Ganggrab von Noordlaren

Grabanlage in der Provinz Groningen in den Niederlanden

Das Ganggrab von Noordlaren ist eine megalithische Grabanlage der jungsteinzeitlichen Westgruppe der Trichterbecherkultur (TBK) bei Noordlaren, einem Ortsteil von Groningen in der niederländischen Provinz Groningen. Es ist eines von nur fünf bekannten Großsteingräbern in der Provinz Groningen und das einzige, das noch an seinem ursprünglichen Standort erhalten ist. 1957 fand eine archäologische Grabung unter Leitung von Albert Egges van Giffen und Jan Albert Bakker statt. Das Grab trägt die Van-Giffen-Nummer G1.

Ganggrab von Noordlaren Hunebed G1
Das Großsteingrab G1 bei Noordlaren
Das Großsteingrab G1 bei Noordlaren

Das Großsteingrab G1 bei Noordlaren

Ganggrab von Noordlaren (Niederlande)
Ganggrab von Noordlaren (Niederlande)
Koordinaten 53° 6′ 56,8″ N, 6° 39′ 32,8″ OKoordinaten: 53° 6′ 56,8″ N, 6° 39′ 32,8″ O
Ort Groningen, OT Noordlaren, Groningen, Niederlande
Entstehung 3470 bis 2760 v. Chr.
van-Giffen-Nr. G1

Lage Bearbeiten

Das Grab befindet sich westsüdwestlich von Noordlaren am Weg langs het Hunebed, nur wenige hundert Meter nördlich der Grenze zur Provinz Drenthe. Es liegt dort auf einem Hügel in einem kleinen Wäldchen. In der näheren Umgebung gibt es mehrere weitere Großsteingräber: 1,2 km südöstlich befinden sich die beiden Großsteingräber bei Midlaren (D3 und D4). 2,3 km nordwestlich befanden sich die beiden zerstörten Großsteingräber bei Glimmen (G2 und G3).

Forschungsgeschichte Bearbeiten

17.–19. Jahrhundert Bearbeiten

 
Zeichnung des Portalbereichs von 1768

Das Grab wurde erstmals 1694 von Michiel van Bolhuis erwähnt. Petrus Camper fertigte 1768 eine Zeichnung an. Leonhardt Johannes Friedrich Janssen, Kurator der Sammlung niederländischer Altertümer im Rijksmuseum van Oudheden in Leiden, besuchte 1847 einen Großteil der noch erhaltenen Großsteingräber der Niederlande, darunter auch das Grab von Noordlaren, und publizierte im folgenden Jahr das erste Überblickswerk mit Baubeschreibungen und schematischen Plänen der Gräber.[1][2] Janssens Nachfolger Willem Pleyte unternahm 1874 zusammen mit dem Fotografen Jan Goedeljee eine Reise durch Drenthe und Groningen und ließ dort erstmals alle Großsteingräber systematisch fotografieren. Auf Grundlage dieser Fotos fertigte er Lithografien an.[3] Conrad Leemans, Direktor des Rijksmuseums, unternahm 1877 unabhängig von Pleyte eine Reise nach Drenthe und Groningen. Jan Ernst Henric Hooft van Iddekinge, der zuvor schon mit Pleyte dort gewesen war, fertigte für Leemans Pläne der Großsteingräber an. Leemans’ Bericht blieb allerdings unpubliziert.[4]

20. und 21. Jahrhundert Bearbeiten

Zwischen 1904 und 1906 dokumentierte der Mediziner und Amateurarchäologe Willem Johannes de Wilde alle noch erhaltenen Großsteingräber der Niederlande durch genaue Pläne, Fotografien und ausführliche Baubeschreibungen. Seine Aufzeichnungen zum Grab von Noordlaren sind allerdings verloren gegangen.[5] 1918 dokumentierte Albert Egges van Giffen die Anlage für seinen Atlas der niederländischen Großsteingräber. 1957 wurde das Grab unter Leitung von van Giffen und Jan Albert Bakker vollständig ausgegraben. Seit 1992 ist die Anlage ein Nationaldenkmal (Rijksmonument).[6] 2017 wurde die Anlage zusammen mit den anderen noch erhaltenen Großsteingräbern der Niederlande in einem Projekt der Provinz Drente und der Reichsuniversität Groningen von der Stiftung Gratama mittels Photogrammetrie in einem 3D-Atlas erfasst.[7]

Beschreibung Bearbeiten

 
Das Großsteingrab G1 bei Noordlaren

Bei der Anlage handelt es sich um ein ostsüdost-westnordwestlich orientiertes Ganggrab. Eine steinerne Umfassung konnte nicht festgestellt werden. Die Grabkammer hat eine Länge von 7,6 m. Sie besaß ursprünglich fünf Wandsteinpaare an den Langseiten, je einen Abschlussstein an den Schmalseiten und fünf Decksteine. Hiervon sind nur noch der westliche Abschlussstein, die beiden angrenzenden Wandsteinpaare und die beiden darauf ruhenden Decksteine erhalten. Der größere der beiden verbliebenen Decksteine hat ein Gewicht von etwa 17.000 kg. Der Kammerboden war mit Steinplatten gepflastert. In der östlichen Kammerhälfte konnten van Giffen und Bakker zwischen den Standlöchern der Wandsteine auch sechs Pfostenlöcher feststellen. Vermutlich handelte es sich um eine Pfostenkonstruktion, die mit der Konstruktion des Grabes in Zusammenhang stand. Zwischen dem von Westen aus gesehen dritten und vierten Wandstein der südlichen Langseite befand sich der Zugang zur Kammer. Diesem war ursprünglich ein Gang aus zwei Wandsteinen und vermutlich einem Deckstein vorgelagert. Die Standlöcher der fehlenden Wandsteine der Kammer und des Ganges sind mit Beton ausgegossen.

Funde Bearbeiten

Bei der Grabung von 1957 wurde zerscherbte Keramik der Trichterbecherkultur gefunden, die sich zu 150 Gefäßen rekonstruieren ließen. Die Keramik datiert in die Stufen 2–4 und 6–7 des von Anna Brindley aufgestellten typologischen Systems der Trichterbecher-Westgruppe.[8] Dies entspricht dem Zeitraum 3470–3190 und 3075–2760 v. Chr.[9]

Siehe auch Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

  • Theo ten Anscher: Een inventarisatie van de documentatie betreffende de Nederlandse hunebedden (= R.A.A.P.-Rapport. Band 16). Stichting R.A.A.P., Amsterdam 1988 (Online).
  • Jan Albert Bakker: The TRB West Group. Studies in the Chronology and Geography of the Makers of Hunebeds and Tiefstich Pottery (= Cingula. Band 5). Universiteit van Amsterdam, Amsterdam 1979, ISBN 978-90-70319-05-2 (Online).
  • Jan Albert Bakker: Het hunebed G1 te Noordlaren. In: Groningse Volksalmanak. 1982–1983 (1983), S. 113–200.
  • Jan Albert Bakker: The Dutch Hunebedden. Megalithic Tombs of the Funnel Beaker Culture. (= International Monographs in Prehistory. Archaeological Series. Band 2). International Monographs in Prehistory, Ann Arbor 1992, ISBN 1-87962-102-9.
  • Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. From ‘Giant’s Beds’ and ‘Pillars of Hercules’ to accurate investigations. Sidestone Press, Leiden 2010, ISBN 9789088900341, S. 203 (Onlineversion).
  • J. Boeles: Het hunebed te Noordlaren. In: Groningse Volksalmanak voor 1845. 1844, S. 33–47.
  • Albert Egges van Giffen: De Hunebedden in Nederland, 3 Bände. Oosthoek, Utrecht 1925.
  • Evert van Ginkel: De Hunebedden. Gids En Geschiedenis Van Nederlands Oudste Monumenten. Drents Museum, Assen 1980, ISBN 978-9070884185.
  • Evert van Ginkel, Sake Jager, Wijnand van der Sanden: Hunebedden. Monumenten van een steentijdcultuur. Uniepers, Abcoude 1999, ISBN 978-9068252026, S. 164.
  • Rainer Kossian: Nichtmegalithische Grabanlagen der Trichterbecherkultur in Deutschland und in den Niederlanden (= Veröffentlichungen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt – Landesmuseum für Vorgeschichte. Band 58). 2 Bände. Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt – Landesmuseum für Vorgeschichte, Halle (Saale) 2005, ISBN 3-910010-84-9, S. 496–497.
  • G. de Leeuw: Onze hunebedden. Gids vor Drentse hunebedden en de Trechterbekerkultuur. Flint ’Nhoes, Borger 1984.
  • Wijnand van der Sanden, Hans Dekker: Gids voor de hunebedden in Drenthe en Groningen. WBooks, Zwolle 2012, ISBN 978-9040007040.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Ganggrab von Noordlaren – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Leonhardt Johannes Friedrich Janssen: Drenthsche oudheden. Kemink, Utrecht 1848.
  2. Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. 2010, S. 130.
  3. Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. 2010, S. 160–162.
  4. Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. 2010, S. 163–165.
  5. Jan Albert Bakker: Megalithic Research in the Netherlands, 1547–1911. 2010, S. 173–174.
  6. Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed: 421079 te Noordlaren
  7. De Hunebedden in Nederland – A 3D model collection by Groningen Institute of Archealogy. In: sketchfab.com. Abgerufen am 25. März 2021.
  8. Anna L. Brindley: The typochronology of TRB West Group pottery. In: Palaeohistoria. Band 28, 1986, S. 93–132 (Online).
  9. Jahreszahlen korrigiert nach Moritz Mennenga: Zwischen Elbe und Ems. Die Siedlungen der Trichterbecherkultur in Nordwestdeutschland (= Frühe Monumentalität und soziale Differenzierung. Band 13). Habelt, Bonn 2017, ISBN 978-3-7749-4118-2, S. 93 (Online).