Geo von Lengerke

deutscher Ingenieur, Kolonist und Großgrundbesitzer

Georg Ernst Heinrich „Geo“ von Lengerke (* 31. August 1827 in Dohnsen, Herzogtum Braunschweig; † 4. Juli 1882 in Zapatoca, Departamento de Santander, Kolumbien) war ein deutscher Ingenieur, Großgrundbesitzer und Kaufmann.

Geo von Lengerke, um 1870

Leben Bearbeiten

Georg von Lengerke war das zweitjüngste von sieben Kindern des Kaufmanns und Gutsbesitzers Johann Abraham von Lengerke (1775–1831) und seiner Frau Emilie, geb. Lutterloh (1796–1888). Mathematisch-technisch hochbegabt, studierte er am Collegium Carolinum in Braunschweig, dem Vorläufer der Herzoglich Polytechnischen Schule, und wurde Ingenieur. 1852 verließ er Deutschland. Die Gründe dafür hat er nie offengelegt. Eine Erklärung lautet, dass er bei einem Ehrenhandel wegen einer Frau seinen Widersacher im Duell mit dem Säbel tötete und fliehen musste.[1]

Er wanderte nach Kolumbien aus, wo er sich fortan Geo von Lengerke nannte, und ließ sich im Bundesstaat Santander nieder.[2] Als einer der Ersten erkannte er das Potential des Anbaus von Chinarindenbäumen in dieser Region. Der Handel mit Chinarinde (Chinin) machte ihn reich. Er investierte sein Vermögen in die Urbarmachung brachliegender Ländereien, die ihm der kolumbianische Staat 1862 übertrug bzw. die er zuvor schon gekauft hatte.[3] Sein Besitz erstreckte sich über mehr als 12.000 ha. In der Nähe von Betulia schuf er die Hazienda Montebello, die bald zu einem Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens zwischen Bucaramanga und dem Río Magdalena wurde, ungeachtet des Umstandes, dass Lengerke ein Lutheraner und Freidenker inmitten katholischer und konservativer aristokratischer Familien war. Er baute Tabak, Kakao und Kaffee an und führte zur Verarbeitung der Ernten teils von ihm selbst weiterentwickelte Maschinen und neue Verfahren ein. Außerdem betrieb er in Bucaramanga das Handelsgeschäft mit Importwaren.[4] Zur Erschließung der Region ließ er – hier kam ihm seine Ausbildung als Ingenieur zugute – ein Netz von Straßen anlegen und zahlreiche Brücken über Flüsse und Schluchten bauen. Einige seiner Brücken werden bis heute genutzt.

Nach dem Ende der Chinarinden-Konjunktur konnte Lengerke die Kosten seiner landwirtschaftlichen Betriebe nicht mehr erwirtschaften. Zwar nicht verarmt (wie es in älteren Darstellungen hieß), aber doch in – für ihn – bescheidenen Verhältnissen starb er 1882 und wurde unter großer öffentlicher Beteiligung in Zapatoca bestattet. Sein Grabstein ist noch heute zu sehen.

Nachleben Bearbeiten

Sein Leben ähnelte dem eines Feudalherren. Außerdem galt er als Frauenheld, und Berichte über die brutale Vertreibung der Indios, insbesondere der Yariguies, aus seinem Einflussgebiet stellen ihm ein ambivalentes Zeugnis aus.[5] Im heutigen Departamento Santander in Kolumbien ist Geo von Lengerke, als „der Brückenbauer“ bekannt, dennoch ein Volksheld. Um sein Leben und um seine den Zeitgenossen exzentrisch erscheinenden Einfälle ranken sich viele Gerüchte und Legenden.[6]

Der Roman "La otra raya del tigre" des kolumbianischen Schriftstellers Pedro Gómez Valderrama (1923–1992) setzte ihm ein literarisches Denkmal.

Werke Bearbeiten

  • Geo von Lengerke: Palabras del dialecto de los indios del Opone. Palabras indias dictadas por un Indio de la tríbu de Carare. In: Zeitschrift für Ethnologie, Wiegandt, Hempel & Parey (Berlin), Jg. 10 (1878).

Literatur Bearbeiten

(in der Reihenfolge des Erscheinens)

  • Luis Serrano Gómez: Teatro. Imprenta del Departamento, Bucaramanga 1948. (drei Dramen, darunter Lengerke).
  • Horacio Rodriquez Plata: La Inmigración Alemana al Estado Soberano de Santander en el Siglo XIX. Repercusiones Socio-Económicas de un Proceso de Transculturación. Editorial Kelly, Bogotá 1968.
  • Manuel Alberto Garnica Martínez: Guarapo, champaña y vino blanco. Presencia alemana en Santander en el siglo XIX. In: Boletín Cultural y Bibliográfico, Santafé de Bogotá, Jg. 29 (1992).
  • Alberto Escovar: La cicatriz de Lengerke. In: Alberto Escovar, María Soledad Reyna (Hg.): Barichara 300 años de historia y patrimonio. Editores Talleres de D’Vinni, Bogotá 2005. ISBN 958-33-8181-0. S. 103–129.
  • Humberto Triana y Antorveza: Juan María Céspedes y Geo von Lengerke y sus contactos con los indígenas Opones y Carares. In: Boletin de la Academia Colombiana (Bogota) Jg. 57, Nr. 235/236 (Januar/Juni 2007), S. 110–121.
  • Álvaro Pablo Ortiz: Geo Von Lengerke: Constructor de Caminos. Universidad Industrial de Santander – División de Publicaciones. Bucaramanga 2008. ISBN 978-958-818799-0.
  • Juan Esteban Constaín Croce (Hg.): 200 años de la presencia alemana en Colombia. Editorial Universidad del Rosario, Bogotá 2012. ISBN 978-958-738258-7.

Fußnoten Bearbeiten

  1. Álvaro Pablo Ortiz: Geo Von Lengerke. Bucaramanga 2008, S. 44 und 208.
  2. Álvaro Pablo Ortiz: Geo Von Lengerke. Bucaramanga 2008, S. 52 und 68.
  3. Álvaro Pablo Ortiz: Geo Von Lengerke. Bucaramanga 2008, S. 107.
  4. Álvaro Pablo Ortiz: Geo Von Lengerke. Bucaramanga 2008, S. 79.
  5. Álvaro Pablo Ortiz: Geo Von Lengerke. Bucaramanga 2008, S. 128–133.
  6. Beispiele in: Zapatoca no ha cambiado – Una crónica zapatoca, abgerufen am 13. Juli 2023.