Gerichte in Baden (Südbaden)

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Dieser Artikel beschreibt die Gerichtsorganisation in dem nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gebildeten Land Südbaden bzw. Baden.

Ordentliche Gerichtsbarkeit Bearbeiten

Mit der Besetzung Südbadens am Ende des Zweiten Weltkriegs hatten die deutschen Gerichte dort zunächst ihre Tätigkeit eingestellt. Durch Verfügung der französischen Militärregierung vom 25. September 1945 wurde eine badische Justizverwaltung eingerichtet, zu deren Chef Paul Zürcher ernannt wurde.[1] Mit Wirkung vom 1. April 1946 wurde diese Justizverwaltung umbenannt in Badisches Justizministerium — Französisches Besatzungsgebiet — und Zürcher erhielt die Amtsbezeichnung Ministerialdirektor.[2] Seine am 16. Oktober 1945 erlassene Verfügung schuf eine Organisation der Land- und Amtsgerichte, die auf den bestehenden Strukturen aus der Zeit der Republik Baden aufbaute.[3] Die Gerichte nahmen ab 20. Oktober 1945 offiziell wieder die Arbeit auf, die seit dem 1. April 1945 geruht hatte.[4]

Da das bisher zuständige Oberlandesgericht Karlsruhe nun in der amerikanischen Zone lag, wurde am 12. März 1946 ein eigenes Oberlandesgericht mit Sitz in Freiburg errichtet,[5] das seine Arbeit offiziell am 1. April 1946 aufnahm.[6]

Landgerichte Bearbeiten

Gericht Ort Anmerkungen
Landgericht Freiburg Freiburg im Breisgau
Landgericht Konstanz Konstanz
Landgericht Offenburg Offenburg
Landgericht Waldshut Waldshut
Landgericht Baden-Baden Baden-Baden ab 21. Oktober 1950[7]

[8]

Amtsgerichte Bearbeiten

Gericht Ort Landgericht Anmerkungen
Amtsgericht Bonndorf Bonndorf Landgericht Freiburg
Amtsgericht Breisach Breisach Landgericht Freiburg
Amtsgericht Emmendingen Emmendingen Landgericht Freiburg
Amtsgericht Freiburg im Breisgau Freiburg im Breisgau Landgericht Freiburg
Amtsgericht Kenzingen Kenzingen Landgericht Freiburg
Amtsgericht Lörrach Lörrach Landgericht Freiburg
Amtsgericht Müllheim Müllheim Landgericht Freiburg
Amtsgericht Neustadt Neustadt Landgericht Freiburg
Amtsgericht Staufen Staufen im Breisgau Landgericht Freiburg
Amtsgericht Waldkirch Waldkirch Landgericht Freiburg
Amtsgericht Donaueschingen Donaueschingen Landgericht Konstanz
Amtsgericht Engen Engen Landgericht Konstanz
Amtsgericht Konstanz Konstanz Landgericht Konstanz
Amtsgericht Messkirch Messkirch Landgericht Konstanz
Amtsgericht Pfullendorf Pfullendorf Landgericht Konstanz
Amtsgericht Radolfzell Radolfzell Landgericht Konstanz
Amtsgericht Singen Singen am Hohentwiel Landgericht Konstanz
Amtsgericht Stockach Stockach Landgericht Konstanz
Amtsgericht Überlingen Überlingen Landgericht Konstanz
Amtsgericht Triberg Triberg Landgericht Konstanz
Amtsgericht Villingen Villingen Landgericht Konstanz
Amtsgericht Achern Achern Landgericht Offenburg 21.10.1950 zum LG Baden-Baden[7]
Amtsgericht Baden-Baden Baden-Baden Landgericht Offenburg 21.10.1950 zum LG Baden-Baden[7]
Amtsgericht Bühl Bühl Landgericht Offenburg 21.10.1950 zum LG Baden-Baden[7]
Amtsgericht Ettenheim Ettenheim Landgericht Offenburg 15.5.1950 zum LG Freiburg[9]
Amtsgericht Gengenbach Gengenbach Landgericht Offenburg
Amtsgericht Gernsbach Gernsbach Landgericht Offenburg 21.10.1950 zum LG Baden-Baden[7]
Amtsgericht Kehl Kehl Landgericht Offenburg
Amtsgericht Lahr Lahr Landgericht Offenburg
Amtsgericht Oberkirch Oberkirch Landgericht Offenburg
Amtsgericht Offenburg Offenburg Landgericht Offenburg
Amtsgericht Rastatt Rastatt Landgericht Offenburg 21.10.1950 zum LG Baden-Baden[7]
Amtsgericht Wolfach Wolfach Landgericht Offenburg
Amtsgericht Säckingen Säckingen Landgericht Waldshut
Amtsgericht St. Blasien St. Blasien Landgericht Waldshut
Amtsgericht Schopfheim Schopfheim Landgericht Waldshut
Amtsgericht Schönau Schönau im Schwarzwald Landgericht Waldshut
Amtsgericht Waldshut Waldshut Landgericht Waldshut

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Disziplinargerichtsbarkeit Bearbeiten

Durch Gesetz vom 13. August 1948 wurden als Dienststrafgerichte Dienststrafkammern bei den Landgerichten Freiburg und Konstanz und ein Dienststrafhof beim Oberlandesgericht Freiburg eingerichtet.[11]

Arbeitsgerichtsbarkeit Bearbeiten

Zunächst waren die ordentlichen Gerichte auch für Streitigkeiten in Arbeitssachen zuständig.[12] Zum 27. Juni 1949 wurden ein Landesarbeitsgericht in Freiburg und Arbeitsgerichte in Rastatt, Offenburg, Freiburg, Lörrach, Villingen und Radolfzell eingerichtet.[13]

Verfassungsgerichtsbarkeit Bearbeiten

Artikel 109 der Verfassung des Landes Baden vom 22. Mai 1947 sah einen Staatsgerichtshof zur Entscheidung von Verfassungsstreitigkeiten vor.[14] Am 7. September 1948 wurde der Staatsgerichtshof durch Gesetz errichtet. Dabei wurde bestimmt, dass der Staatsgerichtshof gleichzeitig Kompetenzgerichtshof sein, also im Streitfall entscheiden solle, ob die ordentlichen oder die Verwaltungsgerichte für einen Prozess zuständig seien.[15]

Zudem sah Artikel 87 der Verfassung einen Hohen Staatsgerichtshof zur Ahndung von Gesetzesverstößen der Regierungsmitglieder vor.[16] Auch der Hohe Staatsgerichtshof wurde durch das Gesetz vom 7. September 1948 eingerichtet und sollte ausschließlich aus Mitgliedern des Landtags bestehen.[15]

Verwaltungsgerichtsbarkeit Bearbeiten

Zum 1. Oktober 1946 nahm der Verwaltungsgerichtshof Freiburg seine Tätigkeit auf.[17] Zum 1. April 1947 wurden Verwaltungsgerichte in Freiburg, Konstanz und Baden-Baden eingerichtet.[18]

Dienstgerichtsbarkeit für Richter Bearbeiten

Nach Artikel 111 der Verfassung vom 22. Mai 1947 sollte ein Dienststrafhof für Richter grobe Pflichtverletzungen, aber auch schwere außerdienstliche Verfehlungen von Richtern ahnden.[14] Durch Gesetz vom 13. August 1948 wurde beim Oberlandesgericht ein Dienststrafhof für Richter eingerichtet.[19]

Gerichte auf besatzungsrechtlicher Grundlage Bearbeiten

Südbaden gehörte zur französischen Besatzungszone, und die französische Militärregierung errichtete eigene Gerichte. Gemäß einer Verfügung vom 2. März 1946[20] bestanden folgende französischen Gerichte: Ein Oberstes Gericht (Tribunal Général), das für die ganze französische Besatzungszone zuständig war, hatte seinen Sitz in Rastatt. In Freiburg saß das für ganz Südbaden zuständige Mittlere Gericht (Tribunal Intermédiaire), und Untergerichte (Tribunal Sommaire) bestanden in Baden-Baden, Donaueschingen Freiburg, Konstanz, Lörrach und Offenburg.

Ab dem 11. Juni 1948 arbeitete das Entschädigungsgericht Freiburg, ein ebenfalls von der französischen Militärregierung eingesetztes Gericht. Es hatte über den Ersatz von Schäden zu befinden, die französische Truppen oder Dienststellen in Baden verursacht hatten. Präsident und Vizepräsident des Gerichts waren französische Staatsbürger, die übrigen Richter Deutsche.[21]

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Rundschreiben über die Errichtung der Dienststelle des Chefs der deutschen Justizverwaltung in der französischen Zone Badens in Freiburg i.Br., Holzmarkt 2 vom 12. Oktober 1945. In: Amtsblatt der Landesverwaltung Baden - Französisches Besatzungsgebiet, 1946, Nr. 1 vom 26. April 1946, S. 2
  2. Rundschreiben des Badischen Justizministeriums an die Dienstvorstände der Justizbehörden vom 13. April 1946. In: Amtsblatt der Landesverwaltung Baden - Französisches Besatzungsgebiet, 1946, Nr. 1 vom 26. April 1946, S. 4
  3. Verfügung des Chefs der deutschen Justizverwaltung in der französischen Zone Badens über die Gerichtsbezirkseinteilung in der französischen Zone Badens vom 16. Oktober 1945. In: Amtsblatt der Landesverwaltung Baden - Französisches Besatzungsgebiet, 1946, Nr. 1 vom 26. April 1946, S. 2–3
  4. Anordnung des Chefs der deutschen Justizverwaltung in der französisch besetzten Zone Badens über die Feststellung der Beendigung des Stillstandes der Rechtspflege vom 31. Oktober 1945. In: Amtsblatt der Landesverwaltung Baden - Französisches Besatzungsgebiet, 1946, Nr. 1 vom 26. April 1946, S. 4
  5. Amtsblatt der Landesverwaltung Baden - Französisches Besatzungsgebiet, 1946, Nr. 10 vom 1. August 1946, S. 41
  6. Einleitung zum Findbuch des Bestandes "Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht Freiburg" beim Staatsarchiv Freiburg
  7. a b c d e f Gesetz vom 5. September 1950, Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 275, online
  8. Verfügung des Chefs der deutschen Justizverwaltung in der französischen Zone Badens über die Gerichtsbezirkseinteilung in der französischen Zone Badens vom 16. Oktober 1945. In: Amtsblatt der Landesverwaltung Baden - Französisches Besatzungsgebiet, 1946, Nr. 1 vom 26. April 1946, S. 2–3
  9. Bekanntmachung vom 2. Mai 1950, Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 153, online
  10. Verfügung des Chefs der deutschen Justizverwaltung in der französischen Zone Badens über die Gerichtsbezirkseinteilung in der französischen Zone Badens vom 16. Oktober 1945. In: Amtsblatt der Landesverwaltung Baden - Französisches Besatzungsgebiet, 1946, Nr. 1 vom 26. April 1946, S. 2–3
  11. Gesetz vom 13. August 1948, Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 153, online
  12. Rechtsanordnung vom 6. Juni 1946, Amtsblatt der Landesverwaltung Baden - Französisches Besatzungsgebiet S. 49
  13. Anordnung vom 8. März 1949, Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 156, online
  14. a b Verfassung vom 22. Mai 1947, Regierungsblatt der Landesregierung Baden S. 129, 138, online
  15. a b Gesetz vom 7. September 1948, Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 154, online
  16. Verfassung vom 22. Mai 1947, Regierungsblatt der Landesregierung Baden S. 129, 136, online
  17. Bekanntmachung vom 1. Oktober 1946, Amtsblatt der Landesverwaltung Baden - Französisches Besatzungsgebiet S. 115
  18. Verordnung vom 30. März 1947, Amtsblatt der Landesverwaltung Baden - Französisches Besatzungsgebiet S. 89, online
  19. Gesetz vom 13. August 1948, Badisches Gesetz- und Verordnungsblatt S. 153, 154, online
  20. Verfügung Nr. 43 des Administrateur Général über Neuorganisation der Gerichte des Gouvernement Militaire de la Zone Française d'Occupation vom 2. März 1946, Journal officiel du Commandement en Chef Français en Allemagne S. 134, online.
  21. Hochstuhl, Kurt: Einleitung zum Findbuch zum Bestand "Entschädigungsgericht Freiburg" im Staatsarchiv Freiburg