KZ-Außenlager Leonberg

Außenlager des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof, in Leonberg, Baden-Württemberg

Das KZ-Außenlager Leonberg war ab April 1944 eines der Außenlager des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof in Leonberg. Die KZ-Häftlinge mussten Zwangsarbeit verrichten, viele im „Presswerk Leonberg“ für die Messerschmitt AG.[1]

Ehemalige Produktionsstätte der „Presswerke Leonberg“ im östlichen Alten Engelbergtunnel (Foto 2007)
KZ-Außenlager Leonberg (Baden-Württemberg)
KZ-Außenlager
Leonberg
(Baden-Württemberg)
KZ-Außenlager
Leonberg
Lokalisierung von Baden-Württemberg in Deutschland
Lage des KZ-Außenlagers Leonberg in Baden-Württemberg.

Errichtung und Betrieb Bearbeiten

Nach zunehmenden alliierten Luftangriffen wurden Ende 1943 die Enden des Engelbergtunnels verschlossen, die „Presswerke“ hierher verlagert, die Flugzeugteile herstellten. Ende Frühling 1944 begann die Produktion.[1]

Wenige hundert Meter vom Tunneleingang entfernt wurde dazu dieses KZ-Außenlager errichtet. Es bestand aus fünf Holzbaracken auf Betonfundamenten, eines davon diente als „Revier“. Die anderen waren in je vier Sektionen unterteilt, wo die Gefangenen interniert waren. Umgeben war das Lager mit einem elektrischen Stacheldrahtzaun und vier bis sechs Wachtürmen.[1]

Die ersten 398 Gefangenen trafen wohl am 10. April 1944 aus den KZ-Außenlagern Haunstetten und Gablingen des Konzentrationslagers Dachau ein. Weitere folgten, so stieg die Zahl bald auf 3000, vor allem aus dem KZ Dachau und dessen Außenlager Augsburg-Pfersee, das auch als KZ-Hauptaußenlager der Messerschmitt AG diente. Insgesamt durchliefen mindestens 3329 KZ-Häftlinge dieses Außenlager. Sie stammten vor allem aus Polen, Ungarn, Frankreich, Russland und Jugoslawien. Ab November 1944 trafen auch jüdische Häftlinge ein, mindestens 659.[1]

Mit Beginn dieser dichten Lagerbelegung verschlechterten sich Ende 1944 die hygienischen Verhältnisse, Typhus breitete sich aus. Über die gesamte Betriebszeit wurden allein vor Ort mindestens 291 Tote registriert, mindestens 374 begraben.[1]

Die meisten Gefangenen produzierten im Engelbergtunnel Flugzeugteile, vor allem Tragflächen für die Messerschmitt Me 262. Sie arbeiteten jeweils zwölf Stunden im Zweischichtverfahren, sie wechselten morgens und abends um sechs Uhr.[1] Nach Luftangriffen auf die Stadt[1] musste ein Teil der KZ-Häftlinge Bomben freigraben und Blindgänger entschärfen,[2] ähnlich wie bei den Bombensuchkommandos des KZ Dachau.

Räumung des Lagers Bearbeiten

Mit Anmarsch der US-Armee wurde das Außenlager Mitte April 1945 geräumt. Die KZ-Häftlinge mussten nach Stuttgart marschieren, dort wurden jeweils 100 in Frachtwaggons der Bahn verladen, mindestens 1989 verblieben im KZ-Außenlagerkomplex Kaufering, dabei verstarben viele beim Transport. Mindestens weitere 724 wurden in den KZ-Außenlagerkomplex Mühldorf gefahren – ebenfalls dem KZ Dachau zugehörig.[1] Die Baracken des KZ-Außenlagers Leonberg wurden vor Ankunft der US-Armee niedergebrannt.[1]

Nachnutzung Bearbeiten

Auf den Grundmauern des KZ-Außenlagers in der Seestraße 70 wurde ein Altersheim errichtet.[2]

Erinnerung und Gedenken Bearbeiten

Gedenkstätte Bearbeiten

 
KZ-Gedenkstätte Leonberg (Foto 2005)

Am Tunneleingang der ehemaligen Produktionsstätte entstand 2005 eine Gedenkstätte. Etwa 3000 Namen sind in dort aufgestellte, mit Rost veredelte Eisentafeln hineingeschnitten (Foto). Die erste trägt in mehreren Sprachen die Inschrift:

Sie waren nur noch Nummern:
Ueber 3000 Maenner aus 24 Laendern Europas,
von den Nazis verschleppt,
im KZ Leonberg der Willkuer der SS ausgeliefert,
1944/45 von der Firma Messerschmitt zur Arbeit an den
Tragflaechen des Duesenjaegers Me 262 gezwungen,
zwoelf Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.
398 KZ-Haeftlinge starben in Leonberg,
mehr noch in Sterbelagern und auf dem Todesmarsch.

Ehemaliges Massengrab Blosenberg Bearbeiten

An der heutigen Blosenbergstraße erinnern zwei Bodenplatten neben einem Kreuz in französischer und deutscher Sprache an die ehemals hier im Massengrab begrabenen, 1953 auf den städtischen Friedhof umgebetteten Todesopfer:[2]

Ach, daß ich Wasser genug hätte in
meinem Haupte und meine Augen Tränen-
quellen wären, daß ich Tag und Nacht
beweinen möchte die Erschlagenen in
meinem Volk. Jeremia 8,23

In memoriam.
Hier ruhten die Gebeine
von 373 Opfern des SS-Arbeitslagers
Leonberg. Sie wurden inzwischen auf
dem städtischen Friedhof beigesetzt.

Städtischer Friedhof Leonberg Bearbeiten

Im städtischen Friedhof Leonberg an der Seestraße befindet sich ein Mahnmal mit einem Relief. Eine Steintafel trägt die Inschrift: [2]

389 Söhne vieler Völker Europas
ruhen hier, Opfer der Gewaltherrschaft
dunkler Zeit. Ihr Tod
mahnt uns alle, das
Rechte zu tun, dem
Unrecht zu wehren und Gott
in seinen Geschöpfen zu ehren.

Literatur Bearbeiten

Enzyklopädien

Weblinks Bearbeiten

Commons: KZ-Gedenkstätte Leonberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e f g h i Jean-Marc Dreyfus: Early Camps, Youth Camps, and Concentration Camps and Subcamps under the SS-Business Administration Main Office (WVHA). Enzyklopädie. In: United States Holocaust Memorial Museum (Hrsg.): Encyclopedia of Camps and Ghettos, 1933–1945. I B. Indiana University Press, Bloomington, USA 2009, ISBN 978-0-253-35328-3, Leonberg, S. 1042 f. (englisch, Encyclopedia Vol-I, Part B).
  2. a b c d Ulrike Puvogel, Martin Stankowski: Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus – Eine Dokumentation – Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein. Hrsg.: Bundeszentrale für politische Bildung. Band 1. Edition Hentrich Berlin, Bonn 1995, ISBN 3-89331-208-0, Landshut, S. 55 f.

Koordinaten: 48° 47′ 51,4″ N, 9° 1′ 22″ O