Der Kreis Jarotschin im Südosten der preußischen Provinz Posen bestand in der Zeit von 1887 bis 1919. Das ehemalige Kreisgebiet gehört heute zur polnischen Woiwodschaft Großpolen.

Der Kreis Jarotschin
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Verwaltungsgliederung der Provinz Posen (Stand 1919)
Regierungsbezirk Bromberg
Regierungsbezirk Posen

Der Landkreis Jarotschin war außerdem während des Zweiten Weltkrieges eine deutsche Verwaltungseinheit im besetzten Polen (1939–1945).

Ausdehnung Bearbeiten

Der Kreis Jarotschin hatte zuletzt eine Fläche von 721 km².

Verwaltungsgeschichte Bearbeiten

Der preußische Kreis Jarotschin wurde im Rahmen einer Kreisreform im Regierungsbezirk Posen am 1. Oktober 1887 aus den folgenden Teilen gebildet:

Kreisstadt und Sitz des Landratsamtes wurde die Stadt Jarotschin.

Am 27. Dezember 1918 begann in der Provinz Posen der Großpolnische Aufstand der polnischen Bevölkerungsmehrheit gegen die deutsche Herrschaft, und im Januar 1919 war das Gebiet des Kreises Jarotschin unter polnischer Kontrolle. Am 16. Februar 1919 beendete ein Waffenstillstand die polnisch-deutschen Kämpfe, und am 28. Juni 1919 trat die deutsche Regierung mit der Unterzeichnung des Versailler Vertrags den Kreis Jarotschin auch offiziell an das neugegründete Polen ab.

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

Jahr Einwohner Quelle
1895 44.513
1895 46.855 [1]
1900 47.509 [2]
1910 51.626 [2]

Von den Einwohnern im Jahre 1890 waren 87 % polnischstämmig und 11 % deutschstämmig. 2 % hatten jüdische Wurzeln. Die Mehrzahl der deutschstämmigen Einwohner verließ nach 1919 das Kreisgebiet.

Politik Bearbeiten

Landräte Bearbeiten

1887–190300Fritz Engelbrecht
1903–191600von Unger
1917–192000Robert Coester (1882–1931)

Wahlen Bearbeiten

Der größte Teil des Kreises Jarotschin gehörte zusammen mit den Kreisen Pleschen und Wreschen zum Reichstagswahlkreis Posen 8. Der Wahlkreis wurde bei den Reichstagswahlen zwischen 1887 und 1912 von Kandidaten der Polnischen Fraktion gewonnen:

Kommunale Gliederung Bearbeiten

Zum Kreis Jarotschin gehörten am 1. Januar 1908 die vier Städte Jarotschin, Jaratschewo, Neustadt an der Warthe und Zerkow. Die 94 Landgemeinden und 50 Gutsbezirke waren zu Polizeidistrikten zusammengefasst.

Gemeinden Bearbeiten

Am Anfang des 20. Jahrhunderts gehörten die folgenden Gemeinden zum Kreis:[2]

  • Annapol
  • Antonin
  • Bachorzew
  • Biesiadowo
  • Boguschin Hauland
  • Boguschin, Dorf
  • Breitenfeld
  • Brzostkow
  • Brzustow
  • Cerekwice
  • Chocicza
  • Chromiec Hauland
  • Chrzan
  • Chwalencinek
  • Chwalowo
  • Chytrowo
  • Cilcz
  • Ciswica
  • Dębno/Dembno
  • Eichenried (Gutsbezirk)
  • Fabianow
  • Friedrichsdorf
  • Fürstlich Wola
  • Genczewo
  • Gola
  • Golina
  • Gora
  • Grab
  • Hochdorf
  • Jaratschewo, Stadt
  • Jarotschin, Stadt
  • Kadziak
  • Klein Lubin
  • Klenka
  • Klichow
  • Kolniczki
  • Komorze bei Neustadt (Warthe)
  • Komorze bei Zerkow
  • Konty
  • Kotlin
  • Kruczyn (Dorf)
  • Kruczyn Hauland
  • Kurcew
  • Langenfeld
  • Lawau
  • Lgow
  • Lichtenthal
  • Lissewo
  • Lobes
  • Lowencice
  • Lowenitz
  • Ludwinowo
  • Luszczanow
  • Magnuszewice
  • Michalowo bei Neustadt (Warthe)
  • Mieschkow
  • Neustadt an der Warthe, Stadt
  • Niederdorf
  • Noskow
  • Orpiszewek
  • Oschek
  • Panienka
  • Paruchowo
  • Parzenczew
  • Potarzyce
  • Prusinow
  • Prussy
  • Radlin
  • Raszewy
  • Ratenau
  • Rogusko
  • Roszkow
  • Rusko
  • Siedlemin
  • Skoraczew
  • Slawoszew
  • Stengosch
  • Strzyzewko
  • Sucha
  • Suchorzew
  • Suchorzewko
  • Szczonowo
  • Tokarow
  • Twardow
  • Wilhelmswalde
  • Wilkowya
  • Wilscha
  • Witaszyce
  • Woizichau
  • Wojciechowo
  • Wolica Kozia
  • Wolica Pusta
  • Wyszki
  • Zakrzew
  • Zalesie
  • Zerkow, Stadt
  • Zerkwitz
  • Zerniki
  • Zulkow

Vor 1908 wurden die Gemeinde Bielejewo nach Panienka und die Gemeinde Tumidaj nach Jarotschin eingemeindet. Am 21. Februar 1910 wurden die Gemeinden Czonszczew und Osiek zur Gemeinde Oschek zusammengeschlossen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden mehrere Ortsnamen eingedeutscht.

Persönlichkeiten Bearbeiten

Der Landkreis Jarotschin im besetzten Polen (1939–1945) Bearbeiten

 
Regierungsbezirke und Kreise im Reichsgau Wartheland

Geschichte Bearbeiten

Im Zweiten Weltkrieg bildeten die deutschen Besatzungsbehörden den Landkreis Jarotschin im Regierungsbezirk Posen, der die ehemaligen Kreise Jarotschin und Pleschen umfasste. Die am 26. Oktober 1939 vollzogene Annexion des Gebietes durch das Deutsche Reich war als einseitiger Akt der Gewalt völkerrechtlich aber unwirksam. Der größte Teil der jüdischen Einwohner wurde von den deutschen Besatzungsbehörden ermordet. Mit dem Einmarsch der Roten Armee im Januar 1945 endete die deutsche Besetzung.

Landkommissar Bearbeiten

1939–999900Peter Orlowski

Landräte Bearbeiten

1939–194100Peter Orlowski (komm.)
1941–194300Marius Molsen (vertretungsweise)
1943–194500Peter Orlowski

Kommunale Gliederung Bearbeiten

Während der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg erhielten nur Jarotschin 1942 und Pleschen 1943 die Stadtrechte laut Deutscher Gemeindeordnung von 1935, die übrigen Gemeinden wurden in Amtsbezirken zusammengefasst.

Ortsnamen Bearbeiten

Während der deutschen Besetzung wurden durch unveröffentlichten Erlass vom 29. Dezember 1939 zunächst die 1918 gültigen Ortsnamen übernommen, es erfolgten aber bald „wilde“ Eindeutschungen durch die lokalen Besatzungsbehörden. Am 18. Mai 1943 erhielten alle Orte mit einer Post- oder Bahnstation deutsche Namen, dabei handelte es sich meist um lautliche Angleichungen, Übersetzungen oder freie Erfindungen.

Größere Gemeinden:

polnischer Name deutscher Name (1815–1919) deutscher Name (1939–1945)
Bieździadów Biesiadowo 1939 Hochland
1939–1945 Hochfeld
Boguszyn Boguschin Bogenfelde
Chocicza Falkstätt 1939 Falkstädt
1939–1945 Falkstätt
Chrzan Chrzan Roggenfelde
Cielcza Cilcz Fürstenau
Ciswica Ciswica Schoberdorf
Dębno Dembno
1910–1919 Eichenried
Eichenried
Dobieszczyzna Langenfeld 1939–1943 Langenfeld
1943–1945 Ostlangenfeld
Golina Golina 1939–1943 Annenhof
1943–1945 Göllen
Góra Gora 1939–1943 Schloßberg
1943–1945 Schloßhöhe
Jaraczewo Jaratschewo Obragrund
Jarocin Jarotschin Jarotschin
Klęka Klenka Linderhof
Kotlin Kotlin 1939–1943 Kottlau
1943–1945 Kesseltal
Ludwinów Ludwinowo Ludwigsmühle
Łuszczanów Luszczanow Klengdorf
Mieszków Mieszkow
1875–1919 Mieschkow
1939 Halbstadt
1939–1945 Mühlenfelde
Nowe Miasto nad Wartą Neustadt a./Warthe Neustadt a./Warthe
Siedlemin Siedlemin Neu Siedel
Sławoszew Slawoszew Neu Lawau
Wilkowyja Wilkowya Wolfsdorf
Witaszyce Witaszyce
1906–1919 Witaschütz
1939–1943 Wildschütz
1943–1945 Waidschütz
Żerków Zerkow Bergstadt

Literatur Bearbeiten

  • Königlich Preußisches Statistisches Landesamt: Gemeindelexikon der Regierungsbezirke Allenstein, Danzig, Marienwerder, Posen, Bromberg und Oppeln. Auf Grund der Volkszählung vom 1. Dezember 1910 und anderer amtlicher Quellen. Berlin 1912, Heft IV: Regierungsbezirk Posen, S. 24–31, Kreis Jarotschin.
  • Michael Rademacher: Posen – Landkreis Jarotschin. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.

Weblinks Bearbeiten

  • Kreis Jarotschin Verwaltungsgeschichte und die Landräte auf der Website territorial.de (Rolf Jehke), Stand 16. August 2013.

Siehe auch Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Gemeindelexikon für das Königreich Preußen: Provinz Posen
  2. a b c Gemeindeverzeichnis Deutschland 1900 – Königreich Preußen – Provinz Posen – Regierungsbezirk Posen. In: gemeindeverzeichnis.de. Abgerufen am 19. März 2020.
  3. a b Michael Rademacher: Landkreis Jarotschin. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 11. März 2020.