Gerd Wotjak

deutscher Sprach- und Übersetzungswissenschaftler

Gerd Wotjak (* 12. Januar 1942 in Pürstein) ist ein deutscher Sprach- und Übersetzungswissenschaftler. Er lehrte von 1980 bis 1990 die Spanische Sprache und von 1990 bis 2007 Romanistische Sprach- und Übersetzungswissenschaft an der Universität Leipzig.

Leben und Wirken Bearbeiten

Gerd Wotjak legte 1959 in Quedlinburg das Abitur ab. Von 1959 bis 1964 studierte er Romanistik, Französisch, Spanisch und Rumänisch an der Universität Leipzig. Er promovierte 1968 bei Albrecht Neubert zum Dr. phil. mit einer Dissertation zum Thema „Untersuchungen zur Struktur der Bedeutung: Ein Beitrag zu Gegenstand und Methode der modernen Bedeutungsforschung unter besonderer Berücksichtigung der semantischen Konstituentenanalyse“. 1975 promovierte er zusammen mit Wolfgang Lorenz bei Albrecht Neubert und Werner Bahner zum Dr. sc. phil. für Romanische Sprach- und Übersetzungswissenschaft mit dem Thema „Zum Verhältnis von Abbild und Bedeutung. Überlegungen im Grenzfeld zwischen Erkenntnistheorie und Semantik“. Von 1964 bis 1967 war er am Dolmetscher-Institut der Universität Leipzig als Wissenschaftlicher Aspirant und anschließend von 1967 bis 1968 als wissenschaftlicher Assistent tätig. Er arbeitete von 1968 bis 1975 als wissenschaftlicher Oberassistent und von 1975 bis 1980 als Dozent an der Universität Leipzig, bevor er im gleichen Jahr als Professor berufen wurde. Von 1980 bis 1992 war Wotjak als ordentlicher Professor für Spanische Sprache an der Sektion Theoretische und Angewandte Sprachwissenschaft der Karl-Marx-Universität Leipzig tätig. 1992 als Professor neuen Rechts für Romanistische Sprach- und Übersetzungswissenschaft berufen, lehrte er bis 2007 am Institut für Angewandte Linguistik und Translatologie der Philologischen Fakultät der Universität Leipzig. Von 1992 bis 1993 war er Gründungsdirektor des Instituts für Romanistik. 1994 wurde er zum Dekan der neu gegründeten Philologischen Fakultät berufen; dieses Amt übte er bis 1996 aus.

Wotjak rief die in regelmäßigen Abständen stattfindenden Internationalen Tagungen zur Hispanistischen Linguistik sowie die Internationalen Leipziger Arbeitstagungen zum romanisch-deutschen und innerromanischen Sprachvergleich ins Leben. Sein breites Forschungsspektrum umfasste die lexikalische Semantik, die Valenztheorie, die Metalexikografie, die integrative Beschreibung des kommunikativen Potenzials lexikalischer Einheiten, Aspekte der Phraseologie mit Schwerpunkt auf der Semantik von idiomatischen Phrasemen und der Spezifik nichtidiomatischer Wortverbindungen sowie theoretische wie praktische Fragen einer kontrastiven Sprachbeschreibung. Zudem beschäftigte sich Wotjak mit translatologischen Fragen und setzte sich für die Berücksichtigung von Grundpostulaten der Leipziger Übersetzungswissenschaftlichen Schule ein. Er untersuchte die translatorische Kompetenz unter besonderer Berücksichtigung der Beziehungen von Kultur, Kognition und Sprache und stellte Überlegungen zu Hilfsmitteln des Übersetzens und Übersetzungsverfahren und -techniken vor. Mit seinen etwa 300 Beiträgen in nationalen und internationalen Fachzeitschriften, die zu einem guten Teil auf Spanisch verfasst vorliegen, hat er vor allem in der hispanistischen Fachwelt gewirkt, aber darüber hinaus auch unter romanistischen, germanistischen und allgemeinen Linguisten und Translatologen einen Beitrag zur wissenschaftlichen Diskussion aktueller theoretischer Probleme geleistet. Zudem hat Wotjak als Co-Direktor der neu ins Leben gerufenen Fachpublikation Lingüística Iberoamericana und als Herausgeber zahlreicher Sammelbände und der bereits 100 Bände umfassenden Reihe „Studien zur romanischen Sprachwissenschaft und interkulturellen Kommunikation“ in besonderer Weise zur Verbreitung hispanistischer Studien, darunter zahlreiche Dissertationen, beigetragen. Sein verdienstvolles Wirken für das Spanische wurde 2005 seitens der Universität Salamanca durch die Verleihung des international bekannten Premio „Elio Antonio de Nebrija“ geehrt.[1]

Er war mit der Sprachwissenschaftlerin Barbara Wotjak verheiratet.

Publikationen (Auswahl) Bearbeiten

Monographien und Nachschlagewerke Bearbeiten

  • Untersuchungen zur Struktur der Bedeutung. Berlin: Akademieverlag/München: Hueber-Verlag 1971; 2. erweiterte Auflage 1977.
  • Wolfgang Lorenz, Gerd Wotjak: Zum Verhältnis von Abbild und Bedeutung. Berlin: Akademieverlag 1977.
  • Gerd Wotjak, Ulf Herrmann (unter Mitarbeit von Roquelina Beldarraín und Mario Medina): Typische Fehler Spanisch. 3. überarbeitete und ergänzte Version von Kleines Wörterbuch der "falschen Freunde" Deutsch-Spanisch/ Spanisch-Deutsch. Berlin-München-Leipzig-Wien-Zürich-New York: Langenscheidt 1993.
  • Las lenguas, ventanas que dan al mundo. Universidad de Salamanca: Servicio de publicaciones 2006.

Artikel in Fachpublikationen Bearbeiten

  • Interkulturelles Wissen und Übersetzen. In: Revista de Filología Germánica no. 1. Madrid: Complutense 1993, S. 181–196.
  • Problem-Solving Strategies in Translation. In: Wolfgang Lörscher (ed.): Translation Studies in Germany, Ilha do Desterro, no. 33 (Juli/Dezember 1997). Florianópolis (Brasilien); ISSN 0101-4846, S. 99–114.
  • Die Leipziger Übersetzungswissenschaftliche Schule – Anmerkungen eines Zeitzeugen. In: Lew N. Zybatow (ed.): Translation zwischen Theorie und Praxis. Innsbrucker Ringvorlesungen zur Translationswissenschaft I (=Forum Translationswissenschaft, Band 1). Frankfurt am Main: Peter Lang 2002, S. 87–119.
  • Kognitive und kulturelle Aspekte des Übersetzens. In: Revista del Centro de Investigación en Traducción. Universidad de Córdoba (Argentinien): Facultad de Lenguas, Número 1 2009, S. 17–56.
  • Übersetzen als zweisprachig vermittelte transkulturelle Kommunikation. In: Vahram Atayan, Ursula Wienen (eds.): Sprache – Rhetorik – Translation. Festschrift für Alberto Gil zu seinem 60. Geburtstag. Frankfurt et al.: Peter Lang 2012, S. 411–430.
  • Le lexique – reflet et mémoire des relations transculturelles. In: Les enjeux de l’intercompréhension The stakes of intercomprehension (coord. par Eric Castagne). CIRLLEP EA 3794/urca. 2005–2007, S. 279–298. ISBN 978-2-915271-17-1
  • Semántica léxica y sintaxis: verbos en la encrucijada entre pragmática y cognición. En Giammatteo M. y H. Albano (coords.), Signo y Seña, Revista del Instituto de Lingüística, vol. XV: "El léxico en la interfaz sintaxis-semántica", Facultad de Filosofía y Letras, Universidad de Buenos Aires 2007, S. 43–74. ISSN 0327-8956
  • Überlegungen zum syntagmatisch-kombinatorischen Potenzial lexikalischer Einheiten (LE). In: Hartmut E.H.Lenk, Maik Walter (Hrsg.): Wahlverwandtschaften: Valenzen – Verben – Varietäten. Reihe Germanistische Linguistik. 188–189 Hildesheim: Olms-Verlag 2007, S. 165–182.
  • Wie den Textsortenkonventionen auf die Schliche kommen? In: Volker Fuchs, Sonja Kleinke, Kerstin Störl (eds.): Stil ist überall – aber wie bekomme ich ihn zu fassen? Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag (=Stil: Kreativität – Variation – Komparation, Bd. 1) 2007, S. 69–89. ISBN 978-3-631-56115-7
  • Functional Lexicology und Zweiebenensemantik. In: Cornelia Döll, Sybille Große, Christine Hundt, Axel Schönberger (Hrsg.): De arte grammatica. Festschrift für Eberhard Gärtner zu seinem 65. Geburtstag. Frankfurt am Main: Valentin 2010, S. 479–512. ISBN 978-3-936132-30-4
  • Was leistet das Verb zur Konstituierung des Textsinns? Mit Beispielen aus ausgewählten Fachtexten. In Hans P. Krings, Felix Mayer (Hrsg.): Sprachenvielfalt im Kontext von Fachkommunikation. Übersetzung und Fremdsprachenunterricht. Berlin: Frank&Timme 2008, (Forum für Fachsprachen-Forschung Bd. 83), S. 47–60. ISBN 978-3-86596-192-1
  • Un hueso duro de roer: El significado léxico. Enfoques y sugerencias para su descripción. In: Maria Iliescu, Heidi M. Siller-Runggaldier, Paul Danler (eds.): Actes du XXVe Congrès International de Philologie Romanes Innsbruck 2007. Berlin: de Gruyter 2010, tome 1, S. 119–152.

Herausgeberschaften Bearbeiten

  • Teoría del campo y semántica léxica / Théories du champ et sémantique lexicale. “Studien zur romanischen Sprachwissenschaft und interkulturellen Kommunikation”, No. 1, Frankfurt am Main: Peter Lang 1998. 354 S. ISBN 3-631-34026-5
  • Gerd Wotjak, Heide Schmidt (Hrsg.): Modelle der Translation / Models of Translation. Festschrift zum 65. Geburtstag von Albrecht Neubert. Frankfurt am Main: Vervuert-Verlag 1997.
  • Eberhard Fleischmann, Peter Axel Schmitt, Gerd Wotjak (Hrsg.): Translationskompetenz. Akten von LICTRA 2001. Tübingen: Stauffenburg 2004. ISBN 978-3-86057-253-5
  • 50 Jahre Leipziger Übersetzungswissenschaftliche Schule. Eine Rückschau anhand von ausgewählten Schriften und Textpassagen. Frankfurt am Main: Peter Lang Verlag 2006. ISBN 3-631-55817-1 (Reihe „Leipziger Studien zur angewandten Linguistik und Translatologie“, Bd. 1).
  • Quo vadis Translatologie? Ein halbes Jahrhundert universitäre Ausbildung von Dolmetschern und Übersetzern in Leipzig. Rückschau, Zwischenbilanz und Perspektiven aus der Außensicht. Berlin: Wiss. Verlag Frank & Timme 2007. ISBN 978-3865960405
  • Gerd Wotjak, Carsten Sinner, Linus Jung, José Juan Batista (eds.): La Escuela Traductológica de Leipzig: sus inicios – su credo y su florecer (1965-1985). Frankfurt et al.: Peter Lang 2013 (Studien zur romanischen Sprachwissenschaft und interkulturellen Kommunikation, 90)

Wissenschaftliche Ehrungen Bearbeiten

  • Martina Emsel, Andreas Hellfayer (Hrsg.): Brückenschlag: Beiträge zur Romanistik und Translatologie, Gerd Wotjak zum 60. Geburtstag. Frankfurt am Main: Peter Lang 2003.
  • Juan Cuartero Otal, Martina Emsel (Hrsg.): Vernetzungen. Bedeutung in Wort, Satz und Text. Feschrift für Gerd Wotjak zum 65. Geburtstag. Band 1. Frankfurt am Main: Peter Lang 2007.
  • Martina Emsel, Juan Cuartero Otal (Hrsg.): Brücken. Übersetzen und Interkulturelle Kommunikation. Festschrift für Gerd Wotjak zum 65. Geburtstag. Band 2. Frankfurt am Main: Peter Lang 2007.
  • Klaus Dieter Baumann (Hrsg.): Translatologie aus integrativer Sicht: übersetzungswissenschaftliche Analysen zwischen System und Globalität.(Ehrenkolloquium für Gerd Wotjak) Hamburg: Kovač 2009.
  • Linus Jung (Hrsg.): Übersetzen als interdisziplinäre Herausforderung. Ausgewählte Schriften von Gerd Wotjak. Frankfurt: Peter Lang 2012 (Leipziger Studien zur angewandten Linguistik und Translatologie, 13).

Einzelnachweise und Quellen Bearbeiten

  1. Martina Emsel, Juan Cuartero Otal (Hrsg.): Vernetzungen. Bedeutung in Wort, Satz und Text. Festschrift für Gerd Wotjak zum 65. Geburtstag. Band 1. Frankfurt am Main: Peter Lang GmbH Internationaler Verlag der Wissenschaften 2007.
  • Kürschner, Wilfried, Linguisten-Handbuch: biographische und bibliographische Daten deutschsprachiger Sprachwissenschaftlerinnen und Sprachwissenschaftler der Gegenwart, 2 Bd., Tübingen 1994, S. 1042–1043
  • Professorenkatalog der Universität Leipzig Catalogus Professorum Lipsiensium (PDF; 7 kB) Herausgegeben vom Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte, Historisches Seminar der Universität Leipzig. Abgerufen am 26. September 2013