Grafschaft Falkenstein
Die Grafschaft Falkenstein war nach der Reichsburg Falkenstein in der Pfalz benannt, die schon im frühen 12. Jahrhundert erbaut worden war.
GeschichteBearbeiten
Der erste Träger des Namens von Falkenstein war Philipp I. (Falkenstein) aus dem Adelsgeschlecht der Herren von Bolanden. Er beerbte im Jahr 1258 das Ministerialengeschlecht Münzenberg und damit die Landvogtei über die Wetterau und die Reichsvogtei im Dreieichforst. Damit wurde der neue Lebensmittelpunkt der Familie das Gebiet des Taunus. In diesem Zusammenhang wurde auch die hessische Burg Falkenstein (Taunus) nach dem Adelsgeschlecht Falkenstein benannt, das ursprünglich aus der Pfalz stammte. Eine Seitenlinie dieses hessischen Adelsgeschlechtes erhielt im Jahr 1398 den Grafentitel. Die hessischen Falkensteiner starben aber schon 1418 aus, und über die Schwester des letzten Grafen kamen die Besitzungen in der Pfalz an die Grafen von Virneburg.
Im Jahre 1456 wurden sie an Wirich (IV.) VI. von Daun-Oberstein verkauft, die Lehnsrechte gab Kaiser Friedrich III. an Lothringen. Nach komplizierten Erbstreitigkeiten am Ende des 16. Jahrhunderts gelangte sie an die schwedischen Grafen Lewenhaupt zu Raasepori und von Manderscheid-Kail. Wirich (V.) VII. von Daun-Oberstein († 1546) konnte sich schließlich als Herr der Stadt Daun sowie Inhaber der Herrschaften Oberstein, Falkenstein, Linnep, Broich und Bürgel behaupten und besaß zudem einen Anteil an der Grafschaft Limburg. Kaiser Maximilian I. erhob die Herrschaft Falkenstein im Jahre 1518 zur Grafschaft, worauf sich Wirich von Daun und seine Nachkommen die „Herren zu Daun-Falkenstein“ nannten.
Wilhelm Wirich von Daun-Falkenstein verkaufte die Grafschaft Falkenstein 1667 an Herzog Karl IV. von Lothringen. Mit der Heirat von Herzog Franz Stephan und Maria Theresia von Österreich im Jahre 1736 gelangte die Grafschaft an das Haus Österreich-Lothringen. Seit 1782 wurde sie als Oberamt Winnweiler von der vorderösterreichischen Regierung in Freiburg im Breisgau verwaltet.
UmfangBearbeiten
- Zum Kern des Gebiets um Falkenstein gehörte das Gebiet, das die heutigen Gemeinden Winnweiler mit Hochstein, Potzbach und Schmelzhütte, Schweisweiler, Falkenstein, Imsbach, Höringen, Lohnsfeld, Börrstadt und Steinbach umfasste.
- Nördlich lag der Besitzkomplex St. Alban mit Gerbach und Gaugrehweiler.
- An der Alsenz lagen als Stolzenberger Gemeinschaft mit dem Herzog von Zweibrücken die Ortschaften Bayerfeld, Cölln, Dielkirchen, Steckweiler und Steingruben (später an Zweibrücken verloren).
- Über Ilbesheim, Hohen-Sülzen, Framersheim, Hillesheim und Dalheim reichte Falkensteiner Streubesitz bis kurz vor die Stadt Mainz; mit Eckelsheim, Biebelsheim und Kalkofen wies weiterer Streubesitz zum pfälzischen Amt Neubamberg.
- Im Süden gehörte zeitweilig auch die Herrschaft Wilenstein mit Trippstadt, Stelzenberg und Mölschbach dazu.
Vor dem Ersten Koalitionskrieg (1792) hatte sie rund 125 km² mit 7714 Einwohnern; warum in den Tabellen des Freiherrn von Lang für 1798 nur 4200 Einwohner vermerkt sind, ist unklar. Nach der Zugehörigkeit des Linken Rheinufers zu Frankreich zwischen 1794/97 und 1814 wurde die österreichische Herrschaft nur kurz restituiert, bis 1816 der überwiegende Teil an Bayern zum Rheinkreis und einige Gemeinden zu Rheinhessen (Provinz des Großherzogtums Hessen) kamen. Seit 1946 gehören alle Orte des ehemaligen Oberamts Winnweiler zu Rheinland-Pfalz.
Regierende Herren und GrafenBearbeiten
- Herren und Grafen von Bolanden-Falkenstein
- vor 1233–1298 Philipp I. (IV.) von Bolanden-Falkenstein (* um 1200, † 1271), verheiratet mit Isengard von Münzenberg
- 1271–1298/1300 Philipp II. (V.) von Falkenstein-Münzenberg-Butzbach († 1293/95) und Werner I. von Falkenstein-Münzenberg-Lich (* 1234/37; † 1298/1300); 1271 Erste Falkensteiner Teilung
- 1293/1300–1322 Philipp III. (VI.) von Falkenstein-Münzenberg (* um 1257, † 1322), Reichserbkämmerer, Grabplatte in der Marienstiftskirche Lich, und sein Sohn Philipp IV. von Falkenstein-Münzenberg (* um 1272, † 1312)
- 1322–1333 Kuno II. von Falkenstein-Münzenberg († 1333), Grabplatte in der Marienstiftskirche Lich
- 1333–1343 Philipp V. von Falkenstein-Münzenberg († 1343)
- 1343–1349 in Vormundschaft Kuno (III.) von Falkenstein-Münzenberg (* um 1320; † 1388), als Kuno II. Erzbischof von Trier, Wandgrab in der Basilika St. Kastor in Koblenz
- 1349–1370/73 Philipp VI. von Falkenstein-Münzenberg (* um 1320; † 1370/73)
- 1370/73–1407 Philipp VII. von Falkenstein-Münzenberg († 1410), 1398 in den Grafenstand erhoben, resignierte 1407, und Philipp VIII. von Falkenstein-Münzenberg († 1407), Epitaphe in der Markuskirche Butzbach
- 1407–1418 in Vormundschaft Werner von Falkenstein (* um 1355; † 1418), als Werner III. Erzbischof von Trier, Hochgrab in der Basilika St. Kastor in Koblenz, für seine Nichten, den Nachkommen der Luitgard von Falkenstein (* um 1357; † nach 1391), verheiratet mit Eberhard I. von Eppstein, und der Agnes von Falkenstein (* um 1358, † 1409), verheiratet mit Otto I. von Solms-Braunfels
- Grafen von Virneburg
- 1418–1444 Ruprecht IV. von Virneburg († 1444), verheiratet mit Agnes von Solms († 1412/20), Tochter von Otto I. von Solms-Braunfels; 1420 Zweite Falkensteiner Teilung unter Sayn, Virneburg, Solms, Isenburg, Eppstein und Hanau
- 1444–1456 Wilhelm von Virneburg-Falkenstein († 1487), verkaufte die Grafschaft
- Grafen von Daun-Oberstein
- 1456–1501 Wirich (IV.) VI. von Daun-Oberstein (1418–1501), Grabstein in der Abteikirche Otterberg
- 1501–1517 Melchior von Daun-Oberstein (1445–1517), Grabstein in der Abteikirche Otterberg, verheiratet mit Margaretha von Virneburg
- 1517–1530 Philipp von Daun-Oberstein († 1530), Falkenstein wurde 1518 von Kaiser Maximilian I. zur Reichsgrafschaft erhoben, Grabstein in der Abteikirche Otterberg
- 1530–1546 Wirich (V.) VII. von Daun-Falkenstein († 1546)
- 1546–1579 Johann von Daun-Falkenstein (1506–1579), auch als Vormund seines geistesschwachen Bruders Kaspar († 1576), 1549 von der Herzoginwitwe Christina von Lothringen belehnt, 1554 durch einen Erbteilungsvertrag mit seinen Brüdern Philipp II. von Daun-Falkenstein-Broich (* um 1514; † 1554) und Sebastian von Daun-Oberstein (* um 1530; † um 1576) bestätigt. Die Reichsstandschaft der Grafschaft wurde 1559 von Kaiser Ferdinand I. bestätigt. Grabmal in der Klosterkirche Marienthal
- 1579–1585 Regentschaft der Witwe, Rhein- und Wildgräfin Ursula zu Salm-Kyrburg (1515–1601), die in erster Ehe mit Ruprecht von Pfalz-Zweibrücken-Veldenz († 1544) verheiratet gewesen war
- 1585–1615 Sebastian von Daun-Falkenstein-Oberstein (* um 1546; † 1615), Grabplatte in der Felsenkirche Oberstein. Seine Schwester Sidonia von Daun-Falkenstein (1549–1588) war seit 1579 verheiratet mit Axel Stensson Lewenhaupt-Raasepori (1554–1619)[1]
- 1615–1628 Emich IV. von Daun-Falkenstein-Oberstein († 1628), Grabmal in der Klosterkirche Marienthal
Daun-Falkenstein-Oberstein
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Lewenhaupt-Rasburg (Erbanspruch) |
- Kondominium der Grafen von Manderscheid-Kail und Lewenhaupt
Manderscheid-Kail
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Lewenhaupt-Rasburg |
- 1660/67 Karl IV. von Lothringen
- 1667/68–1682 (Anspruch bis 1723) Charles Henri de Lorraine-Vaudémont (1649–1723). Durch ein Urteil der Reunionskammer Metz wurden 1682 die Grafen von Manderscheid und Lewenhaupt zunächst wieder in den Besitz der Grafschaft Falkenstein gesetzt.
Manderscheid-Kail
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Lewenhaupt-Rasburg
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- Haus Habsburg-Lothringen
- 1723/24–1729 Leopold von Lothringen
- 1729–1765 Franz Stephan von Lothringen, 1731 mit dem Reichslehen der Grafschaft Falkenstein belehnt, seit 1736 verheiratet mit Maria Theresia von Österreich, 1745 zum römisch-deutschen Kaiser gewählt
- 1765–1790 Joseph II. von Habsburg-Lothringen, römisch-deutscher Kaiser
- 1790–1792 Leopold von Habsburg-Lothringen, römisch-deutscher Kaiser
- 1792–1794 Franz II. von Habsburg-Lothringen, römisch-deutscher Kaiser
Burggrafen und Amtleute (Oberamtleute) der Grafschaft FalkensteinBearbeiten
- 1320, 1330 Gerhard von Wachenheim
- 1350 Peter von Wachenheim
- 1409, 1413 Johann (Henne) von Lewenstein genannt von Randeck
- 1466, 1469 Arnold Glock (Glocke) von Oberstein († nach 1478) aus einer kurtrierischen Burgleute-Familie zu St. Wendel
- 1480 Bligger XIV. Landschad von Steinach († 1499), Burggraf von Alzey, verheiratet mit Mia von Helmstadt, Doppelgrabmal in der von ihm neu erbauten Kirche zu Neckarsteinach
- 1484 Peter von Gersbach
- 1537 (Hans) Christoph II. Landschad von Steinach
- 1541, 1545, 1546 Bleickard XVI. Landschad von Steinach
- 1554 Hans Martin von Wachenheim, vermittelte 1554 den Erbteilungsvertrag zwischen den Brüdern von Daun-Falkenstein
- 1577 Friedrich von Lewenstein
- 1620, 1629 Johann Henrich Keßler von Sarmsheim
- 1665/67 Johann Christoph von Schellart, 1665 wurde der herzoglich lothringische Oberamtmann zu Falkenstein von Schellart in die Oberrheinische Reichsritterschaft aufgenommen
- Johann Daniel Mörlin (von Morle) (1641–1699), Rat des Herzogs Karl IV. bzw. des Prinzen Charles Henri de Lorraine-Vaudémont und Oberamtmann der Grafschaft Falkenstein
Falkenstein-Manderscheid-Kail
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Falkenstein-Lewenhaupt
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- 1728, 1729, 1730 Freiherr Franz Friedrich von Langen, 1720 kurmainzischer Kämmerer und Hofrat
- 1740–1753 Johann Nikolaus von Schackmin
- 1756 Bernhard Anton Emanuel von Brée (Landschreiber), 1764 Reichsritterstand
- 1771–1772 Friedrich Karl von Moser (Verwalter)
- 1786, 1790 Joseph Innocenz von Steinherr, Edler von Hohenstein (1751–1824)
WappenBearbeiten
Das Wappen der Grafen von Falkenstein zeigt in blau ein silbernes, sechsspeichiges Spulrad. Es erscheint auch heute noch in einer Reihe aktueller Gemeindewappen in Rheinhessen und der Pfalz, z. B.:
Stammwappen derer von Falkenstein
VariaBearbeiten
Kaiser Joseph II. bediente sich grundsätzlich des Titels eines „Grafen von Falkenstein“, wenn er inkognito reiste.
LiteraturBearbeiten
- Jacob Wilhelm Imhoff: De Comitibus a Falckenstein. In: Notitia S. Rom. Germanici Imperii procerum. 3. Aufl. Cotta & Brunnius, Tübingen 1693, S. 292f (Google-Books)
- Jacob Wilhelm Imhoff, Johann David Köhler: Notitia Sacri Romani Germanici Imperii Procerum tam Ecclesiasticorum quam Secularium historicoheraldico-genealogica, Bd. II. 5. Aufl. Cotta, Tübingen 1734, S. 184–186 (Google-Books)
- Ludwig Albrecht Gebhardi: Geschichte der gräflichen Häuser Falkenstein. In: Genealogische Geschichte der erblichen Reichsstände in Teutschland. Gebauer, Halle 1776, S. 597–704 (Google-Books)
- Gabriel Anrep (Hrsg.): Svenska adelns ättar-taflor, Bd. II/1. Norstedt, Stockholm 1861, S. 664–677 (Google-Books)
- Johann Georg Lehmann: Urkundliche Geschichte der Herren und Grafen von Falkenstein am Donnersberge in der Pfalz. o. O. 1871 (Google-Books)
- Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder. Die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. 7., vollständig überarbeitete Auflage. C.H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-54986-1, S. 181 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- Kurt Oberdorffer: Die Reichsgrafschaft Falkenstein. In: Friedrich Metz (Hrsg.): Vorderösterreich – eine geschichtliche Landeskunde. 3. Auflage 1977, S. 565–578, ISBN 3-7930-0208-X
- Gründlicher und außführlicher Bericht Was es mit deren, in dem H: Röm: Reich gelegenen Immediat Graffschafft Falckenstein …. [S. l.], 1663 (online Uni Augsburg)
- Adolph Köllner: Geschichte der Herrschaft Kirchheim-Boland und Stauf, Wiesbaden, 1854, Beitrag „Versuch einer Geschichte der Grafschaft Falkenstein am Donnersberg und ihrer ehemaligen Besitzer“, S. 368–414 (Google Books)
EinzelnachweiseBearbeiten
- ↑ a b Gabriel Anrep (Hrsg.): Svenska adelns ättar-taflor, Bd. II/1. Norstedt, Stockholm 1861, S. 664f.
- ↑ Gabriel Anrep (Hrsg.): Svenska adelns ättar-taflor, Bd. II/1. Norstedt, Stockholm 1861, S. 665.
- ↑ a b Gabriel Anrep (Hrsg.): Svenska adelns ättar-taflor, Bd. II/1. Norstedt, Stockholm 1861, S. 677.
- ↑ Vgl. Leopold Nedopil: Deutsche Adelsproben aus dem Deutschen Ordens-Central-Archive. Braumüller, Wien 1868, S. 594 (Google-Books).
- ↑ Gabriel Anrep (Hrsg.): Svenska adelns ättar-taflor, Bd. II/1. Norstedt, Stockholm 1861, S. 665f.
- ↑ Gabriel Anrep (Hrsg.): Svenska adelns ättar-taflor, Bd. II/1. Norstedt, Stockholm 1861, S. 666f.
- ↑ a b c d Gabriel Anrep (Hrsg.): Svenska adelns ättar-taflor, Bd. II/1. Norstedt, Stockholm 1861, S. 670.
- ↑ Gabriel Anrep (Hrsg.): Svenska adelns ättar-taflor, Bd. II/1. Norstedt, Stockholm 1861, S. 676.
- ↑ Vertrag zwischen dem Hertzog zu Lothringen und Grafen Wolf Heinrich zu Manderscheid wegen der Grafschafft Falckenstein, d. d. 1724. 14. Jun. In: Johann Jacob Moser (Hrsg.): Diplomatisches Archiv des XIIX. Jahrhunderts. Reinhard Eustacius Möller, Frankfurt am Main 1743, Nr. 48, S. 447–459 (Google-Books).
- ↑ a b Gabriel Anrep (Hrsg.): Svenska adelns ättar-taflor, Bd. II/1. Norstedt, Stockholm 1861, S. 666.
- ↑ a b Gabriel Anrep (Hrsg.): Svenska adelns ättar-taflor, Bd. II/1. Norstedt, Stockholm 1861, S. 667.
- ↑ a b Gabriel Anrep (Hrsg.): Svenska adelns ättar-taflor, Bd. II/1. Norstedt, Stockholm 1861, S. 671.