Injektives Tensorprodukt

Mathematik der Vektorräume

Das injektive Tensorprodukt ist eine Erweiterung der in der Mathematik betrachteten Tensorprodukte von Vektorräumen auf den Fall, dass zusätzlich Topologien auf den Vektorräumen vorhanden sind. In dieser Situation liegt es nahe, auch auf dem Tensorprodukt der Räume eine Topologie erklären zu wollen. Unter den vielen Möglichkeiten, dies zu tun, sind das projektive Tensorprodukt und das hier zu behandelnde injektive Tensorprodukt natürliche Wahlen.

Zunächst wird der leichter zugängliche Fall der normierten Räume und Banachräume besprochen, anschließend wird auf die Verallgemeinerungen in der Theorie der lokalkonvexen Räume eingegangen.

Die Konstruktion für normierte Räume und Banachräume geht auf Robert Schatten[1] zurück, die Verallgemeinerungen auf lokalkonvexe Räume wurden von Alexander Grothendieck[2] erzielt.

Normierte Räume Bearbeiten

Das Tensorprodukt zweier normierter Räume lässt sich wie folgt ebenfalls zu einem normierten Raum machen.

Konstruktion Bearbeiten

Seien   und   normierte Räume. Je zwei stetige, lineare Funktionale   und   definieren eine bilineare Abbildung  . Nach der Universaldefinition des Tensorproduktes induziert diese eine lineare Abbildung  , die üblicherweise mit   bezeichnet wird. Man setzt nun für  

 ,

wobei die Normen auf den Dualräumen wie in den Ausgangsräumen bezeichnet seien. Durch diese Definition erhält man eine Norm auf dem Tensorprodukt, das sogenannte injektive Tensorprodukt der Normen   und  . Versieht man   mit dieser Norm, so nennt man   das injektive Tensorprodukt oder auch das  -Tensorprodukt der normierten Räume   und   und schreibt dafür  .[3] Das injektive Tensorprodukt wird auch schwaches Tensorprodukt genannt.[4]

Eigenschaften Bearbeiten

Sind in der Situation obiger Definition  , so gilt  .

Es gilt stets  , wobei   das projektive Tensorprodukt bezeichne.

Jedes   definiert einen stetigen linearen Operator  , indem man   setzt. Es ist leicht zu zeigen, dass die  -Norm von   mit der Operatornorm von   übereinstimmt. Dies hätte man als eine alternative Definition für die  -Norm verwenden können, wobei aber die Symmetrie, mit der   und   in die Definition eingehen, dann nicht so offensichtlich gewesen wäre wie bei der oben gegebenen Definition.

Banachräume Bearbeiten

Das injektive Tensorprodukt zweier Banachräume   und   ist in der Regel nicht vollständig, so dass die Bildung des Tensorproduktes aus der Kategorie der Banachräume herausführt. Um in der Kategorie der Banachräume zu bleiben, muss man vervollständigen.

Man definiert daher   als die Vervollständigung des normierten Raums   und nennt   das injektive Tensorprodukt in der Kategorie der Banachräume.

Hilberträume Bearbeiten

Ist   ein Hilbertraum, so ist nach obigem   eine isometrische Einbettung in den Raum der stetigen linearen Operatoren auf  . Man kann zeigen, dass bei dieser Identifikation das Tensorprodukt genau mit den kompakten Operatoren zusammenfällt, das heißt, es gilt  . Insbesondere zeigt dieses Beispiel, dass das injektive Tensorprodukt von Hilberträumen im Allgemeinen kein Hilbertraum ist.

Das Tensorprodukt mit Räumen stetiger Funktionen Bearbeiten

Ist   ein kompakter Raum, so bezeichne   den Banachraum der stetigen Funktionen   mit der Supremumsnorm.   sei ein weiterer Banachraum und   sei der Banachraum der  -wertigen stetigen Funktionen mit der Supremumsnorm. Dann ist durch   eine isometrische Einbettung mit dichtem Bild gegeben, das heißt, diese Einbettung setzt sich zu einem isometrischen Isomorphismus zwischen   und   fort. Das schreibt sich kurz und prägnant als

 .

Insbesondere erhält man für zwei kompakte Räume   und   die erwarteten Isometrien

 .[5]

Tensorprodukt mit ℓ1 Bearbeiten

Es seien   der Folgenraum der absolut konvergenten, reellen Reihen und   ein Banachraum. Das projektive Tensorprodukt   kann bekanntlich mit dem Raum   der absolut konvergenten Reihen in   identifiziert werden. Für das injektive Tensorprodukt   gelingt eine ähnliche Charakterisierung, wenn man die absolute Konvergenz durch unbedingte Konvergenz ersetzt.

Es sei   der Raum der unbedingt konvergenten Reihen in  . Ist   eine solche Reihe, so ist   für jedes   absolut konvergent. Es gilt sogar, dass

 

endlich ist und eine Norm auf   definiert, die   zu einem Banachraum macht. Dann kann man zeigen, dass die bilineare Abbildung

 

eine isometrische Abbildung

 

induziert, die sich zu einem isometrischen Isomorphismus

 

fortsetzt.[6]

Lokalkonvexe Räume Bearbeiten

Die Konstruktion des injektiven Tensorproduktes kann wie folgt auf den Fall der lokalkonvexen Räume verallgemeinert werden.[7]

Definition Bearbeiten

Es seien   und   zwei lokalkonvexe Räume, und es seien   und   absolutkonvexe Nullumgebungen. Weiter bezeichne   die Polare von   und analog   die Polare von  . Man erhält eine Halbnorm   auf   durch die Definition

 .

Das injektive Tensorprodukt oder  -Tensorprodukt   ist der mit dem System der Halbnormen   ausgestattete Tensorproduktraum, wobei   und   die absolutkonvexen Nullumgebungen von   bzw.   durchlaufen. Das verallgemeinert die Definition des injektiven Tensorproduktes normierter Räume.

Die Vervollständigung von   wird wie im Falle normierter Räume mit   bezeichnet.

Stabilitätseigenschaften Bearbeiten

Einige Klassen lokalkonvexer Räume sind stabil gegenüber der Bildung des injektiven Tensorproduktes. Gehören   und   beide zu einer der Klassen

so gehört auch   dieser Klasse an.

  • Sind   und   Fréchet-Montel-Räume, so auch  .

Das Tensorprodukt mit Räumen stetiger Funktionen Bearbeiten

Es sei   ein vollständig regulärer Raum, und   bezeichne den Raum der stetigen Funktionen   mit der Topologie der gleichmäßigen Konvergenz auf kompakten Mengen. Ist   ein weiterer lokalkonvexer Raum, so sei   der Raum der  -wertigen stetigen Funktionen mit der Topologie der gleichmäßigen Konvergenz auf kompakten Mengen. Dann besteht die natürliche Isomorphie

 ,

wenn   vollständig und   ein Kelley-Raum ist. Dabei heißt   ein Kelley-Raum, wenn eine Funktion   bereits dann stetig ist, wenn ihre Einschränkungen auf kompakten Teilmengen stetig sind. Das ist beispielsweise bei lokalkompakten Räumen der Fall.

Siehe auch Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. R. Schatten: A theory of cross spaces. Annals of Mathematical Studies 26, Princeton, N.J. (1950)
  2. A. Grothendieck: Produits tensoriels topologiques et espaces nucléaires. Mem. Amer. Math. Soc. 16 (1955)
  3. Raymond A. Ryan: Introduction to Tensor Products of Banach Spaces, Springer-Verlag 2002, ISBN 1-85233-437-1, Kapitel 3: The Injective Tensor Product
  4. A. Y. Helemskii: The Homology of Banach and Topological Algebras. Kluwer Academic Publishers (1989), ISBN 0-7923-0217-6, Kapitel II, Definition 2.55
  5. Raymond A. Ryan: Introduction to Tensor Products of Banach Spaces, Springer-Verlag 2002, ISBN 1-85233-437-1, Kapitel 3.2
  6. Raymond A. Ryan: Introduction to Tensor Products of Banach Spaces, Springer-Verlag 2002, ISBN 1-85233-437-1, Beispiel 3.4
  7. H. Jarchow: Locally Convex Spaces. Teubner, Stuttgart (1981), ISBN 3-519-02224-9