Journaille

abwertend für Journalisten

Der Ausdruck Journaille ist im deutschen Sprachraum eine abwertende Bezeichnung für Journalisten. Es handelt sich um eine Wortneubildung vom Anfang des 20. Jahrhunderts in Anlehnung an das französische Wort Kanaille und bedeutet so viel wie „Presse-Gesindel“ oder „Presse-Pack“. Das Wort benennt in unscharfer Abgrenzung Journalisten in ihrer Gesamtheit oder als einzelne, die herabwürdigende und skandalisierende Un- oder Halbwahrheiten verbreiten, insbesondere in Boulevardmedien. Dabei werden sie als verantwortungslos, sensationshungrig oder unlauter agierend gedeutet. Im Einzelfall werden ihnen auch demagogische bzw. politische Motive zugeschrieben.

Bekannt gemacht wurde der Ausdruck von Karl Kraus. In Die Fackel schrieb er 1902 in einem Artikel mit der Überschrift Die Journaille über „die Verwüstung des Staates durch die Pressmaffia“, weshalb er diese Bezeichnung „hiemit dem Sprachgebrauch überliefere“.[1] Er ergänzte, ein „geistvoller Mann“ habe ihm diese „für meine Zwecke werthvolle Bezeichnung empfohlen“; dieser Mann war Alfred von Berger, wie Kraus in einem weiteren Fackel-Artikel 1910 ausführte.[2] Das Wort wurde auch von führenden Repräsentanten des NS-Regimes gegen die Presse der Weimarer Republik („Systempresse“) verwandt,[3] findet sich aber (anders als andere Begriffe aus der Sprache des Nationalsozialismus) bis heute im politischen Diskurs der Bundesrepublik.[4] Weniger vorbelastet hat sich das Wort nach dem Zweiten Weltkrieg auch im politischen Sprachgebrauch der Niederlande etabliert.[5]

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Wiktionary: Journaille – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Karl Kraus: Die Journaille. In: Die Fackel 3 (1902), Nr. 99, S. 1–9, hier S. 1 (auch für das Zitat im folgenden Satz).
  2. Karl Kraus: Der Freiherr. In: Die Fackel 12 (1910), Nr. 311, S. 1–13, hier S. 13 (online bei textlog.de). Wiederabgedruckt in: Literatur und Lüge, Suhrkamp, Frankfurt / M. 1987, S. 149–160. Diese Auflösung wird bestätigt bei Adolf Josef Storfer: Kanaille. In: ders.: Wörter und ihre Schicksale. Atlantis, Berlin / Zürich 1935, S. 204 f., hier S. 205.
  3. Cornelia Schmitz-Berning: Journaille. In: dies.: Vokabular des Nationalsozialismus, S. 326 f.
  4. So schreibt Volker Zastrow die Etablierung des Wortes 2013 fälschlich Helmut Schmidt zu; Volker Zastrow: Peer Steinbrück. Tränen lügen nicht. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung (Onlineausgabe), 23. Juni 2013.
  5. Journaille. In: Allgemeen Nederlands Woordenboek, hrsg. von Carole Tiberus; Marc De Coster: Het Journaille. (Memento des Originals vom 29. Oktober 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.fryske-akademy.nl (PDF; 46 kB) In: Fryske-Akademy.nl (auf seinem Weblog auch am 14. November 2005 veröffentlicht; zu diesem Literaturwissenschaftler die VIAF-Normdaten).