Gryfice (deutsch Greifenberg in Pommern, früher Greiffenberg; niederdeutsch Griphenberg (Griphenberch), Griepenbarg) ist eine Stadt in der polnischen Woiwodschaft Westpommern. Sie ist Kreisstadt des Powiats Gryficki und Sitz einer Stadt- und Landgemeinde.

Gryfice
Wappen von Gryfice
Gryfice (Polen)
Gryfice (Polen)
Gryfice
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Westpommern
Powiat: Gryfice
Fläche: 12,00 km²
Geographische Lage: 53° 55′ N, 15° 12′ OKoordinaten: 53° 54′ 58″ N, 15° 11′ 59″ O
Höhe: 18 m n.p.m.
Einwohner: 16.212
(31. Dez. 2020)[1]
Postleitzahl: 72-300 bis 72-302
Telefonvorwahl: (+48) 91
Kfz-Kennzeichen: ZGY
Wirtschaft und Verkehr
Straße: Woiwodschaftsstraße (DW) 105: Świerzno–Gryfice–Rzesznikowo
DW 109: PłotyTrzebiatówMrzeżyno
DW 110: Lędzin–Cerkwica–Gryfice
Eisenbahn: PKP-Strecke 402: Koszalin–Kołobrzeg↔Płoty–Goleniów
Nächster int. Flughafen: Stettin-Goleniów
Gmina
Gminatyp: Stadt- und Landgemeinde
Gminagliederung: 51 Ortschaften
31 Schulzenämter
Fläche: 261,30 km²
Einwohner: 23.647
(31. Dez. 2020)[1]
Bevölkerungsdichte: 90 Einw./km²
Gemeindenummer (GUS): 3205023
Verwaltung (Stand: 2009)
Bürgermeister: Andrzej Szczygieł
Adresse: pl. Zwycięstwa 37
72-300 Gryfice
Webpräsenz: Gmina Gryfice. Abgerufen am 24. September 2017 (polnisch).



Geographische Lage Bearbeiten

Die Stadt liegt in Hinterpommern am Fluss Rega, etwa 48 Kilometer südwestlich von Kołobrzeg (Kolberg) und 90 Kilometer nordöstlich von Stettin. Die Ostseeküste ist 28 Kilometer entfernt.

Geschichte Bearbeiten

 
Greifenberg auf der Lubinschen Karte von 1618.

In der Mitte des 13. Jahrhunderts herrschten in Pommern die Greifenherzöge Barnim I. und Wartislaw III. Sie riefen zur Stärkung ihres Herrschaftsgebiets Deutsche ins Land, Barnim siedelte vornehmlich Deutsche in den östlichen Gebieten an, während Wartislaw in dem von ihm beherrschten westlichen Bereich holländische und dänische Siedler anwarb. Beide Herzöge wetteiferten ab 1234 mit der Gründung von Städten. Zu Wartislaws Stadtgründungen gehören unter anderem Greifswald, Demmin und Kolberg. Erst zwei Jahre vor seinem Tod stellte er 1262 eine Stadtgründungsurkunde nach lübischem Recht für eine am Mittellauf des Flusses Rega gelegene Siedlung aus, der er 100 Hufen Land überließ. Der künftige Statthalter Jakob von Trebetow bekam davon 20 Hufen und den Auftrag, die Stadtgründung voranzutreiben. Dies alles geschah, ohne dass für die zukünftige Stadt ein Name festgelegt wurde. Erst nach dem Tode von Wartislaw verlieh dessen Erbe Barnim I. der Stadt den Namen Griphenberch.

 
Gryfice von oben
 
Gebäude der Stadt- und Kreisverwaltung Gryfice
 
St.-Mariä-Himmelfahrt-Kirche
 
St.-Georgs-Kapelle
 
Orthodoxe vormals Altlutherische St.-Johannes-Kirche
 
Steintor
 
Hohes Tor
 
Pulverturm
 
Gerichtsgebäude
 
Bibliothek

Nach der Verleihung des Rechts der freien Schifffahrt auf der Rega gelangte die Stadt schnell zu Wohlstand. Der Handel blühte weiter auf, nachdem 1365 der Beitritt zur Hanse erfolgte. Greifenberg umgab sich mit einer Stadtmauer, durchbrochen von drei Toren, von denen das Hohe und das Steintor noch heute erhalten sind. Ende des 13. Jahrhunderts wurde mit dem Bau der dreischiffigen Backsteinkirche St. Marien begonnen. In einer Urkunde aus dem Jahr 1386 wird eine Lateinschule in Greifenberg erwähnt, die zu den ältesten in Pommern gezählt wird. Im 15. Jahrhundert gab es mehrfach Streitigkeiten mit dem nördlich gelegenen Treptow, das versuchte, von den auf der Rega fahrenden Greifenberger Schiffen Zoll einzufordern. Der Konflikt eskalierte, als Treptow 1449 versuchte, den Fluss für alle aus Süden kommenden Schiffe zu sperren.

1658 brach ein verheerender Stadtbrand aus, dem auch die Marienkirche zum Opfer fiel. Ihr Wiederaufbau dauerte zehn Jahre. Zu dieser Zeit befand sich Greifenberg im Ergebnis des Westfälischen Friedens bereits unter der Herrschaft Brandenburgs und war verwaltungsmäßig in den Greifenberger Kreis eingegliedert worden. Während des 18. Jahrhunderts dehnte sich die Stadt durch die Errichtung der Camminer und Triglaffer Vorstadt aus, und es kam zu Umschichtungen der Erwerbsquellen. War bisher der Seehandel dominant gewesen, wurde er allmählich durch die Leinenweberei verdrängt, mit der die Stadt sich später einen guten Namen machte.

Mit der preußischen Verwaltungsreform von 1818 wurde Greifenberg Kreisstadt des Landkreises Greifenberg. Im Rahmen einer Stadterweiterung entstand die Greifenberger Neustadt. Zu dieser Zeit lebten etwa 5.000 Menschen in der Stadt. 1852 erhielt die Stadt ein Gymnasium, das Friedrich-Wilhelms-Gymnasium.[2] 1882 erfolgte der Anschluss an die Bahnlinie Altdamm – (Kolberg, und am 1. Juli 1896 wurde die Greifenberger Kleinbahn, eine Schmalspurbahn, eröffnet. Dadurch mit bedingt siedelten sich neue Industriebetriebe wie Zucker-, Ofen- und Tonwarenfabriken an. Um 1900 hatte Greifenberg zwei evangelische Kirchen (darunter die Marienkirche aus dem 13. Jahrhundert), eine Synagoge, ein Gymnasium, eine Unteroffiziersschule und war Sitz eines Amtsgerichts.[3]

Als am Ende des Zweiten Weltkrieges die sowjetischen Truppen die Stadt eroberten, fiel die Innenstadt einem Großbrand zum Opfer, und am Ende der Kampfhandlungen war Greifenberg zu etwa 40 Prozent zerstört. Die Stadt wurde nach Kriegsende unter polnische Verwaltung gestellt, und es begann die Zuwanderung von Polen und Ukrainern, die vorwiegend aus Gebieten östlich der Curzon-Linie kamen. Die verbliebenen deutschen Bürger wurden aus ihren Häusern gedrängt, und es begann ihre Vertreibung, die 1946 abgeschlossen war. Die Stadt Greifenberg wurde in Gryfice umbenannt.

Demographie Bearbeiten

Anzahl Einwohner
Jahr Einwohnerzahl Anmerkungen
1740 1724 [4]
1791 2016 davon 19 Juden[5]
1822 2890 [4]
1867 5854 am 3. Dezember[6]
1871 5619 am 1. Dezember, davon 5474 Evangelische, 16 Katholiken, vier sonstige Christen und 125 Juden[6]
1875 5631 [7]
1880 5860 [7]
1890 5293 davon 21 Katholiken und 135 Juden[7]
1900 6477 [3]
1925 8397 [7]
1933 9324 [7]
1939 10.426 davon 9705 Evangelische, 242 Katholiken, 224 sonstige Christen und 16 Juden[7]
1971 ca. 13.000 [8]
2005 ca. 16.900 [9]

Museen und Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

Sakralgebäude Bearbeiten

Stadtbefestigung Bearbeiten

Von der mittelalterlichen Stadtmauer aus dem 13./14. Jahrhundert sind Fragmente mit dem Hohen Tor, dem Steintor und dem Pulverturm erhalten.

Museen Bearbeiten

Das beim Bahnhof gelegene Schmalspurbahnmuseum Gryfice zeigt Ausstellungsstücke zur Geschichte der Kleinbahnen in Pommern.

Städtepartnerschaften Bearbeiten

Persönlichkeiten Bearbeiten

Söhne und Töchter der Stadt Bearbeiten

Persönlichkeiten, die in der Stadt gewirkt haben Bearbeiten

  • Margarete Lucia von Manteuffel (1651–1726), Stifterin des Osten-Manteuffelschen Stipendiums zu Greifenberg
  • Friedrich George Born (1757–1807), deutscher Jurist, Erster Bürgermeister von Greifenberg und städtischer Landrat von 1791 bis 1807
  • Walter Goehtz (1878–1946), deutscher Verwaltungsbeamter, Bürgermeister von Greifenberg von 1911 bis 1935

Gmina Gryfice Bearbeiten

Allgemeines Bearbeiten

Die Stadt- und Landgemeinde Gryfice umfasst eine Fläche von 261,30 km² und nimmt damit 25,7 % der Fläche des Powiat Gryficki (Kreis Greifenberg) ein. Mit mehr als 23.500 Einwohnern ist sie die zwölftgrößte Gemeinde in der – 114 Gemeinden umfassenden – Woiwodschaft Westpommern.

Das gesamte Gemeindegebiet wird von der Rega (Rega) in Süd-Nord-Richtung durchzogen, die hier zahlreiche Nebenflüsse (u. a. Mołstowa (Molstow), Lubieszowa (Lübsow-Bach), Gardominka (Kardeminer Bach)) aufnimmt.

Nachbargemeinden sind:

Gemeindegliederung Bearbeiten

Zur Gmina Gryfice gehören 51 Ortschaften, die in die Stadt Gryfice sowie in 31 Ortsteile untergliedert sind:

Übrige Ortschaften:

  • Borzyszewo (Friedrichswill), Brodniki (Gramhusen), Grębocin (Adolfshof), Grochów (Gruchow), Jabłonowo, Kowalewo, Krakowice (Karlshoff), Lubin (Lebbin), Lubków (Sprengelberg), Mierzyn (Heinrichshof), Niekładź (Neklatz), Podłęcze (Rüchelsruh), Popiele (Chausseehaus), Raduń (Radduhn), Rzęsin (Rensin), Skowrony (Lerche), Sokołów (Dankelmannshof), Wołczyno (Völzin), Zacisze (Ruhleben) und Zagórcze (Eleonorenhof)

Freizeitangebote Bearbeiten

Im Powiat Gryficki befinden sich einige populäre Badeorte, darunter Pobierowo (Poberow), Rewal (Rewahl), Niechorze (Seebad Horst) und Mrzeżyno (Deep).

Verkehr Bearbeiten

 
Bahnhof Gryfice
 
Der Kleinbahnhof in Gryfice (Greifenberg)

Straßen Bearbeiten

Im Gebiet der Gmina Gryfice treffen drei Woiwodschaftsstraßen (DW) aufeinander, die die Stadt- und Landgemeinde in alle Richtungen mit den Nachbarregionen verbinden:

Die DW 109 stellt dabei die wichtigsten Verbindungen her zur Landesstraße 6 (StettinDanzig, ehemalige deutsche Reichsstraße 2, heute auch Europastraße 28) bei Płoty (Plathe) einerseits, und zur Ostseebäderküste andrerseits.

Schienen Bearbeiten

Innerhalb der Gemeinde Gryfice verläuft die Linie 402 der Polnischen Staatsbahn (PKP) Koszalin (Köslin) – Kołobrzeg (Kolberg) – Trzebiatów (Treptow a.d. Rega) – Gryfice – Płoty (Plathe) – Goleniów (Gollnow) mit drei Stationen: Baszewice (Batzwitz), Gryfice und Górzyca Reska (Görke a.d. Rega).

Durch das gesamte Gemeindegebiet führte seit 1896 das Bahnnetz der Greifenberger Kleinbahn mit Stationen in Gryfice (Kleinbahnhof), Popiele (Chausseehaus), Rybokarty (Ribbekardt), Wilczkowo (Völschenhagen) und Niedźwiedziska (Medewitz). In der Stadt Greifenberg (Gryfice) begegneten sich die Strecken:

  • Greifenberg – Horst (Niechorze) – Treptow a.d. Rega (Trzebiatów),
  • Greifenberg – Dummadel (Tapadły) – Treptow a.d. Rega,
  • Greifenberg – Gülzow (Golczewo) – Kantreck (Łożnica) – Stepenitz (Stepnica).

Literatur Bearbeiten

  • Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogthums Vor- und Hinter-Pommern. Stettin 1784, S. 390–403 (Volltext in der Google-Buchsuche).
  • H. Riemann: Geschichte der Stadt Greifenberg in Pommern – Eine Gedächtnisschrift zum Sechshundertjährigen Jubiläum der Stadt. Toepler, Greifenberg i. Pom. 1862, 279 Seiten, urn:nbn:de:gbv:9-g-4903105. (bis ca. 1860 reichende ausführliche Stadtchronik).
  • Martin Wehrmann: Geschichte von Land und Stadt Greifenberg. Weichert, Hamburg 1988, ISBN 3-926033-01-0 (unveränderter Nachdruck der Erstauflage Greifenberg 1927).
  • Unser Pommerland, Jg. 18, H. 7–8: Stadt und Kreis Greifenberg.
  • Gustav Kratz: Die Städte der Provinz Pommern – Abriß ihrer Geschichte, zumeist nach Urkunden. Berlin 1865, S. 165–179, Stadtchronik mit zahlreichen Quellenangaben (Volltext in der Google-Buchsuche).
  • Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogthums Pommern und des Fürstenthums Rügen. Teil II, Band 6: Kreise Kamin und Greifenberg. Anklam 1870, S. 567–729 (Volltext in der Google-Buchsuche).
  • Johann Ernst Fabri: Geographie für alle Stände. Teil I, Band 4, Leipzig 1793, S. 496–498 (Volltext in der Google-Buchsuche).

Weblinks Bearbeiten

Commons: Gryfice – Sammlung von Bildern und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b Population. Size and Structure by Territorial Division. As of December 31, 2020. Główny Urząd Statystyczny (GUS) (PDF-Dateien; 0,72 MB), abgerufen am 12. Juni 2021.
  2. Das höhere Schulwesen in Preußen – Historisch-statistische Darstellung. Im Auftrage des Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten herausgegeben von L. Wiese. Wiegandt und Grieben, Berlin 1864, S. 146–147, online).
  3. a b Meyers Großes Konversations-Lexikon. 6. Auflage, 8. Band, Bibliographisches Institut Leipzig und Wien 1907, S. 272 (Zeno.org).
  4. a b Friedrich von Restorff: Topographische Beschreibung der Provinz Pommern mit einer statistischen Uebersicht. Berlin und Stettin 1827, S. 170–171 (online).
  5. Christian Friedrich Wutstrack (Hrsg.): Kurze historisch-geographisch-statistische Beschreibung von dem königlich-preußischen Herzogtum Vor- und Hinterpommern. Stettin 1793, Übersichtstabelle auf S. 736.
  6. a b Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke des Preußischen Staats und ihre Bevölkerung. Teil III: Provinz Pommern, Berlin 1874, S. 68–69, Nr. 1 (online).
  7. a b c d e f Michael Rademacher: Provinz Pommern – Landkreis Greifenberg. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  8. Meyers enzyklopädisches Lexikon. 9. Auflage, 10. Band, Bibliographisches Institut, Mannheim Wien Zürich 1974, S. 734.
  9. Brockhaus – Enzyklopädie in 30 Bänden. 21. Auflage, Band 11, Leipzig Mannheim 2006, S. 536.
  10. http://www.gryfice.eu/