Sinter
Sinter (von althochdeutsch sintar ‚Schlacke‘; in der Geomorphologie auch Dauch) ist die Substanz bzw. das Gestein, das durch eine allmähliche mineralische Ablagerung entsteht („Versinterung“), insbesondere eine Kalkablagerung.
EntstehungBearbeiten
Sinter bildet sich durch Abscheiden (Kristallisation) von in Wasser gelösten Mineralen, also in Gewässern, Wasserleitungen und -behältern oder in feuchtem Milieu. Er bildet krustenförmige Überzüge
- im Gelände – an Hängen, Geländestufen oder Terrassen (Sinterterrasse)
- und entsteht in vielfältigster Form in Höhlen, Bergwerken und feuchten Stollen als Speläothem (Höhlensinter), von Sinterhäutchen bis hin zu mächtigen Bänken.
Chemisch handelt es sich unspezifisch um Alkali- und/oder Erdalkalimetall-Salze von diversen anorganischen, aber auch organischen Säuren mitsamt verschiedenen Beimischungen. Petrologisch gehört Sinter zu den Sedimentiten. In der Biologie spricht man bei Sinter von Inkrustation.
Formen des MaterialsBearbeiten
- Mineralische Ablagerungen in der Natur von relativ reiner Zusammensetzung:
- Kalksinter, die vorwiegend aus Calciumcarbonat bestehen (etwa Travertin/Kalktuff)
- Kieselsinter aus kryptokristallinen Siliciumdioxid oder Opal, das sich an heißen Quellen (z. B. Geysiren) absetzen kann und mitunter Geysirit genannt wird[1]
- Schwefelsinter, hauptsächlich diversen Sulfiden und Sulfaten, häufig die Folge vulkanischer Vorgänge
- Mineralausprägungen wie Quarz-Adern in anderen Gesteinen, Achat, Drusen (Geoden)
- Salzgesteine (Evaporite), insbesondere Steinsalz (Halit) sind streng genommen auch Sinter, doch ist die Bezeichnung hier nicht gebräuchlich.
- die Konkretion, ein durch Fällung entstandener Stein, etwa Raseneisenstein oder Höhlenperlen (auch Warzensinter genannt)
- die Krusten, die sich auf steinernen, tönernen, metallischen und anderen archäologischen Artefakten bilden, die längere Zeit im Erdreich oder im Meer liegen
- Sinter im eigentlichen Sinne werden in der Technik genannt:
- die Ablagerungen in Töpfen, Rohren oder Heißwasserboilern (Kesselstein)
- Urinstein
- Weinstein
- als Sinter wird auch ein Eisenoxidgemisch bezeichnet, das in der Stahlindustrie beim Kontakt von heißen Stahloberflächen mit Spritzwasser entsteht.
- Sinter, Sinterhaut oder Kalksinterhaut bezeichnet auch die durch Verdunstung entstandene, wenige Mikrometer dicke feinkristalline Schicht, die sich auf trocknendem Putz oder anorganisch gebundenen Farben bildet, siehe auch Fresko.
Unterirdische Kalksinterbildung in feuchtem Stollen; ähnlich in alten Mauern und rissigem Beton
Sinterablagerungen an einem römischen Aquädukt
Kalksinterterrasse in Unterdrackenstein (Schwäbische Alb)
Kalksinterstufen der Lillach bei Weißenohe (Fränkische Schweiz)
Besondere natürliche VorkommenBearbeiten
- Tropfsteine und andere Speläothem-Formen
- poröser Travertin, Kalktuff (etwa an den Plitvicer Seen)
- Steinerne Rinnen und andere relativ kompakte, feingeschichtete Formen (Wachsender Felsen an der Isar)
- Sinterstufen (Sinterterrassen) als Gewässerform (Plitvicer Seen, Pamukkale, Saturnia, Mammoth Hot Springs u.v. a.m.)
- Das Vorkommen des Böttinger Marmors im Geopark Schwäbische Alb
- Der Aquäduktenmarmor, als Sinterprodukt einer römischen Wasserleitung in der Eifel
- Sprudelstein-Vorkommen von Karlsbad[2][3]
- künstliche Riffe
Wirtschaftliche NutzungBearbeiten
Seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wird die Sinterbildung vom Unternehmen Fontaines pétrifiantes de Saint-Nectaire im französischen Ort Saint-Nectaire für die Herstellung von Objekten genutzt.[4] Produziert werden beispielsweise Reliefs.
Siehe auchBearbeiten
- Carbonat-Silicat-Zyklus, zum Chemismus der Sinterbildung
WeblinksBearbeiten
EinzelnachweiseBearbeiten
- ↑ Radim Kettner: Allgemeine Geologie. Band 2: Zusammensetzung der Erdkruste, Entstehung der Gesteine und Lagerstätten. Berlin 1959, S. 98.
- ↑ Johannes Baier: Karlsbad – Stadt der Thermen und Sinter. Fossilien 30, 24–28, 2013.
- ↑ Johannes Baier: Goethe und die Thermalquellen von Karlovy Vary (Karlsbad, Tschechische Republik). - Jber. Mitt. oberrhein. geol. Ver., N. F. 94, 87–103, 2012.
- ↑ Philippe Gloaguen, et al.: Le Routard – Le guide de la visite d'entreprise. Nr. 79/0425/0. Hachette Livre, Vanves 2016, ISBN 978-2-01-323703-1, S. 236 f.