Kurve Kassel

geplante Verbindungsstrecke im Norden von Kassel

Die Kurve Kassel ist eine geplante Verbindungsstrecke im Norden von Kassel, die für den Güterverkehr eine direkte Verbindung zwischen Warburg bzw. dem Ruhrgebiet und Halle herstellt. Die Strecke soll im Bahnhof Espenau-Mönchehof von der Bahnstrecke Warburg–Kassel abzweigen und zum Bahnhof Fuldatal-Ihringshausen an der Bahnstrecke Hannover–Kassel führen, über die die Bahnstrecke Halle–Hann Münden erreicht wird.

Espenau-Mönchehof–Fuldatal-Ihringshausen
Strecke der Kurve Kassel
Geplanter Verlauf der Strecke sowie umliegende Bahnstrecken
Streckennummer (DB):3928[1]
Streckenlänge:5,4[1] km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Streckenklasse:D4
Stromsystem:15 kV 16,7 Hz ~
Maximale Neigung: 10 
Höchstgeschwindigkeit:100[1] km/h
von Warburg
Espenau-Mönchehof 240 m
nach Kassel
Tunnel (ca. 2,6 km, geplant)[1]
von Kassel (Südbahn, höhenfrei)
von Würzburg (Schnellfahrstrecke, höhenfrei)
Fuldatal-Ihringshausen 182 m
nach Hannover (Schnellfahrstrecke, höhenfrei)
nach Hannover (Südbahn)

Quellen: [2][3][4]
Geplante Abzweigung der Kurve Kassel im Bahnhof Espenau-Mönchehof (im Hintergrund)
Im Westkopf des Bahnhofs Fuldatal-Ihringshausen soll die Kurve Kassel außen in die Strecke nach Hann. Münden einfädeln.

Die 6,5 Kilometer lange eingleisige Strecke soll auf etwa 2,4 km im Tunnel verlaufen. Auf dem übrigen Teil sind auf etwa 3 Kilometer Länge zusätzlich Puffergleise vorgesehen, die die Streckenführung außerhalb des Tunnels größtenteils zweigleisig darstellen lassen.[5] Die Einfädelung in Ihringshausen erfolgt höhenfrei an den äußeren Gleisen.

Regulärer Personenverkehr ist auf der Strecke nicht vorgesehen.[6]

Geschichte Bearbeiten

Hintergrund Bearbeiten

Die Verbindung HammAltenbeken–Kassel–Halle stellt eine der kürzesten Strecken zwischen dem Ruhrgebiet und dem Raum Halle dar. Auf dieser Verbindung ist jedoch ein Richtungswechsel im Rangierbahnhof Kassel notwendig, weshalb Güterzüge auf dieser Relation überwiegend über Minden, Hannover und Magdeburg verkehren. Um insbesondere die Knoten Hannover und Magdeburg zu entlasten, wurde die Verbindungsstrecke 2016 unter dem Titel ABS Paderborn – Halle (Kurve Mönchehof – Ihringshausen) als Vordringlicher Bedarf – Engpassbeseitigung in den Bundesverkehrswegeplan 2030 und in das Bundesschienenwegeausbaugesetz aufgenommen. Das Nutzen-Kosten-Verhältnis betrug 15,6.[7] Außerdem war sie als eines von acht Schienenprojekten im Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz enthalten.[8][9] Bereits im Bundesverkehrswegeplan 2003 war eine Verbindungskurve zwischen Mönchehof und Speele enthalten, zu diesem Zeitpunkt jedoch nur als weiterer Bedarf.[10]

Auf Grundlage der Zugzahlenprognose 2030 wurde von 38 Güterzügen pro Tag ausgegangen, die auf der Strecke verkehren sollten.[11]

Variantenentscheid Bearbeiten

 
2019 vorgestellte Varianten der Kurve Kassel

2018 wurde mit ersten Vorplanungen begonnen und ein Runder Tisch mit betroffenen Kommunen und Verbänden eingerichtet. Der Suchraum für die Kurve Kassel erstreckt sich über den Bereich von Immenhausen und Wilhelmshausen im Norden bis Kassel Rbf im Süden. 2019 wurden fünf Varianten vorgestellt, die während des Planungsprozesses teilweise noch überarbeitet wurden.[12]

Die Varianten 1 bis 3 sahen eine etwa geradlinige Verbindung zwischen Immenhausen bzw. Espenau-Mönchehof im Westen und Bonaforth bzw. Speele im Osten vor. Da sie FFH-Gebiete zerschnitten hätten, wurden diese Varianten ausgeschlossen. Die Variante 4, von der drei Untervarianten vorgestellt wurden, umfasst eine weiter südlich im Bahnhof Espenau-Mönchehof abzweigende Strecke, die im Bogen um Vellmar nach Fuldatal-Ihringshausen führt. In der Variante 5 war eine Verbindungskurve nördlich des Rangierbahnhofs vorgesehen, welche über ein Brückenbauwerk die dort im spitzen Winkel aufeinander zulaufenden Strecken verbindet.[12]

Frühere Planungen der Variante 4 sahen eine höhengleiche Einfädelung im Bahnhof Fuldatal-Ihringshausen vor. Da sich an dieser Stelle noch die Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg zwischen den Gleisen der Strecke Hannover–Kassel befindet, wäre eine Verbindung zum Richtungsgleis nach Hann Münden erst weiter östlich nach der Ausfädelung der Schnellfahrstrecke umsetzbar gewesen. Von der Kurve kommende Züge hätten somit zunächst 1600 Meter das Gegengleis nutzen müssen, was zu Kapazitätseinschränkungen auf den Strecken geführt hätte. Daher wurde im Januar 2021 eine höhenfreie zweigleisige Ausfädelung vorgestellt, die diesen Konfliktpunkt entschärft.[13] Im Oktober 2023 gab die DB Netz eine Machbarkeitsstudie für eine höhenfreie Variante der Anbindung in Espenau-Mönchehof in Auftrag.[14]

Am 29. März 2021 wurde die Variante 4B als Vorzugsvariante festgelegt[3] und im Dezember 2021 in das Raumordnungsverfahren eingebracht.[11] Dieses wurde am 29. Januar 2024 abgeschlossen. Dabei bestätigte das Regierungspräsidium Kassel die Variante 4B unter dem Vorbehalt der wasserrechtlichen Genehmigungsfähigkeit.[15][5]

In der Vorplanung wurde nominale Kosten von ca. 556 Mio. Euro ermittelt und der Gesamtwert des Projekts einschließlich eines Risikozuschlags von ca. 886 Mio. Euro mit ca. 1242 Mio. Euro prognostiziert.[11]

Die parlamentarische Befassung war im Februar 2024 noch ausstehend.[16]

Alternativen Bearbeiten

Von Teilen der regionalen Politik sowie eigens gegründeter Bürgerinitiativen in den betroffenen Gemeinden Fuldatal, Vellmar und Immenhausen wird das Projekt wegen befürchteter Lärmbelästigung und Landschaftseingriffen abgelehnt und stattdessen ein Ausbau der weiter nördlich verlaufenden 34 Kilometer kürzeren Verbindung Altenbeken–Northeim–Nordhausen gefordert.[17] Um diese zu ertüchtigen, müssten die Streckenabschnitte Nordhausen–Northeim, Northeim–Ottbergen und Ottbergen–Langeland elektrifiziert werden.[18]

Die Kosten für die Elektrifizierung sowie der Verlängerung von drei Kreuzungsgleisen auf 740 m Länge schätzte die Deutsche Bahn auf 437 Mio. Euro, während die Kosten für die Kurve Kassel je nach Variante auf 200–600 Mio. Euro geschätzt werden.[19] Die reine Fahrzeit von Nordhausen nach Benhausen über Northeim wäre mit 2:45 h nur unwesentlich länger als über die Kurve Kassel (je nach Variante 2:30–2:40 h). Eine Untersuchung der Deutschen Bahn ergab jedoch, dass es tagsüber auf den eingleisigen Streckenabschnitten Nordhausen–Walkenried und Northeim–Ottbergen regelmäßig zu Konflikten mit dem Nahverkehr und Güterverkehr der Gegenrichtung kommen würde, sodass Fahrzeiten von etwa vier Stunden zu erwarten seien. Ein zweigleisiger Ausbau könne die Fahrzeiten erheblich reduzieren, würde die Kosten jedoch weiter erhöhen.[18]

Weblinks Bearbeiten

Commons: Kurve Kassel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d 15. Runder Tisch Kurve Kassel. (PDF) Präsentation. DB Netz, 4. Oktober 2022, S. 9, 12, abgerufen am 5. November 2022.
  2. Einblick in das Projekt - Variante 4B. In: Bahnprojekt Kurve Kassel. DB Netz, abgerufen am 9. Februar 2022.
  3. a b Mehr Güter auf die Schiene: Bester Verlauf für die neue Verbindungskurve bei Kassel steht fest. Deutsche Bahn, 29. März 2021, abgerufen am 29. März 2021.
  4. Tischvorlage zur Antragskonferenz zum Raumordnungsverfahren. In: ABS Paderborn - Halle | Kasseler Kurve. DB Netz, Frankfurt am Main 31. Januar 2018, S. 12, 15 (kurve-kassel.de [PDF; abgerufen am 9. Februar 2022]).
  5. a b Paderborn-Halle/Neubauabschnitt Kurve Kassel: Das Raumordnungsverfahren Neubaustrecke Kurve Kassel ist abgeschlossen. In: Verkehr – Ausbau / Neubau Schienenstrecken – Raumordnungsverfahren. Regierungspräsidium Kassel, archiviert vom Original am 27. Februar 2024; abgerufen am 27. Februar 2024.
  6. Protokoll Kurve Kassel 6. Runder Tisch. (PDF) DB Netz, 19. Oktober 2020, S. 5, 10, abgerufen am 4. November 2022.
  7. Bundesverkehrswegeplan 2030 – Projekt 2-015-v01. ABS Paderborn - Halle (Kurve Mönchehof - Ihringshausen). Abgerufen am 13. Februar 2020.
  8. § 2 MgvG (Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz). Abgerufen am 15. Februar 2021.
  9. Kommt Kurve Kassel nun per Gesetz? Kritik von Bürgerinitiativen und Abgeordneten. In: Hessische/Niedersächsische Allgemeine. 12. November 2019, abgerufen am 28. Februar 2021.
  10. Bundesverkehrswegeplan 2003 (Memento vom 26. August 2006 im Internet Archive), S. 57
  11. a b c Drucksache 20/7777: Unterrichtung durch die Bundesregierung. Bericht über das Ergebnis der Vorplanung und der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung ABS Paderborn – Halle (Kurve Mönchehof – Ihringshausen) „Kurve Kassel“. Deutscher Bundestag, 19. Juli 2023, abgerufen am 7. September 2023.
  12. a b Beschreibung (Incl. Chancen und Ziele). In: Bahnprojekt Kurve Kassel. DB Netz, archiviert vom Original am 6. März 2021; abgerufen am 9. Februar 2022.
  13. Präsentation: Neubaustrecke „Kurve Kassel“ – 8. Runder Tisch (18.01.2021). (PDF) DB Netz, abgerufen am 4. November 2022.
  14. Deutschland-Frankfurt am Main: Dienstleistungen von Architektur- und Ingenieurbüros sowie planungsbezogene Leistungen 2023/S 196-612819 Bekanntmachung einer Änderung Änderung eines Vertrags/einer Konzession während der Laufzeit. In: Tenders Electronic Daily. 11. Oktober 2023, abgerufen am 2. November 2023.
  15. Abschluss des Raumordnungsverfahrens. In: Bahnprojekt Kurve Kassel. DB InfraGO, 29. Januar 2024, abgerufen am 27. Februar 2024.
  16. Neuterminierung des 18. Runden Tisches. In: Bahnprojekt Kurve Kassel. DB InfraGO, 1. Februar 2024, abgerufen am 27. Februar 2024.
  17. Ärger um die Kurve Kassel: Vier Bürgermeister sind gegen geplanten Streckenbau der Bahn. 9. Februar 2019, abgerufen am 13. Februar 2021.
  18. a b Präsentation zum Expertentag des Runden Tischs zur Fahrplankonstruktion Solling (20.11.2020). (PDF) Abgerufen am 20. Januar 2021.
  19. Die Sollingbahnstrecke für Güterverkehr auszubauen, bleibt im Gespräch. In: Hessische/Niedersächsische Allgemeine. Abgerufen am 13. Februar 2021.