Fritz Geiges

Freiburger Künstler und Lokalhistoriker

Fritz Geiges (* 2. Dezember 1853 in Offenburg als Alois Sigmund Friedrich Geiges; † 23. Juni 1935 in Freiburg im Breisgau) war ein Glas- und Monumentalmaler, ein bedeutender Restaurator für Glasmalerei und Lokalhistoriker sowie Hochschullehrer.

Porträt von Fritz Geiges (Hugo Vogel, 1925)
Fritz Geiges in der linken unteren Ecke des Stif­tungs­fensters der Johannes­kirche; links unten das Wappen von Geiges: der Freiburger Rabe

Leben Bearbeiten

Ausbildung Bearbeiten

Fritz Geiges wurde als Sohn des Architekten und späteren Stadtbaumeisters von Freiburg Sigmund Geiges (1810–1898) und dessen dritter Ehefrau Theresa Baumann geboren. Sein Onkel war der Bildhauer Alois Knittel (1814–1875). Beruflich trat Friedrich Geiges, der zeit seines Lebens nur Fritz genannt wurde, in die Fußstapfen seines Vaters und Onkels.

Seine künstlerische Ausbildung erhielt der junge Geiges seit 1872 an der Königlichen Kunstschule Stuttgart bei Bernhard von Neher. Von 1874 bis 1878 studierte er an der Münchener Kunstakademie, zuerst in der technischen Malschule von Otto Seitz, die weiteren Semester dann bei Wilhelm von Diez. Wegen Krankheit musste er seine Studien vorzeitig abbrechen und kehrte nach Freiburg zurück, wo er sich zunächst als Zeichenlehrer durchschlagen musste.

Geschichtsverein Schau-ins-Land Bearbeiten

1873 war er Mitbegründer des Breisgau-Geschichtsverein Schau-ins-Land. Nach seiner 1878 durch Krankheit erzwungenen Rückkehr nach Freiburg übernahm er die Organisation des Vereins.

1879 schuf Geiges für den Verein im Redoutenhaus neben dem Historischen Kaufhaus eine heute noch erhaltene „Vereinsstube“, die nach seinen Entwürfen gestaltet wurde.[1] Der im Stil einer Trinkstube des frühen 16. Jahrhunderts ausgestattete Raum wurde auch von weiteren Vereinsmitgliedern mitgestaltet.

Im Ausschuss des Vereins wird er als Zeichner der Vereinszeitschrift geführt. So enthalten die ersten Jahrbücher nicht nur viele graphische Darstellungen von Geiges, sondern tragen buchstäblich auch seine Handschrift. Von nun an veröffentlichte er regelmäßig Aufsätze über die Stadtgeschichte und die Baugeschichte des Münsters.

Anerkennung und Aufmerksamkeit erfuhr Geiges durch sein 1878 erschienenes Buch Das alte Freiburg in seiner Blüthezeit in Wort und Bild.

Sein Grab befindet sich auf dem Freiburger Hauptfriedhof.

Werk Bearbeiten

 
Christophorus, Monumentalgemälde am Atelierturm

Glasmalerei und Monumentalgemälde Bearbeiten

 
Atelierturm von Geiges mit nach Norden ausgerichteter verglaster Front

Als Glasmaler und Restaurator von Glasgemälden besaß er internationalen Ruf. In Deutschland schuf er beispielsweise einen Zyklus von 27 Fenstern für die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin sowie den Mosaikfußboden im Chor des Kölner Doms. Für zahlreiche weitere kirchliche Bauten in Deutschland entwarf er Glasfenster und schuf außerdem Monumentalgemälde. 1897 wurde er auf Vorschlag von Kaiser Wilhelm II. durch die Preußische Akademie der Künste zum Professor ernannt.[1]

 
Glasmalerei von 1899: Konrad von Zähringen verleiht der Siedlung am Fuße des Schlossbergs das Stadtrecht.

Die Glasmalereien entstanden in seinem Atelier, das in einem 1889 erbauten Turm („Geigesturm“) in der Freiburger Talstraße 66 untergebracht war. Die mit Abstand vor den Geschossdecken angebrachte Glasfassade, die sich über alle drei Geschosse erstreckt, ermöglichte die Vormontage auch großer Glasgemälde. Seit 2004 ist im erhaltenen und unter Denkmalschutz stehenden Geigesturm der BBK – Südbaden untergebracht.

In Freiburg schuf er Glasfenster u. a. für die Herz-Jesu- und die Johanneskirche sowie die Glasgemälde im Kaisersaal des historischen Kaufhauses und dem Erker des Hauses.[1]

Viele seiner Arbeiten wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört, darunter in Freiburg die Fassadenmalereien am Alten Rathaus und am Basler Hof. Erhalten blieb das Gemälde des Freiburger Stadtpatrons St. Georg an der Außenseite des Schwabentors sowie eine über drei Geschosse reichende Darstellung des Heiligen Christophorus an der Ostseite des Geigesturmes. Mit dem Bertholdsfenster, auf dem Konrad von Zähringen den Bürgern das Stadtrecht verkündet, ist zudem eines der Glasfenster aus dem Ratsaal des Neuen Rathauses erhalten. Die ursprünglich mehrteilige Galerie enthielt daneben Porträts von Berthold III. und Konrad III., Graf von Freiburg sowie ein Adlerwappen mit der Unterschrift „Zähringen“ und wurde auf der Weltausstellung Paris 1900 ausgestellt.[2]

Restaurierung der Münsterfenster Bearbeiten

Nachdem Geiges in den 1890er Jahren schon die Turmhalle des Freiburger Münsters dokumentiert und restauriert hatte[3], wurde ihm ab 1917 auch die Wiederherstellung der Münsterfenster übertragen. Geiges hatte sich durch seine bisherigen Arbeiten in ganz Deutschland einen guten Ruf gemacht, so dass es beinahe schon selbstverständlich schien, dass der Freiburger Münsterbauverein und die Kirchenbehörde ihm diesen Auftrag erteilten. Das heutige Erscheinungsbild der Münsterfenster geht weitgehend auf diese Restaurierung zurück.

Auf dem „Tag für Denkmalpflege“ 1925 in Freiburg wurden seine Arbeiten stark kritisiert, einige Teilnehmer warfen ihm sogar „Restaurierungsvandalismus“ vor. Geiges hatte, noch ganz im Sinne des Historismus, verlorene Teile der mittelalterlichen Fenster durch eigene Neuschöpfungen ergänzt und die Originale von den in seinen Augen störenden Reparaturen voriger Jahrhunderte befreit. Um die alten und neuen Teile einander anzugleichen, überzog Geiges außerdem die Innenseite aller Fenster, ausgenommen das Küferfenster und das Konstanzer Fenster, mit einer dämpfenden Ölfarbe, wodurch er den Verlust der Leuchtkraft in Kauf nahm (bei der Restaurierung der Fenster in den Jahren 1971 bis 1982 wurde dieser Überzug wieder entfernt). Hier kollidierte die Geigessche Auffassung von der Wiederherstellung eines ursprünglichen Zustandes mit der Maxime moderner Denkmalpflege, die lautet: Niemals restaurieren, möglichst nur konservieren.[1] Geiges habe eine Auffassung vertreten, die fast die komplette deutsche Führungsgilde deutscher Kunsthistoriker zum Protest gegen die Vernichtung edelsten Kulturgutes durch Geiges erhob. Kennzeichnend für die Haltung Geiges' ist seine Äußerung, wonach z. B. die Westrose des Münsters restauratorisch ausreichend aus nur einem Segment leicht ersetzt werden könne, eine Aussage, die sich im Bezug auf Wiederholungen bei anderen Fenstern des Münsters sinngemäß ebenso finden lässt. Einer der Gründe für die Diskussion um die Fensterrestaurierung mag in der Zielvorgabe Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes gelegen haben. Dies war zu vage und unklar und ließ somit erheblichen Raum für Geiges' Ausführung. Der Auftraggeber hatte dem Restaurator keine konservatorischen Vorgaben gemacht. So entstand der Eindruck, Geiges hätte nach eigenem Gutdünken über den Verlauf der Restaurierung entschieden.[1]

Der künstlerische Nachlass von Fritz Geiges befindet sich im Augustinermuseum in Freiburg und im Stadtarchiv Freiburg. Eine im Jahr 2000 publizierte Dissertation beschreibt sein Wirken im Detail,[1] ebenso der Katalog der Ausstellung Aufleuchten des Mittelalters. Glasmalerei des 19. Jahrhunderts in Freiburg im Jahr 2000. Im Deutschen Glasmalerei-Museum in Linnich befinden sich Kopien von Fenstern aus dem 16. Jahrhundert, die Fritz Geiges geschaffen hat.

Werke (Auswahl) Bearbeiten

 
Fenster des „Kaisersaals“ am Historischen Kaufhaus in Freiburg (von innen)
 
Erkerfenster des Historischen Kaufhauses am Freiburger Münsterplatz

und Architekturmalerei

Glasmalerei Bearbeiten

In Freiburg

Freiburger Münster, Architektur- und Skulpturenschmuck in der Portalvorhalle, Neufassung nach seinen Entwürfen

In weiteren deutschen Städten Bearbeiten

 
Fenster in der Stadtkirche Langenburg

Eichstätter Dom, Nordportal: Restaurierung / Neufassung (Vergleich Freiburg Portalvorhalle)

 
Heiliger Georg: Wandgemälde am Freiburger Schwabentor

Weitere Arbeiten Bearbeiten

Schriften (Auswahl) Bearbeiten

  • Das alte Freiburg in seiner Blüthezeit in Wort und Bild. Freiburg, Wachter, 1878.
  • Der Glockenstuhl im Münster zu Freiburg. In: Schau-ins-Land 21, 1896.
  • Studien zur Baugeschichte des Freiburger Münsters. In: Schau-ins-Land 10, 1883.
  • Über ein halbes Jahrtausend Geschichte eines Freiburger Bürgerhauses, eine kritische Studie. – Wappenskulturen des Klosters Günterstal. In: Schau-ins-Land 51, 1926.
  • Der mittelalterliche Fensterschmuck des Freiburger Münsters. Seine Geschichte, die Ursachen seines Zerfalles und die Maßnahmen zu seiner Wiederherstellung; zugleich ein Beitrag zur Geschichte des Baues selbst. Freiburg, Breisgau-Verein Schau-ins-Land, 1931 (Gleichzeitig Band 56–58 des Schau-ins-Land).
  • Das älteste Freiburger Rathaus und seine Gerichtslaube. In: Schau-ins-Land 63, 1936.

Ehrungen Bearbeiten

Familie Bearbeiten

Fritz Geiges' Bruder war der Freiburger Architekt und Bauunternehmer Oskar Geiges. Seine Tochter Margarethe (Mutzi) heiratete 1914 den Zoologen Alfred Kühn,[9] sein Sohn Fritz Geiges junior wurde Arzt und Chirurg. Dessen Sohn war der Fotograf und Bildreporter Leif Geiges.[1]

Literatur Bearbeiten

  • Maja Geiges: Verzeichnis der Hauptwerke des Künstlers (Fr. Geiges). In: Schau-ins-Land 63, 1936, S. 72–77.
  • Adolf J. Schmid: Vor 50 Jahren starb der Freiburger Ehrenbürger Prof. Dr.h.c. Fritz Geiges (2. Dezember 1853–23. Juni 1935), In: Schau-ins-Land 104, 1985, S. 291–304.
  • Clemens Rehm in: Badische Biographien, Neue Folge, Band 3. Stuttgart 1990, S. 98 f.
  • Rüdiger Becksmann: Die Sicherung und Restaurierung der Freiburger Münsterfenster in den Jahren 1970–1982. In: 100 Jahre Freiburger Münsterbauverein 1890–1900, Freiburger Münsterbauverein, Freiburg 1990, S. 155–194.
  • Peter Kalchthaler: Künstler und Lokalhistoriker. In: Die Wiehre, Ein Almanach. Kehrer, Freiburg 1999. ISBN 3-929140-18-7.
  • Daniel Parello: Von Helmle bis Geiges. Ein Jahrhundert historistischer Glasmalerei in Freiburg. Stadtarchiv, Freiburg i. Br. 2000, ISBN 3-00-006521-0 (mit Werkverzeichnis).
  • Aufleuchten des Mittelalters. Glasmalerei des 19. Jahrhunderts in Freiburg. Ausstellung vom 26. Mai bis 3. September 2000, Augustinermuseum Freiburg.
  • Adolf J. Schmid: Fritz Geiges und „Freiburgs unvergleichliches Münster“, In: Badische Heimat, 1/2004, S. 168 ff.
  • Daniel Parello: Die Glasmalereien von Fritz Geiges. In: Hundert Jahre auf dem Weg. Pfarrgemeinde und Pfarrkirche Sankt Johann in Freiburg-Wiehre; Festschrift, hrsg. von der katholischen Pfarrgemeinde St. Johann. Freiburg 1999, S. 87–102.
  • Daniel Parello: Die Glasmalereien von Fritz Geiges in St. Johann. In: 1000 Jahre Wiehre. Ein Almanach 1008–2008, Promo Verlag, Freiburg 2007, ISBN 978-3-923288-64-9, S. 152 ff.
  • Jutta Dresch: Geiges, Fritz. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 51, Saur, München u. a. 2006, ISBN 3-598-22791-4, S. 84.

Weblinks Bearbeiten

Commons: Fritz Geiges – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Fritz Geiges – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. a b c d e f g Daniel Parello: Von Helmle bis Geiges: ein Jahrhundert historistischer Glasmalerei in Freiburg. Freiburg i. Br.: Stadtarchiv, 2000, ISBN 3-00-006521-0.
  2. Karl Schmid, Hans Schadek: Die Zähringer. 2, Anstoß und Wirkung, Thorbecke, Sigmaringen 1986, ISBN 3-7995-7041-1, S. 369.
  3. Im Jahr 2004 restauriert, vgl. Landesdenkmalamt Baden-Württemberg (Hrsg.): "Edle Faltenwürfe, abentheuerlich bemalt …": die Turmvorhalle des Freiburger Münsters. Untersuchung und Konservierung der Polychromie. Stuttgart: Theiss, 2004. ISBN 3-8062-1944-3
  4. Glasfenster im Treppenhaus der Mädchenbürgerschule am Holzmarkt, Motiv Stifter der Klöster Adelhausen und St. Katharina; so in: Karl Ritter, Rudolf Thoma: Mittel- und Volksschulen. In: Badischer Architecten- und Ingenieur-Verein, Oberrheinischer Bezirk (Hrsg.): Freiburg im Breisgau. Die Stadt und ihre Bauten. H. M. Poppen & Sohn, Freiburg im Breisgau 1898, S. 540 (ScanWikisource).
  5. Michael Klant: Freiburg für Flaneure. Bauplastik. In: Michael Klant (Hrsg.): Skulptur in Freiburg. Kunst des 19. Jahrhunderts im öffentlichen Raum, modo, Freiburg im Breisgau 2000, ISBN 3-922675-77-8, S. 25.
  6. Das Kaiserpaar in der Bethanienkirche, in: Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, 1902, 27. Oktober; abgerufen am 25. Januar 2024.
  7. Werner Scheurer: Die Altäre der Offenburger Altarbauer Moroder. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 147–182, hier: S. 165.
  8. Schau-ins-Land, Zeitschrift des Breisgau-Geschichtsvereins, 1985, S. 299.
  9. Hansjochem AutrumKühn, Alfred. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 13, Duncker & Humblot, Berlin 1982, ISBN 3-428-00194-X, S. 192 f. (Digitalisat).