Inkohlung

Entstehung von Kohle als Gestein durch langsames Entwässern und Verdichten von Torf

Die Inkohlung (englisch coalification) ist der natürliche Prozess der Entstehung von Kohle. Dabei werden abgestorbene Pflanzen (überwiegend Landpflanzen) über das Zwischenprodukt Torf durch Diagenese weiter in Braunkohle und Steinkohle, seltener in Anthrazit und in einzelnen Fällen sogar in Graphit umgewandelt.

Entstehung von Kohle: In (a) die Anhäufung von organischem Material in einem Sumpfgebiet; in (b) die Verdichtung des organischen Materials durch die Ablagerung neuer Sedimente; in (c) die Bildung von Braunkohle mit zunehmender Tiefe und in (d) schließlich die Bildung von Steinkohle und Anthrazit in größeren Tiefen.

Die chemischen Prozesse der Kohleentstehung laufen unter teilweisem oder vollständigem Sauerstoffabschluss über Zeiträume von Jahrmillionen ab. Der Anteil an Wasser und flüchtigen Bestandteilen nimmt dabei laufend ab, so dass der relative Anteil an Kohlenstoff zunimmt, der im Graphit nahezu 100 % beträgt.

Phasen der Inkohlung Bearbeiten

Die Inkohlung findet in zwei Phasen statt. Direkt nach dem Absterben der Pflanze setzt die biochemische Phase ein, die Vertorfung, in der Pilze und Bakterien Zellulose und Lignin in Huminstoffe umwandeln. Mit zunehmender Versenkung des Torfs und der damit einhergehenden Zunahme der Temperatur beginnt der Übergang in die geochemische Phase der Inkohlung.[1] Während für den Prozess der Inkohlung bis zur Braunkohle die biochemischen Bedingungen im Vordergrund stehen (besonders Sauerstoffverarmung aufgrund Luftabschlusses), gewinnen mit der Umwandlung in Steinkohle, Anthrazit und Graphit geochemische (diagenetische) Faktoren zunehmend an Bedeutung. Hierbei sind die Temperaturverhältnisse deutlich ausschlaggebender als die Druckverhältnisse und die Dauer der Versenkung.[2] So kann sich Braunkohle schon bei Temperaturen von nur 35 bis 80 °C bilden, während Anthrazit eine Temperatur von mindestens 180 bis 245 °C benötigt.[3]

Inkohlungsreihe[4]
Inkohlungsstufe Alter[5] (Jahre) Zusammensetzung (Gew. %) Heizwert[6][7] (MJ/kg)
C H O + N
Holz Gegenwart ca. 50 ca. 6 ca. 44 ca. 20
Torf ca. 12.000 55 – 64 5 – 7 35 – 39 ca. 22
Braunkohle 5 – 40 Mio. 60 – 75 4 – 8 17 – 34 ca. 25
Steinkohle ca. 500 Mio. 78 – 90 4 – 6 4 – 19 ca. 29
Anthrazit ca. 1 Mrd. 94 – 98 1 – 3 1 – 3 ca. 34
Graphit ca. 100 ca. 0 ca. 0 ca. 33

Biochemische Inkohlungsphase Bearbeiten

Nach Absterben der Pflanzenteile beginnt deren Abbau. Mikroorganismen bauen zuerst Kohlenhydrate und Proteine, schließlich auch Zellulose und Lignin ab und es bildet sich Torf. Durch das kontinuierliche Ablagern neuer Pflanzenteile wird der Torf zusammengepresst und entwässert. Die Torfschicht wird bei Absenkung der Bildungsgebiete immer mächtiger. Mit zunehmender Tiefe wird die weitere Inkohlung abiotisch fortgesetzt. Bei weiterer Absenkung werden die Moore durch Meeres- und Flusssedimente überlagert. Verringert sich dann die Absenkung, kann sich eine weitere Torfschicht ausbilden. Diese Vorgänge können sich mehrfach wiederholen, sodass mehrere Torfschichten entstehen. Während dieser ersten Phase nimmt der Kohlenstoffgehalt der Trockenmasse rasch von ca. 40 % auf über 60 % zu.

Durch die komplexe und teilweise unbekannte chemische Struktur der Lignine und Huminstoffe, die an diesen Prozessen beteiligt sind, ist eine genaue chemische Darstellung der Prozesse schwierig. Während der frühen Inkohlungsphasen findet vor allem Dehydratisierung und Decarboxylierung statt.[8] Die Dehydratisierung entfernt Wassermoleküle aus der reifenden Kohle durch Reaktionen wie:[9]

2 R–OH → R–O–R + H2O
2 R-CH2-O-CH2-R → 2 R-CH=CH-R + 2 H2O

Die Decarboxylierung entfernt Kohlendioxid aus der reifenden Kohle und verläuft durch Reaktion wie:[9]

RCOOH → RH + CO2

In jeder dieser Formeln stellt R den Rest eines Zellulose- oder Ligninmoleküls dar, an das die reagierenden Gruppen gebunden sind.

Geochemische Inkohlungsphase Bearbeiten

In der zweiten Phase nimmt der Wassergehalt weiter ab: Von 75 % am Übergang Torf/Braunkohle bis auf 10 % an der Grenze Braunkohle/Steinkohle. Der relative Kohlenstoffanteil nimmt durch Abgabe von Wasser, Kohlenstoffdioxid, verschiedenen sauerstoffhaltigen funktionellen Gruppen und Methan weiter zu. Das Material wird durch den Volumenverlust (auf bis zu 10 % des Ausgangsvolumens) und zunehmender Entstehung und interner Ordnung von Makromolekülen fortschreitend verdichtet.[1] Während in junger Braunkohle noch Zellulose und Lignin zu finden sind, verschwindet mit weiterem Fortschreiten des Prozesses zuerst die Zellulose und am Übergang zur Steinkohle auch das Lignin.

Ab dem Steinkohlestadium ist die Abspaltung von Methan bestimmend (Demethanisierung)[8], es werden aber auch zunehmend Hydroxy-, Carboxy-, Methoxy- und Carbonylgruppen abgespalten. Die Demethanisierung entfernt Wasserstoff aus der reifenden Kohle und verläuft durch Reaktion wie:

2 R-CH3 → R-CH2-R + CH4
R-CH2-CH2-CH2-R → R-CH=CH-R + CH4

Auch hier stellt R den Rest eines Zellulose- oder Ligninmoleküls dar, an das die reagierenden Gruppen gebunden sind. Auf diese Weise bilden sich die gesteinsbildenden Elemente der Kohle, die Mazerale.

Sichtbare petrographische Veränderungen Bearbeiten

Der Prozess der Inkohlung führt zu sichtbaren petrographischen Unterschieden zwischen den jeweiligen Inkohlungsprodukten:

Inkohlungsstufe Beschreibung Bild
Torf locker, bröckelig, viele eingelagerte Pflanzenreste  
Weichbraunkohle dichter und fester als Torf, häufig eingeregelte Pflanzenteile, die eine Schichtung verursachen, hell- bis dunkelbraune Farbe.
Mattbraunkohle fest, dunkelbraun bis schwarze Farbe.  
Glanzbraunkohle festes Gefüge mit muscheligem Bruch und Pechglanz an Bruchkanten, schwarze Farbe, jedoch brauner Strich.  
Steinkohlen festes Gefüge, Wechsel von matten und glänzenden Lagen, schwarze Farbe und schwarzer Strich.  

Inkohlung durch technische Verfahren Bearbeiten

Der Prozess der Inkohlung kann durch Erhitzen von Biomasse in Druckbehältern nachgeahmt werden (Hydrothermale Karbonisierung) und vollzieht sich dort innerhalb von Stunden.

Literatur Bearbeiten

  • K. H. Schmidt, I. Romey, F. Mensch: Kohle, Erdöl, Erdgas: Chemie und Technik. Vogel Verlag, 1981, ISBN 3-8023-0684-8, ISBN 978-3-8023-0684-6
  • Ullmanns Enzyklopädie der Technischen Chemie, 4. Auflage, Band 14, Seiten 288–292, 1977, Verlag Chemie, Weinheim

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Inkohlung. In: Lexikon der Geowissenschaften. Spektrum, abgerufen am 2. Dezember 2021.
  2. Heat, time, pressure, and coalification. In: Kentucky Geological Survey. University of Kentucky, abgerufen am 19. Januar 2022.
  3. Burial temperatures from coal. In: Kentucky Geological Survey. University of Kentucky, abgerufen am 19. Januar 2022.
  4. Kohle. In: Lexikon der Geographie. Spektrum, abgerufen am 1. Dezember 2021.
  5. Marco Klemm: Verbrennung und Dampferzeugung. (PDF) TU Dresden, abgerufen am 7. Januar 2022.
  6. Bautechnischer Brandschutz. (PDF) In: bauforumstahl. Beilicke, abgerufen am 7. Januar 2022.
  7. Energie-Lexikon: Heizwert - Brennwert. In: Gammel Engineering. Abgerufen am 7. Januar 2022.
  8. a b Coal Types, Formation and Methods of Mining. In: epcamr.org. Abgerufen am 19. Januar 2022 (amerikanisches Englisch).
  9. a b Patrick G. Hatcher, Jean Loup Faulon, Kurt A. Wenzel, George D. Cody: A structural model for lignin-derived vitrinite from high-volatile bituminous coal (coalified wood). In: Energy & Fuels. Band 6, Nr. 6, 1. November 1992, ISSN 0887-0624, S. 813–820, doi:10.1021/ef00036a018 (acs.org [abgerufen am 19. Januar 2022]).