Julia Pastrana

Mexikanerin, die als „Affenfrau“ oder „hässlichste Frau der Welt“ bezeichnet wurde

Julia Pastrana (* 1834 in Sinaloa, Mexiko[1]; † 25. März 1860 in Moskau[2]) war eine Darstellerin, die in einer Freakshow (später allgemeiner Sideshow genannt) auftrat und als „Affenfrau“ bekannt wurde.

Julia Pastrana, Lithographie von V. Katzler um 1860
Julia Pastrana

Leben Bearbeiten

Die genaue Herkunft Julia Pastranas kann wohl nicht mehr aufgeklärt werden, manchen Berichten zufolge wurde das an Hypertrichose leidende Kind zusammen mit seiner Mutter in einer Höhle gefunden, der Mutter abgekauft und für Showzwecke ausgebildet. In späteren Jahren konnte Julia Pastrana singen, tanzen und sich in drei Sprachen schriftlich und mündlich verständigen.

Julia Pastrana, die nur eine Körpergröße von etwa 1,38 m erreichte, wies neben ihrer starken Körperbehaarung noch weitere Besonderheiten auf. Sie hatte ungewöhnlich große Ohren, eine große Nase, stark vorgewölbte Kiefer und angeblich doppelte Zahnreihen. Ihr Impresario Theodore Lent kam darauf, sie dem Publikum auf drei Kontinenten als „Affenfrau“ zu präsentieren.

Ob Theodore Lent Julia Pastrana heiratete, ist ungewiss. Sie gebar am 20. März 1860 auf einer Tournee in Moskau ein ebenfalls von Hypertrichose betroffenes Kind, das bald nach der Geburt starb. Julia Pastrana überlebte die Geburt ebenfalls nur um wenige Tage.

Schicksal des Leichnams Bearbeiten

Lent überließ die beiden Leichen zunächst Professor Iwan Sokolow von der Moskauer Universität, der sie einbalsamierte. Nachdem er sich vom Erfolg dieser Prozedur hatte überzeugen können, kaufte Lent die Präparate zurück und ging weiter seinem Gewerbe nach – Julia Pastranas Leichnam wurde in einem der Kostüme, in denen sie gewöhnlich aufgetreten war, präsentiert, das Kind neben ihr auf einem Gestell wie ein Papagei.

Lent fand um 1863 bei Karlsbad eine weitere an Hypertrichose leidende Frau namens Maria Bartels, die Ähnlichkeit mit Julia Pastrana hatte. Er heiratete sie und bezog sie ebenfalls in seine Show ein, wobei er vorgab, es handele sich um Zenora Pastrana, die Schwester der Toten.[3] 1871 bis zur Pleite 1877 betrieb Lent einen schwimmenden Zirkus auf dem Rhein, in dessen Vorstellungen sie einbezogen war und auf dem Zirkusschiff besichtigt werden konnte.[4] Den groß aufgemachten Zirkus in Form eines reich ausgestatteten Mississippi-Dampfers finanzierte er u. a. aus Ausstellungs-Einnahmen der Mumie von Julia Pastrana, die ab 1871 im Wiener Prater leihweise gezeigt und 1873 dem dortigen Schausteller Hermann Präuscher überlassen wurde.[5] Zuvor war Lent in Deutschland selbst mit ihr aufgetreten.

Theodore Lent soll später dem Wahnsinn verfallen und in einer russischen Anstalt untergekommen sein, die zweite Frau, alias Zenora Pastrana, überlebte und beerbte ihn.

Die präparierten Leichen Julia Pastranas und ihres Kindes wurden 1921 von Haakon Lund erworben, der sie bis 1943 in seiner zirkusähnlichen Wanderschau vorführte. 1943 wurden sie von der deutschen Besatzung beschlagnahmt, nach dem Krieg aber erneut zu Schau gestellt. 1970 griff die norwegische Regierung ein, untersagte die öffentliche Präsentation und konfiszierte die Leichen. Nachdem sie 1979 in die Hände eines Diebes gefallen waren, befanden sie sich lange Jahre in Oslo und wurden dort für Forschungs- und Ausbildungszwecke benutzt.

Anfang 2013 wurden ihre mumifizierten Überreste in ihre Heimat Mexiko überführt, um dort würdevoll bestattet zu werden.

Eine geplante Verfilmung des Lebens Julia Pastranas mit Richard Gere in der männlichen Hauptrolle wurde nicht realisiert.[6]

Ähnliche Fälle wie zum Beispiel Tognina Gonsalvus sind seit dem 17. Jahrhundert in Europa publiziert worden.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Lerma Garay, Antonio. Érase Una Vez en Mazatlán. Culiacán 2010
  2. Laura Anderson Barbata: Julia Pastranas lange Pilgerreise nach Hause. In: Werner Michael Schwarz, Susanne Winkler (Hrsg.): Der Wiener Prater. Labor der Moderne. Politik – Vergnügen – Technik. Birkhäuser, Basel 2024, ISBN 978-3-0356-2855-5, S. 308–315, hier: S. 313.
  3. Birgit Peter, Robert Kaldy-Karo: Artistenleben auf vergessenen Wegen: eine Spurensuche in Wien. LIT Verlag, Münster 2013, ISBN 3-643-50499-3, S. 105–124; (Digitalscan)
  4. Mainzer Abendblatt, Nr. 174, vom 27. Juli 1871; (Digitalscan)
  5. Spaete Ruhe für Julia Pastrana. Artikel vom 28. April 2016, in der Wiener Zeitung.
  6. Daniel Saal: Richard Gere geht zum Zirkus. spielfilm.de, 25. Februar 2000.

Literatur Bearbeiten

  • Christopher Hals Gylseth, Lars O. Toverud: Julia Pastrana. The Tragic Story of the Victorian Ape Woman. Sutton, Stroud 2003, ISBN 0-7509-3312-7.
  • Margrit Schriber: Die hässlichste Frau der Welt. Roman. Nagel & Kimche, Zürich 2009, ISBN 978-3-312-00446-1.
  • Laura Anderson Barbata, Donna WingateTitel (Hrsg.): The eye of the beholder. Julia Pastrana's long journey home. Lucia / Marquand, Seattle 2017, ISBN 978-0-692-76218-9.
  • Katharina Steins / Andrea Rudolph: Die zwei Pastranas. Bühnenkünstlerinnen und Anschauungsobjekte. In: Christina Ludwig u. a. (Hrsg.): Menschen anschauen. Selbst- und Fremdinszenierungen in Dresdner Menschenausstellungen. Sandstein, Dresden 2023, ISBN 978-3-95498-741-2, S. 154–161.
  • Laura Anderson Barbata: Julia Pastranas lange Pilgerreise nach Hause. In: Werner Michael Schwarz, Susanne Winkler (Hrsg.): Der Wiener Prater. Labor der Moderne. Politik – Vergnügen – Technik. Birkhäuser, Basel 2024, ISBN 978-3-0356-2855-5, S. 308–315.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Julia Pastrana – Sammlung von Bildern