Friedrich Nowottny

deutscher Journalist und Intendant

Friedrich Nowottny (* 16. Mai 1929 in Hindenburg, Oberschlesien) ist ein deutscher ehemaliger Journalist und ehemaliger Intendant des Westdeutschen Rundfunks Köln (WDR).

Friedrich Nowottny beim Deutschen Fernsehpreis 2012
Friedrich Nowottny (2008)

Leben Bearbeiten

Nowottny wurde nach seiner Zeit in der Hitlerjugend als junger Offiziersbewerber kurz vor Ostern 1945 mit seinem Vater in dieselbe Volkssturmeinheit eingezogen, sein Vater fiel kurz darauf im April 1945. Trotz Einschluss der Einheit in einem Kessel konnte Nowottny sich durch das Protektorat Böhmen und Mähren nach Bayern durchschlagen. Dort wurde er von der Feldpolizei aufgegriffen und nach Braunau am Inn geschafft, wo er in einer weiteren Volkssturmeinheit landete. Am 2. Mai besetzten amerikanische Truppen Braunau und nahmen Nowottny gefangen. Er wurde Dolmetscher beim Stadtkommandanten von Braunau am Inn und fand seine Mutter und Schwester wieder. Danach verschlug es die Familie im Oktober 1945 nach Bielefeld. Vom Tod des Vaters erfuhren sie erst 1946.[1][2]

Nach seinem Schulabschluss arbeitete Friedrich Nowottny von 1946 bis 1948 bei der britischen Besatzungsmacht in Bielefeld als Dienstverpflichteter in einem Pionierdepot und bei der Post als Fremdsprachendolmetscher mit Prüfung.[1] Seine journalistische Karriere begann er 1948 als freier Mitarbeiter und Lokalreporter bei der Tageszeitung Freie Presse in Bielefeld. Bevor er 1953 ein Volontariat bei dieser Zeitung aufnahm, war er zwischenzeitlich in der Hauptverwaltung der Deutschen Eisenbahn-Versicherungskasse in Bielefeld beschäftigt. Nach dem Abschluss des Volontariats wurde er als Redakteur übernommen und wurde 1959 Ressortleiter.

1962 wechselte Nowottny zum Saarländischen Rundfunk und wurde Leiter der Abteilung des Fernsehens für Wirtschaft und Soziales. Die Fernsehsendung „Der Markt – Wirtschaft für jedermann“ machte ihn beim Fernsehpublikum bekannt. 1965 übernahm er bereits die Stelle des stellvertretenden Chefredakteurs.

Am 1. April 1967 wechselte Nowottny als stellvertretender Studioleiter zum WDR in das Büro Bonn des WDR,[3] das er ab dem 1. Februar 1973 leitete. Für die ARD moderierte er bis zum 7. Juni 1985 insgesamt 571 mal[4] die Sendung Bericht aus Bonn, die unter ihm zur Institution wurde. Außerdem war er Kommentator und Chefkorrespondent der ARD. Wegen seiner ironischen Berichterstattung und Schlagfertigkeit vor allem in Interviews mit Politikern gehörte er zu den beliebtesten Fernsehjournalisten und verhalf dem Politjournalismus zu höherer Popularität. Als legendär gilt ein Interview mit Bundeskanzler Willy Brandt vom 6. Juli 1971,[5] das teilweise aus langen Fragen und kurzen Ja-/Nein-Antworten bestand (Brandt war im Vorfeld gebeten worden, sich möglichst kurz zu fassen). Berühmt wurde auch der häufig benutzte Einleitungssatz „Wissen Sie, Herr Nowottny...“ von Karl Schiller, Bundeswirtschaftsminister, bei Antworten auf Interviewfragen. Auch in Erinnerung bleibt seine Verabschiedung am Ende der Sendung: „Auf Wiedersehen, das Wetter“. Ebenso gilt er als Verantwortlicher dafür, dass Herbert Wehner wieder mit den Journalisten der ARD redete, nachdem Wehner sich über Ernst Dieter Lueg geärgert hatte und nicht mehr mit der ARD reden wollte.[4]

 
Friedrich Nowottny (1985)

Ein Angebot von Helmut Kohl, das Amt des Regierungssprechers zu bekleiden, lehnte er ab.[4] Am 14. Juni 1985 stieg Nowottny zum Intendanten des WDR auf. Als einer der größten Erfolge seiner Tätigkeit als Intendant gilt die Einführung des WDR-Vollprogramms im Jahre 1994. In seine Amtszeit fielen weiterhin der Start der Weekly SoapLindenstraße“, die Einführung des ARD-Frühstücksfernsehens und der Radioprogramme Eins Live sowie WDR Radio 5. 1991 und 1992 führte Nowottny die ARD als Vorsitzender an. In seiner Amtszeit managte er die Aufnahme der ostdeutschen Rundfunkanstalten in die ARD sowie die Fusion des Deutschlandfunks und RIAS Berlin zum DeutschlandRadio. Den Posten als WDR-Intendant übergab Nowottny am 30. Juni 1995 an Fritz Pleitgen und ging in den Ruhestand.

Er war später z. B. als Kommentator der Bundestagswahl 2002 für RTL aktuell und der Bundestagswahl 2005 für Phoenix tätig. 2007 gab er sein Debüt als Talkshow-Moderator, als er eine Schwangerschaftsvertretung für Sandra Maischberger übernahm.[6]

Er arbeitet wieder als freier Journalist, hält Vorträge, schreibt für eine Zeitungskolumne im Kölner Express und kommentiert regelmäßig das politische Geschehen im Nordwestradio. Er gehört dem zwölfköpfigen Kuratorium der Heinz-Kühn-Stiftung an, die Stipendien an junge Journalisten vergibt.

Nowottny ist mit seiner Frau Gisela Gück seit 1956 verheiratet. Sie haben gemeinsam zwei Töchter. Das Ehepaar wohnt – nachdem es fast 50 Jahre in Buschhoven gelebt hatte – in Bonn.[7][8][9]

Gesellschaftliches Engagement Bearbeiten

Trivia Bearbeiten

Auszeichnungen Bearbeiten

Schriften Bearbeiten

  • Information und Verantwortung. Gespräche, Reden, Schriften 1985–1995. Temmen, Bremen 1995, ISBN 3-86108-270-5.

Quellen Bearbeiten

  1. a b „Wir wussten gar nicht, was Krieg ist“ in: deutschlandfunk.de vom 26. August 2010, abgerufen am 3. Mai 2019
  2. „Ich habe versucht, es zu verdrängen“ in: deutschlandfunk.de vom 27. April 2005, abgerufen am 3. Mai 2019
  3. explizit „kein Studio“, so genannt in: WDR Print, Ausg Mai 2019, S. 2
  4. a b c WDR Print, Ausgabe Mai 2019, S. 2 und S. 3
  5. Ja. Doch. Nein. Ja, 6. Juli 2021 (Geschichtsblog FEShistory)
  6. focus.de, 13. März 2007
  7. Mister Bonn – Promi-Geburtstag vom 16. Mai 2019: Friedrich Nowottny. t-online.de, 16. Mai 2019, abgerufen am 16. Mai 2019.
  8. Biografie in LeMO; Haus der Geschichte, abgerufen am 16. Mai 2019
  9. Friedrich Nowottny – „Mister Bonn“ lebte 47 Jahre in Swisttal. General-Anzeiger Bonn, 5. Mai 2019, abgerufen am 16. Mai 2019.
  10. Kinderhospiz Bethel – Friedrich Nowottny
  11. Tatort: Kressin und der Mann mit dem gelben Koffer (Memento vom 6. November 2009 im Internet Archive)
  12. Verdienstordenträgerinnen und -träger seit 1986 (Memento vom 31. März 2019 im Internet Archive)

Weblinks Bearbeiten

Commons: Friedrich Nowottny – Sammlung von Bildern