Gottfried von Rotenstein

Apotheker in Pressburg, Reiseschriftsteller

Gottfried von Rotenstein oder Rottenstein (* 1742 in Pösing, als Gottfried Stegmüller; † um 1800 in Pressburg) war ein Apotheker in Pressburg und Reiseschriftsteller.

Leben Bearbeiten

Sein Vater Johann Georg Stegmüller war ein evangelischer Müller und Bürger in Pösing. Seine Mutter hieß Juditha Catharina Krupa. Er lernte Pharmazie in der Apotheke zum Roten Krebs beim Michaelertor in Pressburg, dann wurde er Apothekergeselle in Ödenburg und Kaschau.[1] Als er am 3. August 1775 in Ödenburg Josepha Elisabetha Eitelhuber, die Tochter des Ödenburger Advokaten Karl Joseph Eitelhuber (oder Huber) heiratete,[2] kam er zu solchem Vermögen, dass er die Apotheke seines ehemaligen Meisters aufkaufen konnte. Die Apotheke zum Roten Krebs befindet sich an der Außenseite des Michaelertors und dient heute als Pharmaziemuseum. 1779 kaufte er sich den österreichischen Adelstitel[3] und nannte sich von da an „von Rottenstein“.[4]

Weil Stegmüller als Lehrling nicht reisen konnte, unternahm er ab den 1770er Jahren eine Reihe von Reisen durch die deutschen Länder und durch das Königreich Ungarn. Als Geadelter hatte er Zugang auch zu den Schlössern des Adels, die er detailliert beschrieb. Diese Berichte erschienen ab 1783 in Berlin in Johann Bernoullis Sammlung kurzer Reisebeschreibungen. Zwischen 1792 und 1793 gab er auch eine Zusammenfassung seiner Reisen in drei Teilen in Leipzig heraus. Karl Gottlieb von Windisch verspottete ihn für seine unendlich pedantischen und detaillierten Beschreibungen der Objekte, die er in den von ihm besuchten Gebäuden sah: „Ein Erznarr, der unter allen Neunundreizigern in allen Kaiserlichen Erbländern, gewiß nicht seines Gleichen hat. […] Er ist das Gelächter der ganzen Stadt, träumt nur von Reisen, und seinem Adel, und ist zu dumm es zu merken, daß ihn jedermann zum Beßten ha[l]t“.[5]

Haus Bearbeiten

Stegmüllers Pressburger Haus stand an dem alten Kohlmarkt (später Nagy Lajos tér, Hurbanovo námestie), an der Ecke der Michaelergasse (Michalská).[6] Er schreib darüber folgenderweise:

„Unter den adelichen Häusern ist […] das von Rottensteinische ist zwar sehr klein, hat aber die herrlichste Aussicht von ganz Preßburg und ist inwendig niedlich eingerichtet, es befindet sich da unter andern ein artiges Porcellainkabinet, welches blaßgrün lakirt, mit vieler vergoldeter Bildhauerarbeit und Wandspiegeln gezieret ist. Unter den vielen porzellainen Vasen und Figuren, welche auf Tragsteinen rings herum zertheilet stehen, befindet sich auf einem vergoldeten Tischchen eine 4 Schuh hohe Japanische Vase, worauf bunde Landschaften, Blumen, und viele Vergoldungen sind. In dieser Vase befindet sich ein 65 porzellainen Blumen zusammen gesezter Blumenstock von Rosen, Anemonen und so weiter, welche der Natur völlig gleich kommen. Auf einem andern Tische sitzt ein sehr großer vergoldeter chinesischer Pagode, welcher Kopf, Zunge und Hände bewegt. Die Bibliothek ist auch nicht groß, aber sehr außerlesen, besonders an Reisebeschreibungen und Kupferstichen, auch einer Sammlung von Mineralien und Conchilien.“

Gottfried von Rotenstein[7]

Werke Bearbeiten

  • Johann Bernoulli’s Sammlung kurzer Reisebeschreibungen und anderer zur Erweiterung der Länder- und Menschenkenntniß dienender Nachrichten, Bd. 1–17, Berlin, 1781–1787. – Unter dem Sigel „G. E. v. R.“ (1–7), später unter dem Namen „Herr Gottfried Edler von Rotenstein“ erschienen:
    1. Reisen durch einen Theil des Königreichs Ungarn im Jahr 1763 und folgenden Jahren. 1. Abschnitt, in Bd. 9 (1783), 235–298. – Inhalt: Tyrnau, Neutra, Schemnitz, Altsohl, Neuhausel, Waitzen, Kaschau, Pest, Ofen, Gödöllő, Raab, Eszterháza, Ödenburg, Eisenstadt, Halbturn, Kittsee.
    2. Reisen durch einen Theil des Königreichs Ungarn im Jahr 1763 und folgenden Jahren. 2. Abschnitt: Beschreibung von Preßburg und einiger nahe gelegenen Lustörter, in Bd. 10 (1783), 185–226. – Inhalt: Pressburg, Pösing, Bibersburg, Magyarbél, Lanschitz, Ivanka bei Pressburg.
    3. Lustreise von Preßburg nach Bruck an der Leitha und Trautmannsdorf, in Oesterreich. 1782. in Bd. 10 (1783), 227–254.
    4. Lustreise durch Oesterreich und Mähren nach Brünn im September 1782, in Bd. 12 (1783), 237–274.
    5. Reise von Wien nach Böhmen und Sachsen, im May 1783, in Bd. 12 (1783), 275–314.
    6. Reisen nach Wien und in der umliegenden Gegend in den Jahren 1781–1783, 1. Abschnitt. in Bd. 13 (1784), 1–94.
    7. Reisen nach Wien und in die umliegende Gegend in den Jahren 1781–1783. 2. Abschnitt, in Bd. 14 (1784), 1–96.
    8. Beschreibung der Insel Schütt in Ungarn. 1784, in Bd. 15 (1784), 159–178.
    9. Zweyer Reisenden Nachrichten aus dem Oesterreichischen. 1784. 1785, 1. Eine kleine Reise nach Baden. in Bd. 16 (1784), 223–236.
  • Lust-Reisen durch Bayern, Würtemberg, Pfalz, Sachsen, Brandenburg, Österreich, Mähren, Böhmen und Ungarn, in den Jahren 1784 bis 1791, 1–3. Theil, Leipzig, 1792–1793.

Literatur Bearbeiten

  • Johann Mathias Korabinsky: Beschreibung der königl. Haupt-, Frey- und Krönungssatdt Preßburg, Preßburg, [1781], 51. – „Herr Gottf. Stegmüller sonst von Rottenstein“.
  • Matthias Korabinsky: Geographisch-historisches und Produkten-Lexikon von Ungarn, Pressburg, 1786, 569. – „Außer dem sind noch verschiedene Sammlungen an raren Werken [in Pressburg] […] Herr von Rottenstein eine Sammlung von Reisebeschreibungen, Topographien und besonders eine niedliche Sammlung von Porcellän, worunter vorzüglich ein kostbarer und sehenswürdiger Bluhmenstock ausgezeichnet.“
  • Éva H. Balázs: Ki volt Rotenstein? Egy forrás azonosítása, in Ars Hungarica, 15(1987), 133–138. – Sie identifizierte „Rotenstein“ irrtümlicherweise als königlich ungarische Leibgardeoffizier Johann Pállfy.
  • Andrea Seidler: Vom Nutzen des Quellenstudiums: Der Brief als literaturhistorischer Informationsträger. WEBFU (Wiener elektronische Beiträge des Instituts für Finno-Ugristik), 2003, Nr. 10 (PDF-Datei)
  • Andrea Seidler: Ein Beitrag zur Klärung der Frage: Wer war Gottfried von Rottenstein?, in Hungarian Studies 23(2009)1, 29–35 (DOI)
  • Edit Szentesi: Eszterháza 18. századi leírásai, in Kő kövön: Dávid Ferenc 73. születésnapjára / Stein auf Stein: Festschrift für Ferenc Dávid, II, Budapest, 2013, 165–229, 177–179.

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Karl Gottlieb Windisch an Daniel Cornides, 30. März 1787, in Briefwechsel des Karl Gottlieb Windisch, hg. von Andrea Seidler, Budapest 2008 (Magyarországi tudósok levelezése, 5), 167.
  2. Soproni evangélikus egyházközség, Házasultak anyakönyve, 1738–1833, 1775, n° 52 (online). – Josepha Elisabetha Eitelhuber war damals 18 Jahre alt, sie wurde am 4. Mai 1757 in Pressburg geboren (Archív Hlavného Mesta SR Bratislavy, Inv. č. 611: Bratislava, Evang., Nemecký, Part I, Krsty 1756-176, p. 58 (online).) – Karl Gottlieb Windisch meinte irrtümlicherweise, dass Stegmüllers Schwiegervater ein Pfarrer war (Briefwechsel des Karl Gottlieb Windisch, hg. von Andrea Seidler, Budapest 2008 (Magyarországi tudósok levelezése, 5), 167).
  3. Johann Georg Megerle: Österreichisches Adels-Lexikon des 18. und 19. Jahrhunderts, Wien, 1822, 268. „Stegmüller, Apotheker zu Pressburg, im Jahre 1779, mit Edler von Rottenstein.“
  4. Er und seine Zeitgenossen wie Windisch und Korabinszky schrieben seinen Namen mit doppeltem „t“, Johann Bernoulli, der Herausgeber seines Werkes, gebrauchte die Form mit einem „t“. Vgl. Szentesi Edit, Eszterháza 18. századi leírásai, in Kő kövön: Dávid Ferenc 73. születésnapjára / Stein auf Stein: Festschrift für Ferenc Dávid, II, Budapest, 2013, 216, Anm. 104.
  5. Karl Gottlieb Windisch an Daniel Cornides, 30. März 1787, in Briefwechsel des Karl Gottlieb Windisch, hg. von Andrea Seidler, Budapest 2008 (Magyarországi tudósok levelezése, 5), 167.
  6. Korabinsky Johann Mathias, Beschreibung der königl. Haupt-, Frey- und Krönungssatdt Preßburg, Preßburg, [1781], 51.
  7. Lust-Reisen durch Bayern, Würtemberg, Pfalz, Sachsen, Brandenburg, Österreich, Mähren, Böhmen und Ungarn, in den Jahren 1784 bis 1791, III, Leipzig, 1793, 38–39.