren:

  • im Leerlauf annähernd 0 Prozent
  • bei Halblast etwa 0,1 bis 0,5 Prozent
  • bei Volllast etwa 0,5 bis 2,0 Prozent[19][20]

Bei der Konstruktion von heutigen Leistungstransformatoren für den Netzbetrieb wird ein Verlustverhältnis von Eisenverlustleistung:Kupferverlustleistung im Nennarbeitspunkt bei 0,17 bis 0,25 festgelegt. Der maximale Wirkungsgrad des Transformators liegt in dem Betriebspunkt, in welchem die Kupferverluste genauso groß wie die Eisenverluste sind.[21] also etwa bei der Hälfte der Bemessungsleistung. Bei Transformatoren in Schaltnetzteilen beeinflusst der Skineffekt ebenfalls die Kupferverluste.[22]

Elektromotoren Bearbeiten

Bei Elektromotoren zählen zu den Kupferverlusten alle Verluste, die durch den Laststrom in den jeweils durchflossenen Wicklungen von Stator und/oder Rotor[ANM 1] hervorgerufen werden.[23] Permanenterregte Motoren haben nur eine Wicklung;[24] in der Gleichstrommaschine ist diese im Anker, in der elektrisch kommutierten Maschine liegt sie im Stator.[23] Bei einer vollständig ausgeführten elektrisch erregten Gleichstrommaschine sind das die Ankerwicklungen, die Wendepolwicklungen, die Erregerwicklung und die Kompensationswicklung. Bei Synchronmaschinen die Statorwicklung und die Erregerwicklung, bei Asynchronmaschinen die Statorwicklung und die Läuferwicklung.[1] Bei Drehstromasynchronmotoren sind die Wicklungsverluste im Rotor direkt vom Schlupf abhängig. Da beim Einschalten des Motors in dem Moment, wo der Rotor sich noch nicht dreht, der Schlupf gleich Eins ist, wird somit die gesamte im Rotor induzierte Leistung in Wärme umgewandelt. Da der Anlaufstrom bei Drehstromasynchronmotoren ein Vielfaches des Nennstroms beträgt, sind auch die Stromwärmeverluste ein Vielfaches der Motor-Bemessungsleistung.[25] Bei zu niedriger Netzspannung sinkt bei gleichbleibender Belastung die Motordrehzahl, somit steigt der Schlupf. Dies führt dazu, dass die Stromaufnahme steigt und somit die Kupferverluste steigen.[26]

Bei hohen Frequenzen tritt in den Motorwicklungen zusätzlich der Stromverdrängungseffekt auf.[15] In den Statorwicklungen ist dieser Effekt aufgrund der geringen Feldstärke in den Nuten und der durch die Serienschaltung der Windungen erzwungene Gleichverteilung des Gesamtstromes der Windungen gewöhnlich gering und kann vernachlässigt werden. Anders sieht das in den Läuferstäben aus: Hier sind die Leiter in der gesamten Nut parallelgeschaltet. Bei höheren Frequenzen, wie sie im Anlauf des Motors auftreten,[27] können die oberen Lagen der Rotorwicklung oder der Rotorstäbe das Statorfeld fast vollständig kompensieren und die unteren Lagen führen keinen Strom. Durch diese Stromverdrängung kommt es zu einem höheren Wechselstromwiderstand.[1] Dieser höhere Widerstand führt zwar zu höheren Verlusten, aber auch zu einem höheren Moment im Anlauf[27] und ist deswegen in größeren Asynchronmaschinen erwünscht, weil im Nennarbeitspunkt die Frequenz im Rotor so gering ist, dass der Stromverdrängungseffekt nicht auftritt.

Verlustverringerung Bearbeiten

Die Kupferverluste lassen sich auf verschiedene Arten verringern. Der ohmsche Widerstand der Wicklungen von Transformatoren lässt sich verringern, indem man die Anzahl der Windungen verringert (und bei gegebenem Wickelraum zusätzlich den Drahtquerschnitt vergrößert). Dies lässt sich jedoch nicht beliebig variieren, da die Hauptinduktivität proportional zum Quadrat der Windungszahl ist und dadurch entsprechend die Kupferverluste im Leerlauf ansteigen.[2] Bei Spulen und Transformatoren, die bei höheren Frequenzen eingesetzt werden, ist diese Methode jedoch gängige Praxis. Ab einer bestimmten Frequenz werden anstatt der Massivdrähte für die Spulen Hochfrequenzlitzen verwendet. Dadurch wird der Skineffekt verringert.[28] Ab einer bestimmten Frequenzgrenze ist der Einsatz von HF-Litze jedoch nicht sinnvoll, diese Frequenzgrenze ist vom Adernradius abhängig. Oberhalb dieser Frequenz entstehen durch den äußeren Proximity-Effekt Verluste,[2] die proportional zur Adernzahl sind. Hierbei muss entweder ein Massivdraht oder ein kleinerer Adernradius verwendet werden. Bei der Konstruktion solcher Transformatoren oder Spulen für den HF-Bereich wird ein Kompromiss zwischen Kupferverlusten und Proximity-Verlusten angestrebt.[22]

Bei Motoren können die Kupferverluste bei gegebener Last nicht durch eine Variation von Drahtquerschnitt und Windungszahl beeinflusst werden,[2] da die gesamte Durchflutung das Drehmoment bestimmt, unabhängig davon, auf wie viele Leiter diese verteilt ist. Die Kupferverluste im Stator können durch minimale Leiterlänge und optimalen Füllfaktor optimiert werden. Sind diese an sich selbstverständlichen Schritte getan, können sie nur noch durch eine Vergrößerung der Statornuten verringert werden. Kupferverluste im Rotor einer Asynchronmaschine werden durch größere Rotorstäbe, Kupfer statt Aluminium und besser dimensionierte Kurzschlussringe verringert.[29] Bei Turbogeneratoren können die Kupferverluste durch den Einbau von Roebelstäban verringert werden.[14] Um die Verluste durch Stromverdrängung zu verringern, können die Spulendrähte in zwei verdrillte und gegeneinander isolierte Teilleiter aufgeteilt[ANM 2] werden.[1] Der Vergrößerung der Fläche für die Wicklungen sind bei gegebenem Motorvolumen aber Grenzen gesetzt, da die Kupferfläche sich ihren Raum mit dem Fluss führenden Eisen teilt, welches durch die Sättigung nur begrenzt magnetischen Fluss leiten kann. Bezüglich Kupferverluste optimierte Maschinen weisen daher eine geringe Überlastbarkeit auf. In eisenfreien Luftspulenmaschinen besteht dieses Problem nicht; die Wicklungshöhe reduziert direkt die gewöhnlich durch Permanentmagneten erregte Luftspaltinduktion, wodurch sich letztlich eine bezüglich Kupferverlusten optimale Wicklungsdicke ergibt. Im Gegensatz zum bezüglich Kupferverluste optimierten genuteten Motor bringt die volle Optimierung in Luftspulenmaschinen hingegen keinerlei Sättigungseffekte und daher keine verminderte Überlastbarkeit mit sich.

Literatur Bearbeiten

  • Jens Lassen la Cour, E. Arnold (Hrsg.): Die Wechselstromtechnik. Zweiter Band. Die Transformatoren. Verlag von Julius Springer, Berlin 1904.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e f g Paul Vaske, Johann Heinrich Riggert: Elektrische Maschinen und Umformer. Teil 2. Berechnung elektrischer Maschinen. 8., überarbeitete Auflage, mit 108 Bildern und 17 Beispielen, B. G. Teubner, Stuttgart 1974, ISBN 3-519-16402-7, S. 61, 62.
  2. a b c d Simon Vogt: Entwicklung eines Verfahrens zur Herstellung von verpressten Spulen für effizientere E-Traktionsantriebe. Dissertation an der Fakultät für Maschinenwesen der Technischen Universität München. München 2019, S. 30, 33–37.
  3. a b Günter Springer: Fachkunde Elektrotechnik. 18. Auflage. Verlag Europa-Lehrmittel, Wuppertal 1989, ISBN 3-8085-3018-9, S. 133.
  4. Zdeno Neuschl: Rechnergestützte experimentelle Verfahren zur Bestimmung der lastunabhängigen Eisenverluste in permanentmagnetisch erregten elektrischen Maschinen mit additionalem Axialfluss. Genehmigte Dissertation an der Fakultät für Maschinenbau, Elektrotechnik und Wirtschaftsingenieurwesen der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus. Cottbus 2007, S. 1.
  5. Buwei Zhang: Modellierung und hocheffiziente Berechnung der lastabhängigen Eisenverluste in permanenterregten Synchronmaschinen. Dissertation an der KIT Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik des Karlsruher Instituts für Technologie. Karlsruhe 2018, ISBN 978-3-7315-0928-8, S. 2.
  6. a b c Karl-Heinz Löcherer, Hans Müller, Thomas Harriehausen, Dieter Schwarzenau: Moeller Grundlagen der Elektrotechnik. 22. verbesserte Auflage. Mit 437 teils mehrfarbigen Abbildungen, 36 Tabellen und 182 Beispielen, Vieweg + Teubner Verlag, Wiesbaden 2011, ISBN 978-3-8348-0898-1, S. 401.
  7. Adolf Thomälen: Kurzes Lehrbuch der Elektrotechnik. Neunte, verbesserte Auflage. Mit 555 Textbildern, Springer Verlag, Berlin / Heidelberg 1922, S. 6.
  8. Adolf Senner: Fachkunde Elektrotechnik. 4. Auflage. Verlag Europa-Lehrmittel, 1965, S. 18, 23, 24, 68.
  9. Otto Zinke, Hans Seither: Widerstände, Kondensatoren, Spulen und ihre Werkstoffe. Zweite, neubearbeitete und erweiterte Auflage. Mit 275 Abbildungen, Springer Verlag, Berlin / Heidelberg 1982, ISBN 978-3-540-11334-8, S. 258, 259.
  10. G. Schindler: Magnetische Bauteile und Baugruppen. Grundlagen, Anwendungsbereiche, Hintergründe und Historie. (online, abgerufen am 17. Mai 2011; PDF; 7,6 MB)
  11. Panos Konstantin: Praxisbuch Energiewirtschaft. Energieumwandlung, -transport und -beschaffung im liberalisierten Markt. Springer Verlag, Berlin/ Heidelberg 2007, ISBN 978-3-540-35377-5, S. 191.
  12. Herbert Kyser: Die elektrische Kraftübertragung. I. Band: Die Motoren - Umformer und Transformatoren. Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1912, S. 201–202.
  13. Abedin Bytyqi: Design eines Modell-Transformators. Masterarbeit an der University of Technology. Graz 2020, S. 20.
  14. a b Kaining Zhao: Bestimmung der Kühlgasverteilung in Turbogeneratoren durch Kombination der Finite-Elemente-Berechnung und der Netzwerkanalyse. Dissertation an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Technischen Universität Dortmund. Dortmund 2016, S. 1, 97.
  15. a b Matthias Centner: Entwurf und Erprobung schnelldrehender Asynchronmaschinen unter besonderer Berücksichtigung der magnetisch aktiven Materialien. Dissertation an der Fakultät IV - Elektrotechnik und Informatik der Universität Berlin. Berlin 2009, S. 10, 18.
  16. Georg Flegel, Karl Birnstiel, Wolfgang Nerreter: Elektrotechnik für Maschinenbau und Mechatronik. 10., neu bearbeitete Auflage. Mit 481 Bildern, 48 Tabellen und 142 durchgerechneten Beispielen, Carl Hanser Verlag, München 2016, ISBN 978-3-446-44496-6, S. 147.
  17. Berechnung von Kern- und Wicklungsverlusten induktiver Bauelemente für Schaltnetzteile. (online, abgerufen per Webarchive am 19. Mai 2022; PDF; 2,5 MB)
  18. Richard Rühlmann: Grundzüge der Wechselstrom-Technik. Verlag von Oskar Leiner, Leipzig 1897.
  19. Hans-Rudolf Niederberger: Elektrotechnik Transformatoren. (online, abgerufen am 13. Juni 2016)
  20. TU Dresden: Transformator. (online, abgerufen am 16. Juni 2016).
  21. G. Schenke: Transformatoren. (online (Memento vom 16. September 2011 im Internet Archive) (PDF; 332 kB) FB Technik, abgerufen am 17. Mai 2011).
  22. a b M. Albach, M. Döbrönti, H. Roßmann: Wicklungsverluste in Spulen und Trafos aus HF-Litze. In: elektronik industrie. Nr. 10, 2010, S. 32–34 (archive.org [PDF]).
  23. a b Franz Moeller, Paul Vaske (Hrsg.): Elektrische Maschinen und Umformer. Teil 1: Aufbau, Wirkungsweise und Betriebsverhalten, 11., überarbeitete Auflage, mit 256 teils mehrfarbigen Abbildungen, B. G. Teubner, Stuttgart 1970, S. 41, 42.
  24. Tobias Lange: Oberwellenbasierte Modellierung, Regelung und Auslegung von Permanentmagnet- und Reluktanz-Synchronmaschinen. Dissertation an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Rheinisch Technischen Hochschule Aachen. Aachen 2020, S. 63, 77, 89.
  25. Rockwell Automation: Grundlagen für die Praxis Drehstromasynchronmotoren. (online, abgerufen per Webarchive am 19. Mai 2022; PDF; 1,4 MB).
  26. Markus Hüging, Josef Kruse, Nico Nordendorf: Fachqualifikationen Elektrotechnik, Betriebstechnik. 1. Auflage. Bildungsverlag EINS, 2005, ISBN 3-427-50015-2.
  27. a b Peer Stenzel: Großserientaugliche Nadelwickeltechnik für verteilte Wicklungen im Anwendungsfall der E-Traktionsantriebe. Dissertation an der Technischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Erlangen-Nürnberg 2017, S. 19–21.
  28. Uni Tübingen: TR Transformator. (online abgerufen am 18. Mai 2011; PDF; 167 kB).
  29. Arndt Josef Kelleter: Steigerung der Ausnutzung elektrischer Kleinmaschinen. Dissertation. Technische Universität München, München 2010.

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Die Kupferverluste im Ständer (Stator) der Maschine werden als Ständerkupferverluste bezeichnet, die im Läufer (Rotor) vorkommenden als Läuferkupferverluste. (Quelle: Franz Moeller, Paul Vaske (Hrsg.): Elektrische Maschinen und Umformer. Teil 1.)
  2. Dadurch bleibt der Gesamtquerschnitt gleich groß wie der Querschnitt des ursprünglichen Leiters. (Quelle: Paul Vaske, Johann Heinrich Riggert: Elektrische Maschinen und Umformer. Teil 2.)