Herlinde Koelbl

deutsche Fotografin und Fotojournalistin

Herlinde Koelbl (* 31. Oktober 1939 in Lindau, Bodensee) ist eine deutsche Fotografin und Dokumentarfilmerin. Unter anderem fotografierte und interviewte sie in einer Langzeitstudie bekannte deutsche Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft.

Herlinde Koelbl (2015)

Leben Bearbeiten

1960 nahm Herlinde Koelbl in München ein Modestudium auf.[1] 1959 heiratete sie und wurde Mutter von vier Kindern, darunter die 1965 geborene Tochter und spätere Journalistin und Autorin Susanne Koelbl.

Erst 1976 kam die Modedesignerin als Autodidaktin zur Fotografie und arbeitete unter anderem für renommierte Zeitschriften und Zeitungen wie Stern, Die Zeit und New York Times. In der Fachwelt hat sie sich mit diversen Ausstellungen im In- und Ausland einen Namen gemacht.

Der erste große Erfolg in der Öffentlichkeit war 1980 der Bildband Das deutsche Wohnzimmer. Es folgten weitere Bildbände wie 1984 Männer und 1996 Starke Frauen, die mutige und ehrliche Aktporträts enthalten. Bemerkenswert ist Koelbls preisgekröntes Werk Jüdische Porträts von 1989. Darin enthaltene Fotografien wurden im Jüdischen Museum Frankfurt, im Spertus Museum in Chicago und vielen anderen Museen ausgestellt. Ihr Werk Haare erschien 2007 parallel zur Ausstellung der Bilder in Hamburg.

 
Fotografin Herlinde Koelbl während eines Gastvortrags an der Universität in Heidelberg (Januar 2020)

Ihr bislang größtes Projekt ist eine Langzeitstudie, für die sie von 1991 bis 1998 jährlich 15 Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft fotografierte und interviewte. Unter dem Titel Spuren der Macht – Die Verwandlung des Menschen durch das Amt erschien 1999 ein Bildband, der u. a. die Veränderung von Joschka Fischer, Gerhard Schröder, Angela Merkel, Arnold Vaatz, Frank Schirrmacher, Renate Schmidt, Monika Hohlmeier und Irmgard Schwaetzer darstellt, sowie ein Dokumentarfilm dazu, der auch im Fernsehen ausgestrahlt wurde. 1999 wurde dieser Fernsehfilm mit dem Deutschen Kritikerpreis ausgezeichnet. Die gleichnamige Ausstellung war in Berlin (Deutsches Historisches Museum), in München (Haus der Kunst), in Bonn (Haus der Geschichte) und auf der Art Frankfurt 2002 zu sehen.

2003 drehte sie über Benjamin von Stuckrad-Barre den Dokumentarfilm Rausch und Ruhm, der dessen Weg durch den Drogenentzug zeigt.

2009 wurde zum ersten Mal eine Werkschau mit Koelbls Gesamtwerk in ihrer bislang größten Ausstellung im Berliner Martin-Gropius-Bau präsentiert. Vom 17. Juli bis zum 1. November wurden unter dem Titel Herlinde Koelbl Fotografien 1976–2009 450 teilweise unveröffentlichte Fotografien aus dreißig Jahren ausgestellt.[2]

Sie lebt und arbeitet in Neuried bei München.

Arbeitsweise Bearbeiten

Herlinde Koelbl antwortete in einem Interview auf die Frage, ob sich für ihre Porträts der Fotografierte entblößen solle:

„Das ist der falsche Ansatz. Ich will eine Geschichte über den Menschen erzählen. Seine Geschichte. Das gelingt nur im Dialog. [...] Menschen öffnen sich nur, wenn sie glauben, dass der andere sie nicht dekuvrieren will. Es ist ein Miteinander. Der Porträtierte merkt, dass ich ihn annehme, nicht über ihn urteile. Ich gebe ihm Zeit, nicht funktionieren zu müssen, sondern sein zu können.“

Herlinde Koelbl[3]

Auszeichnungen und Ehrungen Bearbeiten

Werke Bearbeiten

Fernsehfilme Bearbeiten

  • Rausch und Ruhm. (ARD, 2003) Dokumentation über den Drogenentzug des Benjamin von Stuckrad-Barre.
  • Die Meute – Macht und Ohnmacht der Medien. (WDR, 2001)
  • Spuren der Macht – Die Verwandlung des Menschen durch das Amt. (ARD, 1999; 90 min)

Ausstellungen (Auswahl) Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Gero von Boehm: Herlinde Koelbl. 8. Juni 2009. In: Begegnungen. Menschenbilder aus drei Jahrzehnten. Collection Rolf Heyne, München 2012, ISBN 978-3-89910-443-1, S. 671–677 (Interview).
  • Rita Kohlmaier: Herlinde Koelbl. In: Frauen 70+ Cool. Rebellisch. Weise. Elisabeth Sandmann Verlag, München 2020, ISBN 978-3-945543-76-4, S. 52–57.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Herlinde Koelbl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Herlinde Koelbl in: Internationales Biographisches Archiv 11/2013 vom 12. März 2013, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  2. Gabriela Walde: Gesellschaftsfotografie: Herlinde Koelbl – die Meisterin von Schein und Sein. In: DIE WELT. 16. Juli 2009 (welt.de [abgerufen am 7. September 2022]).
  3. Marc Felix Serrao: Herlinde Koelbl über Gesichter. Interview. in: Süddeutsche Zeitung, Nr. 2, 3./4. Januar 2015, ISSN 0174-4917, Seite 58.
  4. Landeshauptstadt München Stadtverwaltung: Kultureller Ehrenpreis. Abgerufen am 7. September 2022.
  5. Ausstellung mit Fotografin von Herlinde Koelbl im Berliner Hauptbahnhof - Deutsche Bahn Stiftung. Abgerufen am 9. September 2022.
  6. "Faszination Wissenschaft" Fotoausstellung von Herlinde Koelbl. In: OAG Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens. Abgerufen am 11. November 2022.
  7. Ausstellung TOD UND LEBEN. MACHT UND OHNMACHT in München, 26. April – 30. November 2023, vgl. herlindekoelbl.de
  8. Ausstellung Metamorphosen im Bayerischen Nationalmuseum, München, 22. Juni – 8. Okt 2023, vgl. herlindekoelbl.de
  9. Ausstellung Metamorphosen im Grass, Leipzig, 23. November 2023 – 7. April 2024, vgl. herlindekoelbl.de