Kartusche (Kunst)

ein Zierrahmen. Kartuschen können Wappen, Porträts, Gemälde oder Inschriftfelder umrahmen
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Eine Kartusche ist in der Ornamentik ein Zierrahmen. Kartuschen können Wappen, Porträts, Gemälde oder Inschriftfelder umrahmen. Verwendet wurden Kartuschen vor allem von der Renaissance an bis zum Rokoko und wieder im Historismus. Gebräuchlich waren und sind Kartuschen in weiten Bereichen der Kunst und des Kunsthandwerks einschließlich der Architektur.

Rocaille-Kartusche in einer Rokoko-Kirche (Franziskanerkirche Überlingen)

Etymologie Bearbeiten

Das Wort Kartusche wurde aus dem französischen cartouche entlehnt, und dieses wiederum aus dem italienischen cartoccio „Papprolle“. Dieses stammt letztlich aus lateinisch charta, und dieses aus griechisch χάρτης (chártēs), was so viel wie „Papyrus, Papier; Papyrusblatt; Papyrusrolle, Buch“ bedeutet.

Mit dieser Etymologie korrespondieren die vielfach einrollenden Ecken und Ränder der Kartuschen. Umrahmt eine Kartusche ein Bild, so existiert dafür der Terminus Kartuschenbild.

Kartuschen in der Architektur Bearbeiten

Insbesondere in der Architektur der Renaissance und des Barocks waren Kartuschen beliebte Formen, die oft selbst als Schmuck dienten, ohne mit einem Inhalt gefüllt zu werden. Nach Definition in der Architektur unterscheidet sie von einem Bilderrahmen, dass sie nicht mobil sind, sondern skulpturaler Bestandteil der umgebenden Architektur.

Die niederländische Kartusche mit Roll- und Knorpelwerk (Fledermausflügel, Hundeohren) kam in der französischen Klassik bei dem Stil Louis XIII zum Einsatz. Beispiel dafür Schloss Cheverny. In der französischen Form wurden diese Kartuschen gelängt, wie in Paris, St-Gervais und Fontainebleau.

Abweichende Definitionen Bearbeiten

Abweichende Definitionen der Kunstbegriffe Kartusche und Kartuschenbild von denen in der Architektur, die unter anderem nicht auf das Abgrenzungsmerkmal der Immobilität zielen, gibt es beispielsweise in der Kunst des Japanischen Farbholzschnittes[1], in der Siegelschnitzerei, als Begriff Kartusche in der Ägyptologie, im Buchdruck und üblicherweise in der Malerei (Ausnahme: Wandmalerei). Als reiner Kunstbegriff wird Kartusche überwiegend unabhängig von der Mobililätsfrage und des Materials definiert.[2]

Literatur Bearbeiten

  • Bodo Hedergott: Die Kartuschen – die Lebensgeschichte einer Form, Dissertation, Göttingen 1955.
  • Wilfried Koch: Baustilkunde – Europäische Baukunst von der Antike bis zur Gegenwart, Orbis-Verlag, München 1988, ISBN 3-572-05927-5, S. 318 (Französische Klassik Louis XIII 1610-43 Fledermausflügel, Hundeohren, vgl. Schloss Cheverny; gelängter franz. Form vgl. Paris, St-Gervais und Fontainebleau).
  • Jacques Derrida: "Kartuschen". In: ders.: Die Wahrheit in der Malerei, Wien 1992, S. 219–300.
  • Hans Körner: "Rahmen und Verschlingen. Metamorphosen der Kartusche". In: Hans Körner und Karl Mösender (Hrsg.): Rahmen – Zwischen Innen und Außen. Beiträge zur Theorie und Geschichte, Berlin 2010, ISBN 978-3-496-01421-8, S. 41–62.
  • Constanze Köster: Kartuschenbilder mit Blumenkränzen und Fruchtgirlanden: zur Entwicklung und Deutung einer Gattung des Stillebens im 17. Jahrhundert, LIT Verlag Berlin, Münster u. a. 2012, ISBN 978-3-6431-1682-6 (überarb. Ausg. ihrer Magisterarbeit Das sakrale Motiv im Stilleben, Universität Kiel 2011).
  • Karin Leonhard: Verbreiterung der Ränder: zum Kartuschenbild im 16. und 17. Jahrhundert. In: Bernhard Huss et al. (Hrsg.): Manierismus: Interdisziplinäre Studien zu einem ästhetischen Stiltyp zwischen formalem Experiment und historischer Signifikanz, Heidelberg 2014, ISBN 978-3-8253-6239-3, S. 285–306 (Germanisch-romanische Monatsschrift: Beiheft 56).
  • Joachim Möller (Hrsg.): Kartuschen – Gestalt und Botschaft eines Ornaments, Dinslaken 2018. ISBN 978-3-00-059204-1

Weblinks Bearbeiten

Commons: Kartuschen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten Bearbeiten

  1. Ekyōdai ist der japanische Fachbegriff für ein Kartuschenbild im Japanischen Farbholzschnitt
  2. siehe z. B. bei Diccionario de la Academia española, edición abreviada, por D. Vicente González Arnao, París, en la Librería de Parmentier, 1826