Isometrie

abstandserhaltende Abbildung zwischen metrischen Räumen

Eine Isometrie ist in der Mathematik eine Abbildung, die zwei metrische Räume aufeinander abbildet und dabei die Metrik (Abstand, Distanz) erhält. Das heißt, der Abstand zweier Bildpunkte ist gleich groß wie der der Urbildpunkte.

Würfel mit isometrischer Axonometrie

In der euklidischen und der synthetischen Geometrie werden speziell solche Isometrien betrachtet, die zugleich geometrische Abbildungen für die betrachteten Räume sind. Meist spricht man dann von einer abstandserhaltenden, längentreuen oder auch isometrischen Abbildung, und wenn die geforderten Zusatzeigenschaften aus dem Zusammenhang klar sind, einfach von einer Isometrie.

Davon abweichend versteht man in der riemannschen Geometrie unter einer Isometrie eine Abbildung, die die riemannsche Metrik erhält, und damit nur die Längen von Vektoren und die Längen von Kurven. Eine solche Abbildung braucht nicht die Abstände zwischen zwei Punkten zu erhalten.

Definition Bearbeiten

Sind zwei metrische Räume  ,   gegeben und ist   eine Abbildung mit der Eigenschaft

  für alle  ,

dann heißt   Isometrie von   nach  . Eine solche Abbildung ist stets injektiv. Ist   sogar bijektiv, dann heißt   isometrischer Isomorphismus, und die Räume   und   heißen isometrisch isomorph; andernfalls nennt man   eine isometrische Einbettung von   in  .

Spezialfälle Bearbeiten

Normierte Vektorräume Bearbeiten

In normierten Vektorräumen   ist der Abstand zwischen zwei Vektoren   durch die Norm des Differenzvektors definiert:

 .

Sind   und   zwei normierte Vektorräume mit Norm   bzw.   und ist   eine lineare Abbildung, so ist diese Abbildung genau dann eine lineare Isometrie, wenn sie die Norm erhält, wenn also für alle  

 

gilt.

Ohne die Voraussetzung der Linearität gilt für reelle normierte Vektorräume:

  • Wenn die Norm   des Zielraums strikt konvex ist, ist jede Isometrie   nach   eine affine Abbildung.[1]
  • Jede surjektive Isometrie ist eine affine Abbildung (Satz von Mazur-Ulam).[2]

In beiden Fällen gilt: Bildet die Abbildung den Nullvektor von   auf den Nullvektor von   ab, so ist sie linear.

Vektorräume mit Skalarprodukt Bearbeiten

Ist   ein Vektorraum mit Skalarprodukt, so ist die induzierte Norm (Länge) eines Vektors definiert als die Quadratwurzel aus dem Skalarprodukt des Vektors mit sich selbst. Für den Abstand zweier Vektoren   und   ergibt sich dann:

 ,

wobei das Skalarprodukt hier durch spitze Klammern bezeichnet wird.

Sind   und   Vektorräume mit Skalarprodukt   bzw.   und ist   eine lineare Abbildung, so ist diese Abbildung genau dann eine lineare Isometrie, wenn sie das Skalarprodukt erhält, das heißt

  für alle  .

Solche Abbildungen werden auch orthogonale Abbildungen (im Fall reeller Skalarprodukträume) oder unitäre Abbildungen (im Fall komplexer Skalarprodukträume) genannt. Bei reellen Skalarprodukträumen muss dabei nicht vorausgesetzt werden, dass die Abbildung linear ist, denn jede Isometrie, die den Nullvektor auf den Nullvektor abbildet, ist in diesem Fall linear.

Ist   eine Orthonormalbasis von  , so ist eine lineare Abbildung   genau dann eine Isometrie, wenn   ein Orthonormalsystem in   ist.

Die Menge aller linearen Isometrien eines euklidischen Vektorraums in sich bildet eine Gruppe, die orthogonale Gruppe des Raums. Entsprechend bildet die Menge aller linearen Isometrien eines unitären Vektorraums in sich die unitäre Gruppe des Raums.

Euklidischer Punktraum Bearbeiten

Jede Isometrie   zwischen zwei euklidischen Punkträumen   und   ist eine affine Abbildung. Sie lässt sich in der Form

  für alle  

darstellen, wobei   eine lineare Isometrie zwischen den zugehörigen euklidischen Vektorräumen   und   ist.

Umgekehrt ist jede Abbildung, die sich so darstellen lässt, eine Isometrie. Isometrien eines euklidischen Punktraums in sich heißen auch Bewegungen.

Beispiel einer nicht surjektiven Isometrie Bearbeiten

Bezüglich der diskreten Metrik ist jede injektive Abbildung   eine Isometrie. Somit ist die durch   definierte Abbildung eine nicht surjektive Isometrie.

Ein anderes Beispiel einer nicht surjektiven Isometrie ist die Inklusion einer echten Teilmenge   eines beliebigen metrischen Raumes  , wobei die Metrik auf   durch   gegeben sei.

Weitere Eigenschaften Bearbeiten

  • Aus der Definition folgt unmittelbar, dass jede Isometrie stetig ist.
  • Jede Isometrie ist sogar Lipschitz-stetig, also insbesondere gleichmäßig stetig. Isometrien sind damit stetig fortsetzbar auf den Abschluss, wenn der Bildraum vollständig ist.
  • Jeder metrische Raum ist isometrisch isomorph zu einer abgeschlossenen Teilmenge eines normierten Vektorraums, und jeder vollständige metrische Raum ist isometrisch isomorph zu einer abgeschlossenen Teilmenge eines Banachraums.
  • Jede Isometrie zwischen zwei euklidischen Räumen erhält auch Winkel, Flächeninhalt und Volumen.
  • Können in euklidischen Räumen zwei Figuren durch eine Isometrie aufeinander abgebildet werden, so heißen die Figuren isometrisch. Zwei Figuren, die durch eine Bewegung aufeinander abgebildet werden können, nennt man kongruent.
  • Allgemein erhält jede Isometrie zwischen metrischen Räumen die Hausdorff-Maße.

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Siegfried Bosch: Lineare Algebra. 2. überarbeitete Auflage. Springer, Berlin u. a. 2003, ISBN 3-540-00121-2, (Springer-Lehrbuch).
  • Fritz Reinhardt, Heinrich Soeder: dtv-Atlas zur Mathematik. Tafeln und Texte. Band 1. 9. Auflage. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1991, ISBN 3-423-03007-0.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Jussi Väisälä: A proof of the Mazur-Ulam theorem. Abgerufen am 14. April 2014.
  2. Stanisław Mazur, Stanisław Ulam: Sur les transformationes isométriques d’espaces vectoriels normés. In: C. R. Acad. Sci. Paris. Band 194, 1932, S. 946–948.