Friedrich Leopold von Kircheisen

preußischer Jurist und Minister

Friedrich Leopold von Kircheisen (* 28. Juni 1749 in Berlin; † 18. März 1825 in Berlin) war ein preußischer Jurist und Staatsminister.

Porträt Friedrich Leopold von Kircheisen, Kupferstich in Punktiermanier um 1820

Leben Bearbeiten

Friedrich Leopold von Kircheisen war der Sohn des Stadtpräsidenten und Polizeidirektors in Berlin Karl David Kircheisen und der Friederike Henriette, geb. von Lauer.

Friedrich Leopold besuchte zunächst das Köllnische Gymnasium, wo er zu Ostern 1756 eine Rede hielt,[1] dann das Joachimsthalsche Gymnasium[2] und studierte Rechtswissenschaften in Halle. Anschließend trat er in den preußischen Justizdienst ein.

Im Jahr 1773, mit 23 Jahren, wurde er zum Kammergerichtsrat, 1777 zum Oberrevisionsrat ernannt. Im Jahr 1787 wurde Kircheisen zum Direktor des Instruktionssenats ernannt. Seit 1795 war er Vizepräsident des Kammergerichts. Kircheisen arbeitete am allgemeinen Landrecht mit. Zentral war aber die Tätigkeit im Bereich der Kriminaljustiz. Das Amt eines Berliner Stadtpräsidenten und Polizeichefs in der Nachfolge seines Vaters lehnte er 1792 ab.

1795 lernte Kircheisen im Karlsbad Johann Wolfgang von Goethe kennen.[3]

Kircheisen organisierte seit 1795 das Justizwesen in Fürstentümern Ansbach und Bayreuth neu im Auftrag von Karl August von Hardenberg. Im Jahr 1798 wurde Kircheisen geadelt. Außerdem erhielt er die Doktorwürde der Universität Halle. Im Jahr 1809 wurde Kircheisen zum Präsidenten des Kammergerichts ernannt.

In der Staatsregierung Hardenberg war Kircheisen in der Zeit der preußischen Reformen von 1810 bis 1825 Justizminister in Preußen. Als dienstältester Minister leitete Kircheisen bis 1817 während der häufigen Abwesenheit Hardenbergs die Sitzungen des obersten Regierungsgremiums.

In den letzten Jahren stimmten Kircheisens Positionen nicht immer mit denen Hardenbergs überein. Während Kircheisen etwa eine rasche Rechtsangleichung der neuen Provinzen im Rheinland und Westfalen forderte, sah der Staatskanzler dies nicht so. Durch die Errichtung eines eigenen Ministeriums für Gesetzesrevision im Jahr 1817 unter Carl Friedrich von Beyme wurde Kircheisen die Verantwortung in diesem wichtigen Bereich der Justizpolitik entzogen. Ähnliche Gegensätze gab es hinsichtlich der Neuordnung des Hypothekenwesens in den neuen ehemals sächsischen Gebieten im Jahr 1819. Auch dort gingen die Reformvorschläge Kircheisens weiter als die der übrigen Staatsregierung.

Kircheisen war zwar seit 1817 Mitglied des Staatsrates, saß aber nicht in der für das Justizwesen zuständigen Justizabteilung. Im Jahr 1824 widersprach Kircheisen der Mehrheit des Staatsministeriums in der Frage, ob den pazifistisch eingestellten Mennoniten bei Verweigerung des Kriegsdienstes die Staatsbürgerschaft entzogen werden sollte. Für ihn bedeutete die „Nötigung zum Kriegsdienst“ einen „Gewissenszwang.“

Auch für soziale Belange zeigte sich Kircheisen aufgeschlossen. Er war Vorsteher des Berliner Bürgerrettungs-Instituts. Ein anlässlich des 50-jährigen Dienstjubiläums am 30. Juni 1821 errichteter Stiftungsfonds wandte diesem erhebliche Summen zur Unterstützung älterer bedürftiger Berliner zu.[4] Außerdem war von Kircheisen Mitglied der Armenspeisungs-Anstalt.[2] Er ließ Volksküchen einrichten, in denen für einen Groschen oder gegen an Bedürftige verschenkte Gutscheine Suppenportionen verteilt wurden.[5]

Friedrich Leopold von Kircheisen starb 1825 im Alter von 75 Jahren in Berlin. Er wurde, wie sein Vater 55 Jahre zuvor, auf dem Kirchhof an der Dorotheenstädtischen Kirche beigesetzt. Beide Grabmäler gingen spätestens bei der Einebnung von Kirche und Kirchhof im Jahr 1965 verloren.[6]

Familie Bearbeiten

1777 heiratete Kircheisen Karoline Philippine Fischer (um 1758; † 11. Juni 1824 in Berlin), die Tochter des Berliner Kriegsrats Karl Benjamin Fischer und der Charlotte Christiane Fischer, geb. Gloxin. Mit ihr hatte er acht Kinder, von denen drei überlebten.

Die älteste Tochter Wilhelmine Juliane von Kircheisen (* 1787 oder 1788) heiratete den mit der Familie von Rahel Varnhagen von Ense befreundeten Geheimen Ober-Rechnungsrat in Berlin, Friedrich August Vetter (1770–1847).[7] Die jüngste Tochter, Luise Elisabeth von Kircheisen (1794–1850),[8] ehelichte am 9. Januar 1820 in Wulkow den Rittergutsbesitzer und späteren Landrat, Friedrich Wilhelm von Schenkendorff (* 21. Juni 1794 in Schönau bei Züllichau; † 27. Februar 1861 in Wulkow).[9]

Friedrich Leopold von Kircheisens Sohn Carl Leopold von Kircheisen wurde königlich-preußischer Justizrat und Geheimer expedierender Sekretär im Justizministerium;[10] er ehelichte am 12. Juli 1812 Philippine, geb. von Brösigke (auch Brösicke, 1795–1859), die ebenfalls bei den Varnhagens verkehrte.[11] Ihre gemeinsame Tochter, Friedrich Leopolds Enkelin Caroline Leopoldine von Kircheisen (* 24. November 1816 in Berlin; † 11. Juli 1851 in Breslau), heiratete 1834 den Grafen Eduard Hermann Karl von Bethusy-Huc (1799–1871), Militärerzieher des Prinzen Carl von Preußen.[12]

Ehrungen Bearbeiten

Literatur Bearbeiten

Weblinks Bearbeiten

Einzelnachweise Bearbeiten

  1. Karl Friedrich von Klöden: Die ältere Geschichte des Köllnischen Gymnasiums, bis zu seiner Vereinigung mit dem Berlinischen Gymnasium, nebst einigen Worten über dessen jetzige Bestimmung. Gedruckt bei Wilh. Dieterici, Berlin 1825, S. 35 (Web-Ressource).
  2. a b c Lokales. In: Berliner Börsenzeitung Nr. 495, 22. Oktober 1910, Morgen-Ausgabe, I. Beilage, S. 5 (Web-Ressource).
  3. Goethes Abenteuer in Karlsbad. In: Berliner Börsen-Zeitung Nr. 449, 26. September 1889, Morgen-Ausgabe, I. Beilage, S. 6 (Web-Ressource).
  4. Preußen. In: [Wiener Zeitung|Oesterreichisch-Kaiserliche privilegirte Wiener Zeitung] Nr. 81, 10. August 1835, S. 909 (Web-Ressource); Königlich-preußischer Staats-Anzeiger Nr. 61, 12. März 1857, S. 451 (Web-Ressource).
  5. Friedrich Holtze: 500 Jahre Geschichte des Kammergerichts. Zum 500jährigen Jubelfeste des Gerichtshofes und zur Feier seines Einzuges in das neue Heim am Kleistpartk. Verein für die Geschichte Berlins, Berlin 1913 (Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins, Heft 47), S. 186 (Web-Ressource).
  6. Hans-Jürgen Mende: Lexikon Berliner Begräbnisstätten. Pharus-Plan, Berlin 2018, ISBN 978-3-86514-206-1, S. 40–41.
  7. Rahel Levin Varnhagen: Familienbriefe. Hrsg. v. Renata Buzzo Márgari Barovero. C. H. Beck, München 2009 (Edition Rahel Levin Varnhagen, Band III), ISBN 978-3-406-58683-5, S. 1078, Anm. 9.
  8. Karl August Varnhagen von Ense: Blätter aus der preußischen Geschichte. Hrsg. v. Ludmilla Assing, F. A. Brockhaus, Leipzig 1869, Bd. 4, S. 62 f. (Web-Ressource).
  9. Ferdinand Heydemann: Die neuere Geschichte der Stadt Neu-Ruppin. Oehmigke und Riemschneider’sche Buchhandlung (A. Petrenz), Neu-Ruppin 1863, S. 277 (Web-Ressource).
  10. Justiz-Ministerial-Blatt für die Preußische Gesetzgebung und Rechtspflege Jg. 10, Nr. 23, 9. Juni 1848, S. 189 (Web-Ressource).
  11. Karl August Varnhagen von Ense: Blätter aus der preußischen Geschichte. Hrsg. v. Ludmilla Assing, F. A. Brockhaus, Leipzig 1868, Bd. 3, S. 395 (Web-Ressource).
  12. Genealogisches Handbuch der gräflichen Häuser 36 (1863), S. 88 f. (Web-Ressource).
  13. Amts-Blatt der Königlich Liegnitzschen Regierung von Schlesien Nr. 26, 25. Juni 1814, S. 235 (Web-Ressource).