In the Court of the Crimson King

Album von King Crimson

In the Court of the Crimson King ist das Debütalbum der britischen Rockband King Crimson. Es gilt als stilprägend für den später so genannten Progressive Rock der 1970er Jahre. Die Musik des am 10. Oktober 1969 bei Island Records und Atlantic Records veröffentlichten Albums unterschied sich wesentlich vom musikalischen Mainstream der damaligen Zeit. Es zeichnet sich durch häufigen Mellotron-Einsatz, lange und virtuose Instrumentalteile, rhythmische und harmonische Komplexität sowie surreale Texte aus.

In the Court of the Crimson King
Studioalbum von King Crimson

Veröffent-
lichung(en)

10. Oktober 1969

Aufnahme

12. Juni 196920. August 1969

Label(s) Island Records
Atlantic Records

Format(e)

LP, CD, MC, HDCD, DVD-A, BD

Genre(s)

Progressive Rock

Titel (Anzahl)

5

Länge

43:45

Besetzung

Produktion

Robert Fripp, Peter Sinfield

Studio(s)

Wessex Sound Studios, London

Chronologie
In the Court of the Crimson King In the Wake of Poseidon
(1970)

Entstehung Bearbeiten

King Crimson hatten sich als Band zwischen November 1968 und Januar 1969 zusammengefunden. Die erste Bandprobe fand am 13. Januar 1969 im Keller des Fulham Palace Cafés in London statt. Ende Januar entschieden sich David Enthoven und John Gaydon, als Manager für die Band zu arbeiten. Sie brachten den Moody-Blues-Produzenten Tony Clarke von der Plattenfirma Decca zu der Zusage, mit King Crimson ein Album aufzunehmen.

Die Stücke des Albums entstanden während gemeinsamer Bandproben und wurden mehrfach bereits vor seiner Veröffentlichung live gespielt. I Talk to the Wind wurde von Robert Fripps und Michael Giles’ Vorgängerband Giles, Giles & Fripp übernommen. An der Entstehung der anderen Songs waren meist sämtliche Bandmitglieder beteiligt. Am 1. Mai 1969 besuchte die Band die Londoner Morgan Studios, in denen die Arbeiten am Debütalbum stattfinden sollten, um sich ein Bild zu machen, doch die Aufnahmen konnten aufgrund zahlreicher Konzertverpflichtungen erst im Juni beginnen.

Am 12. Juni begannen die Aufnahmesitzungen mit 21st Century Schizoid Man. Die Backing Tracks entstanden noch an diesem Tag, am nächsten Tag nahm McDonald sein Solo auf. Am 14. Juni arbeitete man an I Talk to the Wind, in den nächsten Tagen an Epitaph. Doch die Sessions wurden schon am 19. Juni abgebrochen. Die Band war unzufrieden mit der Richtung, in die Tony Clarke gehen wollte.

Nach einer Unterbrechung von drei Wochen unternahm man einen letzten Versuch mit Clarke und nahm die Arbeiten am 7. Juli wieder auf. Vier Tage lang konzentrierte sich die Band auf Epitaph. Doch erneut wurden die Sessions abgebrochen: Tony Clarke hatte versucht, King Crimson den „Moody-Blues-Sound“ zu verpassen, der sich zuvor bereits als sehr erfolgreich erwiesen hatte. Doch die Band wollte ihr eigenes Klangbild entwickeln. Sie trennte sich daraufhin von Clarke und Decca. Enthoven und Gaydon mussten in der Folge die Band selbst finanzieren, konnten jedoch bald einen Vertrag mit Island Records abschließen. Daraufhin wurden die Arbeiten in den Wessex Studios wieder aufgenommen.

Ab 21. Juli wurde das titelgebende The Court of the Crimson King fertiggestellt. In den darauffolgenden Tagen nahm man das Mellotron und den Gesang auf. Am 29. Juli nahm sich die Band I Talk to the Wind vor, einen Tag später wandte man sich Epitaph zu. 21st Century Schizoid Man wurde vom ersten bis zum vierten August 1969 aufgenommen. Die Arbeiten daran wurden mit Fripps und McDonalds Soli abgeschlossen. Am 31. Juli wurden die Backing-Tracks für Moonchild aufgenommen. Aufgrund des Mangels an Songmaterial beschloss man, die kurze Ballade durch eine Improvisation (damals ohnehin bereits ein wichtiger Teil von King-Crimson-Konzerten) auszubauen. Die Aufnahmen waren Ende August abgeschlossen.

Weitere Stücke, die King Crimson zu dieser Zeit live spielten, wurden nicht auf dem Album veröffentlicht, darunter Mars (aus Gustav Holsts Suite Die Planeten, später als The Devil’s Triangle auf dem Folgealbum In the Wake of Poseidon veröffentlicht)[1] und Get thy Bearings (Coverversion eines Donovan-Songs), weil man keine Coverversionen auf dem Debütalbum haben wollte. Die Stücke Travel Weary Capricorn (Fripp, Lake, McDonald, Giles, Sinfield) und Drop In (Fripp, Lake, McDonald, Giles) aus dieser Zeit sind bis heute lediglich auf Live-Alben zu hören.

Titelliste Bearbeiten

Bis auf die gekennzeichneten Ausnahmen stammen alle Kompositionen aus der Feder von Robert Fripp, Ian McDonald, Greg Lake, Michael Giles und Peter Sinfield (Texte).

Seite A:

1. 21st Century Schizoid Man – 7:20
inklusive Mirrors
2. I Talk to the Wind (McDonald/Sinfield) – 6:05
3. Epitaph – 8:47
inklusive March for No Reason und Tomorrow and Tomorrow

Seite B:

4. Moonchild – 12:11
inklusive The Dream und The Illusion
5. The Court of the Crimson King (McDonald/Sinfield) – 9:22
inklusive The Return of the Fire Witch und The Dance of the Puppets

Die Gesamtlaufzeit des Albums beträgt 43:45 Minuten. Die weiteren Untertitel der fünf Stücke haben keinerlei Bedeutung. Die Musiker entschieden sich dafür, als sie hörten, dass sie mehr Geld bekommen würden, wenn das Album mehr Stücke enthielte.

Neuveröffentlichungen Bearbeiten

40th Anniversary Edition Bearbeiten

Im Jahr 2009 erschien im Rahmen der 40th Anniversary Series eine Box mit einer Audio-CD und einer DVD-Audio. Die Audio-CD enthält die Titel in einer überarbeiteten Stereoabmischung und die fünf Bonus-Titel Moonchild (Full Version), I Talk to the Wind (Duo Version), I Talk to the Wind (Alternate Mix), Epitaph (Backing Track) und Wind Session. Die Audio-DVD enthält alle Titel der Audio-CD im hochaufgelösten Stereoformat MLP Lossless Stereo (24-Bit/96 kHz) bzw. PCM Stereo 2.0 und im Mehrkanalformat DTS 5.1 bzw. MLP Lossless 5.1 Surround. Zusätzlich findet sich auf der DVD eine Abmischung des Albums von 2004 sowie eine als The Alternative Album bezeichnete Version. Für alle Überarbeitungen im Stereo- und Mehrkanalformat zeichnet Steven Wilson verantwortlich.

The Complete 1969 Recordings Bearbeiten

Im November 2020 erschien mit The Complete 1969 Recordings eine Zusammenstellung sämtlicher Aufnahmen aus dem Jahr 1969. Das Boxset umfasst 20 CDs, zwei DVDs und vier Blu-ray Discs. Enthalten sind neben neuer Remaster auch eine Dolby-Atmos-Abmischung des Albums durch Steven Wilson sowie umfangreiches Bonusmaterial und Konzert-Mitschnitte.

Musik Bearbeiten

21st Century Schizoid Man Bearbeiten

 

21st Century Schizoid Man bewegt sich im Bereich zwischen Hard Rock und Jazz. Zunächst dominieren ein E-Gitarren-Riff (Hörbeispiel/?), verzerrte Gitarrensounds und aggressiver, ebenfalls verzerrter Gesang. Später geht der Song in rasante Unisono-Läufe (Hörbeispiel/?) über, die dem Bebop entlehnt sind. Die Stilwechsel, die rhythmischen Brüche (in weiten Teilen wechseln 4/4-, 3/4-, 2/4-, 12/8- und 6/8-Takte) und die enorme Dynamik des Stückes waren zu dieser Zeit eine Ausnahmeerscheinung.

Der Einstiegsriff zu 21st Century Schizoid Man stammt von Greg Lake, die Erweiterung um die chromatische Tonfolge F, F# und G von Ian McDonald, der Riff am Beginn des instrumentalen Mittelteils geht auf eine Idee Fripps zurück, und Michael Giles ist für den Unisonoteil verantwortlich. Der Text wurde von Peter Sinfield verfasst. Die Bebop-artige Phrase am Beginn des instrumentalen Mittelteils stammt aus Ian McDonalds Tagen in einer Big Band der britischen Armee. Er hatte sie ursprünglich als Teil eines Stückes namens Three Score and Four für diese Band geschrieben, das jedoch nie gespielt worden war. McDonalds Solo über dem 12/8-Takt bricht abrupt ab, weil diese Tonspur der 8-Spur-Anlage im Anschluss für Robert Fripps Gitarre benötigt wurde.

I Talk to the Wind Bearbeiten

I Talk to the Wind fungiert als idyllisches Zwischenspiel zwischen dem frenetischen 21st Century Schizoid Man und dem hymnischen Abschluss der ersten Albumseite, Epitaph. Es ist das einzige Stück auf In the Court of the Crimson King, das nicht vollständig in Moll gehalten ist. McDonalds Flötensolo auf I Talk to the Wind wurde aus zwei verschiedenen Aufnahmen zusammengeschnitten. Der Schnitt ist bei 5:23 min. zu hören.

Epitaph Bearbeiten

Das hymnische Epitaph wird durch die Mollakkorde des Mellotrons dominiert. Im Text herrschen düstere Zukunftsvisionen vor, die durch den Verlust alter Wahrheiten und moralischer Anleitung aktuellen Wissens bestimmt sind. Die Hoffnungslosigkeit wird durch die achtzehnfache Wiederholung einer VI-v-Progression in e-Moll im Schlussteil Tomorrow and Tomorrow unterstrichen.

Epitaph wuchs seit Winter 1968/69 durch Beiträge verschiedener Bandmitglieder nach und nach an. Die Melodie stammt wohl von Lake, Tomorrow and Tomorrow geht auf eine Bandprobe am 27. Mai 1969 zurück. Erst am 6. Juni, als McDonald die Noten für Epitaph und Cadence and Cascade festhielt, scheint das Stück in seiner endgültigen Fassung vorgelegen zu haben.

Moonchild Bearbeiten

Die Ballade Moonchild beruht auf einfachen, reinen Dreiklängen, gängigen Akkordfolgen und Kadenzen. In dem Stück steht dabei der Moll-Septnonakkord im Vordergrund. Der größte Teil des über 12-minütigen Stückes wird von einer langen Improvisation eingenommen, mit der Fripp mittlerweile derart unzufrieden ist, dass er mehrfach geäußert hat, man hätte den Song um die Hälfte kürzen sollen. Für das Box-Set Frame by Frame (1991) hat er den improvisierten Teil herausgenommen.

Moonchild war im Februar im Keller des Fulham Palace Cafés entstanden. Die Melodie geht auf eine Zusammenarbeit von Fripp und McDonald zurück. Der dumpfe Schlagzeugklang wurde dadurch erreicht, dass Michael Giles seine Instrumente mit Handtüchern abdeckte. Bei 9:50 min. baute Fripp eine kurze Passage aus dem Oklahoma!-Stück Surrey with a Fringe on Top ein.

The Court of the Crimson King Bearbeiten

The Court of the Crimson King beruht ebenfalls auf einfachen, reinen Dreiklängen, gängigen Akkordfolgen und Kadenzen. Der Text stammte aus einem völlig anderen Stück, das Peter Sinfield 1968 geschrieben hatte. McDonald arbeitete seit dem 4. Februar an einer neuen Melodie für den Text. Eine kurze Phrase in McDonalds Flötensolo bei 5:11 min. geht auf Rimski-Korsakows Scheherazade zurück (Beginn des zweiten Satzes).

Albumcover Bearbeiten

Das Albumcover zeigt ein verzerrtes, schreiendes Gesicht mit weit aufgerissenen Augen und Mund in Großaufnahme. Auf der Innenseite des Klappcovers sind ein freundlicheres Gesicht und zwei Hände, deren Gestik eine rege Unterhaltung abzubilden scheint, zu sehen. Die Aquarelle wurden von Barry Godber gemalt, einem Freund von Peter Sinfield aus dessen Tagen am Chelsea Art College. Er starb ein Jahr nach der Veröffentlichung des Albums 24-jährig an einem Herzanfall.

Rezeption Bearbeiten

Quelle Bewertung
AllMusic      [2]
All About Jazz      [3]
Pitchfork           [4]
Laut.de      [5]
Musikexpress      [6]

Zusammen mit frühen Alben der Bands The Nice, Procol Harum und The Moody Blues ist In the Court of the Crimson King oft als erstes Progressive-Rock-Album bezeichnet worden.[7][8] Viele Bands haben sich an diesem Album orientiert, darunter Genesis, die sich das Cover in ihrem Proberaum an die Wand gepinnt hatten.

Das Musikmagazin eclipsed wählte das Album auf den 2. Platz seiner Liste der 150 wichtigsten Prog-Alben.[9] Im Juli 2010 listete die britische Musikzeitschrift Classic Rock das Album als eines der 50 Musikalben, die den Progressive Rock prägten[10]. Im Juni 2015 wählte Rolling Stone das Debütalbum auf Platz 2 der 50 besten Progressive-Rock-Alben aller Zeiten.[11]

Pitchfork führt In the Court of the Crimson King auf Platz 56 der 200 besten Alben der 1960er Jahre.[12]

Das Album wurde in die 1001 Albums You Must Hear Before You Die aufgenommen.

21st Century Schizoid Man ist bis heute King Crimsons’ bekanntestes Stück. 2003 nannte es der damalige britische Premierminister Tony Blair gegenüber der Zeitung The Guardian als sein Lieblingslied.[13] Der US-amerikanische Rapper Kanye West verwendete 2010 ein Sample aus 21st Century Schizoid Man für seinen Song Power.

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. In the Wake of Poseidon auf Allmusic
  2. Review von Bruce Eder auf allmusic.com (abgerufen am 24. September 2017)
  3. Review von John Kelman (40th Anniversary Edition) (Memento des Originals vom 28. Juli 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.allaboutjazz.com auf allaboutjazz.com (abgerufen am 24. September 2017)
  4. Review von Ryan Reed auf pitchfork.com (abgerufen am 23. April 2023)
  5. Review von Sven Kabelitz auf laut.de (abgerufen am 24. September 2017)
  6. Review von Wolfgang Bauduin, in: Musikexpress 12/1979, Heft 287, S. 57.
  7. Annalen des Jahres 1969. In: Babyblauen Seiten.
  8. In the Court of the Crimson King In: Progrography.
  9. eclipsed Nr. 144, S. 39.
  10. The 50 Albums That Built Prog Rock. In: Classic Rock. Nr. 146, Juli 2010, ISSN 1464-7834 (englisch, afka.net [abgerufen am 21. September 2022]).
  11. Dan Epstein: 50 Greatest Prog Rock Albums of All Time – King Crimson, 'In the Court of the Crimson King'. In: Rolling Stone. Wenner Media, 17. Juni 2015, abgerufen am 7. September 2015 (englisch).
  12. The 200 Best Albums of the 1960s auf pitchfork.com, abgerufen am 24. September 2017
  13. Rock on, Tony. In: guardian.co.uk. The Guardian, abgerufen am 7. Mai 2009 (englisch).