Günther Harder (Theologe)

evangelischer Theologe

Günther Harder (* 13. Januar 1902 in Groß-Breesen bei Guben; † 14. September 1978 in Berlin) war ein deutscher evangelischer Pfarrer, Theologe und Hochschullehrer.

Leben Bearbeiten

Harder, ein Sohn des Pfarrers Richard Harder und seiner Ehefrau Magdalena, geb. Wendland, machte 1920 sein Abitur in Halberstadt und studierte anschließend Rechtswissenschaft an den Universitäten in Marburg und Berlin. In Marburg wurde er Mitglied des Marburger Wingolf. 1924 legte er in Berlin das Referendarexamen ab und wurde in Marburg zum Dr. jur. promoviert. Im selben Jahr begann er aber ein Studium der Evangelischen Theologie in Berlin, das er 1927 mit dem ersten theologischen Examen abschloss. Nach der Ordination 1929 trat er eine Pfarrstelle in Fehrbellin an. Unter der Anleitung von Adolf Deißmann schrieb er eine Untersuchung über Paulus und das Gebet, aufgrund der er 1934 in Berlin zum Lic. theol. promoviert wurde.

Schon seit 1933 gehörte Harder zum Pfarrernotbund und baute in der Provinz Brandenburg die Bekennende Kirche auf, zu deren radikalem, „dahlemitischem“ Flügel er gehörte. Er gehörte zum Bruderrat der Provinz, dessen Vorsitz er 1940 übernahm, und auch zum Bruderrat der Bekennenden Kirche der altpreußischen Union. 1935/36 betreute er Gerhard Ebeling als Vikar.[1] 1936 übernahm Harder eine nebenamtliche Stelle als Dozent für Neues Testament an der illegalen Kirchlichen Hochschule Berlin. Mehrfach wurde er verhaftet und mit Gefängnis- oder Gehaltsstrafen belegt. Einer Verurteilung wegen Fluchthilfe für Arthur Nebe, Hans Bernd Gisevius und andere Beteiligte am Attentat vom 20. Juli 1944[2] durch den Volksgerichtshof entging er nur durch die Wirren der letzten Kriegswochen und die Flucht aus dem umkämpften Berlin.[3]

Gleich nach Kriegsende wurde Harder zum Superintendenten des Kirchenkreises Nauen gewählt und bald auch in die Kirchenleitung der Kirchenprovinz Brandenburg berufen. Mit der Wiedereröffnung der Kirchlichen Hochschule übernahm er auch wieder seine Dozentur und wurde gleich zum Rektor gewählt. Um näher an diesem Arbeitsplatz zu sein, wechselte er 1947 in das Pfarramt der Berliner Dreifaltigkeitskirche und wurde Superintendent im Kirchenkreis Friedrichswerder. Da sein kirchliches Wirken sich immer mehr auf die Neuordnung von Recht und Verfassung der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg konzentrierte, wurde für ihn 1948 an der Kirchlichen Hochschule eine Professur für kirchliches Lehramt geschaffen. Daneben lehrte er weiter Neues Testament und leitete das Archiv zur Geschichte des Kirchenkampfes an der Hochschule. 1955 wurde seine Professur, zu der nun auch die Geschichte des Judentums gehörte, in eine hauptamtliche Stelle umgewandelt, die er bis 1972 innehatte.

Harder war seit 1929 mit Käthe Fichtner aus Berlin verheiratet; sie hatten drei Töchter, darunter die Malerin und Schriftstellerin Jutta-Natalie Harder (* 1934)[4], und drei Söhne, darunter der Arzt und Schriftsteller Wolfgang Andreas Harder (* 1936).

Bedeutung Bearbeiten

Zu Harders besonderen Schwerpunkten gehörte das Bemühen um ein neues Verhältnis von Christen und Juden. 1960 gründete er das Institut Kirche und Judentum an der Hochschule[5], 1961 gehörte er zu den Gründern der AG Juden und Christen beim Deutschen Evangelischen Kirchentag, 1968 initiierte er die Einrichtung der Kommission Kirche und Judentum der Evangelischen Kirche in Deutschland. Früher als die meisten anderen evangelischen Theologen lehrte er die bleibende Erwählung des jüdischen Volkes.

1962 zeichnete die Theologische Fakultät der Universität Göttingen ihn mit der Ehrendoktorwürde aus. In Fehrbellin wurde der Günter-Harder-Ring nach ihm benannt.

Schriften (Auswahl) Bearbeiten

  • Leitfaden des zweijährigen Konfirmandenunterrichts. Evangelische Verlagsanstalt, Berlin 1950.
  • Kirche und Israel. Arbeiten zum christlich-jüdischen Verhältnis. Hrsg. von Peter von der Osten-Sacken. Institut Kirche und Judentum, Berlin 1986.
Als Herausgeber
  • Eherecht und Menschenrechte. Beiträge zum grundsätzlichen Rechtsdenken aus biblischer Sicht. Berlin 1951.
  • (mit Heinrich Vogel) Aufgabe und Weg der Kirchlichen Hochschule Berlin 1935–1955. Lettner, Berlin 1955.
  • (mit Wilhelm Niemöller) Die Stunde der Versuchung, Gemeinden im Kirchenkampf 1933–1945. Selbstzeugnisse. Kaiser, München 1963.

Literatur Bearbeiten

Anmerkungen Bearbeiten

  1. Albrecht Beutel: Gerhard Ebeling. Eine Biographie. Mohr Siebeck, Tübingen 2012, S. 41–45.
  2. Das Spiel ist aus – Arthur Nebe. In: Der Spiegel 14/1950.
  3. Hans-Rainer Sandvoß: »Es wird gebeten, die Gottesdienste zu überwachen …«: Religionsgemeinschaften in Berlin zwischen Anpassung, Selbstbehauptung und Widerstand von 1933 bis 1945. Lukas Verlag, Berlin 2014, S. 298–300; Johannes Tuchel: »...und ihrer aller wartet der Strick.« Das Zellengefängnis Lehrter Straße 3 nach dem 20. Juli 1944. Lukas Verlag, Berlin 2014, S. 143f.
  4. Unter dem Titel Der verlorene Apfelbaum. Ein Pfarrhauskind in der Mark veröffentlichte die Tochter 1988 ihre Erinnerungen an die Kindheit im Pfarrhaus.
  5. Hierzu und zu früheren Initiativen s. Peter von der Osten-Sacken: Institut Kirche und Judentum (1960–2005) – Geschichte, Ziele, Perspektiven. In: epd-Dokumentation 9/10-2005@1@2Vorlage:Toter Link/www.deutscher-koordinierungsrat.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im September 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., S. 7–16.