Huchem-Stammeln

Ortsteil von Niederzier im Kreis Düren

Das Dorf Huchem-Stammeln (Dürener Platt Huchem-Stammele) ist der zweitgrößte Ortsteil der Gemeinde Niederzier. Es liegt im Kreis Düren in Nordrhein-Westfalen nahe der Rur und wenige hundert Meter entfernt vom Schnittpunkt der Autobahn A 4 Köln-Aachen und der B 56 von Düren nach Jülich.

Huchem-Stammeln
Gemeinde Niederzier
Koordinaten: 50° 51′ N, 6° 27′ OKoordinaten: 50° 51′ 17″ N, 6° 27′ 27″ O
Höhe: 114 m ü. NHN
Fläche: 4,07 km²
Einwohner: 3466 (31. Dez. 2022)'[1]
Bevölkerungsdichte: 852 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1972
Postleitzahl: 52382
Vorwahl: 02428
Katholische Pfarrkirche
Katholische Pfarrkirche

Geografie Bearbeiten

 
Die Dörfer Hochem und Stammelen und die Niederköttenicher und Oberköttenicher Mühle um 1807

Das Dorf entstand aus drei Orten, Huchem (südlich), Stammeln (nördlich) und Köttenich (westlich). Der Umstand, dass diese länglichen Ortschaften an ihren äußeren Enden zusammenwuchsen, führte dazu, dass das räumliche Zentrum des Dorfes aus größeren Acker- und Weideflächen bestand, das von einem dünnen Ring aus bebauter Fläche umschlossen wurde. Diese Siedlungsform ist in der von Haufendörfern geprägten Kölner Bucht nur selten anzutreffen. Aufgrund des starken Wachstums des Dorfes seit der Mitte des 20. Jahrhunderts wurden die Ackerflächen in der Dorfmitte sukzessive in Bauland umgewandelt, so dass heute nur noch wenige Hektar der Ortsmitte unbebaut sind.

An der alten Grenze des ehemaligen Dorfteils Köttenich zu Huchem und Stammeln fließt der Lange Graben, ein ehemals ständig wasserführender Vorfluter, der bei Selhausen in die Rur mündet. Mit dem Ausbau der Industriegebiete im Umfeld der A 4 (Rurbenden, Talbenden (zu Düren), Großes Tal (zu Düren)) wurden weite Teile seines Quellgebietes versiegelt. Als Konsequenz fällt der Bach häufig trocken. Ebenso steigt die Wasserfracht bei sommerlichen Starkregen stark an. Ende der 1990er Jahre geschah es regelmäßig, dass die Wasserfracht des Baches schon am Eingang ins Wohngebiet des Dorfes so groß war, dass ein Rückstau ins Kanalsystem stattfand, wodurch viele Keller unter Wasser gesetzt wurden. Infolgedessen beschloss die Gemeinde Niederzier den Bau von Regenrückhaltebecken und eines zusätzlichen Regenwasserkanals vom Langen Graben zur Rur.

Geschichte Bearbeiten

 
Kartenausschnitt aus einer Karte des Herzogtums Jülich von Guillaume Sanson 1681

Frühe kartografische Nachweise der Existenz der beiden Ortsteile Huchem (Hocktert) und Stammeln (Stammel) finden sich auf einer Landkarte aus dem Jahre 1681. Die Karte des französischen Hofkartografen Guillaume Sanson trägt den Titel „Le Duché de Iuliers... et la Ville Imperiale d'Aix la chapelle“.[2]

In der Bevölkerungsliste des Jahres 1799 werden für die beiden Ortschaften Huchem/Hochheim und Stammeln/Stammelen 214 Einwohner und ein Bestand von 56 Häusern ausgewiesen, ohne dass nach Zugehörigkeit zur einzelnen Ortschaft unterschieden wurde.[3] Im 19. Jahrhundert lagen die beiden Weiler Huchem (oder: Hochem) und Stammeln im Abstand von einigen 100 Metern auf dem rechten Abhang der Ruraue, entsprechend etwa dem Verlauf der Köttenicher Straße (Stammeln) und der Bahnhofstraße (Huchem), jeweils etwa von der Hochheimstraße bis zum Buchenweg/Mittelstraße (heutige Straßennamen). Etwas außerhalb des heutigen westlichen Ortsrands nahe der Rur, gut einen halben Kilometer von Huchem und Stammeln entfernt, lagen die obere und die niedere Köttenicher Mühle.[4] 1873 wurde in westlicher Nachbarschaft der beiden Weiler die Bahnstrecke Jülich–Düren eröffnet. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, als Huchem und Stammeln langsam aufeinander zu wuchsen, wurde am Huchem zugewandten Ortsrand von Stammeln für beide Orte die Pfarrkirche St. Josef errichtet.

Einen entscheidenden Impuls erhielt das Wachstum des Dorfes, als der Dürener Leopold Schoeller jr. (ein Spross der Dürener Industriellenfamilie Schoeller) 1889 im Ortsteil Köttenich an der neuen Düren-Jülicher Landstraße eine Baumwollspinnerei errichtete. Dieses Textilwerk expandierte in den folgenden Jahrzehnten stark; die Textilarbeiter wurden zu einem erheblichen Teil am Ort angesiedelt. In der Folgezeit wurde Huchem-Stammeln, insbesondere Köttenich, zunehmend eine Arbeitersiedlung, die wirtschaftlich sehr stark vom Schoellerschen Textilwerk abhängig war.

Im Zweiten Weltkrieg lag das Dorf im Herbst/Winter 1944/45 einige Zeit in der Nähe der Westfront (vgl.: Rurfront) und wurde erheblich zerstört. Die Textilfabrik Schoeller konnte nach dem Krieg an ihre vorigen Erfolge anknüpfen, doch versuchte die Gemeinde, die wirtschaftliche Abhängigkeit des Dorfes von der Fabrik zu mildern. Im Süden des Dorfes wurde das Gewerbegebiet Rurbenden ausgewiesen, das seitdem mehrfach erweitert wurde. Im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts geriet das Textilwerk Schoeller zunehmend unter Kostendruck und technisierte seine Produktion, wodurch viele Arbeitsplätze verloren gingen. Kurz nach 2000 wurde die Textilproduktion am Standort Huchem-Stammeln vollständig eingestellt. Da das Gewerbegebiet Rurbenden mittlerweile nahezu vollständig mit Handels- und Gewerbebetrieben belegt ist, konnte man von einem geglückten Strukturwandel sprechen. Mittlerweile stehen jedoch durch Verlagerungen und Insolvenzen mehrere große Industrieanlagen leer. Das Gewerbegebiet wird nun stärker durch Einzelhandel und Dienstleistungen geprägt.

Kirche Bearbeiten

Eingemeindung Bearbeiten

Am 1. Januar 1972 wurde die bis dahin zum Amtsbezirk Birkesdorf gehörende Gemeinde Huchem-Stammeln im Rahmen der kommunalen Neugliederung in Nordrhein-Westfalen in die Gemeinde Niederzier eingegliedert.[5]

Wirtschaft und Infrastruktur Bearbeiten

Verkehr Bearbeiten

 
Der Bahnhof Huchem Stammeln vor seinem Umbau

Südlich des Dorfes befindet sich die Anschlussstelle Düren der A 4.

Es besteht im Ort der Bahnhof Huchem-Stammeln der Rurtalbahn an der Bahnstrecke Jülich–Düren. Nach Übernahme des Betriebs durch die Dürener Kreisbahn (DKB) wurde der Bahnhof zu einem Haltepunkt mit einem Gleis zurückgebaut. Seit 2011 ist Huchem-Stammeln wieder zu einem zweigleisigen Bahnhof ausgebaut.

Linie Linienverlauf Takt
RB 21 Rurtalbahn:
LinnichSIG Combibloc – Tetz – Broich – Jülich An den Aspen – Jülich Nord – Jülich – Forschungszentrum – Selgersdorf – Krauthausen – Selhausen – Huchem-Stammeln – Im Großen Tal – Düren
Stand: März 2022
30 min (HVZ) / 60 min (Linnich–Jülich Nord)
30 min / 60 min (SVZ) (Jülich Nord–Düren)

Der Ort wird außerdem von den AVV-Buslinien 223, 234 und 236 des Rurtalbus bedient. Zusätzlich verkehrt an Wochenenden ein Nachtbus. Bis zum 31. Dezember 2019 wurden die Linien 223 und 236 vom BVR Busverkehr Rheinland und die Linie 234 von der DKB betrieben.

Linie Verlauf
223 (Huchem-Stammeln – Selhausen – Krauthausen –) Daubenrath – Selgersdorf – Altenburg – Jülich Bf/ZOB – Jülich Neues Rathaus – Walramplatz
234 (Ellen – Oberzier – Niederzier – Hambach) / (Huchem-Stammeln – Selhausen) – Krauthausen (– Schophoven) – Merken – Inden/Altdorf (– Lucherberg)
236 Düren Kaiserplatz – StadtCenter – Bahnhof/ZOB – Birkesdorf – Huchem-Stammeln – Oberzier – Niederzier – Ellen – Arnoldsweiler – Merzenich Poolplatz – Merzenich Schule
N1 Nachtbus: nur in den Nächten Fr/Sa und Sa/So
Düren Bf/ZOB → Kaiserplatz → Birkesdorf → Huchem-Stammeln → Jülich → Niederzier → Arnoldsweiler

Gesellschaftliche und soziale Einrichtungen Bearbeiten

  • Katholische Pfarrkirche St. Josef in der Hochheimstraße
  • Katholische Grundschule Huchem-Stammeln in der Hochheimstraße
  • Zwei Kindergärten in der Grabenstraße und in der Hochheimstraße
  • Bürgerhaus in der Stammelner Straße (Köttenich)
  • Fußballplätze mit Vereinsheim des SV SW Huchem-Stammeln in der Karolingerstraße (Köttenich)
  • Tennisanlagen des SV SW Huchem-Stammeln in der Grabenstraße
  • Altenwohnheim der Arbeiterwohlfahrt in der Mittelstraße

Vereine Bearbeiten

  • Das Dorf stellt mit dem TV 1885 Huchem-Stammeln (etwa 1300 Mitglieder) den größten Sportverein der Gemeinde, er bietet die Sportarten Leichtathletik, Turnen, Jazzdance, Tennis, Tischtennis, Handball, Volleyball, Radsport, Schwimmen und Kraftsport an.[6]
  • Maigesellschaft „Fidele Jungs“ Huchem-Stammeln 1907 e.V.
  • St. Josef Bruder- und Schützengesellschaft 1920 e.V.
  • KG „Stammelte Böömche“ Huchem-Stammeln 1948 e.V.
  • 1. Karate Dojo Huchem-Stammeln e.V.
  • Verein der Freunde und Förderer der Feuerwehr Niederzier – Löschgruppe Huchem-Stammeln
  • SV Schwarz-Weiß Huchem-Stammeln 1919 e.V.[7]
  • Quartett-Gesangverein 1898 e.V. Huchem-Stammeln
  • (KAB) Katholische Arbeitnehmer Bewegung St. Josef Huchem-Stammeln
  • VDK-Ortsverband Huchem-Stammeln
  • Reit und Fahrfreunde Huchem-Stammeln e.V.
  • MSC Huchem-Stammeln
  • Musikgruppe'79 Huchem-Stammeln e.V.

Unternehmen Bearbeiten

Zwischen 1974 und 1985 siedelte sich die Firma Anton Lorenz GmbH, ein Sägewerk und Parketthersteller, im Gewerbegebiet an, der 2010 insolvent wurde. Die Firma Pelikan (ehemals Roteck) hatte hier bis zum Ende des Jahres 2010 ihr europäisches Logistikzentrum für Druckerzubehör.

Kultur und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Regelmäßige Veranstaltungen Bearbeiten

  • Jedes Jahr im September findet im Gewerbegebiet die Leistungsschau, ein eintägiges Gewerbefest, statt.
  • jährliche Karnevalsveranstaltungen (z. B. Kappensitzung, Kindersitzung, Damensitzung, Kostümball, Karnevalszug)
  • jährliches Schützenfest (immer am 4. Wochenende im Juni)
  • jährliches Maifest

Persönlichkeiten Bearbeiten

Söhne und Töchter des Dorfes Bearbeiten

  • Nelly Pütz (1939–1959), Kindergärtnerin aus Köttenich

Weblinks Bearbeiten

  • Zahlen, Daten & Fakten. Gemeinde Niederzier, abgerufen am 2. März 2012 (Zahlen, Daten & Fakten explizit auch zu Huchem-Stammeln): „Einwohnerzahlen aktuell, Steuern & Gebühren, Haushaltsvolumen, Schuldenentwicklung / Pro-Kopf-Verschuldung“
  • Stadtplan Huchem-Stammeln. OpenStreetMap, abgerufen am 4. August 2010 (noch zu wenig Mitarbeit von Ortskundigen).
  • Stadtplan Huchem-Stammeln. city-map Region Kreis Düren, abgerufen am 4. August 2010.
  • Rurbenden
  • Talbenden

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Zahlen, Daten & Fakten. Abgerufen am 8. Mai 2022.
  2. Guillaume Sanson: Die Karte linksrheinischer Herzogtümer 1681. In: Gallica, Bibliothèque nationale de France. Abgerufen am 11. März 2019.
  3. Kaulen, Heinz / Dürener Geschichtsverein: Die Bevölkerungs- und Sozialstruktur der Orte der heutigen Gemeinde Niederzier im Jahre 1799 - Wiedergabe und Auswertung der Bevölkerungslisten aus französischer Zeit. Beiträge zur Geschichte des Dürener Landes, Band 26, Dürener Geschichtsverein, Düren, 2006 (S. 17, 20).
  4. Messtischblatt 5104 von 1940. In: Deutsche Fotothek Dresden, Sächsische Landesbibliothek. Abgerufen am 22. Februar 2019.
  5. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 306.
  6. TV 1885 Huchem-Stammeln e.V. Engelmann, Robert (Geschäftsführer), abgerufen am 4. August 2010 (PDF-Version funktioniert noch nicht): „Pünktlich zum 125-jährigen Vereinsjubiläum startet unsere neue Vereinshomepage.“
  7. 100 Jahre SV Schwarz-Weiß Huchem-Stammeln 1919 e.V. Abgerufen am 22. Februar 2019.