Gerichte im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt

Wikimedia-Liste

Dieser Artikel beschreibt die Gerichte im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt, die auch im folgenden Freistaat Schwarzburg-Rudolstadt weiterbestanden.

Vor 1850 Bearbeiten

Im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt bestanden seit dem Beginn des Deutschen Bundes zwei oberste Landesbehörden: Das Geheime Ratskollegium (seit 29. Dezember 1848: Ministerium) und die Regierung mit Sitz jeweils in Rudolstadt. Die Regierung nahm dabei die Rolle eines Gerichtes zweiter Instanz war. Eine Appellation gegen die Entscheidungen der Regierung waren beim Oberappellationsgericht Zerbst (ab 1849: Oberappellationsgericht Jena) möglich. Dieses war das gemeinsame Oberappellationsgericht der thüringischen Kleinstaaten.

Gerichte erster Instanz und gleichzeitig untere Verwaltungsbehörden waren die Ämter. Eine Trennung der Rechtsprechung von der Verwaltung war nicht gegeben.

Daneben bestanden eine Vielzahl an Patrimonialgerichten.

Gericht Sitz Amt Art Gerichtsherr / Anmerkungen
Patrimonialgericht Fröbitz Fröbitz Amt Blankenburg Ober- und Niedergericht von Holleben
Patrimonialgericht Lichstedt Lichstedt Amt Blankenburg Erb- und Niedergericht von Ketelhodt
Patrimonialgericht Quittelsdorf Quittelsdorf Amt Blankenburg Ober und Niedergericht von Wurm (bis 1827, danach Domäne)
Patrimonialgericht Storchsdorf Storchsdorf Amt Blankenburg zu Quittelsdorf
Patrimonialgericht Unterrottenbach Unterrottenbach Amt Blankenburg zu Quittelsdorf
Patrimonialgericht Breitenheerda zu Tännich Tännich Amt Ehrenstein Sachsen-Weimar-Eisenach (Amt Berka)
Patrimonialgericht Großliebringen Großliebringen Amt Ehrenstein Erbgericht von Witzleben
Patrimonialgericht Kleinliebringen Kleinliebringen Amt Ehrenstein Erbgericht von Holleben (bis 1809, danach bis 1841 Fürst von Schwarzburg-Rudolstadt)
Patrimonialgericht Tännich Tännich Amt Ehrenstein Erbgericht Sachsen-Weimar-Eisenach (Amt Berka)
Patrimonialgericht Geilsdorf Geilsdorf Amt Stadtilm Erbgericht
Patrimonialgericht Breternitz Breternitz Amt Leutenberg Ober- und Niedergericht zu Fischersdorf
Patrimonialgericht Burglemnitz Burglemnitz Amt Leutenberg Ober- und Niedergericht von Holleben
Patrimonialgericht Döhlen Döhlen Amt Leutenberg Erbgericht Zu Lassen
Patrimonialgericht Eichicht Eichicht Amt Leutenberg Ober- und Niedergericht seit 1434 Beulwitz
Patrimonialgericht Fischersdorf Fischersdorf Amt Leutenberg Ober- und Niedergericht 1652 von Dobeneck, 1766 Kretschmann, 1786 von Schauroth, 1788 Eberhardt
Patrimonialgericht Ilm Dorfilm Amt Leutenberg Ober- und Niedergericht 16. Jahrhundert von Watzdorf, 1560 von Würtzburg, 17. Von Gräfendorf, Gräfin Aemilie Antonie von Schwarzburg-Rudolstadt, 1692 Amtsort
Patrimonialgericht Kleingeschwenda Amt Leutenberg Kleingeschwenda Erbgericht 16. Jahrhundert von Würtzburg und von Watzdorf, 1610 Amtsort
Patrimonialgericht Knobelsdorf Knobelsdorf Amt Leutenberg Ober- und Niedergericht zu Eiba, seit etwa 1830 vom Amt Schwarzburg
Patrimonialgericht Löhma Löhma Amt Leutenberg ab 1434 von Beulwitz
Patrimonialgericht Laasen Laasen Amt Leutenberg Erbgericht von Schönfeld, 1747 Amtsort
Patrimonialgericht Munschwitz Munschwitz Amt Leutenberg Ober- und Niedergericht zu Löhma
Patrimonialgericht Reschwitz Reschwitz Amt Leutenberg Ober- und Niedergericht 16. Jahrhundert von Beulwitz, von Lengefeld, von Würtzburg, 1664 von Lengefeld, 1755–1850 von Schönfeld
Patrimonialgericht Schweinbach Schweinbach Amt Leutenberg Erbgericht 17. Jahrhundert bis 1790 von Breithaupt, 1790 von Avemann, 1817 Amtsdorf
Patrimonialgericht St. Jakob St. Jakob Amt Leutenberg Ober- und Niedergericht 1509 von Beulwitz, seitdem zu Löhma
Patrimonialgericht Weitisberga Weitisberga Amt Leutenberg Ober- und Niedergericht Der Ort war zweiherrlich. In der Schwarzburg-Rudolstädter Hälfte lag die Gerichtsbarkeit im 17. Jahrhundert bei von Watzdorf und von Günderode, 1698 von Ilten und 1739 bis 1850 von Hirschfeld. In der Hälfte von Reuß-Gera war dies 1647 Reuß-Saalburg, 1666 Reuß-Lobenstein, 1678 Reuß-Ebersdorf und 1848 Reuß jüngere Linie
Patrimonialgericht Breitenheerda Breitenheerda Amt Rudolstadt zu Tännich, 1712 an Amt Ehrenstein
Patrimonialgericht Lichstedt Lichstedt Amt Rudolstadt Erb- und Niedergericht von Ketelhodt (seit 1829 vom Amt Blankenburg)
Patrimonialgericht Tännich Tännich Amt Rudolstadt 1712 an Amt Ehrenstein
Patrimonialgericht Allendorf (Anteil) Allendorf Amt Schwarzburg Erbgericht 17. Jahrhundert von Mosbach, von Greußen, 1724–1850 von Oertel
Patrimonialgericht Angelroda bei Ilmenau Angelroda Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht Seit dem 17. Jahrhundert zum Amt Schwarzburg gerechnet. 1363 von Witzleben, 16. Jahrhundert von Rußwurm, Grafen von Schwarzburg, 1651–1850 von Witzleben
Patrimonialgericht Aschau Aschau Amt Schwarzburg Niedergericht 17. Jahrhundert von Ilten, von Boseck, 1719 von Brandenstein, 18. Jahrhundert bis 1850 von Röder
Patrimonialgericht Barigau Barigau Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht zu Dörnfeld an der Heide
Patrimonialgericht Büchellohe Büchellohe Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht zu Gräfenau, 1826 Amtsort im Amt Ilm
Patrimonialgericht Cottendorf Cottendorf Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht 17. Jahrhundert von Mosbach, von Greußen, 1724–1850 von Oertel
Patrimonialgericht Dörnfeld an der Heide Dörnfeld an der Heide Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht 1736–1850 von Röder
Patrimonialgericht Döschnitz Döschnitz Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht zu Döschnitz, 1663 Amtsort
Patrimonialgericht Eyba Eyba Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht zu Dörnfeld an der Heide
Patrimonialgericht Büchellohe Büchellohe Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht 15. Jahrhundert von Könitz, 1771 von Stockmeyer, 1803 von Fischern, um 1830 an Amt Leutenberg
Patrimonialgericht Fröbitz Fröbitz Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht 17. Jahrhundert von Greußen, von Boseck, 18. Jahrhundert bis 1850 von Holleben, 1812 an Amt Blankenburg
Patrimonialgericht Gräfinau Gräfinau Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht 17. Jahrhundert von Witzleben, 18. Jahrhundert Grafen und Fürsten von Schwarzburg-Rudolstadt, 1826 Amtsortim Amt Ilm
Patrimonialgericht Griesheim Griesheim Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht 17. Jahrhundert von Griesheim, 1720 von beulwitz und von Lindefeld, 1744–1850 von Hoheneck
Hüttengerichte Katzhütte Katzhütte Amt Schwarzburg Hüttengericht 1832 an Amt Oberweißbach
Patrimonialgericht Knobelsdorf Knobelsdorf Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht zu Eyba, um 1830 an Amt Leutenberg
Patrimonialgericht Lichta Lichta Amt Schwarzburg Erb und Niedergericht zu Griesheim
Patrimonialgericht Rohrbach Rohrbach Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht zu Döschnitz, 1663 Amtsort
Patrimonialgericht Schönheide Schönheide Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht zu Dörnfeld an der Heide
Patrimonialgericht Sitzendorf Sitzendorf Amt Schwarzburg Erbgericht zu Allendorf
Patrimonialgericht Unterköditz Unterköditz Amt Schwarzburg Niedergericht 16. Jahrhundert von Greußen, 17. Jahrhundert von Thüna, Wislizenus, 18. Jahrhundert von Kellerm 18. Jahrhundert Schwimmer, 18. Jahrhundert von Holleben
Patrimonialgericht Wildenspring Wildenspring Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht 1459–1850 von Holleben
Patrimonialgericht Wittgendorf Wittgendorf Amt Schwarzburg Ober und Niedergericht zu Döschnitz, 1663 Amtsort

Folgende Orte verfügten über eine eigene Niedergerichtsbarkeit:

  • Stadtilm
  • Rudolstadt
  • Teichel (stark eingeschränkte Niedergerichtsbarkeit)
  • Frankenhausen
  • Heringen

1850 Bearbeiten

Die Märzrevolution führte auch in Schwarzburg-Rudolstadt zur Forderung nach Abschaffung der Patrimonialgerichte und zur Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung.

Am 1. Juli 1850 traten die Organisationsgesetze in Kraft, die das Gerichtswesen grundsätzlich änderte. Zum gleichen Tag traten auch die Vereinbarungen mit dem Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenauch und dem Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen über die Gerichtsgemeinschaft in Kraft.[1]

Rechtsgrundlage war das Gesetz wegen künftiger Einrichtung der Rechtspflege vom 1. Mai 1850 und das Gesetz über die Zuständigkeit der Gerichte und über den Instanzenzug in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten.[2] Damit waren die Patrimonialgerichte abgeschafft und Verwaltung und Rechtsprechung getrennt worden.

Erste Instanz waren Justizämter mit einem Justizamtmann als Einzelrichter. Darüber standen Kreisgerichte mit typischerweise drei Richtern. Mittelgericht war das Appellationsgericht Eisenach, das gemeinsam mit den Nachbarstaaten gebildet worden war. Darüber stand das Oberappellationsgericht Jena. Es ergaben sich also folgende Gerichte:

Die Aufgabe der Berggerichtes hatte das Bergamt Könitz übernommen.

In der Reaktionsära wurde die Trennung von Rechtsprechung und Verwaltung aus Kostengründen wieder in Frage gestellt. Die Verordnung über die Organisation der unteren Landesverwaltungsbehörden vom 1. Mai 1858[3] hob die Landratsämter auf und überwies den Justizämtern die Verwaltungsaufgaben. Auf Wunsch des Landtags wurden mit Gesetz vom 7. Februar 1868 die Landratsämter wieder hergestellt und die Gerichte wieder von den Verwaltungsaufgaben befreit.[4]

Am 1. Juli 1858 wurde das Disziplinargericht 1. Instanz sowie 2. Instanz in Rudolstadt geschaffen.

Ab 1879 Bearbeiten

Im Rahmen der Einführung der Reichsjustizgesetze wurde das Oberappellationsgericht Jena in das Oberlandesgericht Jena und das Appellationsgericht Rudolstadt in das Landgericht Rudolstadt umgewandelt. Dieses war für das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt und benachbarte Gebiete zuständig. Darunter waren 14 Amtsgerichte angesiedelt, von denen 7 zu Schwarzburg-Rudolstadt gehörten.

Am 21. Juli 1884 entstand das Rekursgericht in Gewerbesachen. Am 1. Oktober 1812 nahm das Thüringische Oberverwaltungsgericht zu Jena seine Arbeit auf.

Diese Gerichtsorganisation blieb auch im Freistaat Schwarzburg-Rudolstadt bestehen. Mit der Bildung des Landes Thüringen kam es zu einer Neuorganisation. Siehe hierzu Gerichte in Thüringen.

Literatur Bearbeiten

  • Ulrich Hess: Geschichte der Staatsbehörden in Schwarzburg-Rudolstadt, 1994, ISBN 3-334-60503-5, S. 87–92, 107–119, 136–148, 160–151
  • Carl Pfafferoth: Jahrbuch der deutschen Gerichtsverfassung, 1888, S. 435–436, online

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Verträge vom 23. März, 9. April und 15. April, GS Schwarzburg-Rudolstadt 1850, S. 401–420.
  2. GS Schwarzburg-Rudolstadt 1850, S. 423
  3. GS Schwarzburg-Rudolstadt 1858, S. 117–118.
  4. GS Schwarzburg-Rudolstadt 1868, S. 130–106.