Henry Purcell

englischer Komponist des Barocks

Henry Purcell (zeitgenössische Betonung [ˈpɜːrsəl],[1][2] heute manchmal [pərˈsɛl];[3][4] * 10. September 1659 (?) in Westminster; † 21. November 1695 ebenda) war ein englischer Komponist des Barocks. Schon zu seinen Lebzeiten galt er als der bedeutendste englische Komponist und wurde daher mit dem Ehrentitel Orpheus britannicus gewürdigt.

Henry Purcell, Porträt von John Closterman (1660–1711)

Leben Bearbeiten

Henry Purcell war der Sohn eines Mitglieds der um 1660 errichteten Chapel Royal, der Sängerkapelle König Karls II. Er erhielt seine Ausbildung als Chorknabe derselben Kapelle durch deren Vorsteher Henry Cooke († 1672) und dessen Nachfolger Pelham Humfrey (1647–1674). Nach Humfreys Tod setzte er seine Ausbildung bei John Blow und Matthew Locke (1621/22–1677) fort. 1676 übernahm er das Organistenamt an der Westminster Abbey. Im selben Jahr schrieb er Musik zu John Drydens Schauspiel Aureng-Zebe und zu Thomas Shadwells Epsom Wells und The Libertine. Es folgten weitere Schauspielmusiken, darunter eine Ouvertüre und eine Masque zu Shadwells Bearbeitung von Shakespeares Timon of Athens.

1682 wurde Purcell als Organist der Chapel Royal angestellt, eine Position, die er zeitgleich mit seinem Organistenamt an der Westminster Abbey innehatte. Seine ersten Werke, die im Druck erschienen, die Twelve Sonatas, wurden 1683 veröffentlicht. In den Jahren danach schuf er hauptsächlich geistliche Musik und Oden zu festlichen Anlässen des Königshauses. 1685 schrieb er anlässlich der Krönung von Jakob II. zwei seiner bekanntesten Anthems, I was glad und My heart is inditing. 1687 setzte er seine Verbindung zu den Londoner Theatern fort und schrieb Musik zu Drydens Tragödie Tyrannick Love.

Für das Jahr 1689 ist die Aufführung seiner ersten Oper Dido und Aeneas belegt. Später schrieb er 38 dramatische Musikwerke, die durch ihre Stoffe (teils nach William Shakespeare, teils von John Dryden) und durch die Originalität der Musik Aufsehen erregten. Nicht minder waren seine Kirchenkompositionen von den Zeitgenossen und Nachfolgern, namentlich auch von Händel, geschätzt.

1690 schrieb er Lieder zu Drydens Version von Shakespeares The Tempest, darunter Full fathom five und Come unto these yellow sands, und Musik zu Bettertons Bearbeitung von Fletcher und Massingers Prophetess (später besser bekannt unter dem Titel Dioclesian) und zu Drydens Amphitryon; 1691 entstand die Semi-Oper King Arthur, ebenfalls nach einem Libretto von Dryden. 1692 komponierte Purcell Musik zu The Fairy Queen, einer Bearbeitung von Shakespeares Sommernachtstraum. 1693 schrieb er Musik für zwei Komödien von William Congreve: The Old Bachelor und The Double Dealer.

Zu Purcells Meisterwerken gehören sein Te Deum und Jubilate, die für den Cäcilientag des Jahres 1694 entstanden – es handelt sich hier um das erste englische Te Deum mit Orchesterbegleitung. Er komponierte ein Anthem für die Trauerfeier der Königin Maria II. von England 1694.

Henry Purcell starb 1695 auf dem Zenit seines Schaffens mit Mitte dreißig. Er wurde in der Westminster Abbey neben der Orgel begraben. Auf seinem Grabstein steht: Here lyes Henry Purcell Esq., who left this life and is gone to that blessed place where only his harmony can be exceeded.

Seine Witwe Frances Purcell († 1706) veröffentlichte einige seiner Werke im Druck, darunter die berühmte Sammlung Orpheus Britannicus (zwei Bücher, 1698[5] und 1702).[6] Purcell hatte vermutlich einen Sohn, Edward (1689–1740), der ebenfalls komponierte.

Die Verwandtschaftsverhältnisse zu den weiteren Musikern der Familie Purcell sind nicht endgültig aufgeschlüsselt. Der Komponist Daniel Purcell (ca. 1664–1717) war möglicherweise sein Bruder oder ein Cousin. Der letzte bekannte Musiker dieser Familie, Edward Henry Purcell (?–1765), war sehr wahrscheinlich sein Enkel.

Rezeption Bearbeiten

 
Frontispiz der 2. Auflage des Orpheus Britannicus, erschienen bei William Pearson, London 1706

Purcell war zu seiner Zeit so berühmt, dass ihm fälschlicherweise das beliebte Musikstück Trumpet Voluntary zugeschrieben wurde, das tatsächlich aber von Jeremiah Clarke stammt und den Titel Prince of Denmark’s March trägt. Bereits von Zeitgenossen mit diesem Titel gewürdigt, galt Purcell lange Zeit als größter englischer Komponist, vor allem wegen seiner Vokalwerke. Bemerkenswert ist Purcells einfühlsame Verwendung der englischen Sprache. Später beeinflusste Purcell moderne britische Komponisten wie Benjamin Britten, Michael Tippett, Peter Maxwell Davies oder Michael Nyman.

1836 wurde in London ein Purcell Club gegründet, der sich die Aufführung seiner Werke zur Aufgabe gemacht hatte, aber 1863 aufgelöst wurde. 1876 wurde die Purcell Society gegründet, die sich der Veröffentlichung seiner Werke im Druck gewidmet und eine Gesamtausgabe initiiert hat.

Das Anthem für die Trauerfeier der Königin Maria II. von England wurde in einer elektronischen Fassung von Wendy Carlos zur Titelmusik von Stanley Kubricks Film Uhrwerk Orange und wurde auch in Conker’s Bad Fur Day im Intro genutzt.

Auch moderne Rock-Musiker haben sich auf ihn berufen: Pete Townshend von der Gruppe The Who zählte Purcell zu seinen bedeutendsten Einflüssen, was beispielsweise in den Anfangstakten von Pinball Wizard deutlich wird.

Klaus Nomi interpretierte Werke von Purcell als Countertenor.

Seit 1961 trägt das Purcell-Schneefeld auf der westantarktischen Alexander-I.-Insel seinen Namen. 1990 wurde der Asteroid (4040) Purcell nach ihm benannt.

Werk Bearbeiten

Hörbeispiel: „I was glad“, gespielt vom MIT Chamber Chorus
Hörbeispiele von Henry Purcell für Gamben-Consort, gespielt von Phillip W. Serna.
In Nomine à 6, Z 746 (1680) In Nomine à 7, Z 747 (1680)

Opern:

Semi-Opern:

Anthems (Auswahl):

Daneben zahlreiche Stücke der Vokal- und Instrumentalmusik wie Cembalo- und Orgelstücke, Chorwerke, darunter zwei Cäcilienoden, sowie 42 Duette und über 100 Lieder.

Eine vollständige Aufstellung der Werke Purcells bietet das Zimmerman-Verzeichnis (Z).

Gesamtausgabe seiner Werke: The Works of Henry Purcell (London 1878-, rev. 1961- ) (Purcell Society Edition).

Literatur Bearbeiten

  • Dennis Arundell: Henry Purcell. London 1927. Übersetzt deutsch von H.W. Draber. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1929.
  • Michael Burden (Hrsg.): The Purcell Companion. London 1995.
  • William H. Cummings Henry Purcell (Great Musicians Series). London 1881.
  • Arthur Keith Holland: Henry Purcell. London 1932; Neuausgabe: Penguin Books 1948.
  • Peter Holman: Henry Purcell. Oxford 1994.
  • Jonathan Keates: Purcell. A biography. Faber and Faber, London 2009. ISBN 978-0-571-24909-1.
  • Curtis Price: Henry Purcell and the London Stage. Cambridge 1984.
  • Curtis Price (Hrsg.): Purcell Studies. Cambridge 1995.
  • Alon Schab: The Sonatas of Henry Purcell: Rhetoric and Reversal. University of Rochester Press, Rochester 2018.
  • Reinhold Sietz: Henry Purcell. Zeit. Leben. Werk. Breitkopf & Härtel, Leipzig 1955.
  • Jack Allan Westrup: Purcell (The Master Musicians Series). Dent, London 1937.
  • Bruce Wood: Purcell. An extraordinary life. Associated Board of the Royal Schools of Music (ABRSM), London 2009, ISBN 978-1-86096-298-1.
  • Franklin B. Zimmerman: Henry Purcell 1659–1695. His Life and Times. London 1967, 2. Auflage 1983.

Verfilmungen Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Commons: Henry Purcell – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. [1]
  2. [2]
  3. Die Betonung auf der zweiten Silbe ist so selten, dass sie von manchen englischen Wörterbüchern gar nicht erwähnt wird, z. B. Collins English Dictionary
  4. [3]
  5. Digitalisat (63 Seiten)
  6. Band I (2. Auflage 1706)