Das zweite Kabinett Broglie war eine Regierung der Dritten Französischen Republik. Es wurde am 26. November 1873 von Premierminister Albert de Broglie gebildet und löste das Kabinett Broglie I ab. Es blieb bis zum 22. Mai 1874 im Amt und wurde daraufhin vom Kabinett Courtot de Cissey abgelöst. Broglie war formell Vice-Président du Conseil, während Staatspräsident Patrice de Mac-Mahon Président du Conseil war.

Albert de Broglie war zwischen 1873 und 1874 sowie 1877 Premierminister Frankreichs

Im Kabinett waren nur royalistische Gruppen vertreten: Orléanisten (Orl), Legitimisten (Leg) und Bonapartisten (Bon).

Kabinett Bearbeiten

Dem Kabinett gehörten folgende Minister an:

Amt Name Gruppe Beginn der Amtszeit Ende der Amtszeit
Premierminister Albert de Broglie Orl 26. November 1873 22. Mai 1874
Außenminister Louis Decazes Orl 26. November 1873 22. Mai 1874
Kriegsminister François Charles du Barail[1] Bon 26. November 1873 22. Mai 1874
Minister für öffentlichen Unterricht, schöne Künste und Religion Oscar Bardi de Fourtou Bon 26. November 1873 22. Mai 1874
Innenminister Albert de Broglie Orl 26. November 1873 22. Mai 1874
Siegelbewahrer und Justizminister Octave Depeyre Leg 26. November 1873 22. Mai 1874
Minister für Marine und Kolonien Charles de Dompierre d’Hornoy[2] Leg 26. November 1873 22. Mai 1874
Finanzminister Pierre Magne Bon 26. November 1873 22. Mai 1874
Minister für öffentliche Arbeiten Charles-Paulin-Roger Saubert de Larcy Leg 26. November 1873 22. Mai 1874
Minister für Landwirtschaft und Handel Alfred Deseilligny[3] Orl 26. November 1873 22. Mai 1874

Dem Kabinett gehörten folgende Sous-secrétaires d’État an:

Amt Name Gruppe Beginn der Amtszeit Ende der Amtszeit
Innenministerium Louis-Numa Baragnon[4] Leg 26. November 1873 16. Mai 1874
Finanzministerium Léon Lefébure[5] Orl 27. November 1873 16. Mai 1874
Justizministerium Ambroise Vente[6] Orl 27. November 1873 16. Mai 1874
Bildungsministerium Albert Desjardins[7] Orl 27. November 1873 16. Mai 1874

Historische Einordnung Bearbeiten

Die Regierung setzte die Politik der Moralischen Ordnung (l’ordre moral) fort, die von der ersten Regierung Albert de Broglies begonnen worden war.[8] Sie ließ ein Bürgermeistergesetz verabschieden, um den kommunalen Republikanismus zu bekämpfen. Das Gesetz vom 20. Januar 1874 erklärte: „Bis zur Abstimmung über das kommunale Organisationsgesetz werden die Bürgermeister und Beigeordneten in den Hauptstädten der Departements, Arrondissements und Kantone vom Präsidenten der Republik ernannt; in den übrigen Gemeinden vom Präfekten.“[9] Diese Maßnahme wurde auf dem Land schlecht aufgenommen.

Darüber hinaus ließ Finanzminister Magne eine Erhöhung der direkten Steuern beschließen.[10] Das Gesetz vom 19. Mai verbot die Beschäftigung von Kindern unter zwölf Jahren (Artikel 2). Ältere Kinder durften nicht länger als zwölf Stunden in der Werkstatt anwesend sein (Artikel 3); Nachtarbeit wurde für minderjährige Mädchen und für Jungen unter 16 Jahren verboten (Artikel 4).[11]

Der zweite Vertrag von Saigon wurde am 15. März 1874 von Tự Đức, dem Kaiser von Vietnam, und Frankreich, vertreten von Paul-Louis-Félix Philastre, abgeschlossen. Vietnam erkannte darin die französische Souveränität über die westlichen Provinzen des französischen Cochinchina an, die seit 1867 von Admiral de La Grandière besetzt waren und öffnete sich dem französischen Handel.[12]

Unnachgiebige Monarchisten hielten Broglie und die Orleanisten für das Scheitern der Restauration verantwortlich. Die Regierung hatte mehrere legitimistische Zeitungen verboten, da sie die Machthaber kritisierten. Daher verbündeten sich die Legitimisten mit den Republikanern und Bonapartisten und lehnten den Gesetzentwurf über die Einrichtung einer zweiten Kammer mit 388 zu 317 Stimmen ab.[13]

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Angaben zu François Charles du Barail in der Datenbank der Bibliothèque nationale de France.
  2. Charles, Albert de Dompierre d'Hornoy. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 25. Juli 2023 (französisch).
  3. Alfred, Nicolas Deseilligny. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 25. Juli 2023 (französisch).
  4. Pierre, Joseph, Louis, Numa Baragnon. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 9. September 2023 (französisch).
  5. Léon, Albert Lefébure. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 9. September 2023 (französisch).
  6. Ambroise Vente. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 9. September 2023 (französisch).
  7. Albert, Michel Desjardins. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 9. September 2023 (französisch).
  8. Biographie Broglies von Robert und Cougny. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 1. Juni 2023 (französisch).
  9. Loi du 20 janvier 1874 sur les maires et les attributions de police municipale. In: Association 1851. Abgerufen am 1. Juni 2023 (französisch).
  10. Pierre MAGNE. In: economie.gouv.fr. Abgerufen am 1. Juni 2023 (französisch).
  11. Loi du 19 mai 1874 sur le travail des enfants et des filles mineures employés dans l’industrie (Bulletin de l’Assemblée nationale, XII, B. CCIV, n°3094). (PDF) In: travail-emploi.gouv.fr. Abgerufen am 1. Juni 2023 (französisch).
  12. Xavier Guillaume: La Terre du Dragon, vol. 1. Éditions Publibook, 2004, ISBN 2-7483-2450-1, S. 11 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  13. Jean-Marie Mayeur: Nouvelle histoire de la France contemporaine, t. 10: Les Débuts de la Troisième République, 1871-1898. Éditions du Seuil, coll. «Points. Histoire» (no 110), Paris 1973, ISBN 2-02-000670-7, S. 31 (persee.fr).