Keikyū-Flughafenlinie

Eisenbahnstrecke in Japan

Die Keikyū-Flughafenlinie (jap. 京急空港線, Keikyū Kūkō-sen) ist eine Eisenbahnstrecke auf der japanischen Insel Honshū, die von der Bahngesellschaft Keikyū betrieben wird. Sie verläuft gänzlich im Bezirk Ōta der Hauptstadt Tokio und dient in erster Linie als Zubringer von der Keikyū-Hauptlinie zum Flughafen Tokio-Haneda. Von besonderer Bedeutung sind die direkten Flughafenzüge vom und zum Stadtzentrum Tokios.

Keikyū-Flughafenlinie
Bahnhof unter den Terminals 1 und 2 des Flughafens Haneda
Bahnhof unter den Terminals 1 und 2 des Flughafens Haneda
Streckenlänge:6,5 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Stromsystem:1500 V =
Höchstgeschwindigkeit:110 km/h
Zweigleisigkeit:ganze Strecke
Gesellschaft: Keikyū
Keikyū-Hauptlinie 1901–
            
0,0 Keikyū Kamata (京急蒲田) 1901–
0,9 Kōjiya (糀谷) 1902–
1,9 Ōtorii (大鳥居) 1902–
Keibajō-mae (競馬場前)
Yokohane-Autobahn
2.6 Anamori-inari (穴守稲荷) 1902–
            
            
2,9 Inaribashi (稲荷橋) 1914–1945
            
3,1 Haneda-kūkō (羽田空港) 1956–1991
            
Ebitori-kawa
            
Tōkaidō-Güterlinie
            
Tōkyō Monorail 1964–1993
            
3,3 Tenkūbashi (天空橋) Tōkyō Monorail 1993–
            
3,9 Anamori (穴守) 1913–1945
            
            
4,5 Haneda Airport Terminal 3
            
(羽田空港第3ターミナル) 2010–
            
            
Haneda Airport Terminal 1
            
6,5 Haneda Airport Terminal 1·2
            
(羽田空港第1・第2ターミナル) 1998–
            
Haneda Airport Terminal 2

Streckenbeschreibung Bearbeiten

Die 6,5 km lange und durchgehend zweigleisig ausgebaute Strecke ist mit 1500 V Gleichspannung elektrifiziert und bedient sieben Bahnhöfe (einschließlich der beiden Endstationen), wovon vier unterirdisch sind. Sie ist in der Normalspur von 1435 mm verlegt, die in Japan – abgesehen vom Shinkansen-Hochgeschwindigkeitsnetz – selten vorkommt (üblich ist die Kapspur von 1067 mm). Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 110 km/h.[1]

Westlicher Ausgangspunkt ist der Bahnhof Keikyū Kamata, wo die Flughafenlinie auf die Keikyū-Hauptlinie trifft. Dort liegen die Gleise im zweiten (Richtung Tokio) bzw. im dritten Obergeschoss (Richtung Flughafen). Züge, die von Yokohama her zum Flughafen verkehren, machen eine Spitzkehre. Vom südwestwärts ausgerichteten Endbahnhof aus biegen die Gleise in einer engen Kurve von 100 m Radius nach Südosten ab. Sie führen weiter auf einem Viadukt zum Bahnhof Kōjiya und anschließend auf einer steilen Rampe hinunter auf Bodenniveau. Der Präfekturstraße 311 folgend, wendet sich die Strecke nach Osten und erreicht kurz darauf den Tunnelbahnhof Ōtorii unter einer vielbefahrenen Straßenkreuzung. Nach Passieren des oberirdischen Bahnhofs Anamori erreicht die Strecke den fast vier Kilometer langen Flughafentunnel, der den Fluss Ebitori und die Tōkaidō-Güterlinie unterquert. Im Tunnel, der zum Teil der Trasse der Tōkyō Monorail folgt, liegen drei weitere unterirdische Bahnhöfe: Tenkūbashi, Haneda Airport Terminal 3 und Haneda Airport Terminal 1·2.

Züge Bearbeiten

Das Zugangebot auf der Keikyū-Flughafenlinie ist sehr dicht. An allen Wochentagen verkehren tagsüber zwölf Züge und in der Tagesrandlage neun Züge je Stunde. Mit Ausnahme der morgendlichen Hauptverkehrszeit, während der einige Züge in Keikyū Kamata wenden, verkehren alle weiter auf der Keikyū-Hauptlinie in Richtung Shinagawa oder Yokohama. Die überwiegende Mehrzahl der Züge nach Shinagawa werden auf die Asakusa-Linie der U-Bahn Tokio durchgebunden. Auf diese Weise können umsteigefreie Verbindungen nach Oshiage oder weiter zum Flughafen Narita und nach Shibayama-Chiyoda angeboten werden. Beispielsweise gibt es von 9 bis 19 Uhr alle 40 Minuten einen Direktzug nach Narita.[2]

Es wird zwischen drei Zuggattungen unterschieden:

  • Der Airport Limited Express (jap. Eapōto Kaitoku; エアポート快特) ist ein direkter Schnellzug ohne Halt von den beiden Flughafenbahnhöfen bis Shinagawa.
  • Der Airport Express (jap. Eapōto Kyūkō; エアポート急行) mit Halt an mehreren Zwischenbahnhöfen besitzt zwei verschiedene Laufwege: Entweder nach Shinagawa und weiter zur Asakusa-Linie oder über Yokohama und Kanazawa-hakkei nach Zushi-Hayama.
  • Nahverkehrszüge (jap. Futsū; 普通) halten auf dem Weg nach Shinagawa an allen Bahnhöfen.

Bilder Bearbeiten

Geschichte Bearbeiten

Lokale Zweigstrecke Bearbeiten

 
Bahnhof Anamori (1916)

Am 28. Juni 1902 eröffnete die Bahngesellschaft Keihin Denki Tetsudō die Anamori-Linie (穴守線, Anamori-sen) zwischen den Bahnhöfen Keikyū Kamata und Anamori-inari. Die von der Keikyū-Hauptlinie abzweigende eingleisige Strecke war normalspurig und mit 600 V Gleichspannung elektrifiziert. Sie diente anfangs hauptsächlich zur Beförderung von Pilgern zum Anamori Inari-jinja, einem bedeutenden Shintō-Schrein. Am Bahnhof Anamori-inari nutzten die Züge für Fahrtrichtungs­wechsel eine Wendeschleife.[3] Die Keihin Denki Tetsudō nahm am 1. März 1904 eine Umspurung auf die „schottische Spur“ (1372 mm) vor – gleich wie bei der Hauptlinie, da auf dieser nun Züge zum Streckennetz der Straßenbahn Tokio durchgebunden wurden.[4] 1906 stellte die Keihin Denki Tetsudō die Direktverbindungen zur Hauptlinie ein und installierte auch am Bahnhof Keikyū Kamata eine Wendeschleife. Später baute sie die Anamori-Linie aus, sodass ab 31. März 1910 ein zweites Gleis zur Verfügung stand. Am 31. Dezember 1913 eröffnete sie eine Verlängerung von 0,8 km Länge zum Bahnhof Anamori.[3]

Um die Linie rentabler zu machen, förderte die Keihin Denki Tetsudō um 1910 den Ausflugstourismus mit dem Bau von Sportanlagen. Beim Streckenende entstanden ein Baseballstadion, Tennisplätze, ein Schwimmbad, ein Vergnügungspark, eine Radrennbahn und ein Strandrestaurant.[5] Am 1. April 1923 wurde die Wendeschleife in Kamata entfernt und im September 1929 vor der Pferderennbahn Kawasaki eine temporäre Haltestelle eingerichtet. Im August 1931 nahm der Flugplatz Haneda auf einer durch Landgewinnung entstandenen Fläche seinen Betrieb auf. Sein kleiner Terminal lag am westlichen Rand des heutigen Flughafengeländes, etwa einen halben Kilometer nördlich des Bahnhofs Anamori. Am 1. April 1933 machte die Keihin Denki Tetsudō die Umspurung ihres Streckennetzes rückgängig, seither sind alle Strecken wieder normalspurig.[6] Bedingt durch die rasche Expansion zu einem Flughafen mussten die Sport- und Freizeiteinrichtungen im Jahr 1938 abgerissen werden.[7]

Am 1. Mai 1942 ging die Keihin Denki Tetsudō zusammen mit der Odakyū Dentetsu und der Tōkyū Dentetsu im Daitōkyū-Konglomerat auf, am 31. Mai 1944 auch die Keiō Dentetsu.[8] Wenige Wochen nach dem Ende des Pazifikkriegs requirierte die US Army am 27. September 1945 die Strecke. Sie ließ eines der beiden Gleise entfernen, um ein Gleis in Kapspurweite (1067 mm) zu verlegen, damit dampfbetriebene Güterzüge von und zum Flughafen verkehren konnten.[9] Die Daitōkyū-Aktionäre beschlossen am 26. November 1947 an einer außerordentlichen Versammlung, das finanziell angeschlagene Konglomerat durch Ausgründungen aufzulösen. Am 1. Juni 1948 nahm die Keihin Denki Tetsudō ihre Geschäftstätigkeit unter dem neuen Namen Keihin Kyūkō Dentetsu (abgekürzt Keikyū) wieder auf.[8] Zuvor war am 25. Dezember 1947 die Fahrdrahtspannung von 600 V auf 1500 V erhöht worden. Die Besatzungstruppen gaben die Strecke, die wieder ein zweites Normalspurgleis erhalten hatte, am 1. November 1952 an die Bahngesellschaft zurück.[10]

Ausbau zum Flughafenzubringer Bearbeiten

Seit der Requisition verkehrten die Züge lediglich zwischen Keikyū Kamata und Anamori-inari. Am 20. April 1956 reaktivierte die Keikyū einen Teil des ungenutzten Streckenabschnitts, als sie den Flughafenbahnhof Haneda-kūkō in Betrieb nahm (etwa 200 m vom heutigen Bahnhof Tenkūbashi entfernt).[11] Die restliche Strecke nach Anamori blieb weiterhin außer Betrieb, wurde aber erst am 24. Januar 1971 formell stillgelegt.[12] Am 1. November 1963 erhielt die Anamori-Linie ihre heutige Bezeichnung. Für den Zubringerverkehr zum Flughafen Tokio-Haneda blieb sie aus mehreren Gründen von untergeordneter Bedeutung: Die Zugfolge und die Kapazität waren eingeschränkt, die Keikyū bot keine direkten Verbindungen ins Zentrum Tokios an[13] und die 1964 eröffnete Tōkyō Monorail nach Hamamatsuchō war deutlich attraktiver, da ihre Stationen näher an den Terminals lagen und keinen zusätzlichen Bustransfer erforderten.[11]

Als 1984 die Bauarbeiten an der Flughafenerweiterung begannen, war absehbar, dass die Einschienenbahn allein nicht ausreichen würde, um den prognostizierten Anstieg der Fahrgastzahlen bewältigen zu können. Die Keikyū ersuchte daher bei der Regierung mit Erfolg um die Genehmigung, ihre Strecke näher an die Terminals heranführen zu dürfen. Am 16. Januar 1991 legte sie zunächst den Bahnhof Haneda-kūkō still. An dessen Stelle trat der am 1. April 1993 eröffnete Tunnelbahnhof Tenkūbashi. Zuvor waren die Bahnsteige der bestehenden Bahnhöfe verlängert worden, sodass am selben Tag auch der durchgehende Verkehr nach Shinagawa und zur Asakusa-Linie aufgenommen werden konnte.[14] Der Bahnhof Ōtorii wurde am 23. November 1997 in einen Tunnel verlegt.[15] Schließlich bedienten die Züge ab 18. November 1998 den unterirdischen Flughafenbahnhof Haneda Airport Terminal 1·2.[16] Die Keikyū führte gleichzeitig Flughafenschnellzüge ein und hob die Höchstgeschwindigkeit von 60 auf 90 km/h an[17] (am 25. Dezember 2003 auf 110 km/h).[18] Im Rahmen eines weiteren Flughafenausbaus kam am 21. Oktober 2010 der Bahnhof Haneda Airport Terminal 3 hinzu.[19]

Liste der Bahnhöfe Bearbeiten

 
Einfahrt in den Flughafentunnel bei Tenkūbashi

AE = Airport Express; AL = Airport Limited Express

Name km AE AL Anschlusslinien Lage Ort
KK11 Keikyū Kamata (京急蒲田) 0,0 ǀ Keikyū-Hauptlinie Koord. Ōta, Tokio
KK12 Kōjiya (糀谷) 0,9 ǀ ǀ Koord.
KK13 Ōtorii (大鳥居) 1,9 ǀ ǀ Koord.
KK14 Anamori-inari (穴守稲荷) 2,6 ǀ ǀ Koord.
KK15 Tenkūbashi (天空橋) 3,3 ǀ ǀ Tōkyō Monorail Koord.
KK16 Haneda Airport Terminal 3
(羽田空港第1・第2ターミナル)
4,5 Tōkyō Monorail Koord.
KK17 Haneda Airport Terminal 1·2
(羽田空港第3ターミナル)
6,5 Tōkyō Monorail Koord.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Keikyū-Flughafenlinie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Hirokazu Terada: データブック日本の私鉄. (Datenbuch der japanischen Privatbahnen). Neko Publishing, Tokio 2002, ISBN 4-87366-874-3.
  2. Werktagsfahrplan ab Haneda Airport Terminal 1·2. Keikyū, 2020, abgerufen am 3. September 2020 (englisch).
  3. a b Keikyū (Hrsg.): 京急グループ110年史 最近の10年. Yokohama 2008, S. 132.
  4. Nao Yoshimoto: 京急ダイヤ100年史. Denkisha Kenkyūkai, Chiyoda 1999, ISBN 978-4-88548-093-5, S. 12–13.
  5. 京急グループ110年史 最近の10年. S. 18–19, 23.
  6. Masashi Nakamura: 週刊私鉄全駅・全車両基地No.10 京浜急行電鉄①. Asahi Shimbun-sha, Osaka 2014, S. 29.
  7. Keisuke Imoto: 羽田空港の歴史. (PDF, 1,3 MB) Japan Science and Technology Agency, 2010, abgerufen am 3. September 2020 (japanisch).
  8. a b 小田急五十年史”. 小田急電鉄 (1980年). Shibusawa Shashi Database, abgerufen am 3. September 2020 (japanisch).
  9. 京急グループ110年史 最近の10年. S. 28.
  10. 京急グループ110年史 最近の10年. S. 35.
  11. a b 京急グループ110年史 最近の10年. S. 36.
  12. 京急グループ110年史 最近の10年. S. 138.
  13. Mitsuo Takano (Hrsg.): 京急ダイヤの歴史. 2011, S. 25.
  14. 京急グループ110年史 最近の10年. S. 142.
  15. 京急グループ110年史 最近の10年. S. 40.
  16. 京急グループ110年史 最近の10年. S. 47.
  17. Takano: 京急ダイヤの歴史. S. 52.
  18. Takano: 京急ダイヤの歴史. S. 57.
  19. 10月21日(木)京急線「羽田空港国際線ターミナル」駅開業! Keikyū, 14. Mai 2010, archiviert vom Original am 7. April 2011; abgerufen am 3. September 2020 (englisch).