Heinrich Oenning

deutscher Geistlicher und NS-Opfer

Heinrich Oenning (* 3. April 1904 in Weseke; † 12. November 1977 in Beckum) war ein katholischer Geistlicher.[1] Als Widersacher des Nationalsozialismus war er im KZ Dachau inhaftiert.

Heinrich Oenning, August 1974

Leben Bearbeiten

Heinrich Oenning wurde als Sohn eines Bauern geboren. Aufgrund seines Lerneifers und seiner Begabung gestattete ihm der Vater, das Gymnasium zu besuchen, zunächst in Borken, dann das Gymnasium Paulinum in Münster, an dem er 1924 das Abitur ablegte.[2] Anschließend studierte er Theologie in Münster und in München. Am 22. Dezember 1928 wurde er in Münster zum Priester geweiht. Von 1928 bis 1931 war er Kaplan an der Propsteikirche St. Urbanus in Gelsenkirchen-Buer.[2] Von 1931 an war er Diözesansekretär des Volksvereins für das katholische Deutschland, bis zu dessen Verbot durch die Nationalsozialisten 1933.[3] Danach arbeitete Oenning als Gefängnisseelsorger in Münster und war zudem Präses der Werkjugend, des Jugendverbandes der katholischen Arbeitervereine, für den Gau Münsterland.[4] 1938 wurde er als Kaplan in die Pfarrei St. Michael in Duisburg-Wanheimerort versetzt.[5]

Nach der „Machtergreifung“ wurde Kaplan Oenning mehrfach verhört. Ihm wurde zum einen vorgehalten, die Bibliothek des verbotenen Volksvereins fortgeführt und so NS-kritische Schriften verbreitet zu haben,[3] und zum anderen, nach dem Verbot der katholischen Jugendverbände 1938 die Jugendarbeit fortgesetzt zu haben und damit die Gleichschaltung der Jugend durch die Hitlerjugend zu unterlaufen.[6] Er wurde beschuldigt, den am 6. Februar 1939 aufgelösten Katholischen Jungmännerverband (KJMV) illegal weiterzuführen.[7] Am 16. Mai 1941 wurde er wegen „staatsfeindlicher“ Äußerungen von der Gestapo verhaftet.[6] Außerdem hielt man ihm vor, gegen Maßnahmen des NS-Staates (u. a. gegen den Reichsarbeitsdienst, das Pflichtjahr und Umsiedlungen) öffentlich Stellung genommen zu haben.[7] In einem Brief an die Mitglieder des Männerapostolates hatte Kaplan Oenning die Angriffe der Wehrmacht auf „schwächere Nachbarn“ als „schreiendes Unrecht“ bezeichnet.[3] Am 22. August 1941 wurde er in den Pfarrerblock (KZ Dachau) eingeliefert (Häftlings-Nr. 26985).[8] Denn er zersetze – so die Gestapo – den „Willen zur wehrhaften Selbstbehauptung“.[7]

Am 18. Oktober 1941 wurde Kaplan Oenning dem Sondergericht Düsseldorf überstellt und von diesem zu 8 Monaten Haft verurteilt.[9] Oenning habe, so das Gericht, „die Feindpropaganda übernommen, Deutschland sei ein räuberischer Nachbar“.[3] Seinem Rechtsanwalt gelang es zu erwirken, dass Kaplan Oenning am 13. Januar 1942 aus der Haft im KZ Dachau zum Dienst in der Wehrmacht eingezogen wurde.[3] Damit unterlag er der Wehrgerichtsbarkeit und war insofern vor einem erneuten Zugriff der Gestapo geschützt. Im April 1945 geriet er in amerikanische Gefangenschaft, aus der er nach wenigen Wochen entlassen wurde.[3]

Von 1948 bis 1951 war Heinrich Oenning Pfarrer in St. Laurentius in Gelsenkirchen-Horst,[10] ab 6. Mai 1951 Pfarrdechant in St. Stephanus in Beckum. 1967 wurde er zum Propst ernannt.[11] 1975 trat er in den Ruhestand.

Ehrungen Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Heinrich Oenning, in: Emil Thoma, Eugen Weiler: Die Geistlichen in Dachau sowie in anderen Konzentrationslagern und in Gefängnissen. Tengen-Wiechs 1982. Bd. 2, S. 311–318.
  • Christian Frieling: Priester aus dem Bistum Münster im KZ. 38 Biographien. Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Münster 1993. ISBN 3-402-05427-2. Darin S. 150–151: Heinrich Oenning.
  • Bericht über den Schutzhäftling Heinrich Franz Oenning vom 16. Mai 1941, in: Gestapo-Personenakten der Leitstelle Düsseldorf, Hauptstaatsarchiv Düsseldorf, RW 58/4942. Abgedruckt in: Vera Bücker, Bernhard Nadorf, Markus Potthoff: Nikolaus Groß. Arbeiterführer – Widerstandskämpfer – Glaubenszeuge. „Wie sollen wir vor Gott und unserem Volk bestehen?“ Der politische und soziale Katholizismus im Ruhrgebiet 1927 bis 1949. Lit, Münster, 2. Aufl. 2001. ISBN 3-8258-5680-1. S. 168–169.
  • Wilhelm M. Schneider: Der Beckumer Propst Heinrich Oenning, Häftling im KZ Dachau. In: Münsterland – Jahrbuch des Kreises Warendorf, herausgegeben vom Kreisheimatverein Beckum-Warendorf e.V., Jg. 63 (2014), S. 395–398.

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Bistumarchiv Münster, Abt. Pd, Bestand 51.01, Nr. 22252, Klerikerkartei.
  2. a b Wilhelm M. Schneider: Der Beckumer Propst Heinrich Oenning, Häftling im KZ Dachau. In: Münsterland – Jahrbuch des Kreises Warendorf, Jg. 63 (2014), S. 395–398, hier S. 396.
  3. a b c d e f Christian Frieling: Priester aus dem Bistum Münster im KZ. Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Münster 1993, S. 150–151.
  4. Christoph Kösters: Katholische Verbände und moderne Gesellschaft. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 1995, S. 285.
  5. Peter Dohms (Bearb.): Flugschriften in Gestapo-Akten. Nachweis und Analyse der Flugschriften in den Gestapo-Akten des Hauptstaatsarchivs Düsseldorf. Mit einem Literaturbericht und einer Quellenübersicht zu Widerstand und Verfolgung im Rhein-Ruhr-Gebiet 1933–1945. Respublica-Verlag, Siegburg 1977. ISBN 3-87710-071-6. S. 234.
  6. a b Ulrich von Hehl (Bearb.): Priester unter Hitlers Terror. Eine biographische und statistische Erhebung. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn, 3. Aufl. 1996. ISBN 3-506-79839-1. Bd. 2, S. 1074.
  7. a b c Gestapo-Personenakten der Leitstelle Düsseldorf: Bericht über den Schutzhäftling Heinrich Franz Oenning vom 16. Mai 1941 (siehe Literatur).
  8. Bedřich Hoffmann, John Louis Morkovsky: And who will kill you? The chronicle of the life and sufferings of priests in the concentration camps. Pallottinum, Poznań 1994. ISBN 83-7014-223-0. S. 406.
  9. Heinrich Portmann: Tagebuch, Eintrag vom 12. November 1941, abgerufen am 18. Dezember 2014.
  10. Josef Dördelmann: Geschichte der katholischen Pfarrgemeinde St. Laurentius. In: Heinrich Allekotte (Hg.): Horster Heimatbuch. Heimatbund Gelsenkirchen, Gelsenkirchen-Buer 1958.
  11. Wilhelm M. Schneider: Der Beckumer Propst Heinrich Oenning, Häftling im KZ Dachau. In: Münsterland – Jahrbuch des Kreises Warendorf, Jg. 63 (2014), S. 395–398, hier S. 397.
  12. Bundespräsidialamt