Johann Gottlieb Tamitius

deutscher Orgelbauer

Johann Gottlieb Tamitius ( * 9. Februar 1691 in Dresden; † 24. oder 26. März 1769 in Zittau) war ein deutscher Orgel- und Klavierbauer in Zittau. Er gilt als der bedeutendste Orgelbauer der Oberlausitz im 18. Jahrhundert.

Orgelprospekt in der Bergkirche Oybin von 1719/1754

Leben Bearbeiten

Johann Gottlieb Tamitius wurde als Sohn des kurfürstlich-sächsischen Hoforgelmachers Andreas Tamitius (1633–1700) in Dresden geboren. Sein Handwerk erlernte er bei Johann Georg Finke in Saalfeld. 1716 wirkte er kurzzeitig in Strahwalde.

1717 eröffnete Tamitius eine Orgelbauwerkstatt in Zittau. Er hatte später auch eine Filiale in Grottau in Böhmen. 1741 hatte er wahrscheinlich Kontakt zu Gottfried Silbermann bei dessen Neubau einer Orgel in Zittau, deren Wartung er danach übernahm.[1]

Mitarbeiter Bearbeiten

Schüler und Mitarbeiter von Johann Gottlieb Tamitius waren unter anderen

Nachfolger seiner Werkstatt wurde der Schwiegersohn Leonhard Balthasar Schmahl und nicht der Sohn Johann Gottlob Tamitius, der dort aber mitarbeitete.

Ehe und Familie Bearbeiten

Johann Gottlieb Tamitius war mit Christiana Eleonore Cadner seit 23. November 1728 in Zittau verheiratet. Diese war die Tochter des Pfarrers von Strahwalde, wo Tamitius 1716 kurzzeitig gelebt hatte. Bekannt ist ein Sohn Johann Gottlob Tamitius (1738–1819), der in der väterlichen Werkstatt mitarbeitete.[4]

Werke Bearbeiten

Orgelneubauten Bearbeiten

 
Orgelprospekt in Bertsdorf von 1751

Johann Gottfried Tamitius schuf über 40 Orgeln in der Oberlausitz, in der Niederlausitz, in Böhmen, in Schlesien. Erhalten sind die Orgeln in Waltersdorf und Bezděz, in Teilen in Česká Kamenice, Skalice und Miedziana (Kupferberg), sowie die Prospekte in Oybin, Neuzelle und Bertsdorf.

  • 1727/28 Türchau (Turoszów), Schlesien, der Ort wurde später abgetragen (wegen Braunkohlentagebau); möglicherweise wurde die Orgel nach Reichenau (Bogatynia) umgesetzt (?)
  • Kupferberg (Miedziana), östlich von Görlitz, Aller Heiligen Kirche, heute St. Peter und Paul, 17 Register, in Teilen erhalten[9]
  • 1731 Fünfeichen bei Frankfurt (Oder); ersetzt 1880 durch Neubau von Johann Friedrich II. Gast .[10]
  • 1733 Jonsdorf, nicht erhalten
  • 1733 Ostritz, nicht erhalten
  • 1734 Kleinschönau
  • 1735/36 Georgswalde (Jiříkov), St. Georgskirche, nicht erhalten[7]
  • 1744 Lossow bei Frankfurt (Oder), 17 Register, zerstört 1945 mit der Kirche[11][12]
  • 1744 (1735?) Langenau (Skalice), Kirche St. Anna, II/16, mit erstmaliger Nennung von Leonhard Balthasar Schmahl, in Teilen erhalten[7]
  • 1744 Seifhennersdorf, nicht erhalten
  • 1746 Reichstadt (Zákupy), Kirche St. Fabian und Sebastian, II/19, 1761 Reinigung und Intonation, nicht erhalten[7]
  • 1747 Großschönau, Sachsen, II/P/28, davon zwölf Register im Hauptwerk, elf im Oberwerk und fünf im Pedal; 1898 ersetzt[13]
  • 1748 Niemes (Mimoň), Kirche St. Peter und Paul (sv. Petra a Pavla), mit Leonhard Balthasar Schmahl[7]
  • 1751 Bertsdorf, Kirche, II/p/19, 1896 neues Orgelwerk im alten barocken Gehäuse durch A. Schuster, erhalten[14]
  • 1754/55 Böhmisch Kamnitz (Česká Kamenice), St. Jakob (sv. Jakuba Většího), II/P/21, mit Leonhard Balthasar Schmahl; 1767 umgesetzt in die neue Kirche in Böhmisch Kamnitz durch Josef Benedict Matzke (* um 1729; † 28. Dezember 1778 Böhmisch Kamnitz); danach mehrere Umbauten und Dispositionsänderungen; erhalten in Teilen[15][7]
  • 1755 Herrnhut, nicht erhalten
  • 1755 Reichenberg (Liberec), Heilig-Kreuz-Kirche (sv. Kříža), mit Leonhard Balthasar Schmahl, nicht erhalten
  • 1760 Schloßbösig (Bezděz), Kirche St. Elias (sv. Jiljí), II/10, mit Leonhard Balthasar Schmahl; erhalten[16][7]
  • 1760 Niedergrund (Dolní Podluží), St. Katharina, I/10, mit Leonhard Balthasar Schmahl.[7]
  • 1761 Nixdorf (Mikulašovice)
  • 1762 Hühnerwasser (Kuřívody), sv. Havla, II/11, mit Leonhard Balthasar Schmahl[7]
  • 1762 Rumburg
  • 1765 Münchengrätz (Mníchovo Hrádište)
  • 1767/68 Waltersdorf bei Großschönau, Dorfkirche, mit drei übereinander angeordneten Keilbälgen, 1072 Pfeifen, einzige erhaltene Orgel von Johann Gottlieb Tamitius im heutigen Deutschland[17]
  • 1768 Reichenau (Bogatynia), 1869 Umbauten durch Andreas Schuster, mit Umdisposition, nach 1945 wurde sie aus der Kirche entfernt und ist seither verschollen.[18]

Weitere Arbeiten Bearbeiten

Tamitius war auch mit Umsetzungen, Reparaturen, Wartungen und Umbauten von Orgeln beschäftigt

  • 1754 Wittgendorf bei Zittau, Umsetzung der Tamitius-Orgel von 1719 in die Bergkirche Oybin, Prospekt erhalten[21]
  • 1754–1763 Schwabitz (Velký Jelení vrch), Mariä-Himmelfahrt-Kirche, drei Reparaturen, 1947 Aufhebung des Ortes für Truppenübungsplatz Ralsko[7]
  • 1768 Langenau, St. Anna, Reparaturen an der eigenen Orgel von 1744[7]
  • 1768 Brenn (Brenná), Kirche Johannes der Täufer (sv. Jana Křtitele), Einbau eines Orgelpositivs[7]
  • 1769 Schnauhübel (Sněžná), Kirche Unsere Liebe Frau vom Schnee, Reparaturen[7]

Literatur Bearbeiten

  • Wolfgang Hackel, Uwe Pape: Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Band 2. Sachsen. Berlin 2012 (auch in Bänden 3 und 4), grundlegende Darstellung
  • Gottlieb Friedrich Otto: Lexikon der seit dem funfzehenden Jahrhunderte verstorbenen und jetztlebenden Oberlausizischen Schriftsteller und Künstler. Görlitz 1800 ff.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Johann Gottlieb Tamitius – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Ernst Flade: Gottfried Silbermann: ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Orgel- und Klavierbaus im Zeitalter Bachs. 2. Auflage. Breitkopf & Härtel, 1953, S. 119.; es gibt keinerlei historische Informationen über persönliche Begegnungen der beiden; trotzdem war Tamitius in seinen Bauten sichtbar von Silbermann beeinflusst
  2. Ernst Hähnel Sächsische Biographie
  3. Hermann Mendel: Musikalisches Conversations-Lexikon: eine Encyklopädie der gesammten musikalischen Wissenschaften. Band 10, Robert Oppenheim, Berlin 1886, S. 294–295.
  4. Ernst Ludwig Gerber: Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler..,Vierter Theil S-Z. A. Kühnel, Leipzig 1814, S. 318.
  5. Evangelisch-Lutherische „Bergkirche“ Oybin (Memento des Originals vom 9. September 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bergkirche-oybin.de
  6. Orgelbauer Tamitius und weiteres Schicksal seiner Festungsorgel. In: Offizielles Mitteilungsblatt des Festungsvereins Königstein e.V. Heft 43, Dresden 2006, S. 36–41.
  7. a b c d e f g h i j k l m n o Johann Gottlieb Tamitius Varhany a varhanáři v České republice (tschechisch), mit Orgelneubauten und weiteren Arbeiten in Tschechien (mehrmals versuchen)
  8. Der Nussknacker auf der Orgel. In: Märkische Oderzeitung. 27. August 2008 (moz.de).
  9. S. 161, Foto der Orgel S. 81 Bild 105 (Memento des Originals vom 15. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.powiatzgorzelecki.pl (PDF; 5,3 MB) Waldemar Bena: Wędrówki po powiecie zgorzeleckim.
  10. Martin Schulze: Orgelhandbuch Brandenburg Band 5: Oder-Spree. ISBN 978-3-937378-11-4, S. 140
  11. Hermann Mendel, Musikalisches Conversations-Lexikon: eine Encyklopädie der gesammten musikalischen Wissenschaften, Band 10, Robert Oppenheim Berlin 1886, S. 90/91
  12. Robert Eitner: Tamitius, Andreas. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 37, Duncker & Humblot, Leipzig 1894, S. 363. (Text)
  13. Die Geschichte der Großschönauer Orgel Kirche Großschönau
  14. Bertsdorfer Kirche Kirche Zittauer Gebirge
  15. Orgel in Česká Kamenice České varhany (tschechisch)
  16. Über restaurierungsbedürftigen Zustand der Orgel Českolipský Děnik (tschechisch)
  17. Orgel Waltersdorf Orgel Data Base (niederländisch)
  18. Orgelbau A. Schuster & Sohn in Zittau
  19. Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Ebersbach/Sa.
  20. Die Silbermannorgel in der Johanniskirche Zittau
  21. Evangelisch-Lutherische „Bergkirche“ Oybin (Memento des Originals vom 9. September 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bergkirche-oybin.de