Karl Wüst

Oberbürgermeister der Stadt Heilbronn

Karl Wüst (* 28. Dezember 1840 in Heilbronn; † 28. Januar 1884 ebenda) war von 1869 bis 1884 Oberbürgermeister der Stadt Heilbronn.

Fotografie von Karl Wüst

Wüst wurde als Sohn des aus Bonfeld stammenden Martin Wüst geboren, der von Beruf Gütertransporteur war. Wüst besuchte das Heilbronner Karlsgymnasium und begann danach eine Lehre bei Amtsnotar Mayer. 1862 war er stellvertretender Ratsschreiber in Stuttgart.

Ab 1863 studierte er Verwaltungswissenschaft an der Universität Tübingen, wo er Mitglied der Studentenverbindung Landsmannschaft Schottland wurde und bis 1867 die erste und zweite Dienstprüfung absolvierte.[1]

Er war dann nacheinander beim Oberamt Esslingen, beim württembergischen Innenministerium, beim Oberamt Künzelsau und bei der Staatsdirektion in Stuttgart sowie längere Zeit bei der Zentralstelle für Handel und Gewerbe beschäftigt.

1869 war er Oberamtsaktuar beim Stadtschultheißenamt Stuttgart, als ihn nach der Absage des im Januar 1869 zum Heilbronner Stadtvorstand gewählten Josef Raur ein Ruf nach Heilbronn erreichte, wo er sich um das Amt des Stadtvorstands bewarb und am 3. Mai 1869 zum Stadtschultheißen gewählt wurde. Wüst hatte von den Eltern her das Bürgerrecht in Großgartach, erwarb aber kurz nach seiner Wahl das Bürgerrecht in Heilbronn. Er trat das Amt am 15. Juni 1869 an und leitete die Geschicke der Stadt in einer wirtschaftlich äußerst prosperierenden Periode nach Gründung des Deutschen Reichs. Unter Wüst entstand 1873 der Generalbauplan für die Stadt von Reinhard Baumeister, für dessen Umsetzung die Stadt 500.000 Taler – zurückzuzahlen binnen 35 Jahren – beim Reichsinvalidenfonds zum Bau des Wasserwerks, des Schlachthauses, der Kanalisation, des Gymnasiums und für weitere Bauvorhaben aufnahm. 1874 wurde der neue Bahnhof eingeweiht. Im selben Jahr wurde Stadtschultheiß Wüst vom württembergischen König der Titel Oberbürgermeister verliehen. Im Januar 1876 nahm Wüst die erste bürgerliche Trauung in Heilbronn vor, im Februar desselben Jahres zählte er zu den Gründern des Historischen Vereins Heilbronn, der sich künftig um die Erforschung der Heimatgeschichte verdient machte.

Bei der Wahl zum württembergischen Landtag 1876 siegte Wüst im Wahlkreis Heilbronn Stadt gegen Georg Härle. 1882 wurde er ohne Gegenkandidaten wiedergewählt.

1878 nahm die Kettenschleppschifffahrt auf dem Neckar den Betrieb auf, für die sich Wüst bereits 1875 beim württembergischen König eingesetzt hatte.

Karl Wüst erkrankte im Spätjahr 1883 an einem Tumor in der Brusthöhle, woran er im Alter von 43 Jahren im Januar 1884 verstarb. Bis zur Wahl eines Nachfolgers wurde der Ratschreiber Louis Heyd Amtsverweser. Zu Wüsts Hinterlassenschaften gehörte, dass „die Rathaus-Beamtenschaft eine Freiheit des Handelns erlangt hatte, welche vielfach in der Bürgerschaft nicht gefiel“.[2] Die Wahl eines Nachfolgers zum Heilbronner Oberbürgermeister gewann Paul Hegelmaier, der sich den Ruf „Weg mit der Vetterleswirtschaft!“ zur Wahlparole gemacht hatte.

Karl Wüst war seit 7. September 1869 verheiratet mit Marie Elise Wild, der Tochter eines Heilbronner Arztes. Der Ehe entsprangen vier Töchter, von denen nur zwei den Vater überlebten.

Nach Karl Wüst sind heute noch im Heilbronner Norden (Industriegebiet) die Karl-Wüst-Straße und die 1969 eröffnete Karl-Wüst-Brücke über die Bahnstrecke Stuttgart–Würzburg benannt. Im 1882 während seiner Amtszeit eröffneten Heilbronner Hauptfriedhof ist sein prachtvolles Grabmal mit einer Bronzebüste erhalten.

Bilder Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Wilhelm Steinhilber: Die Heilbronner Stadtvorstände seit 1803 (V): Oberbürgermeister Karl Wüst. In: Schwaben und Franken. Heimatgeschichtliche Beilage der Heilbronner Stimme. 6. Jahrgang, Nr. 3. Verlag Heilbronner Stimme, 26. März 1960, ZDB-ID 128017-X.
  • Frank Raberg: Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815–1933. Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Kohlhammer, Stuttgart 2001, ISBN 3-17-016604-2, S. 1053.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Heinrich Münzenmaier (Hrsg.): Geschichte der Landsmannschaft Schottland zu Tübingen 1849 bis 1924. Stuttgart 1924.
  2. Zitat aus dem Hegelmaier-Bericht von Innenminister Schmid an den württembergischen König 1892