Gościęcin (deutsch Kostenthal) ist ein Dorf im Powiat Kędzierzyńsko-Kozielski der Woiwodschaft Opole in Polen. Als Schulzenamt gehört es der Landgemeinde Pawłowiczki an.

Gościęcin
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Gościęcin (Polen)
Gościęcin (Polen)
Gościęcin
Basisdaten
Staat: Polen
Woiwodschaft: Oppeln
Powiat: Kędzierzyn-Koźle
Gmina: Pawłowiczki
Geographische Lage: 50° 17′ N, 18° 0′ OKoordinaten: 50° 17′ 1″ N, 18° 0′ 10″ O
Einwohner: 760 (2011)
Postleitzahl: 47-280
Telefonvorwahl: (+48) 77
Kfz-Kennzeichen: OK
Wirtschaft und Verkehr
Nächster int. Flughafen: Katowice



Geografie Bearbeiten

Das Straßendorf Gościęcin liegt im Süden der Woiwodschaft Opole, etwa 12 Kilometer südwestlich der Kreisstadt Kędzierzyn-Koźle in der historischen Region Oberschlesien.

Geschichte Bearbeiten

Mittelalterliche Anfänge und frühe Neuzeit Bearbeiten

Im Zuge der Deutschen Ostsiedlung entstand zu Anfang des 13. Jahrhunderts an der Straße CoselLeobschütz das Dorf Kostenthal, das 1221 als Gossentin erstmals urkundlich erwähnt wurde. Es war nach deutschem Recht ausgesetzt und gehörte zu den Dörfern der Leubuser Propstei Kasimir[1]. Mit der 1225 ausgestellten Gründungsurkunde verlieh der Oppelner Herzog Kasimir I. den deutschen Siedlern von Kostenthal jene Privilegien, wie sie bereits die Bürger von Zülz hatten. Im Besitz- und Zehntverzeichnis des Bistums Breslau (Liber Fundationis Episcopatus Vratislaviensis) aus der Zeit um 1305 wurde in Kostenthal ein Schulzenamt und eine Parochie erwähnt, die zum Dekanat Cosel gehörte.[2] Bereits für das Jahr 1225 sind deutsche Kolonisten in Kostenthal überliefert, deren mittelhochdeutsche Mundart im Gegensatz zu anderen Orten der Gegend im 16. Jahrhundert nicht slawisiert wurde, weshalb sich der Kostenthalerische, schlesisch-deutsche Dialekt als Sprachinsel erhalten konnte.[3] In einem Rezess vom 8. März 1622 erkauften die Kostenthaler Bauern für 12.000 Taler ihre Befreiung vom Frondienst und erhielten die Zusicherung vom Landesherrn, dem Breslauer Fürstbischof Karl von Österreich, weiterhin geistlicher Jurisdiktion zu unterstehen, was bis zur Säkularisation 1810 der Fall blieb, als der preußische Staat diese Rolle übernahm[4]. Nachdem die Bürger von Kostenthal infolge der Gegenreformation zum römisch-katholischen Glauben zurückkehrten, wurde um 1730 das eigenständige Archipresbyterat Kostenthal gegründet.[2]

Unter preußischer Herrschaft Bearbeiten

1742 wurde Kostenthal mit dem größten Teil Schlesiens preußisch und 1816 dem Landkreis Cosel zugeordnet. Auch im 19. Jahrhundert war das Handwerk bedeutend für Kostenthal – die vielen Handwerker hatten sich in zwei Innungen zusammengeschlossen. Es bestanden im Ort außerdem eine Bäckerei, fünf Fleischerbetriebe und fünf Bockwindmühlen. 1901/1908 wurde die bis dahin innerhalb des Ortes eigenständige Freischoltisei Kostenthal (120 Einwohner im Jahre 1895) nach Kostenthal eingemeindet.

Bei der Volksabstimmung in Oberschlesien am 20. März 1921 wurden in Kostenthal 1034 Stimmen für den Verbleib bei Deutschland abgegeben, 18 Stimmen waren für den Anschluss an Polen. Folglich verblieb das Dorf in der Weimarer Republik.[5]

Die polnische Zeit Bearbeiten

Der Zweite Weltkrieg endete für Kostenthal 1945, als der Ort von der Roten Armee besetzt und unter polnische Verwaltung gestellt wurde, die dem Ort den Namen Gościęcin gab. Der Großteil der deutschsprachigen Einwohner Kostenthals war geflohen oder wurde in der Folge vertrieben, im Gegensatz zu den umliegenden, zweisprachigen Dörfern konnte sich deshalb keine nennenswerte deutsche Minderheit halten. In Gościęcin wurden polnische Vertriebene aus dem Dorf Biłka Szlachecka (heute Verchnja Bilka) bei Lemberg angesiedelt.[6]

Von 1945 bis 1975 war Gościęcin Hauptort einer eigenen Gmina.

Einwohnerentwicklung Bearbeiten

Die Einwohnerzahlen von Kostenthal nach dem jeweiligen Gebietsstand (inkl. Freischoltisei):[7]

Jahr Einwohner
1844 1477
1855 1471
1861 1602
1910 1530
1933 1405
1939 1384

Sehenswürdigkeiten Bearbeiten

 
Kirche

Auf einer Anhöhe westlich des Dorfes an der Straße nach Koske steht die Schrotholzkirche St. Brixen (kościół św. Brykcjusza) von 1661.

Die katholische Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt (kościół Wniebowzięcia NMP) geht auf einen hölzernen Kirchenbau zurück, der von den Zisterziensern errichtet wurde. Im 16. Jahrhundert wurde ein Steinbau ausgeführt.[2] Um die Mitte des 17. Jahrhunderts entstand der heutige frühbarocke Bau mit dreijochigem Langhaus und zweijochigem, dreiseitig geschlossenem Chor. Das Innere wird von einem Kreuzkappengewölbe überspannt, das auf Kompositpilastern ruht. In den Rundbogenarkaden des Kirchenschiffs sind Seitenkapellen und darüber hinter geschwungenen Balustraden Emporen eingerichtet.[8]

Der alte Glockenturm aus Holz mit zwei Glocken wurde von 1679 bis 1687 durch einen niedrigen Steinbau ersetzt. 1792 brannte der Turm durch Blitzschlag ab und wurde 1825 mit dem heutigen Spitzhelm auf eine Höhe von 41 Meter aufgestockt.[9]

Bedeutend ist der Hochaltar, der um 1725 geschaffen wurde und in theatralischer Gestaltung die Himmelfahrt Mariens darstellt. Der untere Teil wird bestimmt von den um das Sterbebett Mariens versammelten halbplastischen Figuren der zwölf Apostel, die auf den oberen Altarteil blicken, wo reich verziert die Marienkrönung dargestellt ist. In dieser Form erinnert die Gestaltung an den älteren Hochaltar der Neisser Jesuitenkirche, der möglicherweise als Vorbild gedient hatte.[10]

Der Stuck wurde um 1700 angebracht. Zur reichen barocken Ausstattung gehören weiterhin die Seitenaltäre (um 1730) und der Orgelprospekt im Régence-Stil. Auch die übrige Ausstattung wie die Kanzel, deren Korb von vollplastischen Figuren der Kirchenväter und deren Schalldeckel von Skulpturen der vier Evangelisten und des Salvators geschmückt wird, stammt aus dem 18. Jahrhundert. Gegenüber der Kanzel findet sich in einer Rokoko-Nische eine Statue des Johannes von Nepomuk.[8]

1945 wurde das Gebäude durch Artilleriebeschuss beschädigt und nach dem Zweiten Weltkrieg wiederhergestellt.[2]

Neben der Kirche steht das Pfarrhaus von 1723 und ein Pfarrspeicher aus dem 19. Jahrhundert.[11]

Wirtschaft und Infrastruktur Bearbeiten

Verkehr Bearbeiten

Vier Kilometer östlich verläuft die Droga krajowa 38, die in südlicher Richtung nach Tschechien führt.

Bildung Bearbeiten

Gościęcin verfügt über einen Schulkomplex, bestehend aus Kindergarten, Grundschule und Mittelschule (Zespół Gimnazjalno-Szkolno-Przedszkolny). Ferner besteht im Ort eine Filiale der Gemeindebücherei sowie das Dorfgemeinschaftshaus Wiejski Domu Kultury.

Persönlichkeiten Bearbeiten

  • Anton Frenzel (1790–1873), katholischer Theologe, Weihbischof im Bistum Ermland, in Kostenthal geboren
  • Friedrich von der Wense (1812–1880), preußischer Generalmajor, in Kostenthal geboren

Weblinks Bearbeiten

Commons: Gościęcin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Hugo Weczerka (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten. Band: Schlesien (= Kröners Taschenausgabe. Band 316). Kröner, Stuttgart 1977, ISBN 3-520-31601-3, S. 244.
  2. a b c d Vgl. diecezja.opole.pl (Memento des Originals vom 15. September 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/diecezja.opole.pl; abger. am 11. Februar 2009
  3. Vgl. Felicja Księżyk: Die deutsche Sprachinsel Kostenthal – Geschichte und Gegenwart. trafo Wissenschaftsverlag, 2008 Archivlink (Memento des Originals vom 5. Oktober 2009 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.trafoberlin.de
  4. Vgl. Felix Triest: Topographisches Handbuch von Oberschlesien. Breslau 1865
  5. Vgl. Ergebnisse der Volksabstimmung (Memento vom 8. November 2009 im Internet Archive) abgerufen am 5. November 2012
  6. Vgl. Miejscowości osiedleń grupowych ludności wiejskiej pochodzącej z obszaru Polski w granicach do 1939; (Memento vom 17. März 2009 im Internet Archive) abger. am 24. Februar 2008
  7. Quellen der Einwohnerzahlen:
    1844: http://www.sbc.org.pl/dlibra/docmetadata?id=808&from=pubstats – 1855, 1861: http://www.sbc.katowice.pl/dlibra/docmetadata?id=3107&from=&dirids=1 – 1910: http://www.gemeindeverzeichnis.de/gem1900/gem1900.htm?schlesien/cosel.htm – 1933, 1939: Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 28. Mai 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.geschichte-on-demand.de
  8. a b Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen: Schlesien. Deutscher Kunstverlag München, Berlin 2005.
  9. Vgl. parafia-gosciecin.pl (Memento vom 23. Januar 2009 im Internet Archive); abger. am 11. Februar 2009
  10. Ewa Chojecka et al.: Sztuka Górnego Śląska od Średniowiecza do końca XX wieku. Muzeum Śląskie, Katowice 2004
  11. Vgl. dziedzictwo.ekai.pl; abger. am 11. Februar 2009