Jörg Bong

deutscher Verleger, Lektor, Übersetzer und Schriftsteller
(Weitergeleitet von Jean-Luc Bannalec)

Jörg Bong (als Kriminalschriftsteller Jean-Luc Bannalec; * 17. Februar 1966[1] in Bad Godesberg) ist ein deutscher Literaturwissenschaftler, Lektor, Verleger, Herausgeber, Autor, Publizist und Fotograf. Bis 2019 war er verlegerischer Geschäftsführer der S. Fischer Verlage. Unter dem Pseudonym Jean-Luc Bannalec verfasste er ab 2012 Kriminalromane um die von ihm erfundene Figur des Kommissars Dupin.

Leben Bearbeiten

Bong studierte Germanistik, Philosophie und Geschichte an der Universität Bonn und der Universität Frankfurt am Main. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter von Silvia Bovenschen und promovierte in Frankfurt am Main.[2] Von 1992 bis 1996 betreute er die Frankfurter Poetik-Vorlesungen. 1995 und 1996 war Bong Projektleiter des Aufbaustudiengangs Buch- und Medienpraxis der Universität Frankfurt a. M. Ab 1996 war er freier Mitarbeiter des Kritischen Lexikons zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur und von text + kritik, herausgegeben von Heinz Ludwig Arnold.

Von 1997 an war Bong über 22 Jahre für den S. Fischer Verlag tätig, zunächst als Assistent der Inhaberin und Verlegerin Monika Schoeller, dann als Lektor für die deutschsprachige Literatur, später als Programmleiter. Im Jahr 2002 übernahm er die Programmgeschäftsführung des S. Fischer Verlags und 2008 die sämtlicher zugehöriger Verlage. Dazu gehören der Fischer Taschenbuch Verlag, Scherz, Krüger, FJB sowie die Kinder- und Jugendbuchverlage KJB, Duden, Sauerländer und Meyers. Von 2014 bis Juni 2019 fungierte Bong als verlegerischer Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsführung. Unter seiner Ägide wurden unter anderem die Reihen „Fischer Klassik“, „Fischer Wissenschaft“, „Fischer Geschichte“, „Fischer Jugendbuch“ (FJB) und „Fischer Taschenbibliothek“ ins Leben gerufen.

Darüber hinaus war Bong Mitherausgeber der Literaturzeitschrift Neue Rundschau, und von 2008 bis 2010 gehörte er der Jury der „Kulturstiftung des Bundes“ an.

2018 zeigte die Frankfurter Heussenstamm-Galerie in einer Einzelausstellung eine Auswahl von 22 seiner Fotografien.[3][4] Im November 2019 eröffnete eine Ausstellung mit 27 Fotografien im STUDIO LESON Frankfurt am Main.[4] Im Oktober 2019 erschien ein Fotoband mit 112 Bretagne-Fotografien im Kölner Verlag Kiepenheuer & Witsch.

Krimiautor Bearbeiten

Unter dem Namen Jean-Luc Bannalec veröffentlichte Jörg Bong seit 2012 zwölf Kriminalromane,[5][6] die alle in der Bretagne spielen. In ihrem Mittelpunkt steht der aus Paris ins bretonische Concarneau strafversetzte Kommissar Georges Dupin. Mehrere Jahre lang blieb Bongs Pseudonym gewahrt. 2020 gab er der deutschen Presse erstmals Interviews als Jean-Luc Bannalec, in Frankreich unter anderem in Paris-Match.[7]

Die Kriminalromane standen in der Bestseller-Liste des Magazins Der Spiegel.[8] Im deutschsprachigen Raum wurden bisher über 5 Millionen Exemplare verkauft (Stand Mai 2021). Die Bücher wurden in 14 Sprachen übersetzt.

Elf der zwölf Bretagne-Krimis wurden unter dem Titel Kommissar Dupin auf Das Erste ausgestrahlt.[9] Die Filme erreichten bei ihren jeweiligen Erstausstrahlungen bis zu 6,7 Mio. Zuschauer und erzielten Marktanteile von bis zu 20,6 %.[10] France 3 zeigte die Reihe ab Sommer 2018 sonntagabends in Frankreich. Bis zu 4,9 Millionen Zuschauer folgten den jeweiligen Ausstrahlungen, was Marktanteilen von 20,5 % entsprach.[11] Mit ähnlich großem Erfolg wurde die Reihe in Italien auf RAI 2, in Spanien auf TVE sowie in der Schweiz, in Österreich und einigen osteuropäischen Ländern ausgestrahlt. Insgesamt wurde sie in 40 Länder verkauft, u. a. in die USA.

Sachbuchautor Bearbeiten

Im Oktober 2022 erschien Jörg Bongs Sachbuch Die Flamme der Freiheit, der erste Band einer Trilogie über die deutsche Revolution von 1848/1849, der zum Spiegel-Bestseller wurde. Die beiden Folgebände, Tage der Entscheidung und Freiheit oder Tod, sollen bis 2024 veröffentlicht werden. Bong widmet sich der Entstehung der Demokratie in Deutschland und Europa. Alexander Cammann befindet, dass „Bongs erster Band das deutsche Panorama vor europäischem Hintergrund […] mit großer erzählerischer Intensität, sicherem Gefühl für anschauliche Szenen und […] mit literarischem Gespür für dieses historische Drama [entfaltet].“[12] Für Dirk Kurbjuweit ist es „ein Plädoyer dafür, dass sich die liberalen Demokratien entschiedener gegen Anfeindungen wehren müssen“.[13]

Ehrungen und Auszeichnungen Bearbeiten

  • 2016 „Mäzen der Bretagne“ im Namen des Regionalrats der Bretagne[14] (dt.: „… mit dem Titel „Mäzen der Bretagne“ die Männer und Frauen zu ehren, die im Rahmen ihrer Tätigkeit zum kulturellen, touristischen und wirtschaftlichen Ansehen der Bretagne in der Welt beitragen.“)
  • 2018 Ehrenmitglied der Literarischen Akademie der Bretagne und der Pays de la Loire („Membre d’honneur de l’Académie littéraire de Bretagne et des Pays de la Loire“). Zudem erhielt er die „Médaille de la ville“ de Nantes,[15] und im Juli 2019 nahm die Assoziation bretonischer Kriminalautoren aus dem Finistère „L’Assassin Habite Dans Le 29“ Bong als Ehrenmitglied auf.
  • 2020 Preis der Buchmesse HomBuch für die deutsch-französischen Beziehungen. verliehen vom Ministerium für Finanzen und Europa des Saarlandes.
  • 2021 Ehrenpräsident des Festival du livre Guérande.[16] Ebenfalls im November 2021 richtete die Deutsche Botschaft in Paris eine öffentliche Veranstaltung mit Empfang aus.

Weitere Engagements Bearbeiten

Bong ist Mitgründer des PEN Berlin.[17]

2020 gehörte Bong zu den Initiatoren des pro-europäischen Aufrufs Corona-Bonds-Jetzt. Ein Offener Brief an die Bundesregierung.[18]

2021 gehörte Bong zusammen mit Marion Ackermann, Gesine Schwan und Carsten Brosda zu den Initiatoren und Herausgebern des Buchs Kann das wirklich weg? 57 Interventionen für die Kultur.

Werke (Auswahl) Bearbeiten

Unter eigenem Namen Bearbeiten

  • Die Auflösung der Disharmonien: zur Vermittlung von Gesellschaft, Natur und Ästhetik in den Schriften Karl Philipp Moritz’. Analysen und Dokumente; 32. Lang Verlag, Frankfurt u. a. 1993, ISBN 3-631-46150-X.
  • Das unpersönliche „es“ und die Auflösung des „Ich“ – zu Karl Philipp Moritz. In: Psyche. 6, 1994.
  • mit Martin Spieles: Europa und Europäische Union. Köln 1994.
  • 1996–2002: freier Mitarbeiter des Kritischen Lexikons zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur und von text + kritik. Hrsg. Heinz Ludwig Arnold.
  • „Dinge, die an nichts erinnern“. Urs Widmers Phantome eines Textes, der nie kommt. In: Text + Kritik. 1998.
  • „Der Leserschreiber.“ Eine Erzählung Wolfgang Hilbigs. In: Das Paradox. Hrsg. Ralph-Rainer Wuthenow. Metzler, 1999.
  • Texttaumel: poetologische Inversionen von „Spätaufklärung“ und „Frühromantik“ bei Ludwig Tieck. In: Frankfurter Beiträge zur Germanistik. 35. Winter, Heidelberg 2000, ISBN 3-8253-1117-1 (zugleich Dissertation. Universität Frankfurt 1999).
  • Lassen wir die Literatur frei. In: Frankfurter Rundschau. 20. Oktober 2000.
  • (Hrsg.): Verwünschungen. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-596-14754-9.
  • mit Florian Illies (Vorwort und Hrsg.): Kleines deutsches Wörterbuch. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-10-036800-2.
  • mit Roland Spahr, Oliver Vogel (Hrsg.): „Aber die Erinnerung davon“. Materialien zum Werk von Marlene Streeruwitz. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2006, ISBN 978-3-596-16987-0.
  • Das Tier, das keines sein will. Gespräch mit dem Anatomen und Evolutionsbiologen Carsten Niemitz. In: Neue Rundschau. 4/2006.
  • 2007 bis 2019: Mitherausgeber der Kulturzeitschrift Die Neue Rundschau. S. Fischer Verlag.
  • mit Silvia Bovenschen (Vorwort und Hrsg.): Vom absolut Zerstreuten. In: Rituale des Alltags. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 3-10-003511-9.
  • (Hrsg. und Nachwort): Frankfurt. eine Lese-Verführung (eine Frankfurt-Anthologie). Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-596-65001-9.
  • (Hrsg.): Der Rhein – eine Lese-Verführung (eine Rhein-Anthologie). Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2009.
  • „Im Traum eines anderen Spiegels“. Das Handwerk des Dichters von Jorge Luis Borges. In: Literaturen, Heft 4/2009.
  • Literaturunterricht und Lektorat. Interview in: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 3. Juli 2014.
  • Die schönsten Orte Hessens. Vier Empfehlungen. In: Zeitmagazin Nr. 23/2015, 24. Juni 2015.
  • Sind wir wirklich Affen? In: Das Lexikon der offenen Fragen. Hrsg. Jürgen Kaube und Jörn Laakmann. Metzler, Stuttgart 2015.
  • Jörg, hier ist Frohsinn. Nachruf auf Roger Willemsen. In: Die Zeit. Nr. 7/2016.
  • Offensive Philologie. Vorlesung an der Johann Wolfgang Goethe-Universität im Rahmen einer Ringvorlesung zum 100. Geburtstag der Universität, gehalten am 17. Mai 2014. In: Literaturwissenschaften, Germanistische und romanistische Beiträge zum 100-jährigen Jubiläum der Universität. Hrsg. von Frank Estelmann und Bernd Zegowitz. Göttingen 2016/2017.
  • Die deutsche „Leitkultur“, das „Deutsche“ und das „Undeutsche“. Ein Plädoyer. In: Neue Rundschau. Frankfurt 2017.
  • Deutsche Leitkultur – Wir sind viel zu zurückhaltend. Gastbeitrag Spiegel online, Juni 2017.[19]
  • „Schau auf das Meer, es tröstet Dich.“ Über ein Bild Max Beckmanns. In: Das Journal. Villa Grisebach 7/2017, Hrsg. Florian Illies.
  • Denken als Spiel. Nachruf auf Silvia Bovenschen. In: Die Zeit. Nr. 45/2017, 2 November.
  • Eine starke Waffe für die Demokratie. Artikel über die Bedeutung des Buches. In: Frankfurter Allgemeinen Zeitung. 2. Januar 2018.
  • „Das Ende der Welt“ (von Olivier Messiaen). In der Reihe Mein Lieblingsstück der Alten Oper und der Hochschule für Musik und Darstellenden Künste Frankfurt. Publikums-Gespräch mit Prof. Ernst August Klötzke über den 5. Satz („Louange à l’Éternité de Jesus“) des Stückes „Quatuor pour la fin du temps.“ 21. April 2018.
  • Vorwort zu: Simenon: Tout Maigret, Tome 9 (Maigret hésite – L’ami d’enfance de Maigret – Maigret et le tueur – Maigret et le marchand de vin und andere). Omnibus, Paris 2019.
  • „90 ans de Maigret“. Ein Podiumsgespräch zusammen mit John Simenon und dem Simenon-Lektor Jean-François Merle über Maigret. Espace culturelle de Concarneau 19. Juli 2019 sowie Teilnahme an der „25e édition du festival du Chien Jaune“.
  • Nachwort zu: Georges Simenon: Maigret amüsiert sich. Kampa, 2019.
  • „Hüterin auf Zeit“. Nachruf auf Monika Schoeller. In: Die Zeit. 23. Oktober 2019.
  • „Corona-Bonds-Jetzt. Ein Offener Brief an die Bundesregierung“. Initiiert mit Regina Schilling und Helge Malchow. 2020
  • „Spielformen des Erzählens“. Ein Abend mit Christoph Ransmayr im Frankfurter Literaturhaus im Rahmen der Frankfurter Poetikvorlesungen, Konzeption und Moderation. 9. März 2020.
  • Impft Euch gegen das Virus der Barbarei. Essay, Spiegel online. 3. April 2020.
  • Maximale europäische Solidarität. Interview mit „Junge Europäische Föderalisten“. 11. Mai 2020.
  • „Die Aktualität der Romantik“, Podiumsgespräch mit Roland Borgards, Schloss Elmau, „Tage der Romantik“. 23. Juni 2020.
  • mit Tilman Spreckelsen (Hrsg. und Vorwort): Die schönsten bretonischen Sagen. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2020.
  • mit Marion Ackermann, Gesine Schwan, Carsten Brosda (Hrsg.): Kann das wirklich weg? 57 Interventionen für die Kultur. Links, Berlin 2021, ISBN 978-3-96289-136-7.
  • mit Simon Elson: Die Flamme der Freiheit. Die deutsche Revolution 1848/1849. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2022, ISBN 978-3-462-00313-0.

Unter dem Künstlernamen Jean-Luc Bannalec Bearbeiten

Reihe Kommissar Dupin Bearbeiten

Weitere Werke Bearbeiten

  • Bretonisches Kochbuch. Kommissar Dupins Lieblingsgerichte. herausgegeben zusammen mit Catherine und Arno Lebossé, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2016, ISBN 978-3-462-04792-9.
  • Magische Bretagne: Kommissar Dupins Landschaften. Fotoband mit 112 Bretagne-Fotografien, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2019, ISBN 978-3-462-05297-8.
  • Die schönsten bretonischen Sagen. herausgegeben zusammen mit Tilman Spreckelsen, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2020. ISBN 978-3-462-00105-1.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Dr. Jörg Bong (50), auf buchmarkt.de
  2. Goethe-Universität — Dr. Jörg Bong. Abgerufen am 7. Januar 2023.
  3. Heussenstamm-Galerie zeigt Fotografien des Künstlers Jörg Bong. frankfurt.de, 25. Oktober 2018, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 7. September 2019.@1@2Vorlage:Toter Link/www.frankfurt.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  4. a b Bretonische Verhältnisse. Abgerufen am 5. November 2023.
  5. Isabelle Calvez: Jörg Bong alias Jean-Luc Bannalec. La Bretagne l’inspire toujours. letelegramme.fr, 10. April 2017, abgerufen am 7. September 2019 (französisch).
  6. Autor Jean-Luc Bannalec. Abgerufen am 28. Juli 2022.
  7. Jean-Luc Bannalec, l’Armor aux trousses. Abgerufen am 28. Juli 2022 (französisch).
  8. Bretonischer Bestseller-Garant. buchreport.de, 6. Juli 2016, abgerufen am 7. September 2019.
  9. Die Filme im Überblick. ARD, abgerufen am 20. Juli 2021.
  10. Daempfer fuer die „Gipfelstuermer“ – Kommissar Dupin ganz oben. abendblatt.de, 12. April 2019, abgerufen am 7. September 2019.
  11. Commissaire Dupin (France 3) – Le phénomène Dupin. programme-television.org, 8. Juli 2018, abgerufen am 7. September 2019.
  12. Alexander Cammann: Jörg Bong – Der Revolutionär vom Main. Zeit online, 18. November 2022, abgerufen am 9. Dezember 2022.
  13. Dirk Kurbjuweit: Deutsche Revolution 1848/49 „Ihr habt unsere Geschichte verpfuscht“. Der Spiegel, 30. September 2022, abgerufen am 9. Dezember 2022.
  14. Un auteur allemand à l’honneur. bretagne.bzh, 23. August 2016, archiviert vom Original am 7. November 2017; abgerufen am 7. September 2019 (französisch).
  15. Académie littéraire de Bretagne et des Pays de la Loire. academiedebretagne.com, abgerufen am 7. September 2019 (französisch).
  16. Michel Germain: 27-28/11/2021 : Festival du livre en Bretagne de Guérande | Académie littéraire de Bretagne et des Pays de la Loire. Abgerufen am 28. Juli 2022 (französisch).
  17. Mitgründer:innen. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. Juli 2022; abgerufen am 13. Juli 2022.
  18. Europäische Corona-Bonds jetzt! Abgerufen am 28. Juli 2022.
  19. Jörg Bong: Wir sind viel zu zurückhaltend. spiegel.de, 7. Mai 2015, abgerufen am 7. September 2019.